TE Bvwg Beschluss 2019/3/26 L515 2210008-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.03.2019
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Entscheidungsdatum

26.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z2
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §66 Abs2
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz 2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L515 2210006-1/5E

L515 2210008-1/5E

BESCHLUSS

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Aserbaidschan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2018, Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde von XXXX vom XXXX 2018 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX 2018, Zl.: XXXX , wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Aserbaidschan, vertreten durch den Vater, XXXX , geb. XXXX , dieser wiederum vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom

XXXX 2018, Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde von XXXX vom XXXX 2018 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX 2018, Zl.: XXXX , wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführenden Parteien ( "bP" bzw. gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als "bP1" und "bP2" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Aserbaidschen und brachten am im Akt ersichtlichen Datum bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die volljährige bP1 ist der Vater der minderjährigen bP2.

In Bezug auf die Begründung des Antrages wird auf den angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1 verwiesen, woraus wie folgt zitiert wird:

"...

-

Anlässlich der niederschriftlichen Erstbefragung im Asylverfahren, die am 31.07.2018 im Beisein eines Dolmetschers in der Sprache Russisch bei der Polizeiinspektion XXXX durchgeführt wurde, gaben Sie, zum Fluchtgrund und Ihren Rückkehrbefürchtungen befragt, Folgendes an:

[...]

F: Warum haben Sie Ihr Land verlassen (Fluchtgrund)?

A: In meiner Heimat war ich Mitglied der politischen Partei XXXX . Das ist eine Oppositionspartei und wird deshalb von den Vertretern der Regierungspartei unterdrückt. Ich persönlich hatte Probleme mit unbekannten Männern, welche aber vermutlich Vertreter der staatlichen Organe sind. Ich wurde an einem unbekannten Ort festgehalten, physisch angegriffen und ich wurde bedroht. Sie haben von mir gefordert, mit den politischen Aktivitäten aufzuhören, da mir ansonsten Drogen untergeschoben würden und ich dann dafür verurteilt würde. Aus Angst vor diesen Konsequenzen habe ich beschlossen, aus meiner Heimat zu fliehen und nahm meinen älteren Sohn mit. Meine Frau und mein kleinerer Sohn blieben zurück, weil wir keine Möglichkeit hatten, weitere Visa zu bekommen und dafür auch nicht genug Geld hatten. Andere Fluchtgründe habe ich nicht.

F: Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

A: Ich werde sicher verhaftet und eingesperrt.

F: Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Rückkehr unmenschliche Behandlung,

unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen? Hätten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihren Heimatstaat mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen?

Wenn ja, welche?

A: Es gibt keine konkreten Hinweise. Im Falle meiner Rückkehr hätte ich sicher mit der Verhaftung zu rechnen.

[...]

-

Nach Zulassung Ihres Verfahrens wurden Sie am 03.10.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, RD XXXX , einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalten sich dabei wie folgt:

"Die anwesenden Personen werden der Verfahrenspartei (VP) vorgestellt und deren Funktion/Aufgabe im Verfahren erklärt. Die Verfahrenspartei wird darauf hingewiesen, dass sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen kann. Der Verhandlungsgegenstand wird der Verfahrenspartei erläutert.

Dem AW wurde das Nationale im beiliegenden Datenblatt übersetzt und er bestätigt die Richtigkeit mit seiner Unterschrift!

Wenn Sie ein Handy haben, schalten Sie dies bitte, um etwaigen Störungen während der Einvernahme vorzubeugen, aus.

F: Wie Sie sich bereits denken werden, behandeln wir heute Ihren Asylantrag. Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage die heutige Einvernahme durchzuführen?

A: Ja ich bin gesund und ich bin in der Lage die Einvernahme durchzuführen.

F: Gibt es einen Grund einer dauerhaften ärztlichen Behandlungsnotwendigkeit?

A: Nein, ich bin gesund.

F: Ist Ihr heute hier anwesender Sohn gesund oder befindet er sich in ärztlicher Behandlung?

A: Mein Sohn ist auch gesund, er befindet sich in keiner ärztlichen Behandlung.

Erklärung: Bei meiner Person handelt es sich um den Einvernahmeleiter und ich führe das Interview bzw. stelle ich Ihnen Fragen, die Sie aufgefordert sind, wahrheitsgemäß zu beantworten. Bei der Person zu meiner rechten Seite handelt es sich um den Dolmetsch und fungiert dieser lediglich als Sprachvermittler zwischen uns beiden. Dieser hat weder Einfluss auf die Fragen, noch auf das Verfahren selbst und ist selbstverständlich auch zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Sie werden über die die Verpflichtung zur Adressbekanntgabe und die Folgen eines Entzuges aus dem Verfahren, insbesondere über die Zustellung durch Hinterlegung im Akt und deren Folgen unterrichtet. Kommen Sie Ihrer Verpflichtung zur Adressbekanntgabe nicht nach, riskieren Sie zudem auch, dass ein Festnahmeauftrag, allenfalls die Schubhaft oder andere Maßnahmen, gegen Sie erlassen werden können.

Sie werden zur verpflichtenden Mitwirkung insbesondere an der Klärung Ihrer Identität und des Alters in jedem Verfahrensstadium vor dem BFA gemahnt. Falschangaben zur Identität (und Alter) und Aufenthalt haben verwaltungs- und allfällige strafrechtliche Konsequenzen zur Folge, insbesondere dann wenn Ihnen aufgrund dieser Angaben eine Urkunde unrichtigen Inhalts ausgestellt wird. Ebenso davon, dass den nunmehrigen Angaben eine besondere Glaubwürdigkeit zukommt. Sie werden daher zur wahrheitsgemäßen Aussage bei sonstigen verfahrensrechtlichen Folgen gemahnt und auf die Strafbarkeit der Vorlage falscher oder gefälschter Beweismittel ausdrücklich hingewiesen.

F: Der anwesende Dolmetscher ist vom Einvernahmeleiter als Dolmetsch für die Sprache Aserbaidschanisch bestellt und beeidet worden. Verstehen Sie diese Sprache und sind Sie damit einverstanden, dass die Einvernahme in dieser Sprache geführt wird?

A: Ja.

F: Sprechen Sie noch andere Sprachen?

A: Türkisch, Russisch und ein wenig Deutsch.

