TE Lvwg Erkenntnis 2019/7/10 LVwG-2019/25/1094-3

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Veröffentlicht am 10.07.2019
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Entscheidungsdatum

10.07.2019

Index

60/01 Arbeitsvertragsrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

LSD-BG 2016 §27 Abs1
VStG §20

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geboren am XX.XX.XXXX, Adresse 1, CZ-***** Z, vertreten durch RA BB, Adresse 2, **** Y vom 22.11.2018 sowie über die Beschwerde der Finanzpolizei Team **, Adresse 3, **** Y vom 27.11.2018, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 24.10.2018, *****, betreffend Übertretungen nach dem LSD-BG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

I.

zu Recht:

1.       Die Beschwerde der Finanzpolizei wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Der Beschwerde des AA wird hinsichtlich Spruchpunkt III. insofern Folge gegeben, als unter Anwendung des § 20 VStG die Höhe der Geldstrafe von Euro 500,00 auf Euro 250,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) herabgesetzt wird.

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG mit Euro 25,00 neu festgesetzt.

II.

fasst folgenden Beschluss:

3.       Das Beschwerdeverfahren wird hinsichtlich der Spruchpunkte I., II. und IV. eingestellt.

4.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Im bekämpften Straferkenntnis werden Herrn AA folgende Übertretungen angelastet und Strafen über ihn verhängt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Tatzeit:          Cas prestupku:

**.**.**** um **.** Uhr

Tatort:                   Misto prestupku:

W, B ***, km **,*

Fahrzeug: Vozidlo:

der Firma CC s.r.o. mit Sitz in CZ-Adresse 4, ***** V

Arbeitnehmer: DD, geb. XX.XX.XXXX, Staatsbürgerschaft: *****

Pracovnik: DD, b. XX.XX.XXXX, státní príslusnost: *****

I. ZKO-Meldung

Sie haben als Verantwortliche(r) der Firma CC s.r.o. in CZ-Adresse 4, ***** V, diese ist Arbeitgeber zu verantworten, dass folgende/r Arbeitnehmer beschäftigt wurde/n und die Meldung - der Entsendung - über die Arbeitsaufnahme dieser Person/en vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle (ZKO)

nicht - erstattet wurde, obwohl eine Verwaltungsübertretung begeht, wer als Arbeitgeber oder Überlasser im Sinne des § 19 Abs. 1 die Meldung entgegen § 19 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erstattet.

Sie haben die Meldung der- Entsendung - für folgende/n Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin/en nicht - erstattet.

Arbeitnehmer: siehe oben

 

Jako odpovedna osoba firmy CC s.r.o. v ktera je CZ-Adresse 4, ***** V - zamestnavateiem jste odpovedny/a za to, ze byl(i) zamestnan(i) nize uvedeny/f zamestnanec/zamestnanci a u Centrälniho koordinacniho pracoviste (ZKO)- nebylo ucineno oznameni o {{05 - vyslani - poskytnuti}} ohledne zahajeni prace teto osoby / techto osob pred zahajenim prislusne prace,

ackoli se dopousti prestupku ten, kdo z pozice zamestnavateie nebo poskytovateie ve smyslu §19 odst. 1 v rozporu s § 19 oznameni neucini, neucini vcas nebo v uplnem rozsahu.

Oznameni o vyslani - jste za nize uvedene(ho)/uvedenou zamestnance/zamestnankyni {{08 - neucinil(a) - jelikoz {{09}}

Zamestnanci: viz vyse

II. Lohnunterlagen:

Sie haben als Verantwortliche(r) der Firma CC s.r.o. in CZ-Adresse 4, ***** V, diese ist Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 3 Abs. 2, 8 Abs. 1 oder 19 Abs. 1, zu verantworten, dass unten angeführte Lohnunterlagen {{03 - am Arbeits(Einsatz)ort - am ersten Arbeits(Einsatz)ort - im Fahrzeug}} im Inland während der Dauer der Beschäftigung oder des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 19 Abs. 3 Z 6) nicht bereitgehalten und auch vor Ort nicht unmittelbar in elektronischer Form zum Zeitpunkt der Erhebung zugänglich gemacht wurden, obwohl eine Verwaltungsübertretung begeht, wer den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel im Sinne der Richtlinie 91/533 des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem entsandten Arbeitnehmer für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache, ausgenommen den Arbeitsvertrag, am Arbeits(Einsatz)ort nicht bereithält oder den Abgabenbehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse vor Ort zum Zeitpunkt der Erhebung nicht unmittelbar in elektronischer Form zugänglich macht, auch wenn die Beschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers in Österreich früher geendet hat, wobei der Arbeitsvertrag entweder in deutscher oder in englischer Sprache Bereitzuhalten ist.

