TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/27 W151 2187252-1

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Veröffentlicht am 27.06.2019
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Entscheidungsdatum

27.06.2019

Norm

AuslBG §18
AuslBG §18 Abs12
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W151 2187252-1/9E

W151 2187249-1/8E

W151 2187251-1/8E

W151 2187250-1/8E

W151 2187253-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris Kohl, MCJ als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Sandra HUBER und den fachkundigen Laienrichter Anton LIEDLBAUER als Beisitzer über die Beschwerden der XXXX vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner Rechtsanwälte GmbH, betreffend Untersagung einer Entsendung von XXXX gemäß § 18 AuslBG gegen die Bescheide des Arbeitsmarktservice Scheibbs jeweils vom 07.07.2015, GZ XXXX in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden abgewiesen.

B)

Die Revisionen sind gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (im Folgenden: BF oder Beschwerdeführerin) beantragte am 16.06.2015 die Entsendung der Dienstnehmer XXXX und XXXX gemäß § 18 AuslBG und Ausstellung von EU-Entsendebestätigungen.

2. Mit Bescheiden des Arbeitsmarktservice Scheibbs vom 07.07.2015, GZ. XXXX wurden diese Anträge mit der Begründung abgewiesen, es läge jeweils gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 AUG eine Arbeitskräfteüberlassung vor und keine Entsendung.

3. Dagegen brauchte die BF fristgerechte Beschwerden ein.

4. Mit Eingabe vom 26.02.2018 legte das AMS die Beschwerden dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und erstattete eine ergänzende Stellungnahme.

5. Mit Parteiengehör vom 08.05.2019 teilte das Bundesverwaltungsgericht der BF das vorläufige Ermittlungsergebnis unter Hinweis auf § 18 Abs. 11 AuslBG mit und forderte die BF auf, die ÖNACE-Zuordnungsbestätigung der Statistik Austria vorzulegen.

6. Mit Schreiben der BF, eingelangt am 31.05.2019 wurde die Klassifikationsmitteilung nach ÖNACE 2008 gemäß Bundesstatistikgesetz für XXXX vorgelegt, wonach die Haupttätigkeit der BF im Bereich Tunnelbau, Abschnitt F, Unterklasse 42.13-2 liegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Verfahren sind aufgrund der einheitlichen Rechtsfragen aus verfahrensökonomischen Gesichtspunkten zu verbinden.

XXXX beantragte am 16.06.2015 die Entsendung der Dienstnehmer XXXX und XXXX gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG und Ausstellung von EU-Entsendebestätigungen.

Die Haupttätigkeit der BF liegt im Bereich Tiefbau, welche als F 42 laut Klassifikationsdatenbank der Statistik Austria unter anderen die Tätigkeit Tunnelbau umfasst.

Eine Entsendebewilligung für die beantragten Dienstnehmer ist ausgeschlossen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Haupttätigkeit der BF im Bereich Tiefbau, mit der Tätigkeit Tunnelbau, Abschnitt F, Unterklasse 42.13-2 folgt aus der ÖNACE-Zuordnungsbestätigung der Statistik Austria, welche eine unbedenkliche Urkunde darstellt und aus der Einsicht des Bundesverwaltungsgerichtes in diese Datenbank (www.statistik.at/web_de/klassifikationen/klassifikationsdatenbank/index.html). Die BF hat die Zuordnung nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Die gegenständlich maßgebliche Bestimmung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) lauten i.d.g.F.:

§ 18. (1) Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

(2) -(10).....

(11) Für Arbeiten, die im Bundesgebiet üblicherweise von Betrieben der Wirtschaftsklassen Hoch- und Tiefbau, Bauinstallation, sonstiges Baugewerbe und Vermietung von Baumaschinen und Baugeräten mit Bedienungspersonal gemäß der Systematik der ÖNACE erbracht werden, kann eine Entsendebewilligung nicht erteilt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 27.02.2003, Zl 2002/09/0116 ausgesprochen:

"Die Erteilung von Entsendebewilligungen für die in § 18 Abs. 11 AuslBG inhaltlich umschriebenen Betriebsentsendungen ist jedenfalls ausgeschlossen. Ob eine Betriebsentsendung im Sinne dieser Gesetzesstelle vorliegt, ist nach der alle Wirtschaftstätigkeiten umfassenden Systematik ÖNACE zu entscheiden.

Bei der ÖNACE 1995 handelt es sich um die österreichische Version der NACE Rev. 1, also jener europäischen Wirtschaftstätigkeitenklassifikation, die nach der Europäischen Ratsverordnung VO (EWG) Nr. 3037/90 für alle Mitgliedstaaten verbindlich anzuwenden ist (NACE bedeutet 'Nomenclature generale des activites economiques dans les communautes europeens'). Die ÖNACE 1995 ist eine alle Wirtschaftstätigkeiten umfassende Klassifikation. Jedes Unternehmen ist gemäß seinem wirtschaftlichen Schwerpunkt einer Unterklasse der ÖNACE 1995 zuzuordnen. Die Statistik Austria ist (gemäß dem § 21 Bundesstatistikgesetz 2000) verpflichtet, jedem österreichischen Unternehmen schriftlich und kostenlos eine Mitteilung über seine klassifikatorische Zuordnung zur Verfügung zu stellen. Sollte die Zuordnung unrichtig oder (nach der geschäftlichen Situation) unaktuell sein, kann die Zuordnung im Administrativweg angefochten werden. Die Klassifikation der ÖNACE bzw. die darin wiedergegebene klassifikatorische Zuordnung erfolgt somit für konkrete Unternehmen, und sie hat aktuellen Verhältnissen zu entsprechen. Der Gesetzgeber des AuslBG hat demnach mit dem Verweis auf die ÖNACE (vgl. etwa auch in den administrativen Bereichen des Bundesvergabegesetzes oder des Neugründungs-Förderungsgesetzes erfolgte Verweise) nicht auf abstrakte, tatsächlich nicht bestehende Verhältnisse abgestellt."

In der Sache folgt daraus:

Die BF hat die ÖNACE-Zuordnungsbestätigung der Statistik Austria nachgewiesen und auch die Zuordnung nicht bestritten. Da die Haupttätigkeit der BF im Bereich Tiefbau, der Tunnelbau umfasst, liegt, ist die Erteilung der beantragten Entsendebewilligungen für die Dienstnehmer XXXX und XXXX gemäß § 18 Abs. 11 AuslBG ausgeschlossen.

Die Beschwerden waren daher abzuweisen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 3 1. Satz VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG nicht für erforderlich, da der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien.

Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 2010/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41), unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. z.B. die VwGH-Erkenntnisse vom 29. Juni 2005, Zl. 2004/08/0044, und vom 19. November 2004, Zl. 2000/02/0269). Des Weiteren hat der EGMR in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom 28. September 2010, 2009/05/0160).

Solche Umstände, die ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung rechtfertigen, liegen auch im gegenständlichen Fall vor.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

EU-Entsendebestätigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W151.2187252.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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