TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/29 W246 2217630-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.05.2019
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Entscheidungsdatum

29.05.2019

Norm

BDG 1979 §44 Abs1
BDG 1979 §52
B-KUVG §63 Abs4
B-VG Art. 130 Abs1 Z3
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §8 Abs1

Spruch

W246 2217630-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Heinz VERDINO als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz zu Recht:

A) Der Antrag wird zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (in der Folge: die Behörde) gerichtetem Schreiben vom 26.08.2018 beantragte der Beschwerdeführer die bescheidmäßige Feststellung, "warum die BVA diese Kosten [der für den Beschwerdeführer angeordneten ärztlichen Untersuchung vom 12.07.2017] übernehmen musste und warum [er] für diese Untersuchung einen Behandlungsbeitrag leisten musste".

Dazu führte er aus, dass am 12.07.2017 eine angeordnete ärztliche Untersuchung betreffend seine Dienstfähigkeit durchgeführt worden sei, die der BVA verrechnet worden sei und für die er einen Behandlungsbeitrag leisten habe müssen. Diesen Missstand habe der Beschwerdeführer der Behörde mittels Schreibens vom 24.10.2017 gemeldet und um Richtigstellung gebeten, weil die ärztliche Untersuchung von der Anstaltsleitung angeordnet gewesen sei und diese somit die Kosten für die ärztliche Untersuchung tragen müsse.

2. Mit Schreiben vom 30.08.2018 wies die Behörde die Justizanstalt

XXXX an, dem Beschwerdeführer den von ihm bezahlten Behandlungsbeitrag in Höhe von € 2,00 rückzuerstatten.

3. Mit Schreiben vom 01.04.2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde).

Dabei führte er aus, am 26.08.2018 u.a. um bescheidmäßige Feststellung ersucht zu haben, warum die BVA die Kosten für die angeordnete ärztliche Untersuchung übernehmen und er für diese Untersuchung einen Behandlungsbeitrag leisten habe müssen. Die Behörde habe nicht innerhalb von sechs Monaten über diesen Antrag entschieden, weshalb er nunmehr Säumnisbeschwerde erhebe.

4. Die vorliegende Säumnisbeschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der Behörde vorgelegt und sind am 17.04.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

5. Mit Schreiben vom 23.04.2019 teilte die Justizanstalt XXXX dem Bundesverwaltungsgericht und der Behörde u.a. mit, dass die Auszahlung des Behandlungsbeitrages von ihrer Wirtschaftsstelle zunächst übersehen worden sei und auch keine Kontodaten des Beschwerdeführers vorhanden gewesen seien. Nach Bekanntgabe der Kontodaten sei dem Beschwerdeführer der Behandlungsbeitrag für die angeordnete ärztliche Untersuchung in Höhe von € 2,00 am 18.04.2019 überwiesen worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Revierinspektor in der Justizanstalt XXXX und steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Am 12.07.2017 unterzog sich der Beschwerdeführer einer angeordneten ärztlichen Untersuchung, für die er vorerst einen Behandlungsbeitrag in Höhe von € 2,00 bezahlte.

Mit an die Behörde gerichtetem Schreiben vom 26.08.2018, eingelangt am 27.08.2018, beantragte der Beschwerdeführer die bescheidmäßige Feststellung, "warum die BVA diese Kosten [der für den Beschwerdeführer angeordneten ärztlichen Untersuchung vom 12.07.2017] übernehmen musste und warum [er] für diese Untersuchung einen Behandlungsbeitrag leisten musste".

Mit Schreiben vom 30.08.2018 wies die Behörde die Justizanstalt XXXX an, dem Beschwerdeführer den von ihm bezahlten Behandlungsbeitrag in Höhe von € 2,00 rückzuerstatten.

Mit Schreiben vom 01.04.2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde).

