TE Vwgh Beschluss 2019/8/8 Ra 2018/04/0100

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Veröffentlicht am 08.08.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
50/01 Gewerbeordnung

Norm

B-VG Art133 Abs4
GewO 1994 §74 Abs2 Z1
GewO 1994 §74 Abs2 Z2
GewO 1994 §77
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §29 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/04/0101

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wölfl, über die Revision 1. der B P und 2. des DI W P, beide in O, beide vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 22. Februar 2018, Zl. LVwG- 2017/25/1258-4, betreffend gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck; mitbeteiligte Partei: B D in O, vertreten durch Dr. Martin Wuelz, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 12/EG), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. April 2017 wurde der mitbeteiligten Partei die bau- und gewerberechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Wohnhauses samt Werkstätte für KFZ-Technik erteilt. Spruchpunkt I umfasst die Bewilligung nach der Tiroler Bauordnung, der verfahrensgegenständliche Spruchpunkt II die Erteilung der gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung.

2 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die von den Revisionswerbern gemeinsam erhobene Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid in seinem die gewerberechtliche Genehmigung betreffenden Umfang als unbegründet abgewiesen. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig. 3 In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht fest, dem gegenständlichen Verfahren liege der Antrag der mitbeteiligten Partei vom 30. November 2012 zugrunde, der bei der belangten Behörde eingereicht worden sei.

4 Insofern die Revisionswerber in ihrer Beschwerde vorgebracht hätten, es sei von der belangten Behörde etwas anderes bewilligt worden als in den Anträgen vom 1. Oktober 2010 bzw. vom 16. Dezember 2011 begehrt, seien sie darauf zu verweisen, dass sich die Bewilligung auf den Antrag der mitbeteiligten Partei vom 30. November 2012 beziehe. Für den Fall, dass andere Anträge der mitbeteiligten Partei unerledigt geblieben seien, könne dies nicht von den Revisionswerbern geltend gemacht werden, weil diesen kein Anspruch auf die Erledigung derselben zukomme.

5 Hinsichtlich der Rüge, in Hinblick auf die händisch ausgeführte Anmerkung "Variante" in der Plandarstellung betreffend die Öffnungen für die Be- und Entlüftung sei der Projektgegenstand nicht ausreichend konkretisiert, und die belangte Behörde habe einen entsprechenden Mängelbehebungsauftrag rechtswidrig unterlassen, führte das Verwaltungsgericht aus, der immissionstechnische Sachverständige habe in seinem Gutachten auf die von der mitbeteiligten Partei - über einen entsprechenden Mängelbehebungsauftrag der belangten Behörde - nachgereichte, hinsichtlich der Be- und Entlüftung konkretisierte Plandarstellung Bezug genommen. Die von der Beschwerde erwähnte Plandarstellung sei sohin nicht jene, auf die sich das immissionstechnische Gutachten stütze. Die Rüge gehe daher ins Leere.

6 Hinsichtlich der von der Beschwerde gerügten Anzahl der Fahrbewegungen sei darauf zu verweisen, dass der Gutachter von einer maximalen Belastung durch die Anlage in Bezug auf den Nachbarschafts- und Emissionsschutz ausgegangen sei. Das der bekämpften Entscheidung zugrunde liegende immissionstechnische Gutachten komme nach umfangreichen Berechnungen und Ausführungen zu dem Schluss, dass keine relevanten Immissionen an Luftschadstoffen bei den ungünstigst gelegenen Nachbarn zu erwarten seien. Diesem Ergebnis seien die Revisionswerber nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.

7 Insofern die Revisionswerber bemängeln würden, dass sich der lärmtechnische Gutachter auf Messungen aus dem Jahre 2008 stütze, obwohl das Verkehrsaufkommen (und damit die Grundbelastung) seitdem zugenommen habe, bedeute dies lediglich, dass die Emissionen der gegenständlichen Betriebsanlage noch erhöht werden könnten, ohne dass der planungstechnische Grundsatz verletzt würde. Auch dem lärmtechnischen Gutachten sei im Übrigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten worden. 8 Aus den Gutachten der beiden Sachverständigen, wonach in lärmtechnischer Hinsicht der planungstechnische Grundsatz eingehalten werde und in immissionstechnischer Hinsicht keine relevanten Immissionen zu erwarten seien, ergebe sich die rechtliche Beurteilung, dass die Errichtung und der Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage nicht geeignet sei, die von § 74 Abs. 2 Z 1 und 2 GewO 1994 geschützten Interessen zu beeinträchtigen.

