TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/23 L525 2216903-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.04.2019
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Entscheidungsdatum

23.04.2019

Norm

AVG §69
AVG §69 Abs1 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L525 2216903-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Bangladesch, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 5.3.2019, Zl. 13-820156409/1456487, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer - ein bengalischer Staatsbürger - brachte am 4.2.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Der Beschwerdeführer gab unter anderem an, er sei staatenlos.

Der Beschwerdeführer wurde am 21.5.2012 durch das Bundesasylamt (BAA) niederschriftlich einvernommen. Soweit von Bedeutung führte der Beschwerdeführer aus, er sei am 11.11.1979 in Myanmar geboren, und habe bis 1990 dort gelebt. Dann sei er mit seiner Familie nach Bangladesch geflüchtet. Der Beschwerdeführer gab an, er habe weder eine Geburtsurkunde, noch anderer Identitätsdokumente, er habe nur ein Familienbuch. Er sei staatenlos, gehöre der Volksgruppe der Rohingya an und sei Moslem.

Mit Bescheid des BAA vom 22.5.2012 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz stattgegeben und wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Das BAA hielt in einem Aktenvermerk vom selben Tag fest, dass der Beschwerdeführer staatenlos sei und der Volksgruppe der Rohingya angehöre. Das Vorbringen hinsichtlich seiner Situation in Burma sei glaubwürdig. Die Identität stehe nicht fest, da der Beschwerdeführer überhaupt keine Dokumente in Vorlage gebracht habe. In einer Gesamtbeurteilung sei davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den Rohingyas im Falle seiner Rückkehr in seinen Heimatstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung drohe. Hiezu werde auf eine (Anm. im Akt aufliegende) Anfragebeantwortung der Staatendokumentation verwiesen.

Der vermeintliche Sohn des Beschwerdeführers stellte am 10.9.2018 einen Einreiseantrag bei der Österreichischen Botschaft in Neu Delhi. Im Zuge des Einreiseverfahrens legte der Sohn eine eidesstattliche Erklärung der Adoption vom 2.5.2011, einen gerichtlichen Beschluss vom 4.8.2011 und die Geburtsurkunde des Kindes XXXX vor.

Der Beschwerdeführer wurde am 28.2.2019 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Befragt gab der Beschwerdeführer an, er sei in Myanmar in Kadirapara geboren, er sei in Bangladesch aufgewachsen. Er sei staatenlos. Er habe nie Dokumente von Bangladesch gehabt, er habe nur ein Rohingya-Familienbuch. Er und seine Eltern seien registrierte Flüchtlinge gewesen. Über Vorhalt, dass auf den seitens seines Adoptivsohnes vorgelegten Urkunden der Beschwerdeführer als bengalischer Staatsbürger ausgewiesen werde, führte dieser an, er habe keine bengalische Staatsbürgerschaft, sondern seine Frau. Die Adoption habe ein beauftragter Notar organisiert. Er könne sich nicht erklären, warum dort stehe, dass er bengalischer Staatsbürger sei. Über Vorhalt, auch in der Geburtsurkunde stehe, dass Erbin Gale sei, führte der Beschwerdeführer aus, er könne sich vorstellen, dass bei der Ausstellung einfach angenommen worden sei, dass er bengalischer Staatsbürger sei. Dies, weil seine Frau Staatsbürgerin von Bangladesch sei und der Beschwerdeführer nicht mit einer bengalischen Frau verheiratet sein dürfe. Die Unterlagen müsse seine Frau beim Notar vorgelegt haben. Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer außerdem vor, dass Ausländer nach fünf Jahren in Bangladesch einen Antrag auf Staatsangehörigkeit stellen könnten. In Anbetracht des Staatsbürgerschaftsgesetzes von Bangladesch, sowie dem Einreiseverfahren vorgelegten Dokumente, ergebe sich für die erkennende Behörde, dass der Beschwerdeführer bengalischer Staatsbürger sei. Der Beschwerdeführer führte dazu aus, dass bis dato keinem seiner Volksgruppe die Staatsangehörigkeit von Bangladesch zugesprochen worden sei.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 5.3.2019 nahm die belangte Behörde das Asylverfahren vom 4.2.2012 von Amts wegen wieder auf. Die belangte Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer bei der polizeilichen Erstbefragung und in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt wahrheitswidrig angegeben habe, dass er staatenlos sei und habe er seine bengalische Staatsbürgerschaft gänzlich verschwiegen. Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, aus den vorgelegten Unterlagen aus Bangladesch würde sich eindeutig ergeben, dass der Beschwerdeführer die Staatsangehörigkeit von Bangladesch besitze. Die eidesstattliche Erklärung sei am 2.5.2011 ausgestellt worden. Die Geburtsurkunde des Kindes sei am 5.10.2017 ausgestellt worden. Dass es zweimal innerhalb von sechs Jahren zu einem solchen Fehler kommen würde, erachtete belangte Behörde als unwahrscheinlich. Anzumerken sei, dass die eidesstattliche Adoption gemeinsam mit dem Anwalt des Beschwerdeführers verfasst worden sei. Die Geburtsurkunde sei von einer Behörde im Bangladesch ausgestellt worden. Die belangte Behörde wäre in ihrer Annahme zusätzlich bestärkt, dass Ausländer nach fünf Jahren in Bangladesch einen Antrag auf Staatsangehörigkeit stellen könnten. Den Angaben des Beschwerdeführers folgend, sei er von 1990 bis zu seiner Ausreise Anfang 2012 durchgehend in Bangladesch gewesen. Es könne somit ausgeschlossen werden, dass er staatenlos sei. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe seine Asylanerkennung durch falsches Zeugnis, nämlich der Verschleierung seiner bengalischen Staatsbürgerschaft erschlichen. Es liege somit ein Sachverhalt vor, der unter § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG subsumiert werden könne.

