TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/20 97/02/0544

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Veröffentlicht am 20.11.1998
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Index

22/02 Zivilprozessordnung;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §89a;
ZPO §63;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des GF in W, vertreten durch Mag. Andreas Weiss, Rechtsanwalt in Wien III, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 9. September 1997, Zl. MA 65 - 12/230/97, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Gewährung von Verfahrenshilfe und Zurückweisung einer als "Berufung" bezeichneten Eingabe in Angelegenheit einer Kostenvorschreibung gemäß § 89a StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt (Land Wien) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. September 1997 wurde 1.) gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 69 Abs. 2 AVG der Antrag des Beschwerdeführers vom 30. April 1997 auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Gewährung von Verfahrenshilfe als unzulässig zurückgewiesen und 2.) die als "Berufung" bezeichnete Eingabe des Beschwerdeführers vom 26. Mai 1997 gegen ein Schreiben der Magistratsabteilung 48 vom 5. Mai 1997 betreffend ein Ratenansuchen "für gemäß § 89a Abs. 7 und Abs. 7a StVO vorgeschriebene Abschleppkosten" gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt 1 u. a. aus, der Beschwerdeführer habe in seiner Eingabe vom 30. April 1997 nähere Angaben darüber, wann er vom Wiederaufnahmegrund bzw. vom Vorhandensein des geltend gemachten Beweismittels Kenntnis erlangt habe, unterlassen. Mangels derartiger Angaben habe die belangte Behörde nicht von der Einhaltung der zweiwöchigen Frist nach § 69 Abs. 2 AVG ausgehen können, weshalb der Antrag als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei. Die vom Beschwerdeführer als "neue Tatsache" geltend gemachte "mögliche, ja notwendige Trennung zwischen der Beigebung eines Vertreters und der Gebührenbefreiung" stelle keinen Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG dar.

Zu Spruchpunkt 2 führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides u.a. aus, daß die Erhebung einer Berufung nach den §§ 63 ff. AVG zwingend die Erlassung eines damit angefochtenen Bescheides voraussetze. Bei dem Schreiben der Magistratsabteilung 48 vom 5. Mai 1997 betreffend ein Ratenansuchen des Beschwerdeführers handle es sich um keine bescheidmäßige Erledigung, sondern um eine Mitteilung bzw. "Rechtsmittelbelehrung". Es sei daher die dagegen erhobene ausdrücklich als "Berufung" bezeichnete Eingabe als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer wendet u.a. ein, bei rechtlich richtiger Sicht hätte die Eingabe des Beschwerdeführers vom 30. April 1997 "allenfalls" als "neuerlicher Antrag auf Verfahrenshilfe" gewertet werden müssen. Obwohl im AVG die Gewährung von Verfahrenshilfe nicht vorgesehen bzw. nicht geregelt sei, hätte "unter analoger Anwendung der §§ 63 ff. ZPO" der Antrag des Beschwerdeführers zumindest inhaltlich behandelt werden müssen.

Wenngleich der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe vom 30. April 1997 u.a. auch "neuerlich die Verfahrenshilfe (in beschränktem Umfang, nämlich für die Befreiung von Gebühren)" beantragte, stellte er "in eventu" den Antrag auf "Wiederaufnahme in Sachen Verfahrenshilfe", wobei er "die mögliche, ja notwendige Trennung zwischen Beigebung eines Vertreters und Gebührenbefreiung als neue Tatsache" geltend machte. Erkennbar sprach die belangte Behörde über diesen zuletzt genannten (Eventual-)Antrag mit Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides ab.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der vom Beschwerdeführer offenbar geltend gemachte Eventualfall der nicht neuerlichen Bewilligung der Verfahrenshilfe eingetreten war, weil die belangte Behörde in bezug auf den behandelten Eventualantrag - wie noch zu zeigen sein wird - zu keinem anderen Ergebnis als der Zurückweisung dieses (Eventual-)Antrages hätte kommen können.

Nach ständiger hg. Rechtsprechung muß bereits der Wiederaufnahmeantrag selbst alle für die Beurteilung seiner Rechtzeitigkeit maßgeblichen Angaben enthalten (vgl. die bei Walter-Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, zweite Auflage, S. 1480 unter E 63 zu § 69 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Ein Fehlen der Angaben über die Rechtzeitigkeit des Antrages kann nicht nach § 13 AVG als Formgebrechen angesehen und dementsprechend behandelt werden (vgl. die bei Walter-Thienel, a. a.O., S. 1481 unter E. 64 zu § 69 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Der Eingabe vom 30. April 1997 ist - wie die belangte Behörde zutreffend darlegt - nicht zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer Angaben zur Rechtzeitigkeit seines Wiederaufnahmeantrages gemacht hätte, noch ist ersichtlich, daß der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Wiederaufnahmegrund ein Hervorkommen "neuer Tatsachen oder Beweismittel" im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG darstellen würde. Der Beschwerdeführer wurde daher schon aus diesen Gründen durch Zurückweisung seines Wiederaufnahmeantrages nicht in seinen Rechten verletzt.

