TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/19 W215 2220075-1

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Veröffentlicht am 19.06.2019
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Entscheidungsdatum

19.06.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W215 2220075-1/4Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.05.2019, Zahl 1223105504-190281125, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012(BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, deren Identität nicht feststeht, reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt illegal in das Bundesgebiet ein und hält sich nachweislich zumindest seit 19.03.2019 (an diesem Tag stellte sie ihren Antrag auf internationalen Schutz) in Österreich auf. Sie behauptet Staatsangehörige der Russischen Föderation zu sein, gab an der Volksgruppe der Tschetschene anzugehören und moslemischen Glaubens zu sein. Die Erstbefragung der Beschwerdeführerin fad am noch 19.03.2019 statt, danach folgten am 22.03.2019, 28.03.2019 und 03.04.2019 ausführliche, niederschriftliche Befragungen im Asylverfahren.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.05.2019, Zahl 1223105504-190281125, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 19.03.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). In Spruchpunkt III. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. In Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. In Spruchpunkt V. wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist. In Spruchpunkt VI. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht. In Spruchpunkt VII. wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 15b Abs. 1 AsylG beauftragt ab dem 20.03.2019 im Quartier XXXX Unterkunft zu nehmen und in Spruchpunkt VIII. wurde ausgesprochen, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wird.

Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 20.05.2019, wurde fristgerecht vom bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin am 11.06.2019 gegenständliche Beschwerde eingebracht.

2. Die Beschwerdevorlage vom 13.06.2019 langten am 14.06.2019 im Bundesverwaltungsgericht ein, was dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl schriftlich mitgeteilt wurde. Nach einer am 17.06.2019 erfolgten Unzuständigkeitseinrede wurde das Verfahren der nunmehr zur Entscheidung berufenen Gerichtsabteilung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 19.03.2019 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.05.2019, Zahl 1223105504-190281125, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 19.03.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). In Spruchpunkt III. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. In Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. In Spruchpunkt V. wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist. In Spruchpunkt VI. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht. In Spruchpunkt VII. wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 15b Abs. 1 AsylG beauftragt ab dem 20.03.2019 im Quartier XXXX Unterkunft zu nehmen und in Spruchpunkt VIII. wurde ausgesprochen, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wird.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus gegenständlichem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Bundesverwaltungsgerichts.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Nichtzuerkennung einer aufschiebenden Wirkung

In Spruchpunkt VIII. des Bescheides wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

1. Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, kann einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen (§ 18 Abs. 6 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013).

2. Der Verwaltungsgerichtshof geht in der Regel von einer Verhandlungspflicht des Bundesverwaltungsgerichts in Fällen, wie jenem der Beschwerdeführerin aus und zugleich davon, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, jedenfalls binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu treffen hat (vgl. VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 bis 0285-6).

Im Sinne dieser Judikatur zur Verhandlungspflicht wurde für den 03.07.2019 eine Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt, zu welcher die Beschwerdeführerin über ihren bevollmächtigten Vertreter sowie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bereits geladen wurden. Gemäß der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidungen betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß den Vorgaben des

§ 18 Abs. 5 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, jedoch dennoch binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu treffen, ansonsten hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit, einen Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 38 VwGG zu richten.

Nach ausführlichen, erstinstanzlichen Befragungen ist kurz zusammengefasst davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin bewusst unwahre Angaben macht und persönlich nicht glaubwürdig ist. Die Aufzählung der zahlreichen, widersprüchlichen und damit nicht glaubhaften Behauptungen der Beschwerdeführerin zu ihrem angeblichen Ausreisegrund im Lauf des Verfahrens würde den Rahmen diese Entscheidung sprengen und wird deshalb an dieser Stelle stattdessen auf die ausführliche Beweiswürdigung im gegenständlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verwiesen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl schreibt zusätzlich in seinem Bescheid:

