TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/11 96/12/0227

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Veröffentlicht am 11.11.1998
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Index

61/01 Familienlastenausgleich;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
63/02 Gehaltsgesetz;
68/02 Sonstiges Sozialrecht;

Norm

AMSG 1994 §64 Abs1 Z1;
FamLAG 1967 §26 idF 1996/201;
FamLAG 1967 §46 Abs1 idF 1977/646;
FamLAGNov 1993 Art2 §2 idF 1996/201 Art72 Z38;
GehG 1956 §13a Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des H in V, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, Anichstraße 40, gegen den Bescheid des Amtes des Arbeitsmarktservice Österreich, Bundesgeschäftsstelle, vom 29. Mai 1996, Zl. BGS/044/PER/96, betreffend Hereinbringung eines Übergenusses an Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand bis 30. Juni 1996 als Amtsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war im maßgeblichen Zeitraum beim Arbeitsmarktservice Tirol beschäftigt.

Mit Schreiben vom 18. August 1995 teilte die Buchhaltung des Bundessozialamtes Tirol (BH), eine Dienststelle des Bundes, als "bezugsliquidierende Stelle" dem Beschwerdeführer mit, daß er für seine Tochter B. in der Zeit vom 1. Jänner 1994 bis 31. August 1995 einen "Überempfang der Familienbeihilfe" gehabt habe. Unter Berücksichtigung einer bereits automatisch einbehaltenen Rückforderungsrate verbleibe eine "Bundesforderung" von S 29.190,--.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer mit 30. August 1995 eine "Aufsichtsbeschwerde" ein, in der er die Schuld an dem "Übergenuß" der BH zuwies, seinen guten Glauben darzulegen versuchte und den bescheidmäßigen Abspruch verlangte.

Die BH wandte sich daraufhin an das Finanzamt Innsbruck, Beihilfenstelle, und ersuchte um Ausstellung eines solchen Bescheides. In diesem Schreiben vom 31. August 1995 an das genannte Finanzamt teilte die BH mit, "daß wir als Selbstträger" auf Grund der vorliegenden Bescheinigungen an den Beschwerdeführer als "Beamten des AMS Tirol" die Familienbeihilfe für seine Kinder ausbezahlt hätten. Auf Grund eines Versehens der BH hiebei sei es zu einem Übergenuß gekommen.

Seitens des Finanzamtes Innsbruck wurde die Erlassung eines Bescheides abgelehnt, weil die Bescheinigung des Finanzamtes vom 10. September 1993 über den Anspruch des Beschwerdeführers auf Familienbeihilfe richtig gewesen sei.

Mit erstinstanzlichem Bescheid der Landesgeschäftsstelle des AMS Tirol vom 22. Jänner 1996 wurde daraufhin festgestellt, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. Jänner 1994 bis 31. August 1995 gemäß § 46 bzw. § 26 FLAG 1967 die erhöhte Familienbeihilfe für seine Tochter B. insgesamt in Höhe von S 29.190,-- zu Unrecht bezogen habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß §§ 26 und 46 FLAG 1967 im Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 DVG und § 66 Abs. 4 AVG nicht stattgegeben.

Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei mit "Bescheinigung" des Finanzamtes Innsbruck vom 10. September 1993 für seine Tochter B. die erhöhte Familienbeihilfe bis Dezember 1993 zuerkannt worden. Dennoch sei seitens der BH des Bundessozialamtes Tirol als bezugsliquidierender Stelle die erhöhte Familienbeihilfe weiterhin, und zwar bis zum 31. August 1995, ausbezahlt worden. Die Höhe des Übergenusses sei mit dem im Spruch genannten erstinstanzlichen Bescheid seitens des AMS Tirol am 22. Jänner 1996 mit S 29.190,-- festgestellt worden.

Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung vom 1. Februar 1996 vorgebracht, daß ein Fehler der Buchhaltung vorliege, der zudem erst durch seine Mitteilung entdeckt worden sei. Er habe weiter vorgebracht, daß über den Wegfall der erhöhten Familienbeihilfe ein Bescheid hätte ergehen müssen. Durch Kürzung eines Steuerfreibetrages ab Jänner 1994 wäre ihm die Fortzahlung des erhöhten Beihilfenbetrages nicht aufgefallen; darüberhinaus sei seine Verwendungszulage gemäß § 30 a Abs. 1 Z. 1 GG 1956 mit Mai 1995 eingestellt worden. Eine Rückforderung wäre auch deshalb unbillig, weil er den in Rede stehenden Betrag gutgläubig verbraucht habe.

Die belangte Behörde habe zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens die Gehaltsquittungen für die Monate XII/93, I/94, II/94 und VI/95 bei der BH des Bundessozialamtes Tirol angefordert.

