TE Lvwg Erkenntnis 2019/7/4 LVwG-2019/48/1157-5

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Veröffentlicht am 04.07.2019
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Entscheidungsdatum

04.07.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §71

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Dr.in Müller über die Beschwerde des Herrn AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.04.2019, Zl *****, betreffend die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 07.03.2019 in einem Strafverfahren wegen einer Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 iVm dem Gelegenheitsverkehrsgesetz 1996 und dem Kraftfahrgesetz 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 04.07.2019,

zu Recht erkannt:

1.       Der Beschwerde wird keine Folge gegeben und abgewiesen.

2.       Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Straferkenntnis vom 15.12.2018 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung iVm mit dem Gelegenheitsverkehrsgesetz 1996 sowie nach dem KFG begangen zu haben. Er wurde dementsprechend zu einer Geldstrafe von insgesamt Euro 3.200,00 sowie Verwaltungskosten verurteilt. Der Bescheid konnte zunächst nicht zugestellt werden, da er trotz aufrechter ZMR-Meldung mit der Anmerkung „verzogen“ retourniert wurde. Am 11.01.2019 leitete die Bezirkshauptmannschaft Y über die Stadtpolizei Y eine Wohnsitzerhebung ein.

Am 21.07.2019 nahm der Polizist CC mit der zuständigen Sachbearbeiterin Frau DD Kontakt auf und teilte mit, dass in Erfahrung gebracht werden konnte, dass sich der Beschwerdeführer vermutlich aktuell in V aufhalte. Dies erfolgte aufgrund einer persönlichen Mitteilung des Insp. EE der Polizeiinspektion X vom 16.01.2019. In weiterer Folge ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Y die Polizeiinspektion X um Zustellung des gegenständlichen Bescheides sowie in einem weiteren Verfahren um Zustellung einer Aufforderung zur Rechtfertigung an den Beschwerdeführer. Mit einer von Herrn Insp. EE vorbereiteten Übergabebestätigung vom 15.12.2018 konnte in weiterer Folge das Straferkenntnis am 29.01.2019 dem Beschwerdeführer übergeben werden.

Am 07.02.2019 nahm der Beschwerdeführer telefonisch Kontakt mit Frau DD von der Bezirkshauptmannschaft Y auf und kündigte an, dass er die Rechtsache seinem Rechtsvertreter übergeben werde. Die Sachbearbeiterin wies ihn erneut auf die Fristen hin.

Am 07.03.2019 erkundigte sich ein Mitarbeiter der Kanzlei RA BB, Herr FF, bei Frau DD hinsichtlich der Übernahmebestätigung zum Straferkenntnis.

Mit Schreiben vom 07.03.2019 beantragte der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob gleichzeitig Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 15.12.2018. Begründet wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand damit, dass der Beschwerdeführer am 12.01.2019 erneut einen schweren Unfall erlitten habe, sodass er von 12.01. bis 19.01.2019 im Krankenhaus in W in stationärer Behandlung gewesen sei und in weiterer Folge aufgrund der starken Schmerzen ständig Medikamenten habe nehmen müssen. Aufgrund des Medikamenteneinflusses sei er körperlich nicht in der Lage gewesen, ein Rechtsmittel einzubringen und sein Recht darauf wahrzunehmen. Erst in der Kalenderwoche 10, genauer gesagt am 07.03.2019, sei er körperlich in der Lage gewesen, seinen rechtsfreundlichen Vertreter aufzusuchen und ihm dieses Straferkenntnis vorbei zu bringen. Aus gesundheitlichen Gründen sei der Antragssteller nicht in der Lage gewesen, die vierwöchige Rechtsmittelfrist für die Erhebung einer Beschwerde einzuhalten und handle es sich dabei um ein unabwendbares und unvorhersehbares Ereignis. Vorgelegt wurde dazu der Arztbrief vom 18.01.2019 des Krankenhauses W.

Kontrollinspektor GG nahm zur von ihm durchgeführten Übergabe des Straferkenntnisses an den Beschwerdeführer mit E-Mail vom 25.03.2019 Stellung, dass der Beschwerdeführer aufgrund eines vorangegangenen Unfalles mit Krücken unterwegs gewesen sei, aber ansonsten in keiner Weise verändert oder eingeschränkt gewesen sei. Sie haben sich kurz unterhalten, er sei freundlich gewesen und habe von seiner Verletzung erzählt. Vor der Tür habe seine Freundin mit dem Auto wartet.

