TE Vwgh Erkenntnis 1988/2/12 87/10/0154

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Veröffentlicht am 12.02.1988
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Index

Unterricht

Norm

SchPflG 1985 §24 Abs1 Satz1
SchPflG 1985 §24 Abs4
VStG §44a lita
VStG §44a Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Waldner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des GW in W, vertreten durch Dr. Christian Jelinek und Dr. Johannes Hübner, Rechtsanwälte in Wien IV, Brucknerstraße 8/3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. Juli 1987, Zl. MA 62- III/205/87/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Schulpflichtgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (der belangten Behörde) vom 9. Juli 1987 wurde der nunmehrige Beschwerdeführer schuldig erkannt, in der Zeit vom 2. September 1986 bis 12. Oktober 1986 an den schulpflichtigen Tagen nicht dafür gesorgt zu haben, daß sein Sohn MW den Unterricht an der öffentlichen Hauptschule in W, Hstraße 80, besucht, somit nicht für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch gesorgt zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde deshalb wegen Übertretung des § 24 Abs. 1 "Schulpflichtgesetz, BGBl. Nr. 241/62 idgF" gemäß § 24 Abs. 4 leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von

S 2.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall Ersatzarrest in der Dauer von vier Tagen, verhängt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde, ausgehend von der objektiven Tatbestandsverwirklichung, zusammengefaßt aus, daß dem Beschwerdeführer der Entlastungsbeweis im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 nicht gelungen sei. Wenn er auch seinen schulpflichtigen Sohn vielfach mit dem Fahrzeug zur Schule gebracht und das Betreten des Schulgebäudes durch seinen Sohn überwacht habe, so könne doch im Hinblick auf die von der Schulbehörde dem Beschwerdeführer angebotenen Möglichkeiten - Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zwecks Befreiung seines Sohnes von der allgemeinen Schulpflicht; externer Unterricht im Heim T, häuslicher Unterricht -, von denen seitens des Beschwerdeführers keine aufgegriffen worden sei, keine Rede davon sein, daß er dadurch von der Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Schulpflicht durch seinen Sohn befreit worden wäre.

2. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid dem gesamten Beschwerdevorbringen zufolge in seinem Recht, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der ihm angelasteten Übertretung schuldig erkannt zu werden, verletzt. Er behauptet Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 24 Abs. 1 erster Satz des Schulpflichtgesetzes 1985

(Wiederverlautbarungs-Kundmachung BGBl. Nr. 76) sind die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten verpflichtet, für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch und die Einhaltung der Schulordnung durch den Schüler bzw. in den Fällen der §§ 11, 13 und 22 Abs. 4 für die Ablegung der dort vorgesehenen Prüfungen zu sorgen. Nach § 24 Abs. 4 leg. cit. stellt die Nichterfüllung der u.a. in Abs. 1 angeführten Pflichten eine Verwaltungsübertretung dar und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis S 3.000,-- im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen.

2. Gemäß § 44a lit. a VStG 1950 hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Mit dem spruchmäßigen Vorwurf, der Beschwerdeführer habe (in einem bestimmten Zeitraum)

"nicht dafür gesorgt, daß sein Sohn .... den Unterricht an der

öffentlichen Hauptschule ... besucht", somit "für die Erfüllung

der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch, nicht gesorgt", hat die belangte Behörde nicht in einer dem Konkretisierungsgebot des § 44a lit. a leg. cit. entsprechenden Weise zum Ausdruck gebracht, welche Tat dem Beschwerdeführer als Verwaltungsübertretung zur Last gelegt worden ist. Dazu wäre es erforderlich gewesen, im Spruch des bekämpften Bescheides festzuhalten, worin das Nichtsorgetragen bestanden habe bzw. durch welches Verhalten dies geschehen sein soll. Eine sich im wesentlichen als Wiederholung des Gesetzestextes darstellende Umschreibung der Tatanlastung wird jedenfalls den Anforderungen des § 44a lit. a VStG 1950 nicht gerecht.

Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß die in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene Aussage, wonach der Beschwerdeführer mehrere ihm von der Schulbehörde angebotene (näher bezeichnete) Möglichkeiten einer anderweitigen Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch seinen Sohn nicht aufgegriffen habe, selbst wenn eine entsprechende Formulierung in den Spruch aufgenommen worden wäre, eine taugliche, dem Gebot des § 44a lit. a VStG 1950 Rechnung tragende Tatumschreibung schon deshalb nicht dargestellt hätte, weil die besagten Möglichkeiten dem Beschwerdeführer nach Ausweis der Akten erst nach dem inkriminierten Tatzeitraum angeboten worden sind.

3. Nach dem Gesagten ist der in Beschwerde gezogene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß an Stempelgebühren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung lediglich S 510,-- zu entrichten waren.

Wien, am 12. Februar 1988

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1988:1987100154.X00

Im RIS seit

28.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

28.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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