Aus der Aktenlage, insbesondere aus den beiden Bescheinigungen des Finanzamtes Innsbruck vom 10. September 1993 und vom 28. Juni 1995, gehe - so die belangte Behörde weiter in der Begründung des angefochtenen Bescheides - klar hervor, daß der Beschwerdeführer ab dem 1. Jänner 1994 die erhöhte Familienbeihilfe für seine Tochter B. zu Unrecht bezogen habe. Die Auszahlung der Familienbeihilfe durch Selbstträger gemäß § 46 FLAG 1967 hätte auf Grund der Bescheinigung des Finanzamtes Innsbruck entsprechend dem darin festgelegten Zeitraum erfolgen sollen. Die Auffassung des Beschwerdeführers, der Wegfall der erhöhten Familienbeihilfe hätte nur mittels Bescheides der bezugsliquidierenden Stelle erfolgen dürfen, sei verfehlt. Der mit dem angefochtenen Bescheid festgestellte Übergenuß von S 29.190,-- sei der Höhe nach nicht bekämpft worden. Die Berufung stütze sich vielmehr auf das Vorbringen, der Beschwerdeführer hätte die Beträge aus der erhöhten Familienbeihilfe bereits gutgläubig verbraucht.

Nach § 13 a des Gehaltsgesetzes 1956 seien zu Unrecht empfangene Leistungen dann nicht dem Bund zu ersetzen, wenn sie im guten Glauben verbraucht worden seien. Bei der Beurteilung der Gutgläubigkeit beim Empfang des irrtümlich angewiesenen Betrages komme es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf das subjektive Wissen des Empfängers der Leistung, sondern darauf an, ob der Irrtum der auszahlenden Stelle objektiv erkennbar sei. Demnach sei Gutgläubigkeit beim Empfang von Leistungen schon dann nicht anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach subjektivem Wissen, sondern objektiv beurteilt - an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistung auch nur hätte Zweifel haben müssen.

Die "Gehaltsquittungen" der Monate Dezember 1993 und Jänner/Februar 1994 hätten unter der Bezeichnung "FAM.BEIH" jeweils einen Betrag von S 7.750,-- ausgewiesen. Aus der unzweifelhaften Bezeichnung dieser Buchungspost und dem unveränderten Betrag sei klar ersichtlich, daß die bezugsanweisende Stelle offensichtlich die Reduktion der Familienbeihilfe nicht vorgenommen habe, was bei objektiver Betrachtungsweise im Zusammenhang mit den Bescheinigungen des Finanzamtes Innsbruck nur als Irrtum der Behörde habe gewertet werden können. Der Einwand der subjektiven Gutgläubigkeit könne nicht überzeugen, weil die Bescheinigung des Finanzamtes Innsbruck mit 10. September 1993 datiert sei. Der Beschwerdeführer habe danach lediglich für drei Monate die erhöhte Familienbeihilfe zu Recht bezogen. Es sei wenig glaubhaft, daß ihm die Beobachtung dieses Umstandes in der verhältnismäßig kurzen Zeit außer Evidenz geraten sei. Auf die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Reduktion des Nettobetrages könne es dabei nicht ankommen, weil dieser naturgemäß Schwankungen unterworfen sei. Hingegen sei die Höhe der Familienbeihilfe zweifelsfrei ersichtlich. Die Einstellung der Verwendungszulage gemäß § 30 a Abs. 1 Z. 1 GG 1956 mit Mai 1995 könne hinsichtlich der Beurteilung der Gutgläubigkeit des Empfanges von nicht zustehenden Leistungen ab 1. Jänner 1994 nicht von Bedeutung sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Bei der Behandlung dieses Beschwerdefalles sind Zweifel an der Berechtigung des AMS zur Selbstträgerschaft bzw. zur Befreiung von der Leistung des Dienstgeberbeitrages zum Familienlastenausgleichsfonds aufgetaucht, die ihre Ursache primär in der für den Verwaltungsgerichtshof unklaren bezugsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers als "ausgegliederter Beamter" hatten.

Der Verwaltungsgerichtshof ersuchte daher mit Beschluß vom 25. Februar 1998 die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowie den Bundesminister für Finanzen und den Bundesminister für Jugend, Familie und Umweltschutz im Hinblick auf deren Zuständigkeit für Angelegenheiten des FLAG 1967, zu der vorläufigen Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes Stellung zu nehmen, daß im vorliegenden Fall keine Berechtigung zur Selbstträgerschaft im Sinne des § 46 Abs. 1 in Verbindung mit § 26 FLAG 1967 gegeben war.

