TE Bvwg Beschluss 2019/5/16 W230 2205165-2

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Veröffentlicht am 16.05.2019
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Entscheidungsdatum

16.05.2019

Norm

AVG §69 Abs1 Z2
B-VG Art. 133 Abs4
FM-GwG §37 Abs1
FM-GwG §37 Abs4
VwGVG §24 Abs5
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §32
VwGVG §32 Abs1 Z2

Spruch

W230 2205165-2/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Philipp CEDE, LL.M., als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER sowie den Richter Dr. Gert WALLISCH als Beisitzer über den von der Finanzmarktaufsichtsbehörde gestellten Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 05.03.2019, W230 2205165-1/13E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens, beschlossen:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 05.03.2019, Zl. W230 2205165-1/13E, abgeschlossenen Verfahrens wird gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die FMA beantragt gemäß § 32 VwGVG die Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 05.03.2019 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens mit einer Begründung, die in den Feststellungen näher dargelegt wird. Das Bundesverwaltungsgericht gewährte der mitbeteiligten Partei (= der beschwerdeführenden Partei im rechtskräftig abgeschlossenen Beschwerdeverfahren) zu diesem Antrag eine Möglichkeit zur Stellungnahme, die sie wahrnahm. Am 29.03.2019 erklärten beide Parteien einen Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über den Antrag auf Wiederaufnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die FMA veröffentlichte am 30.03.2018 auf ihrer Internetseite den Umstand, dass über die XXXX (im Folgenden: mitbeteiligte Partei) eine Sanktion wegen Verstoßes gegen Sorgfaltspflichten zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung verhängt worden sei, dass sie (die FMA) deswegen eine Geldstrafe über die mitbeteiligte Partei verhängt habe und dass das Straferkenntnis nicht rechtskräftig sei.

1.2. Die mitbeteiligte Partei beantragte am 05.04.2018 bei der FMA nach § 37 Abs. 4 FM-GwG eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung, woraufhin die FMA einen Bescheid erließ, in dem sie feststellte, dass die Veröffentlichung rechtmäßig war. Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Erkenntnis vom 05.03.2019 gab das Bundesverwaltungsgericht dieser Beschwerde Folge, stellte fest, dass die Veröffentlichung rechtswidrig war (und ist) und dass die FMA diese Veröffentlichung (samt Aktualisierungen) aus ihrem Internetauftritt zu entfernen hat. Dieses Erkenntnis wurde der FMA am gleichen Tag zugestellt.

1.3. Die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung begründete das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis (auszugsweise) wie folgt.

"3.3.7. Das Bundesverwaltungsgericht geht [...] davon aus, dass der Gesetzgeber bei Festlegung der Veröffentlichungsmodalität mit bloß nachgeschalteter Bescheiderlassung eine Befugnis zum Eingriff in die rechtliche geschützte Sphäre geschaffen hat, der eine besondere Rechtfertigung zugrunde liegen muss, weil sie selbst im Fall erfolgreicher nachträglicher Anfechtung im Beschwerdeweg, der Löschung oder des Widerrufs jedenfalls zum Teil nicht mehr rückgängig zu machende ‚vollendete Tatsachen' hervorruft.

Umstände, die nach § 37 Abs. 1 FM-GwG eine Veröffentlichung ermöglichen, müssen daher so geartet sein, dass sie es rechtfertigen, dass trotz potentieller Fehlerhaftigkeit sowohl der Pflichtverletzungsannahme als auch der Interessenabwägung und Prognose der Finanzmarktstabilität bereits vorzeitig eine Veröffentlichung erfolgt (Dringlichkeit). Schließlich ist insgesamt zu berücksichtigen, dass es Sinn und Zweck der Veröffentlichung ist, dem Aufsichtsziel, also der Durchsetzung der öffentlichen Interessen im konkreten Fall zu dienen. Damit können nur solche Aspekte als Ermessenskriterien zugunsten einer Veröffentlichung in Betracht kommen, die durch die Zielrichtung des gesetzlichen Aufsichtsauftrags angezeigt sind (ausreichende Sachlichkeit und Zielgerichtetheit).