Mit Schriftsatz vom 1.4.2019 erhob der vertretene Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte im Wesentlichen aus, die Beweiswürdigung der belangten Behörde sei mangelhaft. Nach der herrschenden Lehre sei Tatbestand der Erschleichung nur dann erfüllt, wenn eine Partei objektiv unrichtige Angaben machen oder Tatsachen verschweige, zu deren Bekanntgabe die Partei verpflichtet gewesen wäre. Nach der Rechtsprechung sei dann nicht von einer Erschleichung auszugehen, wenn die Behörde die Unrichtigkeit der Angaben Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens hätte selbst erkennen können. Die belangte Behörde stütze die Wiederaufnahme einzig auf das Vorliegen einer bengalischen Geburtsurkunde des Adoptivsohnes unter eidesstattlichen Erklärung der Adoption, wobei aus letzterer die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers nicht eindeutig hervorgehe. Weitere Ermittlungsschritte habe die belangte Behörde unterlassen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 22.5.2012 rechtskräftig der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Der Beschwerdeführer führte damals aus, er sei staatenlos, stamme aus Myanmar und gehöre der Volksgruppe der Rohingya an.

Der Beschwerdeführer legte im gegenständlichen Verfahren zunächst eine Adoptionsurkunde aus Bangladesch, datiert mit 2.5.2011 vor.

Dort wird über die Personalia des Beschwerdeführers ausgeführt:

" XXXX , S/O Sayid Karim and Mariyam Akter present address:- Nazu Meah Lande, Pathargata, P.S- Kotowali, Dist- Chittagong, Bangladesh, Date of Birth 11.11.1979 by profession private service, by faith Muslim, (former Refugee of Myanmar @ Burma by Birth) at present Bangladesh hereby solemnly affairm and declare as follows:-" (Anm.: Hervorhebung durch das erkennende Gericht)

Die belangte Behörde lies die Adoptionsurkunde übersetzen und übersetzte die Dolmetscherin die Phrase mit:

"...Religionszugehörigkeit Moslem, (vormals Flüchtling aus Myanmar/Burma, wo ich auch geboren wurde) aktuell Bangladesch, versichere und erkläre hiermit wie folgt:"

Der Beschwerdeführer legte auch eine Geburtsurkunde seines angeblichen Adoptivsohnes, datiert mit 4.10.2017 vor, wobei hinsichtlich des Beschwerdeführers angegeben wurde: "Father's Name:

XXXX , Nationality: Bangladesh".