Von der gebotenen Gelegenheit zur Stellungnahme wurde Gebrauch

gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid "in seinem Recht auf Nichtrückzahlung der zugezählten Familienbeihilfenbeträge für seine Tochter" B. gemäß § 26 FLAG 1967 beschwert. Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die belangte Behörde stütze ihre Entscheidungskompetenz auf § 1 Abs. 1 DVG, obwohl gemäß § 26 FLAG 1967 das Finanzamt die zuständige Behörde zur Bescheiderlassung hinsichtlich der Rückforderung von unrechtmäßigen Bezügen der Familienbeihilfe sei. Die zwangsweise Hereinbringung des unrechtmäßigen Bezuges werde in diesen Fällen nur über Antrag der betreffenden Gläubiger anzuordnen sein. Als betreffende Gläubiger kämen hiebei Gebietskörperschaften im Sinne des § 46 FLAG 1967, sohin auch das Amt des AMS Österreich, in Betracht. Der zu erlassende Bescheid sei jedoch vom Finanzamt auszufertigen und, für den Fall, daß ein zu Unrecht bezogener Betrag von einer gemeinnützigen Krankenanstalt oder von einer Gebietskörperschaft ausgezahlt worden sei, die die ausgezahlten Familienbeihilfen aus eigenen Mitteln zu tragen gehabt habe, sei eben der Bescheid des Finanzamtes, mit dem die Rückzahlung angeordnet worden sei, auch der Gebietskörperschaft bzw. der gemeinnützigen Krankenanstalt zuzustellen. Die auf Grund des Bescheides des Finanzamtes zurückverlangten Beträge seien dann in weiterer Folge an die gemeinnützigen Krankenanstalten bzw. Gebietskörperschaften im Sinne des § 46 FLAG 1967 rückzuüberweisen. Darüberhinaus gehe aus § 26 Abs. 4 FLAG 1967 hervor, daß die Oberbehörden ermächtigt seien, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre. Als Oberbehörde im Sinne dieses Gesetzes seien jedoch die Finanzlandesdirektion bzw. das Bundesministerium für Jugend und Familie zu verstehen, sodaß auch aus diesem Größenschluß ersichtlich sei, daß die bescheiderlassende Behörde unzuständig sei.

Im Beschwerdefall ist zunächst die Frage der Zuständigkeit zu klären.

Die belangte Behörde stützt ihren Bescheidabspruch auf die §§ 26 und 46 FLAG 1967 im Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 DVG. Sie geht davon aus, daß die Auszahlung der Familienbeihilfe dem Grunde nach im Rahmen der Selbstträgerschaft des Bundes gemäß § 46 FLAG 1967 rechtmäßig erfolgt sei, der auszahlenden Stelle (BH) aber ein im Sinne des § 13 a GG 1956 objektiv erkennbarer Irrtum unterlaufen sei, der - so die Begründung des angefochtenen Bescheides - einen gutgläubigen "Verbrauch" (richtig wäre "Empfangnahme") ausschließe.

Nach Art. II § 2 des Bundesgesetzes, mit dem das FLAG 1967 neuerlich geändert wurde, BGBl. Nr. 246/1993, dieses wieder geändert mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, hat die Auszahlung der Familienbeihilfe durch das (Wohnsitz)Finanzamt zu erfolgen, außer wenn es sich um eine der im § 46 FLAG 1967 genannten Gebietskörperschaften oder um eine gemeinnützige Krankenanstalt handelt, die die Familienbeihilfe aus eigenen Mitteln zu tragen haben (Selbstträgerschaft).

Der angesprochene § 46 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, in der Fassung BGBl. Nr. 646/1977, lautet:

"(1) Der Bund mit Ausnahme der von ihm verwalteten Betriebe, Unternehmungen, Anstalten, Stiftungen und Fonds hat den Aufwand an Familienbeihilfen und an Geburtenbeihilfen für seine Empfänger von Dienstbezügen sowie von Ruhe- und Versorgungsgenüssen aus eigenen Mitteln zu tragen. ..."

Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch den Dienstgeber oder eine auszahlende Stelle verursacht worden ist. Durch die Bestimmung des Abs. 1 wird das Recht des Dienstgebers oder der auszahlenden Stelle auf Rückforderung irrtümlich geleisteter Beihilfenzahlungen nach Abs. 2 der genannten Bestimung ausdrücklich als nicht ausgeschlossen bezeichnet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluß vom 25. Februar 1998 nach Wiedergabe der maßgebenden Rechtsgrundlagen des FLAG 1967 ausgeführt, daß die Selbstträgerschaft des Bundes für seine Empfänger von Dienstbezügen gegeben ist. Diese Voraussetzung liegt aber - entgegen der im genannten Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vorläufig vertretenen Auffassung - im Beschwerdefall vor, weil es sich beim Beschwerdeführer um einen Bundesbeamten gehandelt hat, der dem Amt des Arbeitsmarktservice im Sinne des § 64 Abs. 1 Z. 1 AMSG angehört hat und für den die Auszahlung sowohl der Bezüge als auch der Familienbeihilfe durch die Buchhaltung beim Bundessozialamt, hinsichtlich der letztgenannten Leistung auf Grund der Bescheinigung des Finanzamtes, erfolgte.

