TE Bvwg Beschluss 2019/6/19 W209 2217293-1

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Veröffentlicht am 19.06.2019
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Entscheidungsdatum

19.06.2019

Norm

AuslBG §12b
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W209 2217183-1/6E

W209 2217293-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Sandra HUBER und Philipp KUHLMANN als Beisitzer in der Beschwerdesache des XXXX , geb. XXXX , StA. Vietnam, und der Firma XXXX , Favoritenstraße 2, 1040 Wien, beide vertreten durch die Rechtsanwälte TAUFNER, HUBER, HABERER, Weyrgasse 8/6, 1030 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 21.12.2018, GZ: 08114/GF: 3956953 ABB-Nr. 3956953, betreffend Nichtzulassung des XXXX zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nach Beschwerdevorentscheidung vom 27.03.2019 beschlossen:

A)

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 30.08.2018 übermittelte die Österreichische Botschaft Hanoi den Antrag des XXXX , einem am XXXX geborenen vietnamesischen Staatsangehörigen, (im Folgenden der Erstbeschwerdeführer) auf Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG an das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung

35. Laut der dem Antrag angeschlossenen Arbeitgebererklärung sollte er von der Firma XXXX , einem Gastronomieunternehmen, (im Folgenden die Zweitbeschwerdeführerin) als Koch mit einem monatlichen Bruttolohn von € 2.565,00 im Ausmaß von 40 Wochenstunden unbefristet an einem Arbeitsplatz im eigenen Betrieb beschäftigt werden. Dem Antrag angeschlossen waren weiters Übersetzungen einer Gehaltstabelle für die Monate Mai, Juni und Juli 2018, eines Berufszeugnisses der Grundstufe nach dem Abschluss des Ausbildungsprogrammes "Technik der Gerichteverarbeitung" im Zeitraum vom 09.03.2018 bis 15.06.2018, eine Bescheinigung, wonach der Erstbeschwerdeführer von 2010 bis 2018 bei der XXXX GmbH gearbeitet habe und Erfahrungen mit der Verarbeitung des Quang Nam-spezialisierten Nudelgerichtes "Cao Lau" besitze, sowie ein Zertifikat über Englisch auf der Niveaustufe B, ausgestellt vom Zentrum für Fremdsprachen-Informatik der Technischen Berufsschule

XXXX . Die Österreichische Botschaft teilte in ihrem Schreiben darüber hinaus mit, dass sie die Bescheinigung des Arbeitgebers aufgrund der Höhe der Gehaltszahlungen als zweifelhaft ansehe. Auch habe der Erstbeschwerdeführer beim Interview im Rahmen der Antragstellung einen hilflosen und unwissenden Eindruck gemacht. Bemerkenswert sei nach dem Dafürhalten der Botschaft auch, dass der Erstbeschwerdeführer zwar ein Englisch-Zertifikat der Antragstellung beigelegt habe, im Interview aber festgestellt worden sei, dass er weder über Deutsch- noch über Englischkenntnisse verfüge.

2. Mit Schreiben vom 09.10.2018 übermittelte die Magistratsabteilung 35 den Antrag der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien mit dem Ersuchen um schriftliche Mitteilung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG vorliegen.

3. Mit Schreiben vom 09.11.2018 informierte die belangte Behörde (im Folgenden: AMS) die Zweitbeschwerdeführerin darüber, dass eine Rot-Weiß-Rot-Karte gemäß § 12b Z 1 AuslBG für sonstige Schlüsselkräfte auch bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nur erteilt werden könne, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes dies zulasse (Arbeitsmarktprüfung). Da die Zweitbeschwerdeführerin in ihrer Arbeitgebererklärung die Zuweisung solcher Ersatzarbeitskräfte ohne gesetzlich relevante Gründe abgelehnt und somit eine reelle Prüfung der Arbeitsmarktlage vereitelt habe, lägen gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nach derzeitiger Aktenlage die Voraussetzungen für die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte gemäß § 12b Z 1 AuslBG nicht vor. Die Zweitbeschwerdeführerin habe die Möglichkeit, bis 23.11.2018 schriftlich Einwendungen zu erheben.

