TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/1 W191 2193485-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.07.2019
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Entscheidungsdatum

01.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W191 2193485-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX Staatsangehörigkeit Sri Lanka, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2018, Zahl 1080953506-150991565, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.05.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz 2005 und §§ 46, 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein Staatsangehöriger von Sri Lanka, reiste irregulär und schlepperunterstützt in Österreich ein und wurde am 01.08.2015 mangels eines gültigen Aufenthaltstitels vorläufig festgenommen. Er stellte 03.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der BF am 24.06. und 29.06.2015 in Ungarn erkennungsdienstlich behandelt worden war.

1.2. In seiner Erstbefragung am 03.08.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion (PI) Jennersdorf gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Tamil im Wesentlichen Folgendes an:

Er stamme aus Jaffna, sei Angehöriger der Volksgruppe der Tamilen und der Glaubensgemeinschaft der Hindus und ledig. Er habe die Schule mit der Matura abgeschlossen und spreche gut Englisch.

Am 07.05.2014 sei er mit gefälschtem Reisepass per Flugzeug aus Colombo ausgereist und über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn nach ca. 15 Monaten nach Österreich gelangt.

Als Fluchtgrund gab der BF an, dass sein Bruder für die Tamilische Befreiungsarmee (LTTE) gearbeitet habe, bis er von der Sri Lanka-Armee getötet worden sei. Danach habe die Armee dem BF und seiner Familie immer wieder Probleme gemacht und auch gedroht. Einer seiner Brüder sei in Saudi Arabien und der zweite sei behindert. Seine Familie hätte ihn schützen wollen und ins sichere Ausland geschickt.

1.3. Aufgrund der Angaben des BF und des Ergebnisses der EURODAC-Anfrage führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) Konsultationen mit dem Mitgliedstaat Ungarn gemäß Dublin III-Verordnung bezüglich der Zuständigkeit für das Asylverfahren des BF, die schließlich negativ verliefen.

1.4. Laut Mitteilung des Magistrates der Stadt Wien vom 26.07.2016 meldete der BF mit Wirksamkeit vom 01.08.2016 das freie Gewerbe "Hausbetreuung [...]" für einfache Reinigungs- und Wartungstätigkeiten an.

1.5. Mit Schreiben der Volksanwaltschaft ohne Datum an den Bundesminister für Inneres wurde diesem mitgeteilt, dass sich der BF wegen der langen Dauer des Asylverfahrens an sie gewandt habe, und wurde um Stellungnahme ersucht.

1.6. Das BFA, Regionaldirektion Wien, führte am 28.02.2018 eine Einvernahme des BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Tamil durch. Der BF bestätigte die Richtigkeit seiner bisher gemachten Angaben und machte nähere Angaben zu seinen Lebensumständen und zu seiner Familie. Seine Mutter sei bei einem Bombenanschlag im Jahr 1995 getötet worden, sein Bruder sei aus Saudi Arabien wieder zurückgekehrt und seine Geschwister lebten nun wieder alle in Sri Lanka. Mit seinem Vater habe er regelmäßig Kontakt.

Der BF gab an, er habe vier Jahre lang als Hardwareingenieur für eine Computerfirma gearbeitet.

Befragt nach seinen Fluchtgründen gab der BF an, dass sein Bruder im Jahr 2008 bei Unruhen und Kämpfen von der Regierung erschossen worden sei. Der CID (sri-lankischer Geheimdienst) habe aber nicht gewusst, dass er tot sei, nach ihm gesucht und den BF mit ihm verwechselt. Sie hätten ihn damals befragt. Eine Ausreise sei ihm danach nicht gelungen. Im Februar 2014 sei er für fünf Tage im Gefängnis gewesen und geschlagen worden. Sein Onkel habe die Polizisten bestochen, damit er freigelassen werde, und kurz danach habe er den Schlepper kontaktiert und sei ausgereist.

Im Jahr 2012 habe er an einer Demonstration gegen die Verfolgung der ehemaligen LTTE und der Tamilen teilgenommen. Der Sohn seiner Tante sei auch bei der LTTE gewesen. Wenn er zurückkehre, würde ihn der CID umbringen.

Der BF legte zahlreiche Dokumente betreffend seine Person (ins Englische übersetzte Kopie seiner Geburtsurkunde, Schul-, Berufs- und Leumundszeugnisse), aber keine Belege für sein Fluchtvorbringen vor.

1.7. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 30.03.2018 den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 03.08.2015 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sri Lanka nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung in Spruchpunkt IV. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Sri Lanka gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Der BF habe eine Verfolgung im Sinne des AsylG nicht glaubhaft gemacht. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.

Der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Sri Lanka.

Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse - im Gegensatz zu seinem Fluchtvorbringen - glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation in Sri Lanka wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.

Seine Fluchtgeschichte habe der BF äußerst vage und oberflächlich dargestellt. Sein Vorbringen sei insbesondere auch im Hinblick auf die großen zeitlichen Abstände unplausibel und unschlüssig. Dass er geschlagen worden sei, habe er lediglich beiläufig erwähnt. Dass seine Familienangehörigen nach wie vor unbehelligt in Sri Lanka leben könnten, spräche ebenso gegen sein Vorbringen wie die aktuellen Länderfeststellungen, wonach der Krieg seit 2008 beendet sei und sich die Lage der Tamilen seit 2015 massiv verbessert hätte.

1.8. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben seines zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberaters vom 23.04.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wegen "Rechtswidrigkeit seines Inhalts, mangelhafter bzw. unrichtiger Bescheidbegründung sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung der Verfahrensvorschriften" ein.

In der Beschwerdebegründung wurde das Vorbringen des BF knapp wiederholt und unter Verweis auf Erkenntnisquellen von NGOs (Schnellrecherchen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe) moniert, dass es im Norden von Sri Lanka nach wie vor zu Verfolgungen von Personen komme, die LTTE-Verbindungen hätten. Das Vorbringen des BF sei schlüssig und stimme mit den Länderberichten überein.

Beantragt wurde u.a. die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

1.9. Das BVwG führte am 22.05.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Tamil durch, zu der der BF in Begleitung seines gewillkürten Vertreters persönlich erschien. Die belangte Behörde verzichtete im Vorhinein auf die Teilnahme an der Verhandlung.

Dabei gab der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):

"[...] RI [Richter]: Was ist Ihre Muttersprache?

BF: Tamil, darüber hinaus spreche ich recht gut Englisch.

Anmerkung: der BF hat ein Zertifikat ELTS vorgelegt.

RI an D [Dolmetsch]: In welcher Sprache übersetzen Sie für den BF?