[...]

3.3.11. Die in § 37 FM-GwG vorgesehene Veröffentlichungsmodalität mit bloß nachträglicher Bescheiderlassung ist daher bei verfassungskonformer und unionsrechtskonformer Interpretation auf Fälle beschränkt, in denen diese Veröffentlichungsmodalität durch Gebote der Dringlichkeit eindeutig gerechtfertigt (verhältnismäßig) ist. Sie ermächtigt zu Veröffentlichungen nur dann, wenn im oben beschriebenen Sinn besondere im öffentlichen Interesse gebotene Dringlichkeit zur Veröffentlichung (‚Warnung') herrscht.

3.3.12. Das Bundesverwaltungsgericht hält fest, dass diese Auslegung nicht bedeuten muss, dass Veröffentlichungen nach § 37 FM-GwG überhaupt nur bei solcher spezifischen Dringlichkeit ergehen dürfen:

Soweit das EU-Richtlinienrecht auch über diese Fallgruppe hinaus (dh. bei fehlender oder zweifelhafter Dringlichkeit) die Veröffentlichung von Sanktionen verlangen sollte (Art. 60 Abs. 1 [EU] 2015/849), kommt es in Betracht, § 37 FM-GwG so auszulegen, dass die Behörde auch zu solchen Veröffentlichungen ermächtigt ist, allerdings nur auf Grundlage eines der Veröffentlichung vorgeschalteten Bescheides, gegen den das Rechtsmittel der Beschwerde (mit Möglichkeit der Zuerkennung aufschiebender Wirkung) offen steht. Eine abschließende Beurteilung der Frage, ob das Gesetz eine solche Auslegung zulässt, ist angesichts des vorliegenden Sachverhalts aber nicht erforderlich, weil ein solcher vorgeschalteter Bescheid im vorliegenden Fall nicht ergangen ist.

[...]

3.4.3. [...] Dass [die im angefochtenen Bescheid festgehaltenen] Tatsachen eine Notwendigkeit (geschweige denn die Dringlichkeit) eines Veröffentlichens einer vorläufigen (nicht rechtskräftigen) behördlichen Pflichtverletzungsannahme bezüglich der beschwerdeführenden Partei indizieren, überzeugt nicht und berücksichtigt nicht die gebotene Interessensabwägung.

[...]

3.4.5. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist festzuhalten, dass das ‚Interesse der Allgemeinheit' (bzw. des Publikums und der Medienöffentlichkeit) nicht gleichzusetzen ist mit einem vom Gesetz geforderten ‚öffentlichen Interesse' zur Ergreifung von Aufsichtsmaßnahmen wie der sofortigen Veröffentlichung einer vorläufig (nicht rechtskräftig) feststehenden Pflichtverletzung. Selbst bei allgemeiner Bekanntheit der den Anlass des Prüfungsverfahrens bildenden Umstände (‚Panama Leaks' und nachfolgende Ermittlungen der FMA) und der Identität des betroffenen Unternehmens und auch unter Berücksichtigung der Größe und Rechtsform dieser Gesellschaft kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass eine von der FMA angenommene Pflichtverletzung so geartet ist, dass trotz des Fehlerrisikos in der Annahme der Pflichtverletzung, in der Annahme der Verhältnismäßigkeit und in der Annahme fehlender Gefährdung der Finanzmarktstabilität bereits ihre vorzeitige Veröffentlichung (ohne vorgeschalteten Bescheid im Veröffentlichungsverfahren und ohne Rechtskraft der Pflichtverletzungsfeststellung) im Interesse der gesetzlichen Aufsichtsziele dringend geboten ist. Dazu kommt, dass es nahe liegend gewesen wäre, sich bei Verstößen der beschwerdeführenden Partei gegen Know-Your-Client-Vorschriften, die die belangte Behörde in einem Straferkenntnis für vergangene Zeiträume angenommen hat, bei der Ermessensübung nach § 37 Abs. 1 FM-GwG damit auseinanderzusetzen, inwiefern diese Verstöße nicht nur retrospektiv, sondern auch für das gegenwärtige Verhalten der [beschwerdeführenden Partei] und für die Marktverhältnisse in der Gegenwart eine die Veröffentlichung rechtfertigende Aussagekraft haben.