Die vorliegende Säumnisbeschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der Behörde vorgelegt und sind am 17.04.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Der Behandlungsbeitrag für die angeordnete ärztliche Untersuchung in Höhe von € 2,00 wurde dem Beschwerdeführer am 18.04.2019 überwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Die unter Pkt. II.1. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt. Diese Feststellungen sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde und Zurückweisung der Anträge:

3.1.1. Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG, BGBl. I. Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018, (in der Folge: VwGVG) kann eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

3.1.2. Wenn die Zuständigkeit, über die betriebene Verwaltungsangelegenheit zu entscheiden, auf das Verwaltungsgericht übergeht, hat es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes allein in der Verwaltungssache zu entscheiden, ohne dass ein ausdrücklicher Abspruch über die Stattgebung der Säumnisbeschwerde vorzunehmen ist (s. z.B. VwGH 27.05.2015, Ra 2015/19/0075).

Eine Säumnis der Behörde liegt insbesondere dann nicht mehr vor, wenn die Behörde einem Antrag durch einen Realakt entsprochen und deswegen keinen Bescheid mehr darüber erlassen hat (vgl. VwGH 23.08.2017, Ra 2017/11/0150).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht auch ohne besondere Rechtsgrundlage ein Rechtsanspruch auf Feststellung strittiger Rechtsverhältnisse auf Antrag einer Person, die ein rechtliches Interesse an einer solchen Feststellung hat. Ein bloß wissenschaftliches, wirtschaftliches oder politisches Interesse kann daher die Erlassung eines Feststellungsbescheides nicht rechtfertigen. Vielmehr ist ein hinreichendes Interesse an einer bescheidförmigen Feststellung dann anzunehmen, wenn die betreffende Feststellung - im Zeitpunkt der Bescheiderlassung - für die Person im Einzelfall ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung bzw. Rechtsverfolgung darstellt. Dies setzt wiederum voraus, dass der Feststellung in concreto die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch die Gefährdung eines subjektiven Rechts des Antragstellers zu beseitigen. Dementsprechend besteht kein Rechtsanspruch auf Feststellung der Rechtmäßigkeit eines in der Vergangenheit gelegenen Verhaltens, aus welchem (noch) keine rechtlichen Konsequenzen gezogen wurden (s. Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, § 56, Rz 75, mit einer Vielzahl von Judikatur- und Literaturhinweisen).

3.1.3. Der Beschwerdeführer stellte seinen - aus mehreren Begehren bestehenden - Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides bei der Behörde am 27.08.2018. Da innerhalb von sechs Monaten seitens der Behörde weder über diesen Antrag abgesprochen noch ein Realakt iSd o.a. Judikatur getätigt wurde, ist die Säumnisbeschwerde - zumal auch die sonstigen Voraussetzungen vorliegen - zulässig.

3.1.4. Soweit der Beschwerdeführer in seinem Antrag eine Feststellung zur seines Erachtens rechtswidrig erfolgten Kostenübernahme durch die BVA begehrt, ist für das Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund der o.a. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keineswegs erkennbar, inwiefern eine solche Feststellung irgendwelche subjektiven Rechte des Beschwerdeführers berühren bzw. gefährden könnte.

Auch hinsichtlich der vom Beschwerdeführer beantragten Feststellung zu dem von ihm vorab geleisteten Behandlungsbeitrag ist für das Bundesverwaltungsgericht kein aktuell vorliegendes Feststellungsinteresse iSd o.a. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ersichtlich, weil dem Beschwerdeführer der Behandlungsbeitrag - wenn auch außerhalb der für die Frage der Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde maßgeblichen 6-Monatsfrist des § 8 VwGVG - schließlich überwiesen wurde.

Der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag ist daher zurückzuweisen.

3.1.5. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der "civil rights" im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 MRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024, mwN).

Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).

Da sich im vorliegenden Fall der unstrittige Sachverhalt aus den vorliegenden Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

ärztliche Untersuchung, Behandlungsbeitrag, BVA, Dienstfähigkeit,
Entscheidungspflicht, Feststellungsinteresse, Kostentragung,
Krankenversicherung, Säumnisbeschwerde, subjektive Rechte, Weisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W246.2217630.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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