TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/19 G314 2221357-1

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Veröffentlicht am 19.07.2019
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Entscheidungsdatum

19.07.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2

Spruch

G314 2221357-1/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, bulgarischer Staatsangehöriger, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 01.07.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

(Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde vom 12.07.2019 gegen den oben genannten Bescheid vor, mit dem gegen den Beschwerdeführer (BF) gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde (Spruchpunkt III.).

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen damit, dass der BF wiederholt wegen Gewalt-, Eigentums- und Suchtmitteldelikten angezeigt worden sei und mehrere Eintragungen im Kriminalpolizeilichen Aktenindex aufweise. Ende 2018 sei er wegen unerlaubten Umgang mit Suchtgiften zu einer achtmonatigen, teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er verdiene seinen Lebensunterhalt nicht mit geregelter Arbeit, sondern mit strafbaren Handlungen. Aufgrund seiner finanziellen Situation bestünde eine große Wiederholungsgefahr. Sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich trete hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurück.

Der BF erhob dagegen eine Beschwerde, mit der er die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung sowie die Behebung des Bescheids beantragt. Hilfsweise strebt er die Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots an und stellt einen Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag. Er lebe seit mehreren Jahren legal mit seiner Familie im Bundesgebiet. Von ihm gehe keine nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich aus. Er sei nicht wegen eines Verbrechens verurteilt worden, bereue seine Tat und sei auf der Suche nach einer Erwerbstätigkeit.

Das BFA legte die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem BVwG vor, wo sie am 17.07.2019 einlangte.

Feststellungen:

Der aktuell XXXX-jährige BF verfügt über einen am 01.10.2015 ausgestellten und bis 01.10.2025 gültigen bulgarischen Personalausweis und über eine am 09.05.2016 erteilte Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer. Er war in Österreich zwischen Mai 2008 und März 2012 mit Nebenwohnsitz und zwischen 07.10.2015 und 17.05.2016, zwischen 09.01.2017 und 02.02.2018, zwischen 17.07. und 16.08.2018, zwischen 11.11.2018 und 10.01.2019 und seit 15.01.2019 mit Hauptwohnsitz gemeldet. Zwischen August 2015 und Juni 2016 war er in Österreich - mit Unterbrechungen - als Arbeiter erwerbstätig, zum Teil geringfügig beschäftigt. Seit einer geringfügigen Beschäftigung zwischen 06. und 30.06.2016 ging er keiner Erwerbstätigkeit mehr nach.

Am 10.11.2018 wurde der BF festgenommen, in Untersuchungshaft genommen und mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.2018, XXXX, wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach §§ 27 Abs 2a zweiter Fall, Abs 3 SMG, 15 StGB sowie §§ 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, wobei ein Strafteil von sechs Monaten für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er gemeinsam mit einem Mittäter am 10.11.2018 auf einer öffentlichen Verkehrsfläche für mehr als zehn Personen wahrnehmbar einem verdeckten Ermittler zwei Baggies Cannabiskraut (1,7 g brutto; Wirkstoffe THCA und Delta-9-THC) um EUR 20 überließ und weitere Baggies Cannabiskraut (7,3 g brutto) zum unmittelbar bevorstehenden Weiterverkauf bereithielt. Außerdem besaß er zwischen Juni und November 2018 Heroin für den Eigenkonsum. Er wollte sich durch die wiederkehrende Begehung solcher strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahme von mehr als EUR 400 monatlich (bei einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung) über zumindest mehrere Wochen verschaffen.

Bei der Strafzumessung wurden der bisher ordentliche Lebenswandel, das reumütige Geständnis, die Sicherstellung des Suchtgifts sowie der Umstand, dass es beim Versuch blieb, als mildernd berücksichtigt, das Zusammentreffen mehrerer Vergehen dagegen als erschwerend.