Auf die Frage einer allfälligen meritorischen Behandlung seines Antrages auf Gewährung von Verfahrenshilfe war schon deshalb - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht einzugehen, weil darüber im angefochtenen Bescheid nicht entschieden wurde und sich die Beschwerde ausschließlich gegen den vorliegenden Bescheid richtet.

Zu Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides bringt der u.a. vor, daß die als "Berufung" bezeichnete Eingabe des Beschwerdeführers vom 26. Mai 1997 "in Wahrheit keine Berufung mangels eines davor ergangenen Bescheides" darstelle, sondern inhaltlich ebenfalls "zumindest" ein Verfahrenshilfeantrag bzw. auch ein Ratenzahlungsantrag sei. Bei "richtiger Anwendung des Gesetzes" hätte diese Eingabe daher "in irgendeiner Art und Weise" erledigt werden müssen, weil eine Zurückweisung rechtswidrig sei.

Die Eingabe des Beschwerdeführers vom 26. Mai 1997 enthält - wie den vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen ist - neben der "Berufung" gegen "die Mitteilung der MA 48 vom 5.5. 1997" auch einen "in eventu" gestellten "Antrag auf Wiederaufnahme" bzw. eine "Erneuerung" des "aufrechten Antrages auf Verfahrenshilfe".

Lag jedoch kein Bescheid im Hinblick auf die Erledigung der Magistratsabteilung 48 vom 5. Mai 1997 vor, so kann die gegen die Erledigung eingebrachte "Berufung" einer meritorischen Behandlung nicht zugeführt werden; sie muß vielmehr als unzulässig zurückgewiesen werden, weil sie nicht als Rechtsmittel im Sinne des § 63 Abs. 1 AVG gelten kann (vgl. die bei Walter-Thienel, a.a.O., S. 1160 unter E 15 zu § 63 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Wie auch der Beschwerdeführer in der Beschwerde selbst - offenbar im Hinblick auf den Einleitungssatz des erwähnten Schreibens vom 30. April 1997 (".... teilt die Magistratsabteilung 48 mit, ....") - darlegt, handelt es sich bei dem von ihm mit "Berufung" bekämpften Schreiben vom 30. April 1997 nicht um einen Bescheid. Schon aus diesem Grund ist daher im Lichte der vorzitierten hg. Judikatur die Zurückweisung hinsichtlich des Berufungsbegehrens des Beschwerdeführers jedenfalls nicht rechtswidrig.

Diese Eingabe des Beschwerdeführers enthält aber auch einen (Eventual-)Antrag "auf die Wiederaufnahme" sowie einen neuerlichen Antrag auf Verfahrenshilfe. Mit Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides wurde jedoch "die als 'Berufung' bezeichnete Eingabe" des Beschwerdeführers vom 26. Mai 1997, somit erkennbar der Schriftsatz mit sämtlichen Anträgen, zurückgewiesen.

Bezüglich des neuerlichen (Eventual-)Antrages auf Wiederaufnahme fehlen jedoch nähere Ausführungen, in welchem Eventualfall dieser Antrag gestellt wird, welches Verfahren wiederaufgenommen werden soll, aus welchen Gründen die Wiederaufnahme begehrt wird und weshalb dieser Antrag rechtzeitig im Sinne der bereits zitierten hg. Judikatur sein sollte. Auch insoweit konnte der Beschwerdeführer durch die (einschlußweise) erfolgte Zurückweisung dieses (Eventual-)Antrages nicht in seinen Rechten verletzt werden.

Schließlich verweist die belangte Behörde zu dem (gleichfalls einschlußweise) zurückgewiesenen Antrag auf Verfahrenshilfe aufgrund der Eingabe des Beschwerdeführers vom 26. Mai 1997 in der erstatteten Gegenschrift erneut auf die fehlende gesetzliche Grundlage zur Gewährung von Verfahrenshilfe in derartigen Verwaltungsverfahren. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Beschluß vom 19. November 1997, Zl. 97/09/0318, ausgeführt hat, ist die Gewährung von Verfahrenshilfe im AVG nicht vorgesehen. Auch die StVO enthält keine diesbezüglichen Bestimmungen. Für eine analoge Anwendung der Bestimmungen der §§ 63 ff. ZPO ergibt sich im Beschwerdefall kein Anhaltspunkt, zumal etwa für das Berufungsverfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten im Rahmen von Verwaltungsstrafverfahren eine eigene ausdrückliche Regelung betreffend die Verfahrenshilfe (vgl. § 51a VStG) vom Gesetzgeber für notwendig erachtet wurde, welche bei der vom Beschwerdeführer vertretenen Rechtsauffassung jedoch überflüssig wäre. Fehlte es aber dem diesbezüglichen Begehren bereits an der rechtlichen Grundlage, so konnte der Beschwerdeführer auch durch Zurückweisung seines Verfahrenshilfeantrages im Rahmen seiner Eingabe vom 26. Mai 1997 nicht in seinen Rechten verletzt werden. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorgebrachten Verfahrensrügen gehen daher ins Leere.

Auch die vom Beschwerdeführer mehrfach gerügte unterlassene bescheidförmige Behandlung seines Antrages auf Ratenzahlung war nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides, weshalb auch die diesbezüglich vorgebrachten Verfahrensrügen ins Leere gehen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. November 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997020544.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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