TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/5 G304 2221082-1

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Veröffentlicht am 05.08.2019
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Entscheidungsdatum

05.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G304 2221082-1/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Nordmazedonien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2019, Zl. XXXX, hinsichtlich Spruchpunkt V. des betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, zu Recht:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt V. des angefochtenen

Bescheides gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und gemäß

§ 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

C) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 06.06.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.) festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nordmazedonien zulässig ist (Spruchpunkt II.), gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.), und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

2. Der BF erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde und beantragte, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die Rückkehrentscheidung aufzuheben, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

3. Die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 10.07.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Nordmazedonien. Er spricht Albanisch und Deutsch.

1.2. Der nunmehr 18-jährige BF ist in Österreich geboren, aufgewachsen, hat im Bundesgebiet nachweislich zuletzt im Schuljahr 2015/2016 eine Privatschule besucht, wobei der BF das Schuljahr in allen Pflichtgegenständen, darunter auch in den Pflichtgegenständen "Islam", "Arabisch" und "Geschichte/Soziologie" positiv abschließen konnte, und auch nachweislich sein darauffolgendes polytechnisches Lehrjahr im Schuljahr 2016/2017 positiv absolvieren können.

1.3. Der BF weist seit Juli 2001 eine durchgehende Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf. Ihm wurde im Oktober 2001 eine - nunmehr als "Daueraufenthaltstitel-EU" geltende - unbefristete Niederlassungsbewilligung erteilt.

1.4. Der BF lebt in Österreich mit seinen Eltern und Geschwister zusammen.

1.5. Er arbeitet im Familienbetrieb seines Vaters mit und gab im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 06.02.2019, befragt danach, wie er sich seine Zukunft im Bundesgebiet vorstelle, an:

"Ich fange bald mit einer Lehre an, möchte in einem Betrieb arbeiten, selbstständig werden."

1.6. Der BF wurde im Bundesgebiet rechtskräftig strafrechtlich verurteilt, und zwar

* Mit Urteil von Oktober 2018 wegen "krimineller Vereinigung", "krimineller Organisation" und "Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten" zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon zehn Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren.

1.6.2. Dieser strafrechtlichen Verurteilung liegt zugrunde:

o Der BF wurde als Mitglied des "islamischen Staates" verurteilt.

o Er propagierte auf einer öffentlich einsehbaren, für zumindest 450 Personen, internetgestützten Plattform, die Ziele des "Islamischen Staates".

o Der BF billigte und glorifizierte die Gräueltaten (z.B.: sexuelle Ausbeutung, unerlaubter Verkehr mit Sucht- und Kampfmitteln, Schlepperei, etc.), begangen durch den "Islamischen Staat".

o Er versuchte per Einschüchterung neue Mitglieder für den "Islamischen Staat zu korrumpieren und in weiterer Folge anzuwerben.

o Der BF versuchte die Gruppenmoral des "Islamischen Staates" zu stärken.

1.6.3. Ab Ende seiner Untersuchungshaft am 02.07.2018 wurde der BF im Rahmen der ihm zunächst vorläufig gewährten Bewährungshilfe betreut.

In einem Bericht der ihn betreuenden Bewährungshelferin vom 31.01.2019 wurde unter anderem festgehalten, dass sich der BF an die als Bedingung für die Entlassung aus seiner Untersuchungshaft gerichtlich ausgesprochenen vier Weisungen gehalten habe und mit strafrechtlicher Verurteilung in der Hauptverhandlung am 17.10.2018 die weitere Betreuung durch die Bewährungshilfe und regelmäßige Gesprächsführung bei einem bestimmten Verein angeordnet wurde.

1.7. Fest steht, dass der BF auch in Nordmazedonien mit seinem Onkel und seinen Großeltern Verwandte dort hat. Der BF gab zudem in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 06.02.2019, im Beisein seines Vaters als Erziehungsberechtigten, nach Anführung seiner in Nordmazedonien lebenden Verwandten, befragt, wer dort alle lebe, an:

"Meine Eltern wohnen dort, nachgefragt gebe ich an, dass es sich um ein Ferienhaus handelt, das Haus gehört uns."

Weiter befragt, warum der BF in Österreich einen weiteren Verbleib anstrebe, gab dieser an:

"Ich will hier eine Zukunft aufbauen, nicht in Mazedonien, (...)."

Nach Beratung mit seinem Vater setzte der BF fort:

"(...), meine ganze Familie wohnt hier, meine Eltern und meine Geschwister."

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Prozessgegenstand und Prüfungsumfang:

Vorab ist festzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden und in Form eines Teilerkenntnisses ergehenden Entscheidung nur jener Spruchteil des mit der Beschwerde angefochtenen Bescheides ist, mit dem gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt wurde, weshalb sich die Prüfung auf jene Teile des Beschwerdevorbringens beschränkt (§ 27 VwGVG), welche sich gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung richten.

Die Entscheidung des erkennenden Gerichts in der Hauptsache, das heißt hinsichtlich aller übrigen mit der gegenständlichen Beschwerde angefochtenen Spruchpunkte des Bescheides, ergeht gesondert.