D: In Tamil.

RI befragt BF, ob er D gut verstehe; dies wird bejaht.

Zur heutigen Situation:

RI: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, der heutigen Verhandlung zu folgen?

BF: Ja.

RI: Leiden Sie an chronischen oder akuten Krankheiten oder anderen Leiden oder Gebrechen?

BF: Nein.

[...]

Der BF hat bisher Belege zu seiner Identität und zu seinen Lebensumständen (Schulzeugnisse, Berufsbestätigungen, Partezettel betreffend seinen Bruder, alle in Farbkopie) vorgelegt.

RI: Wo befinden sich die Originale?

BF: Diese habe ich in Österreich (in Wien) verloren.

RI: Sie haben eine Urkunde von 2004 vorgelegt (Aktenseite 141), was ist das?

BF: Das ist eine Charakterbestätigung.

RI: Sie haben einen Führerschein vorgezeigt?

BF: Ja, derzeit habe ich ihn in Purkersdorf abgegeben und erwarte, eine Fahrprüfung machen zu müssen. Ich habe es bisher nicht gemacht, weil es an Geld mangelt.

RI: Hatten Sie einen echten oder gefälschten Reisepass?

BF: Ich bin mit einem "Agent" nach Malaysia gereist, wo mir ein vermutlich gefälschter malaysischer Reisepass ausgestellt worden ist.

Anmerkung: Mit "Agent" ist wohl Schlepper gemeint.

RI: Zu Ihrem Fluchtvorbringen haben Sie bisher keine Belege vorgelegt. Haben Sie heute welche mit?

BF: Nein, ich habe keine.

[...]

Zur Identität und Herkunft sowie zu den persönlichen

Lebensumständen:

RI: Sind die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu Ihrem Namen und Geburtsdatum sowie zu Ihrer Staatsangehörigkeit korrekt?

BF: Ja.

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volks- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

BF: Ich bin Tamile.

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an, und wenn ja, welcher?

BF: Ich bin Hindu.

RI: Sind Sie verheiratet, oder leben Sie in einer eingetragenen Partnerschaft oder sonst in einer dauernden Lebensgemeinschaft?

BF: Nein.

RI: Haben Sie Kinder?

BF: Nein.

RI: Womit haben Sie sich in Ihrem Herkunftsstaat Ihren Lebensunterhalt verdient bzw. wer ist für Ihren Lebensunterhalt aufgekommen?

BF: Ich habe in einer kleinen Druckerei gearbeitet.

RI: Geben Sie bitte soweit wie möglich chronologisch an, wann und wo Sie sich in Sri Lanka aufgehalten haben.

BF: Ich habe zeitlebens in Sri Lanka gelebt und es vor fünf Jahren verlassen. Dann war ich sechs Monate lang in Malaysia, drei Monate in Griechenland und ein Monat in Ungarn aufhältig.

RI: Wie viele Brüder haben Sie?

BF: Ich hatte drei Brüder. Mein jüngerer Bruder ist gestorben. Ein Bruder ist behindert und lebt bei meinem Vater. Mein dritter Bruder war in Saudi-Arabien, er ist im Jänner 2018 zurückgekehrt und lebt nun verheiratet in XXXX .

RI: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei oder einer anderen politisch aktiven Bewegung oder Gruppierung?

BF: Nein, ich war nie politisch tätig.

Zur derzeitigen Situation in Österreich:

RI: Haben Sie in Österreich lebende Familienangehörige oder Verwandte?

BF: Nein.

RI: Haben Sie Kontakt zu Österreichern? Haben Sie in Österreich wichtige Kontaktpersonen, und wie heißen diese?

BF: Ich habe in Österreich eine Freundin, wir treffen uns öfters, leben aber nicht zusammen.

RI ersucht D, die folgenden Fragen nicht zu übersetzen. RI stellt diverse Fragen.

RI: Sprechen Sie Deutsch? Haben Sie mich bis jetzt auch ohne Übersetzung durch den D verstehen können?

BF (auf Deutsch): Ich verstehe ca. 30 %.

RI stellt fest, dass der BF die zuletzt gestellten und nicht übersetzten Fragen teilweise verstanden und sehr holprig auf Deutsch beantwortet hat.

BFV [Vertreter des BF]: Der BF hat sich für einen Deutschprüfungskurs A2 angemeldet.

RI: Besuchen Sie derzeit einen Deutschkurs, oder haben Sie einen Deutschkurs bereits besucht?

BF: Ich habe mich gleich für A2 angemeldet, weil mir A1 zu einfach und zu teuer war.

Die Anmeldebestätigung wird in Kopie zum Akt genommen.

RI: Haben Sie Arbeit in Österreich? Gehen Sie einer regelmäßigen Beschäftigung nach?

BF: Ich habe mein Gewerbe Hausbetreuung ca. ein Jahr lang ausgeübt und bei ca. sieben bis acht Kunden im Haus geputzt. Als ich dann von Wien nach Graz übersiedelt bin, habe ich als Küchenhilfe gearbeitet. Mein Antrag auf Beschäftigungsbewilligung für Kochhilfe bzw. Koch wurde mit zwei Bescheiden des AMS Ende 2018 abgewiesen.

Anmerkung: Diese Bescheide werden in Kopie zum Akt genommen.

RI: Besuchen Sie in Österreich bestimmte Kurse oder eine Schule, oder sind Sie aktives Mitglied in einem Verein? Gehen Sie sportlichen oder kulturellen Aktivitäten nach? Wie ist Ihr Tagesablauf?

BF: Ich habe in Sri Lanka Cricket gespielt. In Österreich spiele ich manchmal Fußball mit Freunden. Ich habe im Internet Kulturvereine gesucht, aber keine passenden gefunden. Als ich in Traiskirchen und in Klagenfurt gelebt habe, habe ich mich sozial engagiert. Ich habe an Treffen teilgenommen (z.B. "tea time").

BF: Für den Fall, dass ich einen Aufenthaltstitel bekomme, hat mir die Firma Ceylon Gastro e. U. zugesagt, dass ich dort arbeiten kann.

RI: Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt oder von einer Behörde mit einem Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot belegt?

BF: Nein.

RI: Unterhalten Sie von Österreich aus noch Bindungen an Ihren Herkunftsstaat, insbesondere Kontakte zu dort lebenden Familienangehörigen, Verwandten, Freunden oder zu sonstigen Personen? Wenn ja, wie sieht dieser Kontakt konkret aus (telefonisch, brieflich, per E-Mail), bzw. wie regelmäßig ist dieser Kontakt?

BF: Ich telefoniere ca. viermal im Monat mit meinem Vater.

Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:

RI: Sie wurden bereits im Verfahren vor dem Bundesasylamt zu den Gründen, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können (Fluchtgründe), einvernommen. Die diesbezüglichen Niederschriften liegen im Akt ein.

Sind Ihnen diese Angaben noch erinnerlich und, wenn ja, halten Sie diese Angaben vollinhaltlich und unverändert aufrecht, oder wollen Sie zu Ihren Fluchtgründen noch etwas ergänzen oder berichtigen, das Ihnen wichtig erscheint?

BF: Ja, es stimmt, ich habe alles gesagt.

RI: Was würde Ihnen konkret passieren, wenn Sie jetzt wieder in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

BF: Ich wäre in Gefahr, weil ich immer noch mit meinem Bruder in Zusammenhang gebracht werden würde. Mein Bruder lebt auch versteckt in XXXX .

RI: Aber Ihr Bruder ist doch getötet worden?

BF: Mein Bruder ist bei den Kämpfen in der "Hochburg" der Kämpfe getötet worden, sein Tod ist aber noch nicht offiziell. Mein Bruder und ich sind aber nur ein Jahr vom Geburtsdatum her auseinander, und die Behörden glauben wohl, dass ich mein Bruder bin. Die Kämpfe sind zwar inzwischen offiziell beendet, aber wir haben als Gruppe gelebt, und ich weiß, dass mich davon einige verraten würden.

RI: Warum wird dann Ihr Bruder in XXXX gesucht?

BF: Mein Bruder hat in Mullaittivu gelebt. Als die Behörden ihn dort gesucht haben, ist er nach XXXX übersiedelt.

RI wiederholt Frage.

BF: Als mein Bruder von Saudi-Arabien zurückgekommen ist, lebte er zunächst in Jaffna. Weil die Behörden mich gesucht haben, lebt er nun versteckt.

RI: Wieso kann Ihr Vater mit Ihrem dritten Bruder unbehelligt zu Hause leben?

BF: Sie haben keine Probleme mit den Behörden.

RI: Aber warum nicht?

BF: Es ist nicht so schlimm wie vorher, dass die Behörden kommen und mich schlagen. Sie kommen nur zu meinem Vater und fragen, wo ich bin.

Der RI bringt unter Berücksichtigung des Vorbringens des BF auf Grund der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Informationen die dieser Niederschrift beiliegenden Feststellungen und Berichte [...] in das gegenständliche Verfahren ein.

Der RI erklärt die Bedeutung und das Zustandekommen dieser Berichte. Im Anschluss daran legt der RI die für die Entscheidung wesentlichen Inhalte dieser Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat dar.

RI folgt BFV Kopien dieser Erkenntnisquellen aus und gibt ihm die Möglichkeit, dazu sowie zu den bisherigen Angaben des BF eine Stellungnahme abzugeben oder Fragen zu stellen.

BFV: Was hat Ihr Bruder gemacht, damit er verfolgt und getötet worden ist?

BF: Beruflich hat er als Juwelier gearbeitet und wurde von der LTTE gezwungen, mit ihnen zu gehen. Er wurde in Kampftechnik ausgebildet. Er hat mit der LTTE gegen das Militär gekämpft und wurde im Distrikt Mannar getötet.

BFV: Glaubt die Behörde, dass Ihr Bruder noch aktiv ist?

BF: Die Regierung glaubt, dass mein Bruder noch lebt und immer noch aktiv sein kann.

RI: Wo liegt Mannar, ist das eine Insel?

BF: Nein, das liegt am Festland.

RI hält dem BF eine Karte von Sri Lanka vor, wonach sich Mannar auf einer Insel befindet.

BFV belegt, mit Hilfe seines Handys, dass sich der Distrikt Mannar sowohl über die Insel als auch über das Festland erstreckt.

BFV: Sie wurden für fünf Tage von der Polizei ins Gefängnis gebracht. Besteht gegen Sie in Sri Lanka ein gerichtliches Verfahren?

BF: Ich war fünf Tage im Gefängnis, ich wurde gegen Bestechung freigelassen, es gibt daher kein Verfahren gegen mich. Ich weiß auch nicht, ob es ein gerichtliches Verfahren gibt.

BFV: Wie stellen Sie sich Ihr Leben in Österreich in der Zukunft vor?

BF: Ich will arbeiten. Ich will einen Beruf lernen. Ich habe das auch bisher immer schon versucht und nie aufgegeben. Ich will nicht von der sozialen Unterstützung leben.

Dem BF wird auf Ersuchen des BFV eine Frist für eine ergänzende allfällige schriftliche Stellungnahme ab heute eine Frist von zwei Wochen eingeräumt.

Ermittlungsermächtigung:

RI: Sind Sie damit einverstanden, dass entsprechend den vom Bundesverwaltungsgericht zu treffenden Anordnungen in Ihrem Herkunftsstaat allenfalls Erhebungen unter Verwendung Ihrer personenbezogenen Daten durchgeführt werden, wobei diese jedenfalls nicht an staatliche Stellen Ihres Herkunftsstaates weitergegeben werden?

BF: Ich habe nichts dagegen, aber Sie - wie alle - wissen, dass man dort für Geld alles bekommen kann, und ich will nicht, dass mein Vater und mein behinderter Bruder dadurch Schwierigkeiten bekommen.

RI befragt BFV, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will; dies wird verneint.

RI befragt BF, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will; dies wird verneint.

RI befragt BF, ob er D gut verstanden habe; dies wird bejaht. [...]"

Das erkennende Gericht brachte weitere Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF in das Verfahren ein (aufgelistet unter Punkt 2.).

Dem BFA wurde die Verhandlungsschrift samt Beilagen übermittelt.

1.10. Auch während der eingeräumten zweiwöchigen Nachfrist hat der BF keine Belege für sein Fluchtvorbringen nachgebracht.

2. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

* Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung am 03.08.2015 und der Einvernahme vor dem BFA am 28.02.2018, die im erstbehördlichen Verfahren vom BF vorgelegten Belege zu Identität, Lebensumständen, Aus- und Weiterbildung und Beruf sowie die Beschwerde vom 23.04.2018

* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (offenbar Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Aktenseiten 223 bis 245)

* Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 22.05.2019 sowie Einsichtnahme in die in der Verhandlung vorgelegten Belege (Bescheide AMS - Abweisung Beschäftigungsbewilligung Koch bzw. Kochhilfe; Anmeldebestätigung Sprachkurs A2)

* Einsicht in folgende in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG zusätzlich in das Verfahren eingebrachte Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF:

o Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 24.05.2018 samt ergänzender Kurzinformation vom 15.02.2019)

o Schnellrecherche der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) - Länderanalyse vom 21. Februar 2018 zu Sri Lanka: Gefährdung von Personen mit Erwähnung auf staatlicher Liste von Terrorismus-Verdächtigen (Auszug) sowie

o Schnellrecherche der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) - Länderanalyse vom 12. Januar 2018 zu Sri Lanka: Entführungen von tamilischen Personen mit LTTE-Verbindungen im Distrikt Jaffna und in der Nordprovinz (Auszug)

Der BF hat keinerlei Beweismittel oder sonstige Belege für sein Fluchtvorbringen vorgelegt.