Ihnen wird mitgeteilt, dass Sie jederzeit die Möglichkeit haben, Rückfragen zu tätigen, wenn Sie z.B. den Dolmetscher oder die Frage nicht ganz verstanden haben bzw. sich Unklarheiten ergeben!

F: Wurde Ihnen die Erstbefragung am 31.07.2018 bei der Polizeiinspektion XXXX auch rückübersetzt? Haben Sie den Dolmetscher damals auch verstanden?

A: Alles was ich bei der Erstbefragung gesagt habe entspricht der Wahrheit. Ich habe den Dolmetscher verstanden und es wurde mir rückübersetzt.

F: Haben Sie anlässlich Ihrer bisherigen Einvernahmen das Informationsblatt über die Rechte und Pflichten eines Asylwerbers in einer Ihnen verständlichen Sprache? Haben Sie diese gelesen?

A: Ja.

Sie werden nochmals darauf hingewiesen, dass Ihre Angaben im Asylverfahren vertraulich behandelt und insbesondere auch nicht an Behörden Ihres Heimatlandes weitergeleitet werden. Es ist unumgänglich, dass Sie die Wahrheit sagen, nichts verschweigen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte selbständig und über Nachfrage wahrheitsgemäß darlegen.

Weiters werden Sie angewiesen, alle Beweismittel, die Sie besitzen, in Vorlage zu bringen. Sie sind verpflichtet, bei Verfahrenshandlungen und bei Untersuchungen durch einen Sachverständigen, wozu auch etwaige Sprachanalysen zu zählen sind, persönlich und rechtzeitig zu erscheinen und an diesen mitzuwirken. Haben Sie das verstanden?

A: Ja, das habe ich.

F: Haben Sie jemanden mit Ihrer Vertretung im laufenden Asylverfahren betraut und/oder eine Zustellvollmacht erteilt?

A: Nein.

Aufgefordert die Wahrheit zu sagen gebe ich Folgendes an:

F: Wann haben Sie sich zuletzt in Aserbaidschan aufgehalten?

A: Am XXXX 2017.

F: Waren Sie seit Sie in Österreich sind wieder einmal in Aserbaidschan?

A: Nein.

F: Haben Sie in Aserbaidschan jemals die Schule besucht?

A: Ja, siehe Datenblatt.

F: Wie haben Sie in Aserbaidschan Ihren Lebensunterhalt bestritten? Gingen Sie einer Tätigkeit nach?

A: Siehe Datenblatt.

F: Haben Sie irgendwelche Dokumente?

A: Siehe Datenblatt.

F: Haben Sie in Aserbaidschan noch Angehörige?

A: Siehe Datenblatt.

F: Haben Sie eine familiäre Beziehung zu in Österreich aufhältigen Personen, wie Verwandte, weitere Angehörige?

A: Ja, mein Sohn XXXX . Sonst habe ich in Österreich keine Angehörigen.

F: Seit wann leben Sie in Österreich?

A: Seit 31.07.2018.

F: Wovon leben Sie in Österreich?

A: Von der Grundversorgung. Wir wohnen in XXXX .

F: Besuchen Sie oder haben Sie in Österreich eine Schule oder einen Kurs besucht?

A: Nein.

F: Besucht Ihr Sohn einen Kurs oder eine Schule in Österreich?

A: Mein Sohn besucht die NMS in XXXX .

F: Gehen Sie in Österreich einer Beschäftigung nach?

A: Nein.

F: Sind Sie vorbestraft?

A: Nein.

F: Sind Sie alleine aus Aserbaidschan ausgereist?

A: Nein, gemeinsam mit meinem Sohn.

F: Haben Sie außer der aserbaidschanischen Staatsbürgerschaft noch eine andere?

A: Nein.

F: Mit wem lebten Sie in Aserbaidschan in einem gemeinsamen Haushalt?

A: Mit meiner Familie, mit meiner Frau, meinen beiden Söhnen und meinen Eltern.

AUSREISEGRUND

F: Aus welchen Gründen haben Sie Aserbaidschan verlassen? Bitte schildern Sie die wesentlichsten Gründe für Ihre Ausreise und Ihrer Asylantragstellung.

A: Am XXXX 2017 gab es eine Demonstration in Baku. Ich habe gemeinsam mit meiner Partei an dieser teilgenommen. Während der Demo, näherten sich zwei zivilgekleidete Männer. Ohne sich vorzustellen baten sie mich, mit ihnen mitzugehen, da sie Fragen an mich hätten. Ich ging mit den beiden Männern mit. Wir gingen zu einem Fahrzeug. Obwohl sich die Männer nicht vorstellten wusste ich genau wer die Männer waren, sie waren von der Geheimpolizei. Die Männer haben mich in das Fahrzeug hineingesetzt, ich wurde im Fahrzeug gefesselt und mein Kopf wurde mit einer schwarzen Kapuze bedeckt. Das Fahrzeug fuhr dann weg. Im Fahrzeug waren ein Fahrer, die beiden Männer und ich. Wir sind ca. 30-40 Minuten gefahren. Als wir stehen blieben ließen mich die Männer aussteigen, dann haben sie mir die Kopfbedeckung abgenommen. Ich wurde in ein Haus gebracht, in einem Raum. Der Raum besaß kein normales Fenster, es gab nur oben ein kleines Fenster. Im Raum befand sich ein Holzbett und an der Ecke stand ein Eimer. Ich wurde dort zwei Tage lang festgehalten. In diesen zwei Tagen wurde ich stark gefoltert. Ich bekam kein Essen nur Wasser. Nach zwei Tagen kamen dieselben Männer, welche mich auch hinbrachten. Noch im Raum bekam ich wieder eine Kopfbedeckung über meinen Kopf, ich wurde wieder in ein Fahrzeug gebracht und ich wurde wieder dort hingebracht wo ich mitgenommen wurde. Als ich ausstieg wurde mir die Kopfbedeckung wieder abgenommen. In diesem Raum, wurde ich geschlagen. Ich wurde gewarnt, dass ich nie mehr an Demonstrationen teilnehmen darf, und wenn ich dieser Warnung nicht Folge leisten werde, würden sie mir Drogen in die Taschen stecken und mich verurteilen lassen. Es gelang mir, als ich freigelassen wurde, mit Mühe nachhause zu kommen. Bis zum XXXX 2017 musste ich zuhause bleiben, meine Frau musste mich pflegen. Am XXXX 2017 ging ich wieder zu einer Demonstration in Baku. Während der Demonstration sah ich wieder die beiden Männer, welche sich mir näherten. Ich tauchte in der Menschenmenge unter und fuhr aufs Land, wo ich ein Haus habe. Seitdem war ich nicht mehr zuhause. Ich bin zwar immer wieder in die Stadt Baku gefahren, war aber nicht mehr bei mir zuhause. Ich habe in Baku einen Schlepper gefunden. Dieser hat mir versprochen, mir ein Visum zu organisieren. Er hat mir ein österreichisches Visum organisiert. Ich habe mich mit meiner Frau in Verbindung gesetzt, wir haben uns in der Stadt getroffen, sie gab mir Geld. Ich hatte habe meinen Sohn von der Schule abgeholt und er war mit mir bei der österreichischen Botschaft. Bei der Botschaft haben wir die Fingerabdrücke abgeben müssen und auch einiges ausfüllen und unterschreiben müssen. Ich brachte ihn zurück zur Schule und ich fuhr wieder aufs Land. Einige Tage später bekam ich vom Schlepper das Visum und die Tickets für den Flug. Ich selbst habe das Visum nicht abgeholt, der Schlepper hat mir das Visum von der Botschaft abgeholt.