Der Beschwerdeführer legte im Asylverfahren keinerlei Identitätsdokumente vor, die belangte Behörde hielt in ihrem Aktenvermerk vom 22.5.2012 fest, die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest, es steht jedoch fest, dass der Beschwerdeführer aus Burma stammt und staatenlos ist. Nach Ansicht der belangten Behörde drohte dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Heimatstaat aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Rohingya asylrelevante Verfolgung.

Der Beschwerdeführer legte bis dato keinerlei Identitätsdokumente vor, seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer gab im Zuge seiner Einvernahme durch das Bundesasylamt an, er hätte keine Identitäsdokumente, außer sein Rohingya-Familienbuch.

Der Beschwerdeführer verschwieg seine bengalische Staatsbürgerschaft dem Bundesasylamt und täuschte das Bundesasylamt darüber, dass er bengalischer Staatsbürger ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Asylgewährung ergeben sich aus dem im vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde. Die Feststellungen zu den vorgelegten Urkunden aus Bangladesch ergeben sich aus dem Verwaltungsakt (AS 323, 357 bzw. 419).

Dass der Beschwerdeführer im Zuge seiner Asylgewährung das damals zuständige Bundesasylamt täuschte ergibt sich für das erkennende Gericht aus folgenden Überlegungen:

Zunächst ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie ausführt, dass der Beschwerdeführer zwei Dokumente aus Bangladesch vorlegte, in denen der Beschwerdeführer als bengalischer Staatsbürger ausgewiesen wird. Der belangten Behörde ist vielmehr beizutreten, wenn sie ausführt, dass der Beschwerdeführer immerhin selbst zwei offizielle Dokumente vorlegte, in denen der Beschwerdeführer als bengalischer Staatsangehöriger ausgewiesen wird. Der belangten Behörde ist auch nicht entgegenzutreten, wenn sie ausführt, dass es im höchsten Maße unwahrscheinlich erscheint, dass die bengalischen Behörden zwei Mal irrtümlich eine falsche Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers annahmen. Dass der Beschwerdeführer versucht hätte, dies bei den bengalischen Behörden klarzustellen, wurde nicht behauptet. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er könne sich diese Fehler auch nicht erklären, es hätte alles seine Frau organisiert und vielleicht hätten die Behörde in Bangladesch einfach angenommen, dass auch der Beschwerdeführer Bengale sei, so ist dies nicht nachvollziehbar, da der Beschwerdeführer die Adoptionsurkunde ja auch selbst unterschrieb (AS 325). Es wäre also am Beschwerdeführer gelegen, diesen Fehler aufzuklären, sollte er tatsächlich vorliegen. Die in der Beschwerde vorgebrachte Erklärung ist unsubstantiiert. Darüber hinaus tritt die Beschwerde dem Hilfsargument der belangten Behörde - nach dem bengalischen Staatsbürgerschaftsgesetz könne man nach fünf Jahren Aufenthalt die Staatsangehörigkeit beantragen - in keiner Weise entgegen. Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der Adoption im Jahr 2011 bereits mehrere Jahre in Bangladesch - offenbar als anerkannter Flüchtling - aufhältig. Auch hier zeigt die belangte Behörde nachvollziehbar auf, dass der Beschwerdeführer rechtlich gesehen die Möglichkeit hatte, die Staatsbürgerschaft zu beantragen, was die Annahme, der Beschwerdeführer sei Staatsbürger von Bangladesch nur weiter stützt.

Das erkennende Gericht übersieht nicht, dass insbesondere bei Dokumenten, die aus Bangladesch in Österreich bei Asylverfahren vorgelegt werden, die Zahl an ge- oder verfälschten Dokumenten - vorsichtig ausgedrückt - als hoch anzusehen ist. Dass es sich bei den vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumenten um Fälschungen handelt wurde aber gerade nicht vorgebracht und ist dies auch nicht ersichtlich, da der Beschwerdeführer ja ohnehin im Zeitpunkt der Vorlage bereits den Status des Asylberechtigten innehielt. Der Beschwerdeführer legte selbst eine offizielle Adoptionsurkunde aus Bangladesch vor, die noch dazu durch einen Notar und ein Gericht geprüft wurde. Soweit die Beschwerde aufwirft, aus der Wendung "at present Bangladesh" sei nicht eindeutig ableitbar, dass der Beschwerdeführer bengalischer Staatsbürger sei, so ist ihr grundsätzlich zuzustimmen, jedoch ergibt sich für das erkennende Gericht aus dem Gesamtzusammenhang, dass damit eigentlich nur die Staatsangehörigkeit gemeint sein kann. Dies zunächst aus dem Umstand, dass es sich nicht um die Adresse oder den Aufenthaltsort handeln kann, da dies bereits weiter oben ausgeführt wird in dem Dokument, zum anderen aber auch aus dem Umstand, dass unmittelbar vorher auf die burmesischen Wurzeln des Beschwerdeführers eingegangen wird. Darüber hinaus bietet die Beschwerde auch in keiner Weise eine Erklärung an, weshalb dann auf der vorgelegten Geburtsurkunde aus dem Jahr 2017 die Nationalität des Beschwerdeführers unmissverständlich mit Bangladesch angeführt wurde.