3.2. Zu den einzelnen Spruchpunkten:

3.2.1. Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs. 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen (vgl VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, 19.06.2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, und 27.07.2017, Fr 2017/18/0022).

3.2.2. Zu Spruchteil B):

Gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG ist einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Es waren nach Aktendurchschau unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens und der Länderberichtslage keine Anhaltspunkte für eine dem BF bei Aufenthaltsbeendigung drohende Art. 3 EMRK - Verletzung erkennbar, demgegenüber jedoch eine besonders große vom BF für die öffentliche Sicherheit im Bundesgebiet ausgehende Gefahr, woran auch die Tatsache, dass der BF nach zwei Monaten Untersuchungshaft entlassen wurde und sich seither offiziell nichts mehr zuschulden kommen lassen hat, nichts ändern kann.

Die belangte Behörde verwies in der Begründung zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides auf die Ausführungen zu Spruchpunkt I, in welchem das BFA ausführlich begründete, warum im gegenständlichen Fall von einer dem Daueraufenthaltsrecht des BF entgegenstehenden besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit auszugehen ist.

Bei den vom BF im Bundesgebiet begangenen Straftaten handelt es sich um für die Menschheit besonders gefährliche strafbare Handlungen, seine der strafrechtlichen Verurteilung unter anderem zugrundeliegende Billigung und Gutheißung der vom Islamischen Staat begangenen Gräueltaten spricht zudem auch für die grundsätzliche Bereitschaft des BF zu ebensolchen Straftaten.

Insoweit der BF auf einer internetgestützten Plattform für zumindest 450 Personen, die Ziele des "Islamischen Staates" propagierte, ist den Ausführungen im angefochtenen Bescheid folgend hervorzuheben, dass seine nachweisliche Absolvierung der Pflichtgegenstände "Islam" mit Note 2, "Arabisch" mit Note 2 und "Geschichte/Soziologie" mit Note 2 im Sommersemester 2015/2016 in einer Privatschule mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen lässt, dass dich der BF tatsächlich des Inhalts jener Propagandamaterialien bewusst war und dieses wissentlich zwecks Einschüchterung und Rekrutierung nicht als Empfänger, sondern als Sender an zumindest 450 Mitmenschen weitergab.

Da die fremdenrechtlichen Erwägungen unabhängig von den vom Strafgericht berücksichtigen Strafbemessungsgründen zu erfolgen haben, kann die Tatsache, dass wegen besagter im Bundesgebiet vom BF begangener Straftaten nach zweimonatiger Untersuchungshaft von einer weiteren unbedingten Haftstrafe abgesehen wurde, verfahrensgegenständlich unberücksichtigt bleiben.

Die Tatsache, dass der BF nach Entlassung aus seiner Untersuchungshaft am 02.07.2018 sich nichts mehr offiziell zuschulden kommen lassen hat, liegt offenbar auch daran, dass ihm bei Entlassung einige Weisungen erteilt wurden und ihm mit strafrechtlicher Verurteilung von Oktober 2018 nicht nur die Weiterbetreuung durch Bewährungshilfe, sondern auch regelmäßige Gesprächsführung bei einem bestimmten Verein angeordnet wurde, der BF seither somit unter gerichtlicher, durch Bewährungshilfe gestützter, Aufsicht steht.

Dieser erkannten vom BF ausgehenden für die öffentliche Sicherheit besonders schwerwiegenden Gefahr können auch die in Österreich aufgebauten Bindungen nicht entgegenstehen, hat er doch nachweislich im Zuge seines Schulbesuchs im Jahr 2015/2016 in einer Privatschule seine zu seinem Herkunftsstaat bestehenden Bindungen gefördert, was unter anderem aus seinen gut bestandenen Pflichtfächern "Islam", "Arabisch" hervorgeht, und durch seine in seiner Herkunftsstadt lebende Verwandte - Onkel und Großeltern - und wegen ihres "Ferienhauses" in ihrer Herkunftsstadt bei Aufenthalt seiner Eltern dort auch durch diese familiäre Anknüpfungspunkte, die ihm bei einer Integration behilflich sein können.

Fest steht, dass der BF zwar in Österreich geboren wurde und seit Juli 2001 eine durchgehende Hauptwohnsitzmeldung aufweist, sich, wie aus seinen Angaben vor dem BFA am 06.02.2019 zu schließen ist, jedoch mit seinen Eltern öfters auch in Nordmazedonien in ihrem "Ferienhaus" aufhält und mit seinem Onkel und seinen Großeltern in seiner Herkunftsstadt jedenfalls auch familiäre Anknüpfungspunkte hat.

Ebenso wie aus der gesamten Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen keine Anhaltspunkte für eine Verletzung von Art. 8 EMRK erkannt werden können, sind aus der Beschwerde und der gesamten Akten- und Länderberichtslage auch keine Anhaltspunkte für eine dem BF bei einer Abschiebung drohende Art. 3 EMRK - Verletzung erkennbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

3.2.3. Zu Spruchteil C): Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2221082.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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