Folgende Lohnunterlagen wurden nicht m Fahrzeug im Inland bereitgehalten oder zugänglich gemacht:

Lohnunterlagen gemäß § 22 Abs 1 LSD-BG

Arbeitnehmer: siehe oben

Jako odpovedna osoba firmy CC s.r.o. se sidlem v CZ-Adresse 4, ***** V, ktera je zamestnavateiem ve smyslu § 3 ödst. 2, § 8 odst. 1 nebo § 19 ödst. 1, jste odpovedny/a za to, ze nize uvedene dokumenty pro mzdy nebyly {{03 - na miste (vykonu) prace - na miste (vykonu) prvni prace - ve vozidle}} v tuzemsku po dobu zamestnäni nebo po dobu vyslani celkove (§ 19 odst. 3 bod 6) pripraveny, ani primo na miste v okamziku setreni zpristupneny v elektronicke podobe, ackoli se dopousti prestupku ten, kdo nema na miste (vykonu) präce pripraveny pracovni smlouvu nebo zamestnanecky list ve smyslu smernice 91/533 Rady o povinnosti zamestnavatele informovat zamestnance o podminkach pracovni smlouvy nebo pracovniho pomeru, vyplatni pasky, doklady o vyplate mzdy nebo doklady o bankovnim prevodu, mzdove zaznamy, evidenci pracovni doby a dokumenty tykajici se mzdoveho zarazeni pro kontrolu odmeny nalezejici vyslanemu zamestnanci po dobu zamestnani podle rakouskych pravnich predpisu v nemeckem jazyce, krome pracovni smlouvy, nebo je primo na miste v okamziku setreni v elektronicke podobe nezpristupni ufadum prislusnym pro vybirani poplatku nebo Fondu dovolene a nahrad pro pracovniky ve stavebnictvi, i kdyz zamestnAni jednotlivych zamestnancU v Rakousku skoncilo drive, pricemz pracovni smlouva musi byt pripravena v nemeckem nebo v anglickem jazyce.

V miste - ve vozidle nebyly v tuzemsku pripraveny nebo zpristupneny nize uvedene dokumenty pro mzdy:

Lohnunterlagen gemäß § 22 Abs 1 LSD-BG

Zamestnanci: viz vyse

III. Nichtübermittlung von Unterlagen:

Sie haben als Verantwortliche(r) der Firma CC s.r.o. in CZ-Adresse 4, ***** V , zu verantworten, dass die zur Erhebung erforderlichen Unterlagen gemäß §§ 21 und 22, trotz nachweislicher Aufforderung vom 02.05,2018 der Abgabenbehörde nicht spätestens bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktages, dies war der 07.05.2018, abgesandt und somit nicht fristgerecht übermittelt wurden, obwohl eine Verwaltungsübertretung begeht, wer die erforderlichen Unterlägen entgegen § 12 Abs. 1 Z 3 nicht übermittelt.

Folgende Unterlagen wurden nicht fristgerecht übermittelt

Lohnunterlagen gemäß § 22 Abs 1 LSD-BG

Arbeitnehmer: siehe oben

Jako odpovedna osoba firmy CC s.r.o. se sidlem v CZ-Adresse 4, ***** V jste odpovedny/a za to, ze ufadu pfislusnemu pro vybirani poplatku nebyly dokumenty potrebne pro setreni podle § 21 a § 22 pfes prokazatelnou vyzvu ze dne 02.05.2018 nejpozdeji do uplynuti druheho pracovniho dne nasledujiciho po vyzve, tj. do 07.05.2018 odeslany a tedy nebyly pfedany ve stanovene Ihute, ackoli se dopousti prestupku ten, kdo v rozporu s § 12 odst. 1 bodem 3 nepfeda potfebne dokumenty.