Dass der Beschwerdeführer seine bengalische Staatsbürgerschaft vorsätzlich verschwieg, liegt für das erkennende Gericht auf der Hand. Das Bundesasylamt ging im Asylverfahren insbesondere davon aus, dass der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers Myanmar sei und eine Rückführung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Staatenlosigkeit und der dort zu erwartenden asylrelevanten Verfolgung nicht möglich gewesen wäre, dagegen eine Rückführung nach Bangladesch gerade nicht geprüft wurde. Die Identität des Beschwerdeführers war für das Bundesasylamt aber auch nicht einfach festzustellen, zumal der Beschwerdeführer bei der Ermittlung seiner Identität in keiner Weise mitwirkte und der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt auch ausführte, er hätte in Bangladesch keine Dokumente gehabt (AS 221).

3. Rechtliche Beurteilung:

§ 69 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. 51/1991, idgF lautet:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat."

Die Wiederaufnahme des Verfahrens setzt voraus, dass es sich um ein Verwaltungsverfahren handelt, welches durch Bescheid erledigt wurde. Das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes ist, da er eine Durchbrechung der Rechtskraft und damit einen Eingriff in die Rechtssicherheit ermöglicht, streng zu prüfen (vgl. dazu bereits die in Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, § 69 Rz 3 und 8 angeführte ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Die belangte Behörde geht erkennbar davon aus, dass der Beschwerdeführer den Asylzuerkennungsbescheid aufgrund seiner unrichtigen Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit erschlichen habe.

Ein "Erschleichen" eines Bescheides liegt dann vor, wenn dieser in der Art zustande gekommen ist, dass bei der Behörde von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht wurden und diese Angaben dann dem Bescheid zugrunde gelegt worden sind, wobei Verschweigung wesentlicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen ist (vgl. bereits das Erk des VwGH vom 16.4.1985, Zl. 84/04/0050 uva). Dabei muss die Behörde auf die Angaben der Partei angewiesen sein und eine solche Lage bestehen, dass ihr nicht zugemutet werden kann, von Amts wegen noch weitere, der Feststellung der Richtigkeit der Angaben dienliche Erhebungen zu pflegen. Wenn es die Behörde verabsäumt, von den ihr im Rahmen der Sachverhaltsermittlung ohne besondere Schwierigkeiten offenstehenden Möglichkeiten Gebrauch zu machen, schließt dieser Mangel es aus, auch objektiv unrichtige Parteiangaben als ein Erschleichen des Bescheides iSd § 69 Abs 1 Z 1 AVG zu werten. Zusammengefasst müssen daher drei Voraussetzungen vorliegen: Objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung, ein Kausalitätszusammenhang zwischen der unrichtigen Angabe der Partei und dem Entscheidungswillen der Behörde und Irreführungsabsicht der Partei, nämlich eine Behauptung wider besseres Wissen in der Absicht, daraus einen Vorteil zu erlangen (vgl. zu allem bereits das Erk. des VwGH vom 20.9.2011, Zl. 2008/01/0777, mwN bzw. zur Rechtslage nach dem VwGVG das Erk. vom 9.8.2018, Zl. Ra 2018/22/0076). Der Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG hat absoluten Charakter; es kommt nicht darauf an, ob ohne das verpönte Verhalten voraussichtlich eine anderslautende Entscheidung ergangen wäre bzw. ob die Behörde oder das VwG im neuen Verfahren voraussichtlich zu einer anderslautenden Entscheidung gelangen wird. Ermittlungen zur Frage der Relevanz des als Wiederaufnahmegrund herangezogenen Verhaltens sind daher grundsätzlich entbehrlich. Richtig ist lediglich, dass den zu beurteilenden unrichtigen Angaben wesentliche Bedeutung zukommen muss. Das die Wiederaufnahme auslösende Verhalten der Partei muss auf die Erlassung eines konkreten Bescheides bzw. Erkenntnisses zielgerichtet sein bzw. das Verhalten denknotwendig der Erlassung des Bescheides bzw. Erkenntnisses vorangehen (vgl. abermals das bereits angeführte Erk. vom 9.8.2018).