"...Es ist von der Behörde davon auszugehen, dass Sie bewusst Ihren Reisepass zurückhalten, um einer möglichen Abschiebung entgegenzuwirken. Es gibt keinen plausiblen Grund, warum Sie Ihren Reisepass nicht mit nach Österreich gebracht haben, da Sie ohnehin schlepperunterstützt unter Umgehung von Grenzkontrollen gereist sind. Da Sie Ihren Reisepass auch benötigen, um, wie von Ihnen bereits angekündigt, Hrn. XXXX offiziell (gemeint standesamtlich, Anm.) in Österreich heiraten zu können, ist es gut möglich, dass Sie Ihren Reisepass mitgeführt haben und vor der Antragstellung versteckt haben. Sollte hingegen, wie Sie angegeben haben, der Pass bei Ihrer Mutter in XXXX sein, hätten Sie die Möglichkeit sich eine Kopie des Passes (oder auch das Original) von Ihrer Mutter über den Postweg schicken zu lassen bzw. könnten Sie sich von Ihrer Mutter ganz einfach ein Foto des Passes über Ihr Smartphone zukommen lassen. Sie hätten jedenfalls die Möglichkeit die Behörde bei der Identitätsermittlung zu unterstützen und haben dies trotz Aufforderung bis zum heutigen Tag unterlassen und sind somit Ihren Mitwirkungspflichten im Verfahren nicht nachgekommen..." Die Beschwerdeführerin, die ihren Reisepass bis dato immer noch nicht vorgelegt hat und mittlerweile bewusst - entgegen der Auflagen der österreichischen Behörden (siehe Spruchpunkt VII. des Bescheides) - ihre Unterkunft verlassen hat, gab weiters an, sie habe ihren in Österreich lebenden Mann - den sie nur aus dem Internet kannte und der ihr angeboten habe sie in Österreich zu heiraten - am Abende des 18.03.2019 zum ersten Mal getroffen, die Nacht mit ihm zusammen verbracht und gelte deshalb mit ihm nach moslemischem Ritus verheiratet, konnte aber weder dessen Familienname, noch dessen Staatsangehörigkeit angeben. Diese mit dem Mann verbrachte Nacht, ersetzte einen Imam, die Beschwerdeführerin sei deshalb bereits seit dem 18.03.2019 nach moslemischem Ritus verheiratet. Später gab die Beschwerdeführerin widersprüchlich dazu an, dass sie am 19.03.2019, noch bevor sie den Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, von einem Imam getraut worden seien. Zusammen mit der Beschwerde wurde jedoch Kopie einer "Heiratsurkunde der XXXX " in Vorlage gebracht, aus der hervorgeht, dass die Beschwerdeführerin diesen Mann tatsächlich erst am XXXX nach moslemischem Ritus geheiratet hat (Anmerkung: der Mann heißt XXXX und die Beschwerdeführerin XXXX , der vereinbarte Familienname ist aber laut Kopie XXXX ). Die Beschwerdeführerin hat mit Vorlage dieser Kopie bewiesen, dass sie nichts dabei findet, vor österreichischen Behörden bewusst unwahre Angaben zu machen, weshalb sie persönlich nicht glaubwürdig ist. Nach sorgfältigem Aktenstudium in Verbindung mit den Länderfeststellungen im gegenständlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Beschwerde und einer Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, geht das Bundesverwaltungsgericht aktuell nicht davon aus, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Russische Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde, oder für die Beschwerdeführerin als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Sollten sich vor der Beschwerdeverhandlung am 03.07.2019, oder danach, doch noch gegenteilige Anhaltspunkte ergeben, würde das Bundesverwaltungsgericht gemäß

§ 18 Abs. 6 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, die aufschiebende Wirkung zuerkennen; derzeit liegen diese Voraussetzungen aber nicht vor.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

In diesem konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In diesem "Teilerkenntnis" wird dargelegt, dass derzeit nicht festgestellt werden kann, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vorliegen. Es ergaben sich bis dato keine Hinweise auf das Vorliegen von ungeklärten Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W215.2220075.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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