Ve stanovenem terminu nebyly pfedany nize uvedene dokumenty:

Lohnunterlagen gemäß § 22 Abs 1 LSD-BG

Zamestnanci: viz vyse

IV: Bereithaltung SV-Unterlagen (A1):

Sie haben als Verantwortlicher der Firma CC s.r.o. in CZ-Adresse 4, ***** V .diese ist Arbeitgeber/in mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft, zu verantworten, dass unten angeführte Unterlagen im Fahrzeug im Inland während des Entsendezeitraums nicht bereitgehalten und auch vor Ort nicht unmittelbar in elektronischer Form zugänglich gemacht wurden, obwohl eine Verwaltungsübertretung begeht, wer die erforderlichen Unterlagen entgegen § 21 Abs. 1 oder Abs. 2 nicht bereithält oder den Abgabenbehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse vor Ort nicht unmittelbar in elektronischer Form zugänglich macht.

Folgende Unterlagen wurden nicht im Fahrzeug im Inland bereitgehalten oder zugänglich gemacht:

Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Verordnung (EG) Nr. 1408/71, oder Sozialversicherungsdokument A 1 nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit), sofern für den entsandten Arbeitnehmer in Österreich keine Sozialversicherungspflicht besteht. Kann der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Erhebung durch Nachweise in deutscher Sprache belegen, dass ihm die Erwirkung der Ausstellung dieser Dokumente durch den zuständigen Sozialversicherungsträger vor der Entsendung nicht möglich war, gleichwertige Unterlagen in deutscher Sprache (Antrag auf Ausstellung des Sozialversicherungsdokuments E 101 oder A 1, und Bestätigung des zuständigen Sozialversicherungsträgers, das der Arbeitnehmer für die Dauer der Entsendung der ausländischen Sozialversicherung unterliegt).

Arbeitnehmer: siehe oben

Jako odpovedna osoba firmy CC s.r.o. se sidlem v CZ-Adresse 4, ***** V , ktera je zamestnavateiem se sidlem v clenskem stäte EU nebo stäte EHR nebo ve Svycarske konfederaci, jste odpovedny/a za to, ze nize uvedene dokumenty nebyly ve vozidle v tuzemsku po dobu vysläni pripraveny a ani pflmo na miste nebyly v elektronicke podobe zpristupneny, ackoli se dopousti prestupku ten, kdo nema v rozporu s § 21 odst. 1 nebo odst. 2 potrebne dokumenty pripraveny nebo je primo na miste v elektronicke podobe nezpristupni ufadum prislusnym pro vybirani poplatku nebo Fondu dovolene a nahrad pro pracovniky ve stavebnictvi.

V miste ve vozidle nebyly v tuzemsku pripraveny nebo zpristupneny nize uvedene dokumenty:

Dokumenty o prihlaseni zamestnance k socialnimu pojisteni (doklad o socialnlm pojisteni E 101 podle narlzeni (ES) c. 1408/71 nebo doklad o socialnim pojisteni A I podle narizeni (ES) c. 883/04 o koordinaci systemu socialniho zabezpeceni), pokud pro vyslaneho zamestnance v Rakousku neplati povinne sociaini zabezpeceni. Pokud muze zamestnavatel v okamziku setreni doklady v nemeckem jazyce dolozit, ze nemohl docilit vystaveni techto dokumentu ze strany pfrislusneho ufadu socaälnlho zabezpeceni pred vysanim, rovnocenne dokumenty v nemeckem jazyce (zadost o vystaveni dokiadu o socaälnim pojisteni E 101 nebo A1 a potvrzeni prislusneho ufadu socialniho zabezpeceni, ze zamestnanec po dobu vyslani podleha zahranicnimu socalnimu pojisteni).

Zamestnanci: viz vyse

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1) § 19 i.V.m. § 26 Abs 1 Z 1 LSD-BG

2) § 22 Abs 1 i.V.m. § 28 Z 1 LSD-BG

3) § 12 Abs 1 Z 3 i.V.m. §27 Abs. 1 LSD-BG

4) § 21 Abs 1 i.V.m. § 26 Abs 1 Z 3 LSD-BG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe (€):

Gemäß:

Ersatzfreiheitsstrafe:

1. 1.000,00

§ 19 LSD-BG

48 Stunden

2. 1.000,00

§ 22 Abs. 1 LSD-BG

48 Stunden

3. 500,00

§ 12 Abs 1 Z. 3 LSD-BG

24 Stunden

4. 1.000,00

§ 21 Abs 1 LSDB-G

48 Stunden

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 350,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, wobei jedoch mindestens € 10,00 zu bemessen sind.

Bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe mit 100 Euro anzusetzen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher: € 3.850,00“

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde von AA, in der er durch seinen Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringt, dass unbestrittener Maßen die ZKO3-Meldung nicht erstattet worden sei. Mit E-Mail vom 15.05.2018 seien der Finanzpolizei die nachgeforderten Unterlagen übermittelt worden. Daraus ergebe sich, dass DD ordnungsgemäß zur Sozialversicherung der Tschechischen Republik gemeldet wurde. Es könne deswegen nicht von einem Lohn- oder Sozialdumping gesprochen werden. Damit lägen die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG vor. Die Behörde hätte iSd § 33 lit a Abs 1 VStG mit einer Beratung vorzugehen gehabt. Jedenfalls wären aber die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 20 VStG vorgelegen. Aus den übermittelten Unterlagen gingen die ordnungsgemäße Entlohnung des Arbeitnehmers sowie die ordnungsgemäße Leistung der entsprechenden Sozialabgaben hervor. Es sei keine Strafbedürftigkeit gegeben, spezialpräventive Erfordernisse lägen auch nicht vor. Es werde deshalb ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung beantragt, in eventu Ausspruch einer Ermahnung, jedenfalls schuld- und tatangemessene Milderung der Strafe.

Die Finanzpolizei führte in ihrer fristgerechten und zulässigen Beschwerde im Wesentlichen aus, dass die Anzeige nicht nur gegen DD, sondern auch gegen EE erstattet worden wäre. Das Verfahren gegen diesen habe die belangte Behörde eingestellt, wogegen sich die gegenständliche Beschwerde richte. Betreffend EE seien die angeführten Übertretungen bislang nicht angelastet worden. Auch ein zweiter mitgeschickter LKW-Lenker gelte jedenfalls auch als entsandter Dienstnehmer. Es ergehe daher der Antrag, die Einstellung zum Fahrer EE zu beheben und die belangte Behörde zu veranlassen, gegen den Beschuldigten AA auch hinsichtlich dieses Fahrers ein Strafverfahren einzuleiten und korrekt abzuschließen.

Mit Schriftsatz vom 04.07.2019 zog AA seine Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I., II. und IV. zurück.

II.      Sachverhalt:

Anlässlich einer Kontrolle der Finanzpolizei am **.**.**** in der Gemeinde W wurde festgestellt, dass hinsichtlich des damaligen Lenkers EE, geboren XX.XX.XXXX, und dessen Beifahrer DD, geboren XX.XX.XXXX, keine ZKO3-Meldung erstattet wurde, sowie die Lohnunterlagen und die Unterlagen über die Anmeldung der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung nicht im Fahrzeug im Inland bereitgehalten oder zugänglich gemacht wurden. Die beiden Personen lenkten einen Lastkraftwagen der Firma CC s.r.o., mit Sitz in Adresse 4, CZ-***** V. Der Beschuldigte AA ist die zur Vertretung dieser Gesellschaft nach außen berufene Person und gilt damit als Arbeitgeber. Die beiden Arbeitnehmer sind ***** Staatsangehörige. Der Transport erfolgte von D-***** U nach A-**** T.

Am **.**.**** wurde die Aufforderung an den Arbeitgeber zur Übermittlung der erforderlichen Unterlagen hinsichtlich beider Arbeitnehmer dem Lenker übergeben. Fristgerecht nachgereicht wurden hinsichtlich beider Lenker die Anmeldung zur Sozialversicherung, Dienstzettel, A1-Bescheinigungen und die Lohnunterlagen, diese allerdings nur in tschechischer Sprache.

Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25.07.2018 erging nur hinsichtlich des Arbeitnehmers DD.

Über AA liegen keine einschlägigen Strafvormerkungen vor.

AA bringt als Geschäftsführer der CC s.r.o. sowie der FF s.r.o.. zusammen umgerechnet rund Euro 1.747,00 pro Monat ins Verdienen. Er lebt in einer Lebensgemeinschaft und ist sorgepflichtig für ein achtjähriges Kind.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt der Akten der Bezirkshauptmannschaft X und des Landesverwaltungsgerichts Tirol sowie aus der Erörterung des Sachverhalts in der mündlichen Verhandlung am 21.06.2019.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Fall ist folgende Bestimmung des LSD-BG maßgeblich:

㤠27

Vereitelungshandlungen im Zusammenhang mit der Lohnkontrolle

(1) Wer die erforderlichen Unterlagen entgegen den §§ 12 Abs. 1 Z 3 nicht übermittelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jeden Arbeitnehmer mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer entgegen den §§ 14 Abs. 2 oder 15 Abs. 2 die Unterlagen nicht übermittelt.

