TE Vwgh Beschluss 2019/9/3 Ra 2018/15/0015

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Veröffentlicht am 03.09.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

BAO §28
BAO §32
B-VG Art133 Abs4
EStG 1988 §23 Z1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/15/0016

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision 1. des M S in T, und 2. des  K S in T, beide vertreten durch die Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Böhmerwaldstraße 14, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 10. November 2017, Zl. RV/5100433/2011, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 2005 und 2006, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die beiden Revisionswerber kauften im Jahr 2004 ein Grundstück, auf dem sie in der Folge mit erheblichen Eigenleistungen ein Gebäude mit 14 Wohneinheiten errichteten. In den Streitjahren 2005 und 2006 wurden sechs Einheiten mit Kauf- und Wohnungseigentumsverträgen als Bauträgerverträgen nach dem Bauträgervertragsgesetz veräußert. Die Gewinne aus dem Verkauf der Wohnungen behandelten die Revisionswerber als steuerfrei gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012. Die verbliebenen acht Wohneinheiten dienten den Revisionswerbern zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. 2 Im Jahr 2008 errichteten die Revisionswerber ein weiteres Gebäude mit zwölf Wohneinheiten, wobei sie drei Wohnungen zur Finanzierung des Gesamtvorhabens im Wohnungseigentum veräußerten. 3 Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung kam das Finanzamt zur Beurteilung, es liege ein gewerblicher Grundstückshandel vor. Einer der beiden Revisionswerber habe bereits im Jahr 1996 ein ähnliches Projekt verwirklicht (Verkauf von vier Wohnungen eines aus acht Wohnungen bestehenden Gebäudes). Nach den beiden zuvor angeführten Projekten sei im Jahr 2010 ein weiteres Objekt angekauft worden. Es liege daher eine nachhaltige gewerbliche Tätigkeit vor.

4 Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO für die Jahre 2005 und 2006.

5 In der dagegen erhobenen Berufung erläuterten die Revisionswerber, dass (lediglich) aus Gründen der Finanzierung des ersten (von einem der beiden Revisionswerber als Alleineigentümer) errichteten Mehrparteienhauses vier von acht Wohneinheiten verkauft worden seien. Die Veräußerung sei nicht im Paket, sondern an Einzelpersonen erfolgt, um insgesamt einen höheren Preis zu erzielen. Eine der verkauften Wohnungen sei im Versteigerungsverfahren wegen Insolvenz des Käufers im Jahr 2002 wieder vom Zweitrevisionswerber zurückerworben und sogleich vermietet worden. Das Finanzamt habe in einer damals eingeholten schriftlichen Anfragebeantwortung die Ansicht vertreten, dass die Veräußerung von 50 % der Wohneinheiten eines Gebäudes in einem kurzen zeitlichen Abstand von einigen Monaten nicht über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgehe. Auch in den Streitjahren sei der Verkauf zur Erzielung eines insgesamt höheren Verkaufserlöses nicht im Paket, sondern an Einzelpersonen erfolgt. Dies gelte auch für das nächste im Jahr 2008 begonnene Projekt. Überdies vermiete der Zweitrevisionswerber auch weitere Wohnungen. Von insgesamt 39 Wohneinheiten seien nur 13 zwecks Finanzierung der Vermietungsobjekte veräußert worden. Bei einem Anteil von lediglich 33,33 % verkaufter Wohnungen liege eine Vermögensverwaltung iSd § 32 BAO vor.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung als unbegründet ab. Für eine gewerbliche Tätigkeit spreche, dass der Verkauf der Wohnungen nicht bloß unter Ausnutzung sich zufällig ergebender Möglichkeiten, sondern planmäßig in der Weise erfolgt sei, dass bereits im Zeitpunkt der Errichtung die Veräußerung beworben und vertraglich abgehandelt worden sei. Zudem sei von einer umfangreichen Verkaufstätigkeit auszugehen. Neben der Anzahl der veräußerten Objekte sei auch auf den Zeitraum zwischen Erwerbs- und Veräußerungsgeschäften Bedacht zu nehmen. Dass die errichteten Wohnungen sofort nach Fertigstellung veräußert worden seien, spreche gleichfalls für das Vorliegen einer gewerblichen Tätigkeit. Das von den Revisionswerbern vorgebrachte Motiv für die Verkäufe einzelner Wohneinheiten stehe nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Annahme eines Grundstückshandels keinesfalls entgegen (Hinweis auf VwGH 31.5.1983, 82/14/0188). Aus dem Verkauf der Wohnungen seien in den Jahren 2005 und 2006 Gewinne von 248.400 EUR bzw. 270.000 EUR erzielt worden, während aus der Vermietung der restlichen Wohnungen Werbungskostenüberschüsse resultiert hätten. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse gelange das Bundesfinanzgericht zur Ansicht, dass die Vermögensverwertung überwiege. Die Einkünfte aus den im Beschwerdezeitraum veräußerten Eigentumswohnungen seien daher vom Finanzamt zu Recht als solche aus einem gewerblichen Grundstückshandel qualifiziert worden.

7 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nicht zulässig, weil sich im gegenständlichen Fall keine grundlegenden Rechtsfragen stellten.