F: Warum haben Sie selbst Ihr Visum nicht abgeholt?

A: Der Schlepper hat mir gesagt, er erledige alles für mich. Ich selbst war nicht oft in der Stadt Baku. Ich war nur ein einziges Mal auf der Botschaft.

F: Wozu brauchten Sie dafür einen Schlepper? Sie waren doch selbst auf der Botschaft und haben alle Unterlagen ausgefüllt und unterschrieben?

A: Es wäre ohne dem Schlepper niemals möglich gewesen ein Visum zu erhalten. Ich wusste nicht, was ich alles benötigen würde, ich hätte es alleine niemals geschafft.

F: Wie viele Personen haben an der Demo am XXXX 2017 teilgenommen?

A: Es waren über 1000 Demonstranten. Genau kann ich es nicht sagen, es waren sehr viele. Im Internet können sie dies nachlesen.

F: Wofür oder wogegen wurde auf dieser Demonstration demonstriert?

A: Es ging um die Korruptionen, die Menschenrechtsverletzungen, der Freilassung von politischen Häftlingen und über unrechtmäßige Amtshandlungen der Beamten.

F: Wurden an dieser Demonstration auch andere Personen festgenommen?

A: Wie ich später erfahren habe wurden mehrere Personen mitgenommen, nicht nur ich.

F: Warum wurden gerade Sie von den Männern mitgenommen?

A: Es wurden sehr viele Personen mitgenommen.

F: Frage wird wiederholt!

A: Weil ich sowohl bei den Präsidentschaftswahlen und auch bei den Parlamentswahlen sehr aktiv gewesen bin. Ich habe ihnen diesbezüglich eine Bestätigung der Partei vorgelegt.

F: Woher kannten diese Männer Sie?

A: Sie kennen alle Mitglieder der Partei, es ist ihre Arbeit.

F: Waren auch andere Mitglieder Ihrer Partei bei der Demonstration vom XXXX 2017 dabei?

A: Es war zwar eine allgemeine Demonstration, aber es waren mehrere Mitglieder meiner Partei bei der Demonstration dabei.

F: Wurden auch die anderen Mitglieder Ihrer Partei festgenommen?

A: Manche wurde ebenfalls festgenommen.

F: Bitte nennen Sie uns nochmals wie Ihre Partei genau heißt.

A: XXXX (Deutsch: XXXX )

F: Wie viele Mitglieder hat Ihre Partei?

A: Über 5000.

F: Ist Ihre Partei in der Regierung vertreten?

A: Nein, diese Partei ist in der Opposition. Der Staat sieht diese Partei als Feind.

F: Die Opposition ist im Parlament vertreten, wie konnte sie dann Staatsfeindlich betrachtet werden?

A: Wir sind im Parlament nicht vertreten, wir sind eine anerkannte Partei. Wir durften nicht ins Parlament, dies war auch der Grund, warum der Vorsitzende meiner Partei sich an den EGMR gewandt hat.

F: Wie weit ist Baku von Ihrem Wohnort, wo Sie mit Ihrer Familie lebten, entfernt?

A: Ich lebte selbst in der Stadt Baku.

F: Wie lange waren Sie Mitglied der Partei?

A: Seit 2012.

F: Welche Funktion hatten Sie in der Partei?

A: Ich sammelte Unterschriften, wir haben Veranstaltungen organisiert, wo unser Vorsitzender Reden gehalten hat. Ich hatte die Aufgabe, dass die Wahlen transparent verliefen.

F: Sie waren also Wahlhelfer?

A: Ich hatte die Aufgabe von Haushalt zu Haushalt zu gehen, nicht nur bei Wahlen. Ich habe für die Partei geworben. Meine Partei kennt jeder, wir sprachen über die schlechte Lage der Stadt. Auf ihre Frage von vorhin, weshalb die Männer genau mich herausgenommen haben, im Bezirk XXXX bin ich sehr bekannt, mich kennt dort jeder. Ich bin auch in den XXXX von Baku sehr bekannt.

F: Sie hatten in der Partei keine Führungs- oder Leitungsfunktion Inne?

A: Für uns ist es nicht wichtig, ich war ein sehr aktives Mitglied. In unserer Partei ist nicht der Name oder die Funktion wichtig, es zählt nur die Leistung die man erbringt.

F: Wenn man es einordnen würde, welche Position würde man Ihnen zuschreiben?

A: Ich bin kein normales Mitglied, ich bin eine Stufe über der normalen Mitgliedschaft. Für den Parteivorsitzenden war ich die Rechte-Hand. Er gab mir direkt Anweisungen.

F: Wie oft haben Sie sich in der Parteizentrale aufgehalten? (Beweismittel Foto welches ein Büro zeigt)

A: Manchmal täglich, manchmal jeden zweiten Tag.

F: Sie hatten doch einen Beruf, wie konnten Sie jeden Tage in die Parteizentrale?