3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

Das BVwG geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen, glaubhaft gemachten Sachverhalt aus:

3.1. Zur Person des BF:

3.1.1. Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehöriger von Sri Lanka, gehört der Volksgruppe der Tamilen an, bekennt sich zur Religionsgemeinschaft der Hindus und ist ledig. Sein Vater und seine Geschwister leben in Sri Lanka. Er hat Kontakt zu ihnen.

3.1.2. Lebensumstände:

Der BF stammt aus Jaffna, besuchte die Schule und schloss sie im Jahr 2001 mit der Matura ab. Er arbeitete mehrere Jahre lang als Hardwareingenieuer für eine kleine Druckerei. Von 2008 bis 2014 war er arbeitslos.

Er verließ am 07.05.2014 aus angegebenen Gründen schlepperunterstützt mit gefälschtem Reisepass per Flugzeug Sri Lanka und gelangte über die Türkei und mehrere angegebene europäische Länder bis nach Österreich, wo er am 03.08.2015 um Asyl ansuchte.

3.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

Der BF hat sein Vorbringen, dass er wegen einer Verwechslung mit seinem getöteten Bruder, der für die LTTE gekämpft hätte, sowie wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Tamilen vom staatlichen Geheimdienst CID verfolgt worden sei, nicht glaubhaft gemacht. Er somit nicht

Es konnte vom BF somit nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.

3.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:

Es konnte vom BF nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Sinne des Punktes 3.2. (siehe oben) ausgesetzt wäre oder ihm ein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), oder eine dem 6. oder 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitende Behandlung droht, und ist dies auch nicht von Amts wegen hervorgekommen.

Der BF ist im erwerbsfähigen Alter und männlich. Dass sein allgemeiner Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigt wäre, hat der BF im Verfahren weder behauptet, noch ist es dem erkennenden Gericht sonstwie bekannt geworden. Es ist daher anzunehmen, dass der BF im Herkunftsstaat in der Lage sein wird, sich notfalls mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes Auskommen zu sichern und daher nicht in eine hoffnungslose Lage zu kommen, zumal er sehr gut ausgebildet ist und über Berufserfahrung verfügt.

3.4. Zur Integration des BF in Österreich:

Der BF ist seit August 2015 in Österreich aufhältig. Ihm steht kein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylrechtes zu, und er hatte niemals ein anderes als das vorübergehende Aufenthaltsrecht als Asylwerber in Österreich.

Der BF hat keine hinsichtlich Art. 8 EMRK relevanten Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich. Allfällige freundschaftliche Beziehungen in Österreich sind erst zu einem Zeitpunkt entstanden, an dem sich der BF seiner unsicheren aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst sein musste. Der BF hat angegeben, in Österreich eine Freundin zu haben, mit der er sich öfters trifft, aber nicht zusammenlebt. Seine Familie (Vater, zwei Brüder, davon einer behindert, zwei Schwestern) lebt zuhause in Sri Lanka.

Der BF besucht in Österreich keine Schulen oder Universitäten. Er kann etwas Deutsch und hat sich für den Deutschkurs A2 angemeldet. Der BF hat eine Zeitlang in Ausübung eines freien Gewerbes Hausreinigungs- und Wartungstätigkeiten ausgeübt. Für die Ausübung von Tätigkeiten als Koch bzw. Kochhilfe wurde ihm vom AMS keine Beschäftigungsbewilligung erteilt.

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Das Vorliegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen ist nicht bekannt. Der BF ist irregulär in das Bundesgebiet eingereist.

Eine Integration des BF in Österreich in besonderem Ausmaß liegt nicht vor.

3.5. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:

Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG zusätzlich in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:

Auf Grund der Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF steht fest, dass es in diesem Staat die Todesstrafe gibt. Dass der BF einem diesbezüglich real bestehenden Risiko unterliegen würde, hat sich jedoch auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht ergeben und wurde vom BF auch nicht behauptet.

3.5.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA vom 24.05.2018 (zuletzt aktualisiert am 15.02.2019, Schreibfehler teilweise korrigiert)

"[...] 2. Politische Lage

Sri Lanka ist eine konstitutionelle Mehrparteienrepublik mit einer frei und direkt gewählten Regierung (USDOS 20.04.2018). Der direkt vom Volk gewählte Präsident hat eine große Machtfülle und ist gleichzeitig Staats- und Regierungschef. Der von ihm ernannte Ministerpräsident führt ein eigenes Ressort neben den zahlreichen Fachministerien. Das Einkammerparlament mit 225 Sitzen geht mittels eines modifizierten Verhältniswahlrechts aus allgemeinen, gleichen Wahlen hervor. Die unitarische Staatsverfassung weist seit Verabschiedung des 13. Verfassungszusatzes 1987 begrenzt dezentralisierende Elemente auf. Es wurden neun Provinzen geschaffen, die gewählte Provinzräte und -regierungen haben mit einem leitenden Minister (Chief Minister) an der Spitze, dem ein vom Präsidenten ernannter Gouverneur an die Seite gestellt ist. Unterhalb der Provinzebene existieren die Ebenen der Distrikte und der Kommunalverwaltung mit ebenfalls gewählten Stadt- und Gemeinderäten (AA 3.2018a).

In seiner zweiten Amtszeit ab 2009 besaß der damalige Präsident Rajapaksa eine umfassende Machtfülle und erhielt Zugriff auf die Besetzung von Positionen in eigentlich unabhängig angelegten Institutionen, im öffentlichen Dienst, bei Justiz und Polizei. Die demokratischen Strukturen des Landes waren zunehmend Belastungsproben ausgesetzt. Obwohl unter Präsident Rajapaksa die weitgehend zerstörte Infrastruktur im Norden und Osten wiederhergestellt wurde, bemühte er sich nicht, die Wiederversöhnung weiter voranzutreiben. Mit dem im April 2015 verabschiedeten 19. Verfassungszusatz wurden einzelne Vollmachten des Präsidenten gestrichen, und im Gegenzug wurde die Rolle des Parlaments gestärkt. 2016 lief auch ein neuer Verfassungsreformprozess an, dessen Kernelemente eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen Zentralregierung und Provinzen (Dezentralisierung), ein neues Wahlrecht und die Abschaffung der exekutiven Präsidentschaft sind. Ziel der Regierung ist es, die Reform 2018 abzuschließen. Präsident und Ministerpräsident haben im September 2017 angekündigt, dass künftig bei allen Wahlen ein System gelten soll, das eine Mischung von Mehrheits- und Verhältniswahl vorsieht (AA 3.2018a).