(…)“

V.       Erwägungen:

Die Finanzpolizei führt in ihrer Beschwerde zu Recht aus, dass keine Verfolgungshandlung hinsichtlich des Lenkers EE ergangen ist. Tatzeitpunkt war der **.**.****. Die einjährige Verfolgungsverjährungsfrist ist inzwischen abgelaufen, wodurch die Verfahrenseinstellung zutreffend wurde. Die Beschwerde war deshalb als unbegründet abzuweisen.

Bezüglich der Beschwerde des AA bleibt festzuhalten, dass nach herrschender Rechtsprechung für eine Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG sämtliche drei Bedingungen kumulativ erfüllt sein müssen. Wenn hier der Gesetzgeber bei erstmaliger Tatbegehung eine Mindeststrafe von Euro 500,00 vorschreibt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes gering wäre. Damit scheidet die Anwendung dieser Gesetzesbestimmung aus, ebenso wie eine Beratung nach § 33a Abs 1 VStG, welche an dieselben Voraussetzungen knüpft.

Bezüglich des Einwandes der unterlassenen Übersetzung der Nachforderungsanweisung ins Tschechische stellt sich die Situation so dar, dass die einschlägige Rechtsprechung sich auf Strafbescheide bezieht, nicht aber auf die sonstige Korrespondenz mit ausländischen Beschuldigten. So führt der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 01.03.2016, Ra 2015/11/0097, aus, dass nicht übersetzte Strafentscheidungen gegen ausländische Beschuldigte mit (Wohn)Sitz im Ausland die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, keine rechtliche Wirkung entfalten und als rechtliche „nulla“ gelten.

AA antwortete mit E-Mail vom 04.05.2018 der Finanzpolizei in absolut fehlerfreiem Deutsch. Von ihm wurden auch die Anmeldung zur Sozialversicherung, Dienstzettel und A1-Bescheinigungen nachgereicht, die Lohnunterlagen aber nur in tschechischer Sprache, weshalb es zur Bestrafung im Spruchpunkt III. kam.

Hinsichtlich des Beschuldigten scheinen keine einschlägigen Strafvormerkungen auf, was von der Erstbehörde bereits als Milderungsgrund gewertet wurde. Dass die teilweise Nachreichung der Dokumente keinen Milderungsgrund darstellt, ergibt sich daraus, dass das Gesetz bereits das nicht Bereithalten bzw nicht unmittelbar in elektronischer Form Zugänglich machen vor Ort und der Strafe stellt. Wenn die nachgeforderten Unterlagen nicht fristgerecht übermittelt werden, stellt dies nach § 27 Abs 1 LSD-BG einen separaten Straftatbestand dar. Wenn der Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß entlohnt oder für ihn nicht die Sozialversicherungsbeiträge geleistet worden wären, würde auch dies separate Straftatbestände darstellen. Das Fehlen solcher weiterer Straftatbestände kann aber nicht als Milderungsgrund gewertet werden. Somit verbleibt als Milderungsgrund neben der Unbescholtenheit der Umstand, dass die Lohnunterlagen fristgerecht nachgereicht wurden, aber nur in tschechischer Sprache und nicht auf Deutsch oder Englisch. Darin kann das Verwaltungsgericht ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber nicht vorhandenen Erschwerungsgründen erkennen, weshalb unter Anwendung des § 20 VStG die Höhe der Geldstrafe halbiert wurde.

Hinsichtlich der Spruchpunkte I., II. und IV. wurde die Beschwerde zurückgezogen. Aus den Bestimmung des § 28 Abs 1 und § 31 Abs 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Beschwerdeverfahren einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat. Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichts durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich aber auch, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Handelt es sich doch bei der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd § 31 Abs 1 VwGVG. Ein beim Verwaltungsgericht anhängiges Beschwerdeverfahren ist daher mit Beschluss einzustellen, wenn die Beschwerde – wie vorliegend – rechtswirksam zurückgezogen wird (vgl VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

Somit war hinsichtlich der zurückgezogenen Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und IV. das Verfahren mit Beschluss einzustellen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Nachreichung von Unterlagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.25.1094.3

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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