TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/16 96/12/0310

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Veröffentlicht am 16.12.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
72/13 Studienförderung;

Norm

AVG §56;
StudFG 1992 §51;
StudFG 1992 §70;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des A in V, vertreten durch Dr. Peter Eigenthaler, Rechtsanwalt in Lilienfeld, Babenbergerstraße 30/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst vom 2. September 1996, Zl. 56.033/21-I/D/7a/96, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. eines Übergenusses nach dem StudFG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Studierender an der Technischen Universität Wien und war von 1991 bis 1993 Studienbeihilfenbezieher. Die Zuerkennung der Studienbeihilfe erfolgte den Erklärungen des Beschwerdeführers auf den jeweiligen Anträgen entsprechend, daß er keine eigenen Einkünfte habe.

Nach Mitteilung des Finanzamtes Villach an die Studienbeihilfenbehörde vom 6. Juli 1995 wurde im Zuge von abgabenbehördlichen Prüfungen beim Vater des Beschwerdeführers und beim Beschwerdeführer selbst festgestellt, daß der Beschwerdeführer von 1990 bis 1993 ein eigenes Einkommen bezogen habe. Die Studienbeihilfenbehörde entschied daraufhin mit Bescheid vom 6. Mai 1996 wie folgt:

"Die in den Semestern SS 92 - SS 93 bezogene Studienbeihilfe in der Höhe von

S 94.370.-- (in Worten vierundneunzigtausenddreihundertsiebzig) ist zurückzuzahlen.

Die Einzahlung hat auf das PSK-Kto Nr. 5030.006 des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten zu erfolgen.

Rechtsgrundlage: § 51 Abs. 1 Z 1 StudFG"

Gegen diesen Bescheid erhob der (mit - bei den Verwaltungsakten befindlichen - Schriftsatz vom 18. Mai 1996 bevollmächtigte) Vater des Beschwerdeführers eine als "Berufung" bezeichnete Vorstellung.

Darüber entschied der Senat der Studienbeihilfenbehörde mit Bescheid vom 3. Juli 1996 wie folgt:

"Ihrer Vorstellung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vom 6.5.1996 wird aufgehoben. Der Differenzbetrag für die in den Semestern Sommersemester 1992 bis Sommersemester 1993 bezogenen Studienbeihilfe in der Höhe von S ** 75.300.-- * (Schilling: Fünfundsiebzigtausenddreihundert) ist zurückzuzahlen.

Die Einzahlung hat auf das PSK-Kto. 5030.006 des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten zu erfolgen.

Rechtsgrundlage: § 51 Abs. 1 Z 2 StudFG"

Die Verringerung der Rückzahlungsverpflichtung wurde durch

Verjährung begründet.

Dieser, am 11. Juli 1996 zugestellte Bescheid enthält eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung.

Die vom Bevollmächtigten des Beschwerdeführers eingebrachte Berufung ist mit "24. Juli 1996" datiert. Das Einlaufdatum bei der Studienbeihilfenbehörde ist laut Stempel der 29. Juli 1996. Im Vorlagebericht an die belangte Behörde ist die Rubrik "eingebracht lt. Poststempel" nicht ausgefüllt.

Die "Berufung" hat folgenden Wortlaut:

"Ich berufe innerhalb offener Frist gegen den Bescheid vom 3. Juli 1996 - übernommen am 11. Juli 1996 - gem. § 46 StudFG.

Die Begründungsunterlagen müssen erst bescheidmäßig durch das Finanzamt Villach erstellt werden und werden nachgereicht. Zwischenzeitlich bitte ich daher um Aussetzung der Bescheid-Rechtsfolgen und dessen Wirksamkeit.

Abschließend danke ich dem Senat für den sachbezogenen Spruch und die menschenwürdige Begründung."

Diese "Berufung" wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 70 StudFG 1992 in Verbindung mit §§ 63 Abs. 3 und 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.