Wahlen werden regelmäßig auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts und eines Mehrparteienwettbewerbs durchgeführt (BTI 2018). Am 08.01.2015 wählten die Wähler bei der vorgezogenen Präsidentschaftswahl den Oppositionskandidaten Maithripala Sirisena für fünf Jahre zum Präsidenten (AA 3.2018a; vgl. USDOS 20.04.2018). Er erhielt die Unterstützung von 51,28% der Wähler, während für den bisherigen Amtsinhaber 47,58% stimmten. Die Wahlbeteiligung war mit 81,5% sehr hoch. Sirisena wurde bereits am 09.01.2015 vereidigt (AA 3.2018a).

Bei der Parlamentswahl am 17.08.2015 erzielte eine Allianz der liberalen United National Party (UNP) mit anderen Parteien im Rahmen der United National Front for Good Governance 45,66%. Die UPFA, ein Parteienbündnis, dessen Mehrheit eine Rückkehr Rajapaksas in die Politik als Premierminister angestrebt hatte, unterlag mit 42,38%. Die Wahlbeteiligung war mit rund 77% für eine Parlamentswahl sehr hoch. Die Sri Lanka Freedom Party (SLFP) des Präsidenten und die UNP des Premierministers unterzeichneten am 21.08.2016 eine Vereinbarung, mit der sie sich auf eine Zusammenarbeit zunächst für zwei Jahre verständigten. Im August 2016 wurde entschieden, die Zusammenarbeit auf die gesamte Legislaturperiode von fünf Jahren auszudehnen. Oppositionsführer ist mit R. Sampanthan von der Tamil National Alliance (Bündnis gemäßigter tamilischer Parteien) erstmals seit 1977 wieder ein Vertreter der Tamilen (AA 3.2018a).

Die neue Regierung unter Premierminister Wickremeshinghe konnte zahlreiche Versprechen des "100-Tage-Programmes" umzusetzen. Unter anderem wurden mit dem 19. Verfassungszusatz Verfassungsänderungen von Präsident Rajapaksa rückgängig gemacht und die Machtfülle des Präsidenten beschnitten (AA 3.2018a).

Bei den Lokalwahlen am 10.02.2018 mussten die Regierungsparteien einen Rückschlag hinnehmen. Die neue Partei, Sri Lanka People's Front (Sri Lanka Podujana Peramuna, SLPP), die den Ex-Präsidenten Rajapaksa unterstützt, erzielte 44.65% der Stimmen, die UNP 32,63% und die SLFP (mit Verbündeten) 13,38%. Gründe dafür waren die Unzufriedenheit über steigende Preise für Grundnahrungsmittel sowie mangelnde Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung (AA 3.2018a).

Am 01.10.2015 hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Konsens mit Sri Lanka die Resolution "Promoting reconciliation, accountability and human rights in Sri Lanka" (A/HRC/30/L.29) und im März 2017 eine Folgeresolution beschlossen. Sri Lanka hat sich damit bereit erklärt, die mutmaßlichen im Bürgerkrieg begangenen (Kriegs-)Verbrechen in einem glaubwürdigen Prozess aufzuarbeiten (AA 16.12.2017).

Die Regierung möchte die nationale Wiederversöhnung vorantreiben. Gegenüber dem Menschenrechtsrat erklärte sich die Regierung bereit, zahlreiche Maßnahmen umzusetzen. Im August 2016 wurde ein Gesetz zur Einrichtung eines Büros für Vermisste ("Office of Missing Persons") beschlossen, die des leitenden Beauftragten (Commissioners) jedoch erst im Februar 2018 ernannte. Auch eine Wahrheitskommission ("Truth and Reconciliation Commission") soll eingerichtet werden. Weitere wichtige Schritte hat die Regierung noch vor sich, darunter auch die Verfassungsreform, deren Prozess 2017 ins Stocken geraten ist (AA 3.2018a).

3. Sicherheitslage

Das staatliche Gewaltmonopol ist unangefochten. Allerdings gibt es in Teilen des Nordens und Ostens ein erhöhtes Sicherheitsrisiko mit einigen gewalttätigen Zwischenfällen. Im April 2014 erschoss das sri-lankische Militär drei mutmaßliche tamilische Nationalisten in Nedunkerni (Distrikt Vavuniya). Im Oktober 2016 wurden zwei tamilische Studenten von der Polizei an einem Kontrollpunkt in Kokuvil (Bezirk Jaffna) erschossen. Im Zusammenhang mit dem zweiten Vorfall wurden fünf Polizisten verhaftet (BTI 2018).

Seit Ende des Bürgerkriegs im Mai 2009 haben in Sri Lanka keine Terroranschläge mehr stattgefunden. Militär und Polizei sind weiterhin sichtbar präsent (AA 08.05.2018).

Die Landrückgabe wird fortgesetzt - nach dem aktuellen Zeitplan der Regierung (Oktober 2017) soll Ende 2018 noch eine Fläche von etwa 145 km2 bei den Sicherheitskräften verbleiben, bei der es sich vor allem um staatliches Land handeln soll. Der umfassende Sicherheits- und Überwachungsapparat dürfte insbesondere im Norden und Osten noch intakt sein, tritt aber nach außen nicht mehr so häufig wie früher in Erscheinung (AA 16.12.2017).

Am 01.03.2018 ist Sri Lanka der Konvention über Streumunition von 2008 beigetreten, weniger als drei Monate nachdem das Land dem Minenverbotsvertrag von 1997 beigetreten ist (HRW 14.03.2018). Bis auf kleine noch nicht entminte Gebiete im Nordosten und einzelne "Hochsicherheitszonen" um Militäreinrichtungen in der Nord- und der Ostprovinz können sich Sri Lanker im ganzen Land frei bewegen und niederlassen (AA 16.12.2017). Im Juni 2017 betrug die verbliebene verminte Gesamtfläche 25,5km2, die sich über zehn Distrikte verteilt, was eine deutliche Reduktion gegenüber 68km2 im Jahr 2014 darstellt. Bei der derzeitigen Rate könnte Sri Lanka bis Ende 2021 frei von Landminen sein (MAG 02.04.2018).