A: Ich war kein normaler Verkäufer, ich war der Direktor des Geschäftes.

F: Zu Ihrer Festhaltung, wo Sie zwei Tage lang festgehalten wurden, wie wurden Sie gefoltert? Was genau wurde mit Ihnen gemacht?

A: Ich wurde nur geschlagen, ich wurde so stark verprügelt, dass es schon Folter war.

F: Wenn Sie so stark verprügelt wurden, weshalb sind Sie nicht in ein Krankenhaus gefahren?

A: Es hätte keinen Sinn gehabt, bei uns gehört auch das Krankenhaus diesem System an.

F: Welche Verletzungen haben Sie von der "Folter" davongetragen?

A: Ich habe sehr viele Schläge gegen meine Nieren bekommen. Ich wurde mit einem Gummiknüppel gegen meine Fußsohlen geschlagen. Nur mein Gesicht blieb verschont.

F: Wenn Sie so misshandelt wurden, weshalb sind Sie ca. zwei Wochen später wieder zu einer Demonstration gegangen?

A: Ich tat dies für die Zukunft meiner Kinder.

F: Sie sagen, Sie würden dies für die Zukunft Ihrer Kinder tun, laufen dann aber mit Ihrem Sohn aus Aserbaidschan davon?

A: Wir wollen Freiheit haben, deshalb habe ich teilgenommen.

F: Frage wird wiederholt!

A: Anstatt mir, machen meine Freunde weiter und kämpfen für die Freiheit.

F: An der Demonstration am XXXX 2017, wie viele Personen nahmen an dieser teil?

A: Mehr als bei der vom XXXX 2017.

F: Bezugnehmend auf eines Ihrer vorgelegten Fotos, dieses zeigt Sie auf der Demonstration vom XXXX 2017, auf diesem sind Sie mit zwei Mitgliedern Ihrer Partei abgebildet. Welche Funktion haben diese beiden Männer?

A: Diese machen das gleiche wie ich.

F: Sind die beiden Männer, welche auf dem Foto zu sehen sind ebenfalls festgenommen worden?

A: Nein.

F: Sie befinden sich seit knapp einem Jahr nicht mehr in Aserbaidschan. Wurde Ihre Frau oder Ihre Familie von der Geheimpolizei aufgesucht um nach Ihnen zu fragen?

A: Ja.

F: Wie oft waren diese Personen bei Ihnen zuhause?

A: Zwei Mal im Monat.

F: Ihre Vorbringen ist nicht glaubhaft. Können Sie mir erklären weshalb Sie so sehr von Interesse für die Geheimpolizei sein sollten? Andere Mitglieder der Partei wurden nicht festgenommen, weshalb gerade Sie?

A: Es wurden zwar nicht die Mitglieder welche auf dem Foto zu sehen sind festgenommen, es gibt aber andere Mitglieder die ins Ausland geflohen sind.

F: Haben Sie noch Kontakt zu Ihrer Partei und oder zu den Mitgliedern?

A: Nein.

F: Haben Sie Informationen von anderen Parteien, von welchen ebenfalls Mitglieder festgenommen wurden?

A: Ja, es passiert mehreren. Es ergeht auch anderen Parteien so. Die Gefängnisse sind voll mit politischen Aktivisten. Alle wegen Drogen, es ist total unglaubwürdig, es sitzen alle Häftlinge wegen Drogen im Gefängnis.

F: Ist demonstrieren in Aserbaidschan verboten?

A: Wenn man eine Erlaubnis bekommt, dann ist es erlaubt. Es gibt ein Versammlungsverbot.

F: Die Demonstration vom XXXX 2017, welche auf dem Fotos zu sehen ist, war diese eine genehmigte Demonstration?

A: Ja es war eine erlaubte Demonstration.

F: Wenn diese Demonstration erlaubt wurden, musste doch bestimmt der Grund der Demonstration bekannt gegeben werden?

A: Ja, das stimmt.

F: Was wurde der Behörde als Grund für die Demonstration vom XXXX 2017 bekanntgegeben?

A: Wir gaben die richtigen Gründe, sprich Korruption usw. an. Die Vorsitzenden der Parteien haben die Gründe der Behörde bekanntgegeben. Der Staat erlaubt solche Demonstrationen damit der Schein besteht, dass Aserbaidschan ein demokratisches Land ist. Die Regierung möchte nicht, dass viele Personen daran teilnehmen, deshalb werden die Menschen eingeschüchtert. Der Staat wusste genau, dass ich es war, der die Demonstration ankündigte und Teilnehmer dafür anwarb. Wir haben sogar Busfahrten organisiert um Menschen zu mobilisieren, wir wurden aber von den Sicherheitskräften daran gehindert.

F: Es ist nicht verständlich weshalb gerade Sie, als einfacher Mitarbeiter Ihrer Partei, von der Geheimpolizei bedroht werden würden. Warum schickt die Behörde die Geheimpolizei nicht zu den Vorsitzenden der Parteien, die bei der Behörde für die Genehmigung der Demonstrationen angesucht haben?

A: Die Vorsitzenden werden nicht angegriffen, gegenüber Europa wäre dies kein gutes Bild. Im Gegenteil, es wird von unten nach oben gearbeitet. Vorhin habe ich auf die Frage, wie oft die Polizei bei uns zuhause gewesen sei, mit zwei Mal im Monat geantwortet, manchmal ist es aber weniger und manchmal war es öfters. Es ist Einschüchterung.

...

F: Sie gaben vorher an, dass die Männer welche Sie bei der Demonstration vom XXXX 2017 festgenommen haben, auch bei der Demonstration am XXXX 2017 vermutlich festnehmen wollten. Haben die Männer Sie bei Ihrer "Flucht" von der Demonstration nicht weiter verfolgt?

A: Natürlich sind sie mir gefolgt, ich bin in der Menschenmenge untergetaucht, ich bin so davon gelaufen. Ich hatte nach der ersten Anhaltung große Angst und bin deshalb davon gelaufen.

F: Sie können aber nicht mit Sicherheit sagen, dass Sie von den Personen verfolgt wurden?

A: Ich habe gemerkt, dass diese mir nachlaufen. Weil es mir gelang wegzulaufen sind diese so zornig auf mich und besuchen deshalb meine Familie regelmäßig.