Die Beschwerde bringt nun vor, die belangte Behörde hätte nicht ausreichend geprüft, ob der Beschwerdeführer vorsätzlich gehandelt habe. Dem ist bereits entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer offensichtlich bereits im Jahr 2011 im Zeitpunkt der Adoption bengalischer Staatsbürger war und es auf der Hand liegt, dass der Beschwerdeführer durch die Angabe einer falschen Staatsbürgerschaft sich erhoffte daraus einen Vorteil in seinem Asylverfahren zu erzielen. Dass die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers (bzw. dessen Staatenlosigkeit) im damaligen Verfahren ausschlaggebend war, dass der Beschwerdeführer internationaler Schutz zuerkannt wurde, ergibt sich bereits aus den Überlegungen der belangten Behörde im Zuge der Asylzuerkennung, wo sie ausführte, dass den Beschwerdeführer in seiner Heimat Myanmar asylrelevante Verfolgung erwarte. Der Beschwerdeführer wirkte auch während des gesamten Verfahrens vor dem Bundesasylamt (und auch vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) in keiner Weise an der Feststellung seiner Identität mit, weshalb es dem Bundesasylamt auch nicht ohne weiters möglich war, weitere Ermittlungen hinsichtlich der Identität des Beschwerdeführers in Myanmar anzustellen.

Die belangte Behörde nahm daher das Verfahren zu Recht wieder auf.

Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

§ 24 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017 lautet:

"Verhandlung

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."

§ 21 Abs. 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung, und zwar selbst dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Aus dieser Regelung, die im Übrigen im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, ergibt sich, dass die Unterlassung einer Verhandlung nur dann einen relevanten, zur Aufhebung führenden Verfahrensmangel begründet, wenn ein entscheidungswesentlicher Sachverhalt klärungsbedürftig ist. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die (allenfalls erforderliche) Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine "absolute" (generelle) Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich unter Bezugnahme auf in diesem Sinn ergangene Vorjudikatur dargelegt, dass in eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben kann (vgl. den Beschluss des VwGH vom 17.11.2016, Ra 2016/21/0316, mwN).

Eine mündliche Beschwerdeverhandlung kann trotz Beantragung unterbleiben, wenn das Bundesverwaltungsgericht ohnehin alle für den Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstände zu seinen Gunsten berücksichtigte (vgl. bereits den Beschluss des VwGH vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0219, mwN). Die Beschwerde trat der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht substantiiert entgegen und zeigte nicht auf, warum die vorgenommene - und von hg Seite geteilte - Beweiswürdigung falsch oder unschlüssig sein sollte, vielmehr wiederholte die Beschwerde das Vorbringen des Beschwerdeführer vor der belangten Behörde nur nochmals, wobei darauf zu verweisen ist, dass die bloße Wiederholung eines bestimmten Tatsachenvorbringens in der Beschwerde weder ein substantiiertes Bestreiten der erstinstanzlichen Beweiswürdigung noch eine relevante Neuerung darstellt (vgl. dazu zuletzt den Beschuss des VwGH vom 31.01.2018, Zl. Ra 2018/19/0029, mwN). Darüber hinaus wurde eine mündliche Beschwerdeverhandlung auch nicht beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

amtswegige Wiederaufnahme, Asylgewährung, Erschleichen, falsche
Angaben, Identität, Identitätsfeststellung, Irreführung, Kausalität,
Kausalzusammenhang, Mitwirkungspflicht, Rechtskraftdurchbrechung,
staatenlos, Staatsbürgerschaft, Verschleierung, vorsätzliche
Täuschung, Wiederaufnahme, Wiederaufnahmegrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L525.2216903.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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