9 Zum Vorbringen der Beschwerde, wonach die Dimensionierung und Neuverrohrung des "O Bachls" für die Ableitung der anfallenden Oberflächenwässer nicht ausreichend sei und daher mit einer Überschwemmung des Grundstückes der Revisionswerber zu rechnen sei, weshalb das gewerberechtliche Verfahren die wasserrechtlichen Aspekte zu berücksichtigen habe, werde entgegnet, dass die wasserrechtliche Bewilligung betreffend die Errichtung des verfahrensgegenständlichen Werkstättenbetriebes bereits mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Oktober 2013 rechtskräftig erteilt worden sei. Die entsprechenden Einwände seien daher bereits Gegenstand eines wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens gewesen und könnten daher nicht mehr zum Gegenstand des gewerberechtlichen Bewilligungsverfahrens gemacht werden. 10 3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die gemeinsam ausgeführte Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zu beheben. 11 4.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 14 4.2. Die Revision verweist zu ihrer Zulässigkeitsbegründung zunächst darauf, dass der "Beschwerdeführer" die Auffassung vertrete, dass eine Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts vorliege und das Erkenntnis zu beheben sei, weil die Sache nicht mehr dieselbe sei. Das ursprüngliche Bauansuchen sei nicht mehr ident mit dem Bauvorhaben, das Gegenstand der Bewilligung sei. Insofern weiche das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab.

15 Dieses Vorbringen nimmt lediglich Bezug auf die baurechtliche Bewilligung, die zwar Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde gewesen sein mag, aber nicht Gegenstand des angefochtenen Erkenntnisses war. Inwiefern das Projekt betreffend die betriebsanlagenrechtliche Genehmigung nicht Gegenstand des behördlichen Verfahrens gewesen sei, wird nicht annähernd konkretisiert, sodass kein Bezug zum Revisionsgegenstand ersichtlich ist. Insofern die Revisionswerber vorbringen, es sei zu klären gewesen, "ob der bau- und der gewerberechtliche Antragsgegenstand, die im erstinstanzlichen Verfahren gemeinsam verhandelt worden sind, nun übereinstimmen oder nicht," zeigen diese wiederum nicht konkret auf, in welchem Umstand die Revision eine den Verfahrensgegenstand betreffende Wesensänderung sieht. Die Frage der Übereinstimmung des bau- und gewerberechtlichen Antragsgegenstandes hat keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses.

16 4.2. Insofern sich die Revision weiter gegen die Begründung des Erkenntnisses richtet, ist dem zu entgegnen, dass das Verwaltungsgericht den Argumenten der Beschwerde jeweils strukturiert und ausführlich entgegen tritt. Insoweit die Revision auch hier auf die im baurechtlichen Verfahren vorgelegten Planunterlagen Bezug nimmt, ist ihr wiederum entgegen zu halten, dass Gegenstand des hier angefochtenen Entscheidung nicht die baurechtliche Bewilligung war, sondern die betriebsanlagenrechtliche Genehmigung.

17 4.3. Letztlich bringen die Revisionswerber vor, das Verwaltungsgericht habe das Vorbringen in der Beschwerde betreffend die wasserrechtlichen Aspekte des Projekts ignoriert, deren zu Lasten der Nachbarn gehenden Auswirkungen zu prüfen gewesen seien, zumal ein wasserrechtliches Verfahren nicht behänge.

18 Dieses Vorbringen kann angesichts der Feststellung des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Erkenntnis betreffend die bereits rechtskräftig erteilte wasserrechtliche Bewilligung des verfahrensgegenständlichen Projekts die Zulässigkeit der Revision nicht begründen.

19 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 8. August 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018040100.L00

Im RIS seit

11.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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