4. Rechtsschutz / Justizwesen

Die Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis diskriminiert nicht nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung. Die neue Regierung muss aber noch eine Lösung für die zahlreichen "Altfälle", also bereits Inhaftierte, finden. Darunter sind auch politische Gefangene, die auf Grundlage des Prevention of Terrorism Act (PTA) inhaftiert wurden. Die Regierung hat zugesagt, diese Fälle zu überprüfen. Sippenhaft wird nicht praktiziert. Keiner Person oder Personengruppen wird kategorisch der Rechtsschutz verweigert (AA 16.12.2017).

Der 2015 verabschiedete 19. Verfassungszusatz hat die Macht des Präsidenten in mehrfacher Hinsicht begrenzt. Er verringerte etwa den Einfluss des Präsidenten auf die Justiz und die Verwaltung, indem er die bisher praktisch uneingeschränkte Befugnis des Präsidenten einschränkte, eine Reihe öffentlicher Amtsträger direkt zu ernennen, darunter Richter des Obersten Gerichtshofs und des Berufungsgerichts, den Generalstaatsanwalt, den Generalprüfer und den Generalinspekteurs der Polizei. Diese Ernennungen sowie Ernennungen in die Wahlkommission, die Kommission für den öffentlichen Dienst, die nationale Polizeikommission, die Menschenrechtskommission, die Kommission zur Untersuchung von Korruptions- und Bestechungsvorwürfen und die Abgrenzungskommission können nun vom Präsidenten nur noch auf Empfehlung des Verfassungsrates vorgenommen werden, dem sowohl Vertreter der Regierung als auch der Opposition angehören (BTI 2018).

Unter der neuen Regierung haben Ermittlungsbehörden und Justiz begonnen, mutmaßliches Unrecht in der Vergangenheit - z.B. das Verschwinden von Journalisten, ungewöhnliche Todesfälle, Korruption, Geldabflüsse ins Ausland - zu untersuchen. Zahlreiche Kommissionen sind tätig. In manchen Bereichen, wie z.B. bei der Aufklärung von Todesfällen, gibt es Fortschritte. Auch gegen Militärangehörige wird ermittelt. Die Kommissionen laden regelmäßig hochrangige Vertreter der Rajapaksa-Zeit - auch Mahinda Rajapaksa und seine Familienmitglieder - zu Verhören vor, haben aber noch keine Verurteilung erreicht (AA 16.12.2017).

Kritisch diskutiert wird momentan ein Reformentwurf des Strafprozessrechts, welcher Untersuchungsgefangenen den Zugang zu einem Rechtsbeistand erst nach Abgabe ihrer ersten Aussage gewähren würde. Auch der neueste (noch inoffizielle) Entwurf der Strafprozessordnung (Oktober 2017) beinhaltet keinen unbedingten Zugang von Untersuchungsgefangenen zu ihren Anwälten (AA 16.12.2017).

Die Untersuchungshaftzeiten sind lang; es dauert oftmals mehr als ein Jahr, bis überhaupt entschieden wird, ob eine Anklage erhoben wird. Ausländer und Sri Lanker sind davon gleichermaßen betroffen. Die zulässige reguläre Haftdauer bis zur Anklageerhebung beträgt zwölf Monate - verlängerbar in dreimonatigen Etappen bis maximal 24 Monate, falls die Staatsanwaltschaft eine Erklärung zur Notwendigkeit abgibt. Insbesondere bei Inhaftierungen nach dem Antiterrorismusgesetz (Prevention of Terrorism Act, PTA) kam es oft zu sehr langen, in einzelnen Fällen bis zu fast zwanzigjährigen Gefängnisaufenthalten ohne Urteil oder richterliche Entscheidung. Nach Angaben der Opposition waren Ende 2015 noch immer 217 von ehemals ca. 12.000 LTTE-Mitgliedern oder -Sympathisanten, die sich bei Kriegsende gestellt hatten, ohne Gerichtsurteil inhaftiert. Derzeit (31.05.2017) sollen aufgrund des PTA noch 56 Tamilen inhaftiert sein (AA 16.12.2017).

Im Rule of Law Index 2017-18 des World Justice Project (WJP) rangiert Sri Lanka auf Platz 59 von 113 Ländern, was eine Verbesserung um neun Plätze im Vergleich zu 2016 bedeutet. In der Subskala Ziviljustiz nimmt das Land den Rang 91 und in der Subskala Strafjustiz den Platz 53 von 113 Staaten ein (WJP 31.01.2018).

5. Sicherheitsbehörden

Die Polizei ist für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit zuständig und untersteht dem Ministerium für Recht und Ordnung. Das Militär untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die äußere Sicherheit zuständig. Nach der Strafprozessordnung kann das Militär aufgefordert werden, speziell abgegrenzte Aufgaben der inneren Sicherheit zu übernehmen. Die fast 6.000 Mitglieder zählende paramilitärische Special Task Force fällt in die Verantwortung das Ministerium für Recht und Ordnung, koordiniert aber gelegentlich auch Operationen der inneren Sicherheit mit dem Militär. Der Präsident dient als Verteidigungsminister, aber der zivile Verteidigungssekretär hat die tägliche operative Verantwortung für das Heer (USDOS 20.04.2018).

Die sri-lankische Regierung hat noch nicht die vollständige Kontrolle über den gesamten Verwaltungs- und Sicherheitsapparat (Militär, Polizei, Geheimdienste) gewonnen. Alte Verhaltensmuster bestehen teilweise noch fort: Auch 2017 berichten einzelne Menschenrechtsaktivisten vor allem im Norden und Osten von gelegentlichen Schikanen durch staatliche Sicherheitskräfte. Insbesondere im Militär und bei den Geheimdiensten gibt es Elemente, die den Kurs der neuen Regierung nicht unterstützen, sich einer Kontrolle entziehen und ex-Präsident Rajapaksa loyal gesinnt sind. Der Widerstand bei Teilen der Sicherheitskräfte lässt sich auch aus dem Umstand erklären, dass sie unter dem vormaligen Premierminister Rajapaksa eine tragende Rolle mit weitgehenden Kompetenzen bei gleichzeitiger Straflosigkeit hatten. Die neue Regierung hingegen drängt den Einfluss des Militärs zurück und unterwirft sein Handeln der geltenden Rechtsordnung (AA 16.12.2017).