F: Wo genau sind Sie hin geflohen?

A: Vom Demonstrationsplatz raus zur U-Bahn, von dort aus bin ich aufs Land gefahren.

...

F: Wie lange haben Sie sich in dieser Unterkunft aufgehalten?

A: Von meiner Flucht von der Demonstration bis zu meiner Ausreise.

...

F: Gehört dieses Anwesen am Land Ihnen?

A: Es gehört meiner Mutter.

F: Wenn die Geheimpolizei so genau über Sie Bescheid wusste, hätte sie auch gewusst, dass dieses Haus Ihnen bzw. Ihrer Mutter gehöre und hätte die Geheimpolizei auch dort gesucht?

A: Wäre mir die Geheimpolizei auch dort auf die Spur gekommen, wäre ich auch von dort weggelaufen. Das Haus ist offiziell das Eigentum meiner Mutter, ich wurde dort nicht gesucht.

F: Wissen Sie ungefähr wie viele politische Parteien es in Aserbaidschan gibt?

A: Sehr viele, ich denke über 10.

F: Wurden bzw. werden Ihre Frau, Ihre Kinder oder Ihre Familie in Aserbaidschan auch bedroht?

A: Sie kommen nur um nach mir zu fragen. Sie werden dabei nicht gut behandelt, misshandelt werden sie aber nicht.

F: Hat Ihr Sohn XXXX , für den Sie auch einen Asylantrag gestellt haben, eigene Fluchtgründe?

A: In der Schule und beim Schach spielen hat er einen Druck erlebt. Er ist ein XXXX , er wurde immer benachteiligt aufgrund meiner politischen Situation.

F: Von wem wurde er benachteiligt?

A: Von den Lehrern.

F: Wie sah diese Benachteiligung aus?

A: Es gibt Wettbewerbe unter Schulen, er ist ein hochbegabtes Kind. Er wurde aber nie zu den Wettbewerben mitgenommen, es hat seine Psyche gestört.

F: Diese Art von Benachteiligung stellt keinen Asylgrund dar. Es ist kein eigener Asylgrund bzw. Fluchtgrund Ihres Sohnes festzustellen.

A: Ja dies stimmt, die Gründe meines Sohnes beziehen sich auf meine Fluchtgründe, er selbst hat keine Fluchtgründe.

F: Nach Ihrer Ausreise aus Aserbaidschan haben Sie sich 9 Monate (von 31.10.2017 bis 31.07.2018) in Deutschland aufgehalten, obwohl Sie ein gültiges Visum für Österreich hatten. Warum sind Sie nach Deutschland gereist?

A: Es war unwissentlich, wir stiegen in Budapest in einem Bus ein, dieser hat uns nach Deutschland gebracht. Ich hatte in Deutschland angekommen nur sehr wenig Geld, es hätte nicht für die Fahrt nach Österreich gereicht.

F: Haben Sie den Vorsitzenden Ihrer Partei davon Informiert, dass Sie zwei Tage lang angehalten wurden?

A: Ich habe nachdem ich freigelassen wurde zwei, drei Tage danach den Vorsitzenden meiner Partei darüber informiert.

F: Sind Sie dazu in die Parteizentrale gefahren und haben ihm alles erzählt?

A: Nein, ich habe ihn telefonisch darüber informiert.

F: Wann sind Sie nach Ihrer Anhaltung wieder in die Parteizentrale gefahren?

A: Einen Tag vor der Demonstration vom XXXX 2017.

F: Sie legten ein Bestätigungsschreiben Ihrer Partei vor, bestätigt durch den stellvertretenden Parteivorsitzenden, in der unter anderem Ihre Mitgliedschaft in der Partei bestätigt wird. Diese Bestätigung wurde am XXXX 2017 ausgestellt. Warum haben Sie sich eine derartige Bestätigung noch vor der ersten Demonstration, bei welcher Sie festgenommen wurden, ausstellen lassen, also zu einem Zeitpunkt als noch nichts vorgefallen ist bzw. Sie noch nicht von der Polizei bedroht wurden?

A: Es ist eine Bestätigung über meine Tätigkeit in der Partei.

F: Weshalb haben Sie sich gerade zu diesem Zeitpunkt eine solche Bestätigung ausstellen lassen? Sie sind doch schon seit 2012 Mitglied der Partei?

A: Ich selbst habe diese nicht angefordert, die Partei hat uns solche Bestätigungen zukommen lassen.

F: Es ist nicht verständlich weshalb Ihre Partei, ohne Grund, eine solche Bestätigung ausstellen sollte?

A: Es wurde an manche Mitglieder ausgestellt.

F: Haben Sie das Schreiben der Partei bei Ihrer Flucht mitgenommen oder haben Sie es sich von zuhause nachgeschickt?

A: Es wurde mir nachgeschickt.

F: Wer hat Ihnen das Schreiben nachgesendet?

A: Meine Frau. Das Schreiben befand sich zuhause.

F: Wo befindet sich Ihr Reisepass?

A: Der Reisepass wurde mir vom Schlepper abgenommen, der Schlepper hat mich bis nach Köln belgeitet.

F: Sind noch weitere Familienmitglieder in Ihrer Partei aktiv?

A: Nein, in dieser nicht. Mein Vater war in einer anderen Partei, er war auch in einer Oppositionspartei.

F: Sie gaben an, Direktor einer Firma gewesen zu sein bzw. anschließend selbstständig gewesen zu sein. Können Sie sagen was Sie dort ungefähr verdient haben?

A: Ich konnte meine Familie immer gut versorgen.

F: Was haben Sie für den Schlepper bezahlt?

A: Alles zusammen waren es ca. 3000€. (6.000 Manat).

F: Sind die Kosten für Ihre Ausreise eine hohe Summe? Ist es zu vergleichen mit einem Monatslohn?

A: Eine vierköpfige Familie könnte mit 3000€ zwei Monate lang überleben.

F: Warum haben Sie Ihre Frau und Ihr anderes Kind nicht mitgenommen?

A: Ich hatte zu diesem Zeitpunkt nicht so viel Geld. Ich hätte auch mein Landhaus verkaufen können, aber ich hatte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr so viel Zeit.