3.4.6. Die Veröffentlichung war (ist) daher rechtswidrig, weshalb der angefochtene Bescheid entsprechend abzuändern war."

1.4. Mit ihrem beim Bundesverwaltungsgericht am 20.03.2019 eingebrachten Antrag begehrt die FMA gemäß § 32 VwGVG die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens, gestützt auf den Wiederaufnahmegrund neu hervorgekommener Tatsachen und Beweismittel. Zur Begründung ihres Antrags führt die FMA aus, dass am 06.03.2019 und am 07.03.2019 vier näher bezeichnete Zeitungsartikel erschienen seien. Diese Zeitungsberichte würden sich "auf das Verhalten und die Marktstellung" der mitbeteiligten Partei beziehen, "die als Tatsachen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts am 05.03.2019 - somit kurz vorher - jeweils bereits vorhanden" gewesen seien. Die Berichte selbst seien als Beweismittel jedoch erst kurz nach diesem Zeitpunkt entstanden und hätten somit ohne Verschulden der FMA nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegt werden können. Als unmittelbare Reaktion auf das öffentliche Bekanntwerden (gemeint wohl: der Tatsachen, über die in den Zeitungsartikeln berichtet wird) sei es am 05.03.2019 zu einer erheblichen Kursbewegung in der Aktie der mitbeteiligten Partei gekommen. Insbesondere das Verhalten und die Marktstellung der mitbeteiligten Partei würden somit durch das Bekanntwerden in der Öffentlichkeit signifikant verändert wahrgenommen bzw. bewertet. Im Gegensatz dazu sei festzuhalten, dass die Aktie und die Anleihen der mitbeteiligten Partei um den 30.03.2018 (Veröffentlichungsdatum) keine unüblichen Kursreaktionen bzw. keinen Anstieg im Volumen gezeigt hätten.

Zur voraussichtlichen Eignung dieser Beweismittel, eine anderslautende Entscheidung herbeizuführen, bringt die FMA vor, die Überprüfung gemäß § 37 Abs. 4 FM-GwG habe sich auf die Faktenlage ex ante zu beziehen, wobei die Behörde auch Umstände berücksichtigen könne, die nach der Veröffentlichung bekannt geworden sind. Der erkennende Senat des Bundesverwaltungsgerichts habe sich in der rechtskräftigen Entscheidung "tragend" auf Folgendes gestützt:

"[...] Dazu kommt, dass es nahe liegend gewesen wäre, sich bei Verstößen der beschwerdeführenden Partei gegen Know-Your-Client-Vorschriften, die die belangte Behörde in einem Straferkenntnis für vergangene Zeiträume angenommen hat, bei der Ermessensübung nach § 37 Abs. 1 FM-GwG damit auseinanderzusetzen, inwiefern diese Verstöße nicht nur retrospektiv, sondern auch für das gegenwärtige Verhalten der beschwerdeführenden Gesellschaft und für die Marktverhältnisse in der Gegenwart eine die Veröffentlichung rechtfertigende Aussagekraft haben." Im Lichte der zur Antragsbegründung herangezogenen Zeitungsberichte liege es nahe, "dass neu hervorgekommene Tatsachen in Verbindung mit einer signifikant veränderten Wahrnehmung des Verhaltens und der Marktstellung der Beschwerdeführerin in der Gegenwart" voraussichtlich auch zu einer im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Beurteilung führen können: Im Vergleich zu diesen neu hervorgekommenen Tatsachen bzw. Beweismitteln sei einerseits die Veröffentlichung vom 30.03.2018, wie die FMA zutreffend prognostiziert habe, als mit nicht so gravierenden Auswirkungen verbundener Eingriff zu deuten. Andererseits bestehe vor diesem Hintergrund umso mehr - gerade in der Gegenwart - ein berücksichtigungswürdiges Interesse der Öffentlichkeit an sachlicher Information über das von der FMA geführte Ermittlungsverfahren bzw. dessen Abschluss (Hinweis auf § 37 Abs. 1 FM-GwG, § 34a VStG und § 35b StAG).

