TE Vwgh Beschluss 2019/7/19 Ra 2019/19/0274

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Veröffentlicht am 19.07.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §18 Abs1
AVG §46
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des M S, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Mai 2019, W270 2170642-1/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 1. März 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, sein Vater habe als LKW-Fahrer einer Erdölfirma ausländische Organisationen und Stützpunkte beliefert und sei deshalb von den Taliban getötet worden. Die Taliban hätten den Revisionswerber verdächtigt, ebenfalls für diese Firma zu arbeiten, und deshalb auch ihn bedroht. Nach dem Tod seines Vaters hätten die Taliban sein Familienhaus angegriffen und dabei seine Mutter und seine Schwestern getötet.

2 Mit Bescheid vom 1. September 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. 3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Begründend führte das BVwG aus, der Revisionswerber habe auf Grund von Widersprüchen und Steigerungen in seinem Vorbringen eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung bei Rückkehr nicht glaubhaft machen können. Außerdem stehe ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazare Sharif offen.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe gegen die amtswegige Ermittlungspflicht verstoßen. Der behauptete Angriff auf den Konvoi des Vaters des Revisionswerbers sowie der Anschlag auf sein Elternhaus seien objektivierbare Ereignisse, die durch eine - in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG auch beantragte - Anfrage in der Heimat des Revisionswerbers ermittelt hätten werden können.

8 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht ein allgemeines Recht auf eine fallbezogene Überprüfung des Vorbringens durch Recherche im Herkunftsstaat nicht. Die Beurteilung der Erforderlichkeit derartiger Erhebungen im Sinn des § 18 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 obliegt der ermittelnden Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht (vgl. näher zu Erkundigungen im Herkunftsstaat VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100 und 0101; jüngst auch VwGH 25.6.2019, Ra 2019/19/0193, mwN).

9 Das BVwG hat nachvollziehbar dargelegt, warum es die Bestellung eines länderkundigen Sachverständigen bzw. Recherchen in Afghanistan zum Fluchtvorbringen für nicht erforderlich erachtet hat. Die Revision legt nicht dar, dass diese Einschätzung fallbezogen unvertretbar wäre.

10 Überdies hat das BVwG für den Fall einer Wahrunterstellung des Fluchtvorbringens angenommen, dass dem Revisionswerber eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif offenstehe. Diesen für sich tragenden Gründen tritt die Revision nicht entgegen (vgl. zur Unzulässigkeit einer Revision bei tragfähiger Alternativbegründung VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0083, mwN). 11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 19. Juli 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019190274.L00

Im RIS seit

06.09.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.09.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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