F: Sind Sie selbst zur österreichischen Botschaft gegangen um ein Visum zu beantragen?

A: Der Schlepper hat die Reisepässe von uns genommen. Wir waren nur bei der Botschaft um Fingerabdrücke abzugeben und um zu unterschreiben. Die Pässe wurden vom Schlepper abgenommen, er hat uns anschließend die Pässe und die Unterlagen gegeben und wir sind mit diese in die Botschaft gegangen. Wir haben dort die Unterlagen abgegeben und es wurde dort eine Gebühr verlangt, es wurden die Fingerabdrücke abgenommen und eine Unterschrift.

F: Nachdem Sie die Formalitäten bei der Botschaft erledigt haben, wie kamen Sie wieder zu Ihrem Reisepass mit dem Visum darin?

A: Ich habe die Pässe samt den Flugtickets vom Schlepper bekommen.

F: Normalerweise müssen Sie selbst Ihren Reisepass von der Botschaft abholen? Wie konnte der Schlepper dies für Sie erledigen?

A: Der Schlepper hat alles erledigt.

F: Wurden Sie Aufgrund Ihrer politischen Tätigkeit offiziell strafrechtlich von der aserbaidschanischen Polizei verfolgt?

A: Weiß ich nicht, ich bin dann ausgereist.

F: Sie sind legal mit Visum und Reisepass über den Flughafen Baku ausgereist. Wenn Sie von der Geheimpolizei gesucht worden wären, hätten Sie doch niemals legal ohne Probleme ausreisen können?

A: Daran habe ich auch gedacht, wahrscheinlich haben sie nicht daran gedacht, dass ich das Land so schnell verlassen würde.

F: Wurden Sie jemals von der aserbaidschanischen Regierung ausdrücklich mit dem Tod oder mit Verfolgung bedroht?

A: Nein mit dem Tod nicht, ich wurde mit einer Verurteilung bedroht. Nicht wegen den politischen Gründen sondern einem anderen, welchen sie mir untergeschoben hätten.

F: Werden Sie in Aserbaidschan behördlich gesucht oder besteht ein Haftbefehl gegen Sie?

A: Ob es einen offiziellen Haftbefehl gibt weiß ich nicht, aber ich werde gesucht.

F: Hätten Sie aus politischen, religiösen oder ethnischen Gründen in Ihrem Land Verfolgung oder Bedrohung zu befürchten?

A: Ja, aus politischen Gründen.

F: Waren Sie in Aserbaidschan jemals in Haft oder wurden Sie festgenommen? Ausgenommen der zwei genannten Tage nach der Demonstration vom XXXX 2017

A: Ich war nicht in Haft, ich wurde auch nicht festgenommen, es wurden nur Drohungen ausgesprochen.

F: Wann hatten Sie das letzte Mal mit den aserbaidschanischen Behörden bzw. der Polizei zu tun?

A: Das letzte Mal war am XXXX 2017 bei der Demonstration, als ich davon gelaufen bin.

F: Was wäre, wenn Sie nach Aserbaidschan zurück müssten? Was würde Ihnen geschehen, wenn Sie heute nach Aserbaidschan einreisen würden, was hätten Sie zu befürchten?

A: Bei einer Durchsuchung werden die Behörden bei mir Drogen finden, dann werde ich verhaftet.

F: Warum hätten Sie im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan etwas zu befürchten haben, Sie sind seit über einem Jahr nicht mehr politisch aktiv?

A: Die Polizei sucht nach mir, sie wissen nicht ob ich jetzt noch aktiv gewesen bin. Es ist nicht relevant ob ich jetzt noch aktiv bin oder nicht, sie suchen so oder so nach mir.

F: Hätte Ihr Sohn bei einer Rückkehr nach Aserbaidschan von irgendjemandem etwas zu befürchten?

A: Aufgrund meiner Probleme wird auch er Probleme haben.

..."

In Bezug auf die bP2 wurde auf die Gründe der bP1 und den Familienverband mit bP1 verwiesen.

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch ersichtlichen Bescheiden des BAA gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschen gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP1 zum behaupteten Ausreisegrund bzw. Rückkehrhindernissen als nicht glaubhaft qualifiziert. Dies wurde seitens der bB wie folgt begründet:

"...

? Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Im Asylverfahren ist das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium heranzuziehen und obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen. Da im gegenständlichen Verfahren die Aussagen des Antragstellers die zentrale Erkenntnisquelle darstellen, müssen die Angaben des Antragstellers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden.

Die vom Asylwerber geltend gemachte Furcht muss nicht nur behauptet, sondern auch glaubhaft gemacht werden. Glaubhaftmachung bedeutet, die Behörde davon zu überzeugen, dass der behauptete Sachverhalt (auch im Licht der Umstände im Herkunftsstaat) wahrscheinlich verwirklicht worden ist somit aber zugleich auch die persönliche Glaubwürdigkeit und die Konsistenz des Vorbringens gegeben ist.

In der Erstbefragung gaben Sie an:

F: Warum haben Sie Ihr Land verlassen (Fluchtgrund)?

A: In meiner Heimat war ich Mitglied der politischen Partei XXXX . Das ist eine Oppositionspartei und wird deshalb von den Vertretern der Regierungspartei unterdrückt. Ich persönlich hatte Probleme mit unbekannten Männern, welche aber vermutlich Vertreter der staatlichen Organe sind. Ich wurde an einem unbekannten Ort festgehalten, physisch angegriffen und ich wurde bedroht. Sie haben von mir gefordert, mit den politischen Aktivitäten aufzuhören, da mir ansonsten Drogen untergeschoben würden und ich dann dafür verurteilt würde. Aus Angst vor diesen Konsequenzen habe ich beschlossen, aus meiner Heimat zu fliehen und nahm meinen älteren Sohn mit. Meine Frau und mein kleinerer Sohn blieben zurück, weil wir keine Möglichkeit hatten, weitere Visa zu bekommen und dafür auch nicht genug Geld hatten. Andere Fluchtgründe habe ich nicht.