An der die Veröffentlichung gemäß § 37 FM-GwG rechtfertigenden Aussagekraft könne somit kein Zweifel mehr bestehen. Nicht zuletzt hänge das Vertrauen der Anleger und der breiten Öffentlichkeit in die Finanzmärkte zu eine[m] großen Teil von der Existenz einer präzisen und effektiven Bestimmung zur Offenlegung der Sanktionen zumindest für schwere, wiederholte oder systematische Verstöße gegen die Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ab (Hinweis auf Art. 58 bis 60 4. GW-RL und die Erwägungsgründe 31 und 32 zur 5. GW-RL).

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen stützen sich auf den Inhalt des von der antragstellenden Partei zitierten Erkenntnisses und geben darüber hinaus ihr Antragsvorbringen wieder.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anderslautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten (§ 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG). Soweit hier relevant, entspricht diese Regelung inhaltlich jener des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG.

Beim "Neuerungstatbestand" handelt es sich - im Gegensatz zu anderen Wiederaufnahmegründen - nicht um einen absoluten, sondern um einen relativen Wiederaufnahmegrund, weil das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweise allein nicht genügt, sondern die Wiederaufnahme nur rechtfertigt, wenn die nova reperta voraussichtlich zu einem anderen Verfahrensergebnis führen würden.

Das Verwaltungsgericht ist bei der Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufnahme an die von der Partei fristgerecht vorgebrachten Gründe gebunden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 56 [Stand 1.4.2009, rdb.at]).

Die Relevanz der behaupteten Wiederaufnahmegründe ist an der in der Sache selbst ergangenen rechtskräftigen Entscheidung zu messen (VwGH 20.10.1995, 94/19/1353), bzw. "unter Zugrundelegung der im Vorprozeß vertretenen Rechtsansicht" (so OGH 18.12.1991, 3 Ob 1588/91, zu der mit § 69 Abs. 1 Z 2 AVG und § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG vergleichbaren Bestimmung des § 530 Abs. 1 Z 7 ZPO). Das nachträgliche Vorbringen, dass im abgeschlossenen Verfahren Verfahrensmängel oder gar eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgelegen seien, bildet keinen Grund zur Wiederaufnahme (zB VwGH 04.09.2003, 2000/17/0024; 13.09.2004, 2000/17/0018).

3.2. Die Begründung des Antrags auf Wiederaufnahme zeigt, dass dieser die im Erkenntnis vom 05.03.2019 zum Ausdruck gebrachte Auslegung von § 37 FM-GwG miss- oder umdeutet: Die antragstellende FMA versucht darin aufzuzeigen, dass die von ihr vorgelegten Beweismittel nunmehr zur Beurteilung führen würden, dass bei Berücksichtigung dieser Beweismittel "umso mehr - gerade in der Gegenwart - ein berücksichtigungswürdiges Interesse der Öffentlichkeit an sachlicher Information über das von der FMA geführte Ermittlungsverfahren bzw. dessen Abschluss (§ 37 Abs. 1 FM-GwG; vgl. § 34a VStG; § 35b StAG)" bestehe.