Polizei- und Sicherheitskräfte wenden gelegentlich missbräuchliche Praktiken, wie willkürliche Verhaftungen, außergerichtliche Hinrichtungen, erzwungenes Verschwindenlassen, Vergewaltigung, Folter und lange andauernde Inhaftierung ohne Prozess an (FH 2017). Während eine Quelle davon berichtet, dass Tamilen unverhältnismäßig oft betroffen sind (FH 2017), berichtet eine andere, dass unverhältnismäßiger Zwang nicht gegen eine bestimmte Gruppe als solche gerichtet ist (AA 16.12.2017).

Die Sicherheitskräfte hatten nur begrenzte interne Mechanismen, um Missbrauchsfälle zu untersuchen. Opfer können Fälle direkt vor den Obersten Gerichtshof bringen, aber auch das HRCSL und die Strafgerichte können Fälle untersuchen. Die Regierung hat in mehreren hochkarätigen Fällen gegen Mitglieder der Sicherheitsdienste Anklage erhoben und Verurteilungen erwirkt. Das Ministerium für Recht und Ordnung ist für die Feststellung zuständig, ob eine Tötung durch Sicherheitskräfte gerechtfertigt war (USDOS 20.04.2018). Bedingt durch einen Arbeitsrückstand und Ressourcenmangel waren unabhängige Kommissionen langsam bei Untersuchungen zu behauptetem Fehlverhalten von Polizei und Militär (FH 2017).

Zivilgesellschaftliche Organisationen behaupteten, dass die Regierung und die Gerichte weitgehend zögern, gegen Sicherheitskräfte vorzugehen, obwohl sich die Situation im Vergleich zu 2016 gebessert hat. Strafverfolgungen wegen Missbrauchs durch Sicherheitskräfte und die Polizei sind selten, nehmen aber, ebenso wie Verfolgungen wegen Korruption und Ordnungswidrigkeiten, zu. Für Straftaten aus den Konfliktjahren bestand jedoch weiterhin weitgehend Straffreiheit für Beamte des Sicherheitsapparats, die in Fälle angeblicher gezielter Tötungen von Parlamentariern, mutmaßliche Entführungen und Tötungen von Journalisten und Privatpersonen verwickelt waren. Am 04.04.2017 erklärte die Polizei jedoch, dass Polizei- und Militärbeamte nicht von polizeilichen Ermittlungen ausgenommen werden können. Im Lauf des Jahres wurden 26 Offiziere wegen krimineller Handlungen strafrechtlich verfolgt (USDOS 20.04.2018).

Die Regierung führte in der Verteidigungsakademie eine Menschenrechtsausbildung ein, um die Achtung der Menschenrechte zu verbessern, und unterstützte interne Ausbildung durch das IKRK (USDOS 20.04.2018).

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Das Verbot der Folter ist in Art. 11 der Verfassung verankert. Internationalen Organisationen und Presseberichten zufolge ist Folter durch Polizisten weiterhin verbreitet, um Geständnisse zu erpressen. Dies hat auch der UN-Sonderberichterstatter über Folter Méndez nach seinem Besuch im April/Mai 2016 festgestellt und darauf hingewiesen, dass 90% der Verurteilungen in Sri Lanka aufgrund von Aussagen in Polizeigewahrsam erfolgten (AA 16.12.2017).

Die Menschenrechtskommission von Sri Lanka (HRCSL) berichtet, dass Folter im ganzen Land Routine ist und weiterhin angewandt wird. Bis September 2017 wurden 271 Foltervorwürfe staatlicher Akteuren gemeldet. Viele Berichte beziehen sich auf Polizeibeamte, die angeblich Verdächtige "aufmischen", um Geständnisse zu erhalten (USDOS 20.04.2018). UNHCR Sri Lanka verzeichnete für die ersten acht Monate 2016 208 Beschwerden aufgrund von Folter (2015: 420; 2014:

489; 2013: 600, jeweils gesamtes Jahr). Während Folter früher vor allem Tamilen betraf, stellen jüngere Berichte von Human Rights Watch (HRW) sowie lokalen Menschenrechtsorganisationen heraus, dass Singhalesen in gleichem Maße betroffen sind (AA 16.12.2017).

Das Gesetz macht Folter strafbar und schreibt eine Freiheitsstrafe von nicht weniger als sieben Jahren und nicht mehr als zehn Jahren vor. Die Regierung unterhält einen Ausschuss zur Verhütung von Folter, der den Vorwurf der Folter prüft und vorbeugende Maßnahmen ergreift (USDOS 20.04.2018). Die gerichtliche Verfolgung von Folter ist mit enormem Zeit- und Geldaufwand für die Opfer verbunden, so dass in der Realität kaum ein Fall zur Anzeige kommt. HRW zufolge haben auch Fälle, die vor Gericht behandelt werden, auf Grund langer Verfahren, hoher Gerichtskosten und Einflussnahme durch die Polizei kaum eine Chance auf Verurteilung der Täter (AA 16.12.2017).

Polizei- und Militärkräfte setzten unter dem Antiterrorismusgesetz (Prevention of Terrorism Act, PTA) Folter und sexuellen Missbrauch ein, um Geständnisse zu erwirken (USDOS 20.04.2018). Auf Grundlage des PTA können Verdächtige - unter Hinweis auf die angeblich noch andauernde Bedrohung der inneren Sicherheit - bis zu 18 Monate in Administrativhaft gehalten werden (AA 16.12.2017; vgl. AI 22.02.2018). Die Polizei darf körperlichen Zwang ausüben, um Aussagen zu erhalten. Gemäß PTA sind diese Aussagen grundsätzlich vollständig verwertbar (AA 16.12.2017; vgl. USDOS 20.04.2018). Der den PTA ablösende Counter Terrorism Act (CTA) wurde noch nicht verabschiedet (AA 16.12.2017).

Der PTA wurde 1979 als Reaktion auf separatistische Aufstände, insbesondere der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), erlassen und während der 26 Jahre des Bürgerkriegs weitreichend eingesetzt. Doch während andere Notfallregelungen mit dem Ende des Konflikts im Mai 2009 ausgelaufen sind, blieb der PTA in Kraft. Noch 2016 wurden mindestens elf Personen im Rahmen des PTA wegen angeblicher terroristischer Aktivitäten verhaftet (HRW 29.01.2018). Im Februar 2017 verkündigte der damalige Justizminister Wijedayasa Rajapakshe, dass die Regierung weitere Verhaftungen im Rahmen des PTA ausgesetzt habe. Schätzungsweise 70 bis 130 Personen befanden sich noch wegen PTA-Verhaftungen in Gewahrsam (USDOS 20.04.2018). Das Anti-Terrorgesetz "Prevention of Terrorism Act" (PTA) ist trotz umfassender Kritik aus dem In- und Ausland noch in Kraft, neue Fälle werden jedoch seit Ende 2016 nicht mehr unter dem PTA behandelt (AA 16.12.2017). Sri Lanka hat es versäumt, seine Verpflichtung von 2015 zu erfüllen, den PTA aufzuheben und durch Rechtsvorschriften, die den internationalen Standards entsprechen, zu ersetzen (AI 22.02.2018; vgl. HRW 29.01.2018).