4. Mit Schreiben vom 26.11.2018 informierte die belangte Behörde die Zweitbeschwerdeführerin darüber, dass nach einer Überprüfung des gegenständlichen Antrags dem Erstbeschwerdeführer nach den bisher vorgelegten Unterlagen 10 Punkte für fünf Jahre einschlägige Beschäftigung und 20 Punkte für das Lebensalter, somit insgesamt nur 30 Punkte nach den Kriterien der Anlage C zu § 12b Z 2 AuslBG angerechnet werden könnten. Es bestehe noch die Möglichkeit, bis 07.12.2018 weitere Unterlagen vorzulegen.

5. Mit Schreiben vom 03.12.2018 teilte die Zweitbeschwerdeführerin der belangten Behörde mit, dass der Erstbeschwerdeführer eine Ausbildung abgeschlossen habe sowie über ein Zertifikat über englische Sprachkenntnisse auf dem Niveau B verfüge, und ersuchte das AMS, die Zulassung neuerlich zu prüfen.

6. Mit Bescheid vom 21.12.2018 wies das AMS die Zulassung des Erstbeschwerdeführers zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft nach Anhörung des Regionalbeirates gemäß § 12b Z 1 AuslBG ab und begründete dies wie bereits im Parteiengehör davor damit, dass dem Erstbeschwerdeführer statt der erforderlichen Mindestpunkteanzahl von 50 nur 30 Punkte (20 für das Alter, 10 für die Sprachkenntnisse) angerechnet hätten werden können. Auf das Parteiengehör vom 26.11.2018 sei innerhalb der gesetzten Frist keine Reaktion erfolgt.

7. Gegen den Bescheid vom 21.12.2018 erhoben sowohl der Erst- als auch die Zweitbeschwerdeführerin binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, die (u.a.) damit begründet wurde, dass 10 Punkte für die Berufserfahrung des Erstbeschwerdeführers unberücksichtigt geblieben seien, obwohl die Behörde diese bereits selbst mit 10 Punkten bewertet habe. Es seien auch 20 Punkte für die Ausbildung des Erstbeschwerdeführers zu berücksichtigen gewesen, da die Behörde irrig davon ausgegangen sei, dass der Erstbeschwerdeführer über keinen Lehrabschluss verfüge. Es sei hierzu auszuführen, dass in Vietnam keine Lehrausbildung verfügbar sei, wie sie im österreichischem System vorherrsche. In Vietnam habe der Erstbeschwerdeführer nach Abschluss der vorgeschriebenen Schuljahre als Koch gearbeitet und habe nach einem Zeitraum des praktischen Arbeitens ein Berufszeugnis erwerben können, welches er auch vorgelegt habe. Der Erstbeschwerdeführer habe einen über drei Monate dauernden Kurs besucht, nachdem er sich durch die praktische Tätigkeit die notwendigen Grundkenntnisse angeeignet habe. In Vietnam sei die Ausbildung so geregelt, dass die Berufsausbildung in Form von Berufsfachschulen erfolge - diese würden einen Zeitraum zwischen 3 Monaten und einem Jahr umfassen, aber zumindest 300 Unterrichtsstunden dauern. Nach Abschluss dieser Ausbildung werde ein Berufszeugnis der Grundstufe ausgestellt. Auch in Österreich sei eine Lehrabschlussprüfung ein Basislevel der Berufsausbildung. Dieses Basislevel könne auch der Erstbeschwerdeführer nachweisen, dem daher auch die Punkte für die Qualifikation anzurechnen gewesen wären.