In der Einvernahme vor dem BFA brachten Sie zusammenfassend vor:

Sie gaben an, dass Sie neben Ihrer beruflichen Tätigkeit als Einzelhandelskaufmann und Handelsangestellter auch für die Oppositionspartei XXXX ( XXXX ) in Aserbaidschan tätig gewesen wären. Sie hätten dort keine Leitungs- oder Führungsposition innegehabt, sondern Sie wären, wie Sie es ausgedrückt hatten, eine Stufe über der normalen Mitgliedschaft gewesen. Sie wären von Haus zu Haus gegangen um Unterschriften zu sammeln um dabei Ihre Partei bekannter zu machen bzw. für diese Werbung zu machen. Ebenso hätten Sie bei bevorstehenden Wahlen als Wahlhelfer mitgearbeitet.

Da Sie am XXXX 2017 an einer Demonstration in Baku teilgenommen hätten, wären Sie von vermutlichen Geheimpolizisten festgenommen worden und für 2 Tage angehalten und misshandelt bzw. gefoltert worden. Zwei Ihnen unbekannte Personen hätten Sie inmitten der Demonstrationsteilnehmer aufgefordert, mit ihnen mitzukommen. Sie wären an einen Ihnen unbekannten Ort gebracht worden. Dort hätten die vermeintlichen Polizisten Sie bedroht und Ihnen gesagt, dass Sie nie mehr an Demonstrationen teilnehmen dürften. Wenn Sie dieser Warnung bzw. dieser Anordnung nicht Folge leisten würden, dann würden die Polizisten Ihnen Drogen in die Taschen stecken und Sie verurteilen lassen.

Etwa 2 Wochen später, am XXXX 2017, hätten Sie wieder an einer Demonstration in Baku teilgenommen - es hätten weit mehr als tausend Personen an dieser Demo teilgenommen - und die beiden Polizisten, die Sie bei der letzten Demo festgenommen hätten, hätten Sie dort wieder gesehen, die beiden wären auf Sie zugekommen.

Sie wären in der Menschenmenge untergetaucht und diesen beiden Polizisten davongelaufen, da Sie Angst gehabt hätten, von den beiden wieder festgenommen zu werden. Sie wären nach XXXX gefahren, das ist ca. 30 Kilometer vom Zentrum Bakus entfernt, und hätten sich dort in einem Landhaus, welches Ihrer Mutter gehören würde, ca. 3 Wochen lang, bis zu Ihrer Ausreise aus Aserbaidschan, aufgehalten. In der Zwischenzeit hätten Sie in Baku einen Schlepper ausfindig gemacht, der Ihnen und Ihrem Sohn Visa für Österreich beschafft hätte. Am XXXX 2017 wären Sie mit Ihrem Sohn legal per Flugzeug aus Aserbaidschan ausgereist.

Nach eingehender Auseinandersetzung mit Ihrem Vorbringen musste Ihnen die Glaubwürdigkeit aus folgenden Gründen versagt werden:

Ihre Ausführungen zu der angeblich für Sie in Aserbaidschan vorliegenden Verfolgungsgefahr sind weder bewiesen, noch belegt/bescheinigt. Daher ist die Beurteilung, ob diese Ausführungen/Behauptungen als glaubhaft gemacht anzusehen sind, auf Ihre persönliche Glaubwürdigkeit und auf die Glaubhaftigkeit Ihrer Ausführungen selbst abzustellen.

Die erkennende Behörde gelangt zur Ansicht, dass Sie lediglich ein für Sie in Aserbaidschan vorliegendes Verfolgungsszenario konstruierten, ohne tatsächlich von dem Vorgebrachten persönlich betroffen gewesen zu sein.

Ihre Angaben folgen zwar im Prinzip einem bestimmten Handlungsablauf, bleiben jedoch äußerst vage und nicht nachvollziehbar. Die von Ihnen präsentierte "Geschichte" ist zu oberflächlich und daher in Folge als keinesfalls glaubhaft zu qualifizieren.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hegt Zweifel an der Glaubhaftigkeit Ihres Vorbringens. Dies aus folgenden Gründen:

In Ihrer Erstbefragung gaben Sie an, dass Sie von unbekannten Männern, Sie vermuteten, dass es sich dabei um Vertreter der staatlichen Organe gehandelt hätte, angegriffen und bedroht worden wären. Diese Männer hätten von Ihnen gefordert, dass Sie mit Ihren politischen Tätigkeiten aufhören sollten. Bei der Einvernahme vor dem BFA haben Sie allerdings angeführt, dass zwei vermutliche Geheimpolizisten Sie bedrohten und gesagt hätten, dass Sie nicht mehr an Demonstrationen teilnehmen sollen. Hier haben Sie nichts davon erwähnt, dass Sie aufgefordert worden wären, Ihre politischen Tätigkeiten einzustellen.

Abgesehen davon, was man Ihnen tatsächlich gesagt hätte, sofern Ihr Vorbringen der Wahrheit entsprechen würde, hätten Sie doch nur Ihre politische Tätigkeit aufgeben müssen oder auch nicht mehr an Demonstrationen teilnehmen, und Sie hätten von der Geheimpolizei nichts mehr zu befürchten gehabt.

Wenn Sie nun allerdings vermeinen, dass Sie weder das eine noch das andere hätten aufgeben wollen, da Sie dies aus Überzeugung machten, bzw., wie Sie selbst sagten, dies alles für die Zukunft Ihrer Kinder machten, so ist Ihnen entgegenzuhalten, dass Sie jetzt auch nicht mehr in Aserbaidschan sind, somit Ihren politischen Aktivitäten nicht mehr nachgehen und auch an keinen Demonstrationen teilnehmen können.

Zu Ihrem Argument, dass Sie das für die Zukunft Ihrer Kinder machten ist anzumerken, dass dies nun nicht ganz nachvollziehbar ist, wenn Sie doch mit Ihrem Sohn aus Aserbaidschan davongelaufen sind.

Da Sie auf Nachfrage, ob Sie noch Kontakt zu der Partei und/oder zu den Mitgliedern dieser Partei hätten, sagten, dass Sie keinen Kontakt mehr haben, ist daraus zu entnehmen, dass Sie offensichtlich gar nicht daran interessiert sind, wie es derzeit mit Ihrer Partei in Aserbaidschan steht, oder ob andere Mitglieder der Partei möglicherweise Probleme mit den Behörden hätten. Da somit eine starke Verbundenheit mit "Ihrer" Partei nicht erkennbar ist, wäre es Ihnen zuzumuten gewesen wäre, einfach Ihre politischen Aktivitäten in Aserbaidschan einzustellen und auch nicht mehr an Demonstrationen teilzunehmen.