Die "International Truth und Justice Project" und Associated Press berichten über Anschuldigungen von Entführungen und Folter sowie sexuellem Missbrauch durch Sicherheitskräfte. Die meisten Opfer waren tamilische Männer, die beschuldigt wurden, Verbindungen zur LTTE zu haben (USDOS 20.04.2018).

Es git in Sri Lanka keine Körperstrafen und unverhältnismäßige Strafen. Misshandlungen bei der Festnahme von Tatverdächtigen sowie in den Gefängnissen kommen aber weiterhin vor (AA 16.12.2017).

7. Korruption

Gesetzlich sind Strafen für behördliche Korruption vorgesehen, doch die Regierung setzt dieses Gesetz nicht effektiv um. Regierungsbeamte sind manchmal in korrupte Aktivitäten unter Straffreiheit involviert. Im Laufe des Jahres gab es zahlreiche Berichte über Korruption in der Regierung (USDOS 20.04.2018).

Das Gesetz verpflichtet alle Kandidaten für Parlaments-, Kommunal-, Provinz- und Präsidentschaftswahlen, ihr Vermögen und ihre Verbindlichkeiten gegenüber dem Parlamentspräsidenten zu erklären. Einige, aber nicht alle Kandidaten bei den Parlamentswahlen, haben ihre Finanzberichte vorgelegt. Die Behörden haben die Einhaltung nicht durchgesetzt. Nach dem Gesetz kann man gegen Zahlung einer Gebühr auf die Aufzeichnungen über das Vermögen und die Schulden der gewählten Amtsträger zugreifen (USDOS 20.04.2018).

Im aktuellen Transparency International Corruption Perceptions Index rangiert Sri Lanka unter 180 Ländern und Territorien an 91. Stelle mit einer Punkteanzahl von 38 von bestmöglichen 100 (TI 2017). In der Unterskala "Abwesenheit von Korruption" des World Justice Project nimmt Sri Lanka Rang 58 von 113 Staaten ein (WJP 31.01.2018). Im World Competitive Index 2017/18 des Weltwirtschaftsforums nimmt Sri Lanka im Segment "illegale Zahlungen und Bestechungen" Rang 86 von 137 Staaten ein (WEF 26.12.2017).

8. Wehrdienst und Rekrutierungen

Es gibt in Sri Lanka keine allgemeine Wehrpflicht (AA 16.12.2017). Man kann sich im Alter von 18 bis 22 Jahren freiwillig zum Militärdienst melden, wobei für die Luftwaffe eine fünfjährige Dienstverpflichtung erforderlich ist (CIA 01.05.2018).

9. Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechte sind in der sri-lankischen Verfassung geschützt. Sri Lanka hat zudem zahlreiche internationale Menschenrechtsabkommen ratifiziert, darunter den Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte, den Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die Anti-Folter-Konvention (jedoch nicht das Zusatzprotokoll CAT-OP) und die Kinderrechtskonvention (AA 16.12.2017).

Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen gehörten unrechtmäßige Tötungen, Folter, sexueller Missbrauch, willkürliche Verhaftungen, langwierige Inhaftierungen, fehlende Rückgabe von Eigentum durch das Militär sowie Überwachung und Belästigung von zivilgesellschaftlichen Aktivisten und Journalisten. Die Diskriminierung von Tamilen und nichtkonfessionellen christlichen Gruppen durch die Regierung und die Sicherheitskräfte hielt an. Gleichgeschlechtliches Sexualverhalten ist gesetzlich verboten, wird aber selten strafrechtlich verfolgt (USDOS 20.04.2018).

Zahlreiche NGOs engagieren sich aktiv für ärmere Bevölkerungsschichten und die neue Regierung ist viel offener für ihre Aktivitäten als die frühere Regierung, die eine restriktive Politik verfolgte. Prominente Akteure, die mit zivilgesellschaftlichen Organisationen verbunden sind, sind heute in Regierungskommissionen tätig (z.B. Bestechungs-, Polizei- und Justizkommissionen). Das gesamte zivilgesellschaftliche Umfeld unterscheidet sich stark von dem, was Gruppen während der Mahinda-Rajapaksa-Jahre erlebten. Auch internationale NGOs werden nun von der neuen sri-lankischen Regierung, die internationale Organisationen zur Lösung von Menschenrechtsproblemen verpflichtet hat, als Entwicklungspartner gesehen. Auch die Einstellung des Staates gegenüber extern finanzierten Institutionen innerhalb des Landes hat sich verändert und unterliegt nicht mehr der Verunglimpfung durch staatliche Akteure (BTI 2018).

Die Human Rights Commission of Sri Lanka (HRCSL) hat das Recht, Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Die HRCSL nimmt Beschwerden entgegen, kann aber auch selbständig Untersuchungen einleiten. Nachdem eine Anschuldigung vorgebracht wurde, macht die HRCSL einen Vorschlag zur finanziellen Entschädigung des Opfers und leitet den Fall zur Vollziehung disziplinärer Maßnahmen weiter und/oder übergibt ihn an den Generalstaatsanwalt zur weiteren Strafverfolgung. Wenn die Regierung einem HRCSL-Antrag nicht nachkommt, kann die HRCSL den Fall an den Obersten Gerichtshof verweisen. Die HRCSL hat per Gesetz weitreichende Befugnisse und Ressourcen und kann nicht als Zeuge vor Gericht geladen oder wegen seiner Amtspflichten verklagt werden. Die HRCSL arbeitete in der Regel unabhängig und ohne Einmischung der Regierung (USDOS 20.04.2018)

Das Center for Human Rights Development (CHRD) berichtet, dass die Behörden mehr als 130 politische Gefangene im Land festhalten und weitere 24 gegen Kaution freigelassen haben. Die Regierung hat keine politischen Gefangenen anerkannt und darauf bestanden, dass diese Personen wegen krimineller Handlungen inhaftiert wurden. Die Regierung erlaubte der HRCSL, Richtern und der Prison Welfare Society regelmäßig Zugang zu den Gefangenen und erlaubte dem IKRK, die Haftbedingungen zu überwachen. Die Behörden gewährten Rechtsberatern nur unregelmäßigen Zugang (USDOS 20.04.2018).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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