Der BF verbüßte den unbedingten Strafteil von XXXX.2018 bis XXXX.2019 in der Justizanstalt XXXX. Es handelt sich um seine erste und bislang einzige Verurteilung. Am XXXX.2019 wurde er von der Polizei in XXXX im Kellergeschoss eines Mehrparteienhauses beim Suchtmittelkonsum angehalten.

Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie aus dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister, dem Versicherungsdatenauszug und dem Fremdenregister. Es bestehen keine entscheidungswesentlichen Widersprüche.

Die Identität des BF geht aus seinem bulgarischen Personalausweis hervor. Die Feststellungen zu den von ihm begangenen Straftaten, zu seiner Verurteilung und zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen basieren auf dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX. Die Rechtskraft der Verurteilung und der Vollzug des unbedingten Strafteils werden durch das Strafregister belegt, in dem keine weiteren Verurteilungen des BF in Österreich aufscheinen. Seine Unbescholtenheit wurde als Milderungsgrund berücksichtigt, sodass davon auszugehen ist, dass auch in anderen Staaten keine strafgerichtlichen Verurteilungen bestehen.

Die Betretung beim Suchtmittelkonsum im April 2019 geht aus der Meldung der Landespolizeidirektion XXXX vom 17.04.2019 hervor.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Da sich die Beschwerde pauschal gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, ergibt sich zusammen mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zweifelsfrei, dass sie sich auch gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids richtet, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Das BVwG hat über eine derartige Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann (ua) bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Diese Voraussetzung ist hier aufgrund der Suchtgiftdelinquenz des BF, der ein paar Monate nach dem Vollzug des unbedingten Strafteils wieder beim Konsum vom Suchtgiften angetroffen wurde, sowie des Fehlens einer Erwerbstätigkeit und eines regelmäßigen Einkommens erfüllt. Der VwGH hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (z.B. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0249).

Die vom BFA weiters zur Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung herangezogenen Anzeigen gegen den BF wegen Gewalt- Eigentums- und Suchtmitteldelikten können diese dagegen nicht rechtfertigen, weil mangels einer entsprechenden Verurteilung oder anderer Beweisergebnisse nicht feststeht, welche Taten diesen Anzeigen konkret zugrunde lagen und ob sie tatsächlich dem BF anzulasten sind. Der vom BFA zitierte Kriminalpolizeiliche Aktenindex enthält Informationen über die wegen des Verdachts einer vorsätzlich begangenen, von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung an die Staatsanwaltschaften erstatteten Abschlussberichte der Kriminalpolizei (siehe § 57 SPG iVm § 100 Abs 2 StPO), ist aber für sich genommen kein taugliches Beweismittel dafür, dass der BF die den Eintragungen zugrunde liegenden Taten auch tatsächlich begangen hat oder dass es sich dabei um ein (strafbares bzw. die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdendes) Fehlverhalten handelt.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Solche Gründe wurden hier nicht geltend gemacht und sind auch nicht aktenkundig. Nach der Aktenlage ist davon auszugehen, dass sich der BF seit weniger als fünf Jahren durchgehend im Bundesgebiet aufhält und hier seit mehreren Jahren nicht mehr erwerbstätig war. Daher liegt kein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Privat- und Familienleben vor, zumal dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund der Suchtgiftdelinquenz ein sehr großes Gewicht beizumessen ist. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des BF (Bulgarien) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG, zumal es sich um einen Mitgliedstaat der EU handelt.

Im Ergebnis ist die sofortige Ausreise des BF aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich; die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. Es ist dem BF zumutbar, den Verfahrensausgang in seinem Herkunftsstaat abzuwarten. Der Beschwerde ist derzeit - vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt - die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Von der Behörde wurden bei der Vorlage der Akten an das BVwG umfangreiche Aktenbestandteile von der Akteneinsicht ausgenommen, wobei der Grund dafür teilweise nicht nachvollzogen werden kann. In diesem Zusammenhang wird auf § 17 Abs 3 AVG und § 21 Abs 2 VwGVG hingewiesen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C):

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2221357.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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