Da die Zahlung der in Frage stehenden Familienbeihilfe an den Beschwerdeführer für seine Tochter B. demnach zuständigkeitsmäßig im Rahmen der Selbstträgerschaft des Bundes durch eine Bundesdienststelle zu Recht erfolgt ist, bleibt im Sinne des nach § 26 Abs. 2 FLAG 1967 anwendbaren § 13 a Abs. 1 GG 1956, in der Fassung BGBl. Nr. 109/1966, zu prüfen, ob es sich bei der in Frage stehenden Rückzahlungsverpflichtung um eine vom Beschwerdeführer zu Unrecht empfangene Leistung (Übergenuß) gehandelt hat, die - soweit sie nicht in gutem Glauben empfangen worden ist - dem Bund zu ersetzen ist.

Eine zu Unrecht empfangene Leistung liegt dann vor, wenn für die Empfangnahme kein gültiger Titel (Gesetz, Bescheid) vorhanden ist. Dies ist im Beschwerdefall unbestritten; der Beschwerdeführer selbst geht von einem Irrtum der auszahlenden Buchhaltung aus, den erst er selbst aufgeklärt habe, worauf sich der zuständige Beamte bei ihm entschuldigt habe. Er selbst habe über eine längere Zeit die Fortzahlung der erhöhten Familienbeihilfe nicht bemerkt, weil er durch die Kürzung eines Steuerfreibetrages und die Einstellung einer Zulage ohnehin einen niedrigeren Bezug erhalten habe.

Dem ist entgegenzuhalten:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Empfang in gutem Glauben nicht nach der subjektiven (Gesetzes)Kenntnis des Bediensteten, sondern nach der objektiven Erkennbarkeit des Irrtums der auszahlenden Stelle zu beurteilen. Die Gutgläubigkeit wird demnach nicht nur durch das Erkennen des Übergenusses bzw. des Irrtums der auszahlenden Stelle oder durch auffallende Sorglosigkeit ausgeschlossen. Gutgläubigkeit ist vielmehr schon dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistung auch nur Zweifel hätte haben müssen. Dies gilt auch für den Fall, daß im Zeitpunkt der Empfangnahme der einzelnen Leistungen zwar ein gültiger Titel bestand, der Beamte aber am Weiterbestand dieses Titels ernstlich zweifelte oder zweifeln mußte (vgl. beispielsweise Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1989, Slg. N. F. Nr. 12.904/A, vom 24. März 1993, Zl. 89/12/0062, oder jüngst vom 25. Februar 1998, Zl. 95/12/0343). Die Verpflichtung zur Auseinandersetzung mit dem Bezugszettel wurde beispielsweise mit Erkenntnis vom 24. Juni 1998, Zl. 96/12/0288, als im Rahmen der objektiv zumutbaren Sorgfalt gelegen angenommen.

Im Beschwerdefall steht sachverhaltsmäßig fest, daß die an den Beschwerdeführer geleistete Familienbeihilfe auf den Bezugszetteln in abgekürzter Form, nämlich mit der Abkürzung "FAM. BEIH." angegeben ist. Dem den Bediensteten zur Verfügung stehenden "Merkblatt für die Bezugsempfänger" ist hiezu Näheres zu entnehmen.

Davon ausgehend erweisen sich die Hinweise des Beschwerdeführers darauf, der Übergenuß sei ihm wegen einer Änderung der Besteuerung bzw. einer Verringerung einer Zulage nicht aufgefallen, im Sinne der Theorie der objektiven Erkennbarkeit nicht als stichhaltig, weil die Möglichkeit eines Nachvollzuges anhand des Bezugszettels ohne besonderen Aufwand gegeben gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr bei dem gegebenen Sachverhalt keinen Zweifel daran, daß der Beschwerdeführer in diesem Sinne nicht als gutgläubig bezeichnet werden kann. Maßgebend ist nämlich nicht die allenfalls auf Grund einer gewissen Sorglosigkeit bestehende subjektive Gutgläubigkeit des Empfängers, sondern ob - objektiv beurteilt - die Nachvollziehbarkeit der fälschlich erfolgten Anweisung bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt in einem solchen Maß gegeben gewesen ist, daß der Beschwerdeführer zumindest Zweifel an der Rechtmäßigkeit der an ihn ausgezahlten Beträge hätte haben müssen.

Der Umstand, daß der Beschwerdeführer selbst zur Klärung des Sachverhaltes beigetragen hat, spricht für ihn, kann aber in der Sache zu keinem anderen Ergebnis führen.

Aus den vorstehenden Überlegungen erweist sich die Beschwerde daher im Ergebnis als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. November 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996120227.X00

Im RIS seit

01.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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