In weiterer Folge erging der gegenständlich bekämpfte Bescheid, mit dem der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet abgewiesen wurde. Die belangte Behörde begründete den Bescheid damit, dass im vorliegenden Fall weder ein unerwartetes noch unabwendbares Ereignis den Beschwerdeführer gehindert habe, sich über die gegen das erlassene Straferkenntnis offenstehende Rechtschutzmöglichkeit in Kenntnis zu setzen. Er sei somit den Ausführungen der Vertretung entgegenzuhalten, dass er bereits am 06.02.2019 Kenntnis hinsichtlich seiner Möglichkeit zur Ergreifung seines Rechtsmittels gehabt habe, weiters sei mit E-Mail vom 25.03.2019 auch von der Polizeiinspektion festgestellt worden, dass im Zuge der Zustellung in keiner Weise der Beschwerdeführer verändert oder eingeschränkt gewirkt habe. Es sei auf die Rechtsprechung des VwGH vom 24.10.2008 zu Zl 2008/02/0315 zu verweisen, dass in der Regel eine Krankheit nicht von vorne herein als Wiedereinsetzungsgrund gewertet werden könne, sondern vielmehr nur dann, wenn eine solche Erkrankung vorliege, die eine Dispositionsfähigkeit ausschließe.

Eine Erkrankung die einen Zustand der Dispositionsunfähigkeit zur Folge habe und so plötzlich und schwer auftrete, dass der Erkrankte nicht mehr in der Lage sei, die nach der Sachlage gebotenen Maßnahme zu treffen, sei ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben (VwGH 10.10.1996, 95/20/0659; VwGH 05.03.1998, 97/18/0557). Auch aufgrund der persönlichen Kontaktaufnahme des Beschwerdeführers am 06.02.2019 als auch aufgrund des persönlichen Eindrucks des zustellenden Organs habe es keine Hinweise gegeben, dass er im Zuge der Übergabe dispositionsunfähig gewesen sei. Es liege sohin kein Wiedereinsetzungsgrund vor.

In der gegenständlichen Beschwerde wiederholte der Beschwerdeführer die Ausführungen zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und beantragte die Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens. Erneut wurde der Arztbrief vom 18.01.2019 beigelegt sowie entsprechende Röntgenbilder vom 12.01.2019.

In der mündlichen Verhandlung vom 04.07.2019 zog es der Beschwerdeführer vor, unentschuldigt nicht zu erscheinen. Er konnte daher nicht einvernommen werden. Es wurden KI GG von der Polizeiinspektion X und DD von der Bezirkshauptmannschaft Y als Zeugen einvernommen. Danach wurde das Erkenntnis mündlich verkündet.

Mit Schreiben vom 30.07.2019 beantragte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter die Ausfertigung des Erkenntnisses.

II.      Sachverhaltsfeststellungen:

Das Straferkenntnis vom 15.12.2018, Zl *****, nahm der Beschwerdeführer am 29.01.2019 bei der Polizeiinspektion X persönlich entgegen. KI GG übergab ihm den Bescheid. Der Beschwerdeführer bestätigte die Übergabe des Straferkenntnisses mit seiner Unterschrift auf eine von Polizeiinspektor EE vorbereiteten Übergabebestätigung.

KI GG unterhielt sich auch mit dem Beschwerdeführer und es gab keinerlei Hinweise, dass der Beschwerdeführer aufgrund von Medikamenten beeinträchtigt sei oder nicht mitbekommen habe, dass er nun ein Straferkenntnis erhalten habe. Er erzählte noch von seinem Unfall und der Krankengeschichte, da er mit Krücken von seiner Freundin zur Polizeiinspektion X geführt wurde.

Es gab keine Anhaltspunkte, dass er sonst – außer durch die Krücken beim Gehen - in einer Weise beeinträchtigt gewesen sei, so dass er nicht wisse, dass er nun gerade eine behördliche Zustellung eines Straferkenntnisses erhalten habe. Festgehalten wird, dass ihm gleichzeitig ein behördliches Aufforderungsschreiben in einer anderen Angelegenheit zugestellt wurde.

In weiterer Folge rief er am 06.02.2019 Frau DD von der Bezirkshauptmannschaft Y, die Sachbearbeiterin, an. Auch in diesem Gespräch gab es keinerlei Hinweise, dass er nicht gewusst hätte, dass er nun ein Rechtsmittel gegen den Bescheid ergreifen müsse und die Frist bereits zu laufen begonnen habe. Vielmehr gab er der Zeugin zu verstehen, dass er dies wisse, nachdem sie ihn noch einmal darauf hingewiesen hat. Er sagt, dass er sich nun mit seinem Rechtsvertreter in Verbindung setzen werde und ihm die Sache übergeben werde.