8. Mit Schreiben vom 04.03.2019 informierte das AMS die Beschwerdeführer darüber, dass man nach der Anlage C insgesamt nur 15 Punkte für das Alter anrechnen könne. Die vorgebrachte Ausbildung komme einer Lehrausbildung in Österreich keinesfalls gleich, da die Lehrzeit für den vorgesehenen Beruf "Koch" im Rahmen der Lehrausbildung in diesem Lehrberuf drei Jahre dauere und mit der Lehrabschlussprüfung ende. Die Berufserfahrung könne nicht angerechnet werden, da die Beschäftigung vor der Berufsausbildung ausgeübt worden sei und dies zudem den Schluss zulasse, dass hierfür überhaupt keine abgeschlossene Berufsausbildung notwendig sei. Auch sei dem Schreiben der Österreichischen Botschaft Hanoi zu entnehmen, dass die Bescheinigung des vietnamesischen Arbeitgebers als zweifelhaft angesehen werden und es daher nicht ausgeschlossen werden könne, dass es sich dabei nur um eine Gefälligkeitsbestätigung handle. Die Bestätigung über vorhandene Englischkenntnisse des Erstbeschwerdeführers werde nicht anerkannt, da es sich dabei nicht um ein international anerkanntes Sprachzertifikat gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen handle. Die Beschwerdeführer hätten 10 Tage Gelegenheit, sich nach Zustellung dieses Schreibens schriftlich zu äußern.

9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 27.03.2018 wies das AMS die Beschwerde im Wesentlichen mit derselben Begründung wie im Ausgangsbescheid und ihren Ausführungen im Schreiben vom 04.03.2019 als unbegründet ab. Insgesamt hätten dem Erstbeschwerdeführer nur 15 Punkte für sein Alter angerechnet werden können, womit er die erforderliche Mindestpunkteanzahl nicht erreiche.

10. Aufgrund des rechtzeitig erstatteten Vorlageantrages der Beschwerdeführer legte das AMS am 09.04.2019 einlangend die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

11. Mit Parteiengehör vom 09.05.2019 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdeführer unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf hin, dass eine Berufsausbildung mit einer Ausbildungsdauer von drei Monaten nicht mit einem Lehrabschluss nach mehrjähriger Ausbildung in Österreich vergleichbar sei.

Den Beschwerdeführern wurde eine Frist von zwei Wochen erstattet, um Unterlagen vorzulegen und nachzuweisen, dass der Erstbeschwerdeführer über eine abgeschlossenen Berufsausbildung iSd Anlage C zum AuslBG verfüge. Aus einer - dem Parteiengehör angeschlossenen - Übersicht über das Berufsausbildungssystem Vietnams (Quelle: bq-portal.de) sei zu schließen, dass es sich beim vorliegenden Ausbildungsnachweis des Erstbeschwerdeführers lediglich um ein Zertifikat der Grundstufe der Berufslehre handelt, das nach einer Ausbildungsdauer von 3 Monaten bis zu einem Jahr (vor der Absolvierung der in Vietnam vorgesehenen, mehrere Jahre dauernden Mittel- und Oberstufe der Berufslehre) erworben werden kann.

12. Mit Schreiben vom 23.05.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 24.05.2019, gab die rechtliche Vertretung der Beschwerdeführer die Zurückziehung der Beschwerde bekannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Am 24.05.2019 gaben die Beschwerdeführer schriftlich bekannt, die Beschwerde zurückzuziehen.

Die Zurücknahme einer Beschwerde ist eine (unwiderrufliche) einseitige prozessuale Erklärung, die mit dem Einlangen der Zurücknahmeerklärung bei der Behörde (beim Verwaltungsgericht) rechtsverbindlich und damit wirksam wird.

Ab diesem Zeitpunkt ist - mangels einer aufrechten Beschwerde - die Pflicht des Verwaltungsgerichtes zur Entscheidung weggefallen und das Beschwerdeverfahren einzustellen (VwGH 25.07.2013, 2013/07/0106).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung, Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W209.2217293.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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