Hinsichtlich Demonstrationen oder die Zugehörigkeit zu einer oppositionellen politischen Partei in Aserbaidschan ist festzuhalten, dass weder das eine noch das andere verboten ist.

Die Demonstrationen an denen Sie teilgenommen haben waren laut Ihren Angaben bei den Behörden gemeldet und von diesen genehmigt. Es ist daher kein einleuchtender Grund ersichtlich, dass Sie deswegen von der Geheimpolizei aus dieser Demonstration, diese fand am XXXX 2017 statt, heraus festgenommen und für 2 Tage festgehalten und misshandelt - Sie bezeichneten es als Folter - worden wären. Außerdem ist es nicht nachvollziehbar, dass gerade Sie, der Sie doch nur ein "kleiner" Mitarbeiter der Oppositionspartei XXXX , der ca. noch weitere 5000 Mitglieder angehören, waren, von so großer Bedeutung für die Polizei gewesen wären.

Weiters ist es nicht glaubhaft und auch nicht nachvollziehbar, dass Sie 2 Wochen nach einer Festnahme und 2-tägiger Folter, wie Sie behaupteten, wieder an einer Demonstration (am XXXX 2017) teilgenommen hätten, obwohl es Ihnen von der Polizei durch Androhung von Konsequenzen untersagt worden wäre.

Außerdem ist es in diesem Fall auch nicht glaubwürdig, dass Sie den beiden Polizisten, die Sie bei der ersten Demonstration - 2 Wochen davor - schon festgenommen hätten, bei dieser 2. Demonstration davongelaufen wären. Unglaubwürdig in diesem Zusammenhang ist, dass Sie davongelaufen wären. Denn wie Sie behaupteten, wären Sie doch 2 Wochen davor für 2 Tage lang misshandelt, ja gefoltert worden, indem man Sie unter anderem mit Schlagstöcken oder Gummiknüppel an den Fußsohlen traktiert hätte. Wäre dem so gewesen, dann ist es nicht vorstellbar, dass es Ihnen möglich gewesen wäre, überhaupt zu laufen.

Sie brachten außerdem vor, dass Sie nach der 2. Demonstration, wo Sie den Polizisten davongelaufen wären, sich anschließend für ca. 3 Wochen, bis zu Ihrer Ausreise, in der Stadt [...], ca. 30 Kilometer vom Stadtzentrum von Baku entfernt, in einem Landhaus, welches Ihrer Mutter gehören würde, versteckt gehalten hätten.

Ein weiteres Indiz dafür, dass Sie von der Geheimpolizei nicht gesucht wurden bzw. dass Ihr Vorbringen nicht der Wahrheit entspricht, ist Folgendes:

Wären Sie tatsächlich von so großer Bedeutung oder von Interesse für die Geheimpolizei gewesen, dann hätte diese auch von dem Landhaus Ihrer Mutter gewusst und hätte Sie mit Sicherheit dort gesucht. Außerdem gaben Sie an, dass Sie in den 3 Wochen bis zu Ihrer Ausreise immer wieder nach Baku gefahren wären, dort hätten Sie einen Schlepper gesucht. Sie waren in dieser Zeit auch bei der Österreichischen Botschaft in Baku, aber es hat keine Zwischenfälle gegeben die im Zusammenhang mit Ihrer Person gestanden wären.

Sie haben der Behörde auch ein Schriftstück vorgelegt, eine Bestätigung über Ihre Tätigkeit bei der Partei (dieses wurde von der Dolmetscherin übersetzt), welches Ungereimtheiten aufweist. Das Schriftstück wurde vom stellvertretenden Parteivorsitzenden durch seine Unterschrift bestätigt. Diese Bestätigung wurde am XXXX 2017 ausgestellt, also noch vor Ihrer ersten vermeintlichen Bedrohung bzw. Festnahme durch die Polizei. Auf die Frage, warum Sie sich so eine Bestätigung haben ausstellen lassen, zu einem Zeitpunkt als noch nichts vorgefallen ist, Sie noch gar nicht bedroht wurden, antworteten Sie ausweichend, dass es eine Bestätigung über Ihre Tätigkeit in der Partei wäre.

Daraufhin wurden Sie gefragt:

F: Weshalb haben Sie sich gerade zu diesem Zeitpunkt eine solche Bestätigung ausstellen lassen? Sie sind doch schon seit 2012 Mitglied der Partei?

A: Ich selbst habe diese nicht angefordert, die Partei hat uns solche Bestätigungen zukommen lassen.

F: Es ist nicht verständlich weshalb Ihre Partei, ohne Grund, eine solche Bestätigung ausstellen sollte?

A: Es wurde an manche Mitglieder ausgestellt.

F: Haben Sie das Schreiben der Partei bei Ihrer Flucht mitgenommen oder haben Sie es sich von zuhause nachgeschickt?

A: Es wurde mir nachgeschickt.

F: Wer hat Ihnen das Schreiben nachgesendet?

A: Meine Frau. Das Schreiben befand sich zuhause.

Betreffend die Ausstellung dieser Bestätigung ist es nicht nachvollziehbar, dass Ihnen, obwohl Sie zu dem Zeitpunkt schon ca. 5 Jahre Mitglied dieser Partei waren, einfach so, ohne dass Sie nach einer solchen Bestätigung verlangt hätten, ein Bestätigungsschreiben über Ihre Mitgliedschaft ausgestellt wurde.

Das Bundesamt ist davon überzeugt, dass Ihnen diese Bestätigung nicht ohne Ihre Beantragung von der Partei ausgestellt wurde, sondern Sie sich diese Bestätigung sehr wohl haben bewusst und mit Absicht ausstellen haben lassen, da Sie vor hatten das Land zu verlassen, und das schon vor der von Ihnen behaupteten Bedrohung.

Eine weitere auffällige Ungereimtheit dieses Schreibens betrifft das Ausstellungsdatum. Diese Bestätigung wurde zu einem Zeitpunkt ausgestellt, wo Sie Ihren Behauptungen zufolge noch keine Bedrohungen durch die Polizei erfahren hätten. Zu dem Zeitpunkt h

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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