Das Vorbringen lässt erkennen, dass die FMA von der im rechtskräftigen Erkenntnis bereits verworfenen Rechtsauffassung ausgeht, dass das "Interesse der Öffentlichkeit" an der Kenntnis bestimmter Informationen gleichzusetzen sei mit dem für die Verfügung einer behördlichen Aufsichtsmaßnahme geforderten "öffentlichen Interesse". Im Erkenntnis hat das Bundesverwaltungsgericht dazu zum Ausdruck gebracht, dass eine Veröffentlichung, die in der Weise getätigt wird, dass unmittelbar das Faktum der Veröffentlichung gesetzt wird, womit erst nachfolgend eine Rechtmäßigkeitskontrolle im Wege eines ex post zu beantragenden Bescheides erfolgen kann, nur dann dem Gesetz entspricht, wenn Aspekte der Dringlichkeit einen solchen Modus der Veröffentlichung erfordern. Für sonstige Fälle (ohne Dringlichkeit) käme nach der im Erkenntnis vertretenen Auffassung eine solche Veröffentlichung allenfalls auf Grundlage eines vor Veröffentlichung erlassenen (die Grundlage der Veröffentlichung bildenden) Bescheides in Betracht, was im Beschwerdefall jedoch nicht erfolgt ist.

3.3. Dass Tatsachen hervorgekommen seien, die in diesem entscheidungswesentlichen Punkt zu einer anderen Beurteilung hätten führen können, zeigt der Wiederaufnahmeantrag aber nicht auf. Es geht bei dem gemäß der rechtskräftigen Entscheidung relevanten Punkt nicht nur - wie der Wiederaufnahmeantrag zu unterstellen scheint - darum, dass die Auswirkungen der Veröffentlichung für das betroffene Unternehmen gelinde, gering bzw. verhältnismäßig sind und die Öffentlichkeit ein Informationsinteresse hat. Vielmehr beruht die Entscheidung darauf, dass es für die Rechtmäßigkeit einer Veröffentlichung nach dem von der FMA gewählten Modus zusätzlich erforderlich ist, dass der Sachverhalt ausreichende Gründe dafür bietet, dass es im Sinne von Dringlichkeit gerechtfertigt war, die in subjektive Rechte des Unternehmens eingreifende Veröffentlichung ohne vorherige Bescheiderlassung und damit ohne Zugang zu suspensiven Rechtsschutzmöglichkeiten zu veranlassen. Dass neu hervorgekommene Beweise oder Tatsachen den Sachverhalt in diesem Punkt anders beurteilen ließen, wird im Antrag auf Wiederaufnahme aber nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich.

3.4. Dem Antrag gelingt es auch nicht, das die rechtskräftige Entscheidung tragende Kriterium anders darzustellen. Wenn die antragstellende Behörde dafür das Augenmerk auf die Passage in Pkt. II.3.4.5. des rechtskräftigen Erkenntnisses zu lenken versucht und daraus abzuleiten scheint, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 05.03.2019 verlangt hätte, dass die zu diesem Zeitpunkt "gegenwärtigen" Verhältnisse ausschlaggebend seien, übersieht sie den Kontext dieser Passage, der klar erkennen lässt, dass es dem Bundesverwaltungsgericht in dieser Passage darum ging aufzuzeigen, welche Überlegungen im Zeitpunkt der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung (30.03.2018) angezeigt gewesen wären, zumal das Bundesverwaltungsgericht damit auch andeutete, dass die Einbeziehung dieser Überlegung insbesondere deswegen angezeigt war, weil der Anlass für die Veröffentlichung eine Retrospektive (in Form des nicht rechtskräftigen Straferkenntnisses) auf bereits länger zurückliegende (insofern daher: potentiell nicht mehr aktuelle) Tatvorwürfe war, die eine Dringlichkeit gegenwärtigen Handelns eben gerade nicht indizierte.