Am 12.01.2019 hatte der Beschwerdeführer aufgrund eines Sturzes einen Oberschenkelbruch rechts erlitten. Er wurde vom 12.01 bis 19.01.2019 im Krankenhaus W aufgenommen und auch dort operiert, danach entlassen. Als empfohlene Medikamente wird folgendes im Arztbrief vom 18.01.2019 angeführt:

?    Mexalen 500 mg 1-1-1

?    Novalgin 25 Tropfen 3x täglich bei Bedarf

?    Lovenox 60 mg 1*1 s.c. bis zur vollständigen Mobilisierung

Festgehalten ist im Arztbrief vom 18.01.2019, dass eine sofortige Mobilisierung empfohlen wird. Eine Klammerentfernung soll über den Hausarzt durchgeführt werden und sollte am 22.01.2019 erfolgen. Röntgenkontrollen sollten am 11.02.2019 zwischen 09.00 Uhr und 11.00 Uhr in der Ambulanz folgen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Zustellung am 29.01.2019 oder danach Medikamente genommen hat.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer nicht gewusst hätte, dass er am 29.01.2019 das Straferkenntnis vom 15.12.2018 erhalten hat, wie er dies auch in der Übergabebestätigung mit seiner Unterschrift bestätigte. Auch in dem persönlichen Telefonat vom 07.02.2019 mit Frau DD ergab sich keinerlei Hinweis auf eine Beeinträchtigung, sondern kündigte vielmehr an, dass er die Angelegenheit seinem Rechtsanwalt übergeben werde und sie von ihm hören werde.

III.     Beweiswürdigung:

Aus den durchgeführten Aufnahmen der beantragten Beweise, insbesondere des das Straferkenntnis zustellenden KI GG lässt sich eindeutig und unzweifelhaft entnehmen, dass keinerlei Hinweise einer Beeinträchtigung des Beschwerdeführers beim Zustellvorgang auch danach vorgelegen sind, wie dies die Sachbearbeiterin der Bezirkshauptmannschaft Y glaubwürdig darlegen konnte.

Es konnte nicht einmal behauptet werden, ob und welche Medikamente konkret der Beschwerdeführer genommen hätte, die eine Beeinträchtigung im Sinne einer Dispositionsunfähigkeit hervorgerufen haben sollen. In keiner Weise konnten Anhaltspunkte dargelegt werden, dass eine die Dispositionsfähigkeit ausschließende Medikamenteneinflussnahme beim Zustellvorgang oder danach vorgelegen sei. Der Beschwerdeführer zog es vor, nicht einmal zur Verhandlung zu erscheinen und dies glaubhaft zu machen.

Auch die beantragten Gutachten waren daher nicht einzuholen, da im vorliegenden Fall im Sinne eines Erkundungsbeweis nicht konkret vorgebracht wurde, was durch das Gutachten hätte bewiesen werden sollen, zumal nicht einmal eine Medikamenteneinnahme und eine dadurch bedingte Dispositionsunfähigkeit dargelegt und glaubhaft gemacht wurde.

IV.      Rechtslage:

Die wesentliche Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) lautet:

„Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 71.

(1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1.   die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2.   die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, daß kein Rechtsmittel zulässig sei.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.

[…]“

V.       Erwägungen:

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus § 71 AVG, dass der Wiedereinsetzungsantrag ein Vorbringen über seine Rechtzeitigkeit zu enthalten hat und anzugeben ist, aus welchem Grund der Antragsteller den Tatbestand des § 71 Abs 1 AVG als erfüllt ansieht. Dabei trifft den Antragsteller die Obliegenheit im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft zu machen, was aber als Grundlage ein entsprechend begründetes Antragsvorbringen voraussetzt (VwGH 22.09.2011, 2008/18/0509).

Der Wiedereinsetzungsantrag hat ein Vorbringen über seine Rechtzeitigkeit und die Angabe zu enthalten, aus welchem Grund der Antragsteller den Tatbestand des § 71 Abs 1 AVG als erfüllt ansieht. Dabei trifft ihn die Obliegenheit, im Antrag konkret jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat, und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund bereits im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen, was auch ein entsprechendes tatsachenbezogenes Antragsvorbringen voraussetzt (vgl VwGH B 24.5.2005, Zl 2004/11/0233).