8 Gegen diese Entscheidung wendet sich die außerordentliche Revision. Entgegen der Ansicht des Bundesfinanzgerichts gebe es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob gewerblicher Grundstückshandel oder Vermögensverwaltung vorliege, wenn zur Finanzierung der Errichtungskosten eines Gebäudes Teile der noch zu errichtenden Wohneinheiten mit Kauf- und Wohnungseigentumsverträgen als Bauträgerverträgen nach dem BTVG verkauft und die verbleibenden Wohneinheiten, welche die Mehrheit der Eigentumsanteile an der Liegenschaft darstellten, in der Folge ausschließlich zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt würden. In der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei jeweils ein planmäßiger Verkauf der gesamten Immobilie erfolgt, sodass die Erzielung von Veräußerungserlösen letztlich im Vordergrund gestanden sei. Aushilfsweise liege ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Finanzierung der Errichtungskosten durch den Abverkauf von Wohnungen sei als Einsatz von Eigenkapital zu werten.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Die Revision ist nicht zulässig.

13 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist

eine Tätigkeit, die selbständig, nachhaltig, mit Gewinnabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird, gewerblich, wenn sie den Rahmen der Vermögensverwaltung überschreitet. Das ist dann der Fall, wenn das Tätigwerden des Steuerpflichtigen nach Art und Umfang deutlich jenes Ausmaß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist. In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, wenn sie in den gewerblichen Bereich fallen soll, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht. Keine Vermögensverwaltung liegt mehr vor, wenn die Vermögensnutzung durch Fruchtziehung in den Hintergrund tritt und die Vermögensverwertung entscheidend im Vordergrund steht (vgl. VwGH 24.2.2005, 2001/15/0159).

14 Ob Vermögensnutzung oder die Vermögensumschichtung und Vermögensverwertung im Vordergrund steht, ist eine Einzelfallbeurteilung, die nach dem objektiven Gesamtbild des jeweiligen Falles zu treffen ist (vgl. VwGH 24.1.2007, 2003/13/0118, und 28.6.2012, 2009/15/0113).

15 Die Veräußerung von Grundstücken wird dann zum so genannten gewerblichen Grundstückshandel, wenn die Veräußerungen auf planmäßige Art und Weise erfolgen (vgl. VwGH 26.7.2000, 95/14/0161, VwSlg. 7.527/F).

16 Der planmäßige Abverkauf von Immobilien nach baulichen Umgestaltungsmaßnahmen begründet regelmäßig einen gewerblichen Grundstückshandel (vgl. Doralt/Kauba, EStG10, § 23 Tz 128, Seite 39). Erwirbt ein Steuerpflichtiger Grundstücke, um diese zu bebauen, und veräußert er sie in nahem zeitlichem Zusammenhang, so kann bereits bei einer geringen Anzahl von Objekten eine gewerbliche Tätigkeit entstehen. Neben der Anzahl der veräußerten Objekte ist dabei auf den Zeitraum zwischen Erwerbs- und Veräußerungsvorgängen Bedacht zu nehmen, weil der Ankauf von Grundstücken mit der Absicht, diese möglichst kurzfristig nach Erwerb und Fertigstellung von Gebäuden wieder zu veräußern, insbesondere in Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger seine Tätigkeit werbend an die Allgemeinheit richtet, für eine gewerbliche Tätigkeit spricht (vgl. VwGH 25.3.1999, 94/15/0171). 17 Es trifft nicht zu, dass sich der Verwaltungsgerichtshof in der bisherigen Rechtsprechung nur mit dem planmäßigen Verkauf der gesamten Immobilie befasst habe und nur für diesen Fall das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückhandels bejaht worden wäre. Das Erkenntnis vom 24. Februar 2005, 2001/15/0159, betraf ein parifiziertes Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen, von denen drei verkauft wurden, eine weitere vom Steuerpflichtigen selbst bewohnt wurde und zwei dauerhaft der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienten. Dass erst die Verkettung unglücklicher Umstände zu den Verkäufen geführt hatte, stand der Beurteilung der drei Verkäufe als gewerblichem Grundstückshandel nicht entgegen. Erst recht durfte das Bundesfinanzgericht das Vorliegen gewerblicher Einkünfte bejahen, wenn - wie im Revisionsfall unstrittig - der Plan der Steuerpflichtigen von vornherein darauf gerichtet war, einen Teil der Eigentumswohnungen zu verkaufen. Dies umso mehr, als auch in den Folgejahren weitere ähnlich gelagerte Projekte verwirklicht wurden.

18 Dass die Finanzierung der Bauvorhaben ohne den Einsatz von Fremdmitteln bewerkstelligt wurde, schließt das Vorliegen gewerblicher Einkünfte gleichfalls nicht aus, weil die Finanzierung von Grundstückskäufen mit Eigenkapital lediglich ein Indiz dafür darstellt, dass die Vermögensnutzung im Vordergrund steht (vgl. VwGH 24.6.2010, 2007/15/0033). Diesem Indiz durfte bei Beurteilung des Revisionsfalles nur geringes Gewicht beigemessen werden, weil nach dem Vorbringen der Revisionswerber der Veräußerungserlös für den Erwerb weiterer (gleichfalls sowohl der Veräußerung als auch der Vermietung dienender) Grundstücke verwendet werden sollte, was wiederum ein Indiz für einen gewerblichen Grundstückshandel darstellt (vgl. nochmals VwGH 25.3.1999, 94/15/0171).

19 Soweit die Revision darauf verweist, dass die Mehrheit der Eigentumswohnungen vermietet würden, ist ihr zu entgegnen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs einzelne Eigentumswohnungen einer gesonderten steuerlichen Betrachtung zugänglich sind (vgl. VwGH 29.2.2012, 2008/13/0029 und 2008/13/0111). Auf das prozentuale Verhältnis der veräußerten zu den dauerhaft vermieteten Eigentumswohnungen kommt es daher nicht entscheidend an, sofern der Tatbestand des § 23 Z 1 EStG 1988 auch sonst erfüllt ist.

20 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 3. September 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150015.L00

Im RIS seit

31.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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