3.5. Der Antrag auf Wiederaufnahme richtet sich damit in Wirklichkeit gegen die im rechtskräftigen Erkenntnis vertretene rechtliche Beurteilung, was sich auch daran zeigt, dass die FMA zur Rechtfertigung ihrer Vorgehensweise nunmehr ergänzend auf die Bestimmungen des § 34a VStG und § 35b StAG Bezug nimmt. Die genannten Normen regeln allgemein die Öffentlichkeitsarbeit von Strafverfolgungsbehörden und stellen im Gegensatz zu § 37 FM-GwG (Verhältnismäßigkeit, Nichtbeeinträchtigung der Finanzmarktstabilität) keine spezifischen inhaltlichen Grenzen für die Veröffentlichungsermächtigung auf. Vor allem aber sind diese Normen nicht als Grundlagen eines informationellen Aufsichtsmittels zu begreifen und damit schon aus diesem Grund mit der Inanspruchnahme einer Ermächtigung wie jener des § 37 FM-GwG, die als Mittel zur Beaufsichtigung (behördlich ausgeübte, sanktionsartige Verhaltenssteuerung) zu verstehen ist, nicht vergleichbar. Eine Veröffentlichung nach § 37 Abs. 1 FM-GwG beruht auf einer gesetzlichen Eingriffsermächtigung, die diese spezifisch als hoheitlich verhängte Rechtseingriffsmaßnahme zur Verfolgung des Aufsichtsziels vorsieht. Die Veröffentlichung wird in der zugrundeliegenden EU-Richtlinie auch explizit als eine von mehreren "verwaltungsrechtlichen Sanktionen und Maßnahmen, die verhängt werden können" definiert (Art. 59 Abs. 2 Buchst. a RL [EU] 2015/849). Eine solche spezifische aufsichtsrechtliche Veröffentlichungssanktion ist vom Gesetzgeber als eigenes behördliches Sanktionsmittel konzipiert, verstanden als gezielter, den Aufsichtszielen dienender Rechtseingriff, dem folglich auch ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis korrespondiert. Die Anwendung dieser Maßnahme als Aufsichtsmittel ist nicht gleichsetzbar mit Vorgängen der allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit, wie sie in § 34a VStG oder § 35b StAG geregelt werden.

3.6. Auch soweit die antragstellende Behörde im nunmehr gestellten Wiederaufnahmeantrag vorbringt, dass "nicht zuletzt das Vertrauen der Anleger und der breiten Öffentlichkeit in die Finanzmärkte zu einem großen Teil von der Existenz einer präzisen und effektiven Bestimmung zur Offenlegung der Sanktionen [abhängt]", übergeht sie die im Erkenntnis vom 05.03.2019 erzielte Auslegung: Derartige Erfordernisse können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der österreichische Gesetzgeber in § 37 Abs. 4 FM-GwG dafür entschieden hat, das hier gewählte Veröffentlichungsverfahren in einer Weise zu regeln (bloße ex-post-Kontrolle), die nur für solche Rechtseingriffe adäquat wäre, die im Lichte der Aufsichtsziele dringend sind.

3.7. Da die vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel nicht geeignet sind, eine anderslautende Entscheidung herbeizuführen, ist der Antrag auf Wiederaufnahme daher abzuweisen.

3.8. Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden, weil die Parteien darauf verzichtet haben (§ 24 Abs. 5 VwGVG).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (zB VwGH 20.10.1995, 94/19/1353; 04.09.2003, 2000/17/0024; 13.09.2004, 2000/17/0018); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beweismittel, entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung,
Finanzmarktaufsicht, Geldstrafe, Geldwäscheprävention, öffentliches
Interesse, Rechtskraft der Entscheidung, Sorgfaltspflicht,
Tatsachensubstrat, Veröffentlichung, Verwaltungsstrafe,
Verwaltungsstrafverfahren, Verwaltungsübertretung,
Wiederaufnahmeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W230.2205165.2.00

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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