Den Wiedereinsetzungswerber trifft trotz des im Verwaltungsverfahren herrschenden Grundsatzes der amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit die Pflicht, alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen. Gerade zufolge der Befristung eines Wiedereinsetzungsantrages ist es nicht Sache der Behörde, tatsächliche Umstände zu erheben, die einen Wiedereinsetzungsantrag bilden können. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist daher nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gedeckt ist (vgl VwGH vom 31.8.2006, Zl 2004/21/0139).

In der Regel kann Krankheit nicht von vornherein als Wiedereinsetzungsgrund gewertet werden, vielmehr begründet - nach der ständigen Judikatur des VwGH - nur eine die Dispositionsfähigkeit ausschließende Erkrankung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dieser Wiedereinsetzungsgrund ist dann gegeben, wenn die Erkrankung einen Zustand der Dispositionsunfähigkeit zur Folge hat und so plötzlich und so schwer auftritt, dass der Erkrankte nicht mehr in der Lage ist, die nach der Sachlage gebotenen Maßnahmen zu treffen (Hinweis VwGH E 10.10.1996, 95/20/0659; E 05.03.1998, 97/18/0557).

Der Beschwerdeführer macht als Wiedereinsetzungsgrund eine seit dem Sturz am 12.01.2019 durch Medikamenten bedingte Dispositionsunfähigkeit geltend, die bis in die Kalenderwoche 10, genauer gesagt am 10.03.2019 angedauert habe. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist allerdings konkret nicht zu entnehmen, dass er in einem Ausmaß beeinträchtigt gewesen wäre, das seine Dispositionsfähigkeit ausgeschlossen hätte, schon gar nicht konnte dies glaubhaft gemacht werden. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt daher das Vorbringen des Antragstellers keinen tauglichen Grund für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der gegenständlichen Frist dar.

Der Beschwerdeführer konnte nach den Feststellungen auch nicht glaubhaft machen, dass er ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Straferkenntnisses an ihn am 29.01.2019 Medikamente genommen hätte, noch dass eine durch Medikamenteneinnahme bedingte Dispositionsunfähigkeit in dem Zeitraum überhaupt vorgelegen sei, geschweige denn über den behaupteten Zeitraum bis zur Kalenderwoche 10. Weder aus dem Arztattest noch aus sonstigen Bescheinigungen und den aufgenommenen Beweisen waren Anhaltspunkte dafür zu entnehmen.

Ein unabwendbares oder unvorhersehbares Ereignis konnte sohin nicht dargelegt werden, da er nicht behauptete – geschweige denn glaubhaft machen konnte - , dass eine plötzliche, durch eine Medikamenteneinnahme bedingte Dispositionsunfähigkeit über mehrere Wochen bis zum 10.03.2019 vorgelegen sein soll, zumal der Beschwerdeführer bereits am 19.01.2019 nach entsprechender Mobilisierung bereits im Krankenhaus in häusliche Pflege entlassen worden ist. Am 29.01.2019 ließ er sich von der Freundin zur Polizeiinspektion führen, um das Straferkenntnis persönlich von der Polizeiinspektion X entgegenzunehmen.

Der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers enthielt im Übrigen kein Vorbringen, welche Vorkehrungen er getroffen hat, um die Rechtsmittelfrist einzuhalten. Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt nur vor, wenn die Partei auch gehindert war, der Fristversäumnis durch andere geeignete Dispositionen, im Besonderen durch Beauftragung eines Vertreters, entgegenzuwirken bzw ihr auch insofern ein nur leicht fahrlässiges Fehlverhalten vorgeworfen werden könnte. Insbesondere fehlen Ausführungen darüber, warum er darin gehindert gewesen sei, seinen Anwalt anzurufen, obwohl er doch selbst bei der Behörde hat anrufen können und dies der Behörde gegenüber sogar angekündigt hat (vgl VwGH vom 16.12.2009, Zl 2009/1270031). Dem Beschwerdeführer ist es sohin nicht gelungen darzutun, dass ihn an der Versäumung der Beschwerdefrist kein, den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden träfe (vgl. VwGH 04.02.2000, 97/19/1484; 02.10.2000, 98/19/0198).

Es ist sohin die Entscheidung der Behörde nicht zu beanstanden und konnte keine Rechtswidrigkeit erkannt werden, sodass die Beschwerde abzuweisen war.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Müller, LL.M.

(Richterin)

Schlagworte

Dispositionsfähigkeit; Behauptungsfrage; Beweisfrage

Anmerkung

Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen das am 4. Juli 2019 mündlich verkündete und am 14. August 2019 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, Z LVwG-2019/48/1157-5, erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss vom 03.02.2020, Z Ra 2019/04/0119-3, zurück.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.48.1157.5

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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