Zur Begründung wird nach kurzer Darstellung des Verfahrensablaufes und Wiedergabe des Berufungsschriftsatzes weiter ausgeführt, die Berufung enthalte keine Berufungsbegründung; das wären etwa Gründe, die den Berufungsantrag rechtfertigten, wie materielle Rechtswidrigkeit, wesentliche Verfahrensverstöße, unzweckmäßige Ermessensübung oder unrichtige Beweiswürdigung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stelle das Fehlen eines der inhaltlichen Bestandteile der Berufung, wie etwa einer Berufungsbegründung, keinen - nach § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähigen - Formmangel, sondern einen inhaltlichen Fehler dar, der zur Zurückweisung führen müsse (vgl. etwa VwSlg. Nr. 14.752/A). Der bekämpfte Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde habe ausdrücklich den Hinweis auf das Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages enthalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit verlangt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Sachentscheidung verletzt. Er macht Verfahrensmängel auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung geltend und bringt im wesentlichen vor:

Die belangte Behörde habe gemeint, die Berufung habe keine Begründung enthalten und habe deshalb die Berufung zurückgewiesen. Insofern sei das Verfahren mangelhaft geblieben, weil "ein Verbesserungsauftrag möglich, zweckmäßig und auch geboten gewesen wäre". Der Beschwerdeführer sei von seinem rechtsunkundigen Vater vertreten gewesen, der auf das Vorliegen von Begründungsunterlagen verwiesen habe. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei ein verbesserungsfähiger Mangel vorgelegen, der durch einen entsprechenden Verbesserungsauftrag leicht zu sanieren gewesen wäre; die belangte Behörde habe mit ihrer Vorgangsweise im übrigen gegen die ihr gemäß § 13 a AVG obliegende Verpflichtung verstoßen (wird näher ausgeführt).

Aus den genannten Gründen habe die belangte Behörde in unrichtiger Anwendung der Verfahrensgesetze die Berufung nicht zur Verbesserung zurückgestellt.

Dem ist entgegenzuhalten:

Gemäß § 70 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG), BGBl. Nr. 305, ist auf das Verfahren über die Zuerkennung von Studienbeihilfe, Fahrtkostenbeihilfe, Studienzuschuß und Beihilfe für Auslandsstudien das AVG unter Bedachtnahme auf die §§ 39 bis 46 dieses Bundesgesetzes anzuwenden. Der Ausdruck "Zuerkennung" im § 70 StudFG ist extensiv auszulegen und umfaßt alle Angelegenheiten in bezug auf die dort genannten Leistungen, über die hoheitlich (mit Bescheid) abzusprechen ist. Das AVG findet daher auch auf Rückzahlungsbescheide Anwendung (Hinweis auf Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 1997, Zl. 97/12/0152).

Formgebrechen schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde gemäß § 13 Abs. 3 AVG nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Nach § 13 a AVG hat die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren.

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Sowohl der Verfassungsgerichtshof als auch der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Rechtsprechung bisher klargestellt, daß bei der Auslegung des Begriffes "begründeter" Berufungsantrag kein strenger Maßstab angelegt werden darf, ist doch dem Geist des AVG ein übertriebener Formalismus fremd. Mindestvoraussetzung ist aber, daß aus der Berufung zumindest erkennbar ist, aus welchen - wenn auch vielleicht nicht stichhältigen - Gründen der angefochtene Bescheid bekämpft wird. Fehlt eine in diesem Sinne erkennbare Begründung, stellt dies einen inhaltlichen, nicht behebbaren Mangel der Berufung dar, sofern eine § 61 Abs. 5 AVG entsprechende Rechtsmittelbelehrung dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen war; eine solche Berufung ist von der Berufungsbehörde als unzulässig zurückzuweisen. Bei einer mangelnden Rechtsmittelbelehrung hat die Berufungsbehörde mit einem Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen. Eine "Berufungsanmeldung" ist dem AVG aber fremd (vgl. Erkenntnis vom 27. Juni 1980, VwSlg. Nr. 10.187/A); der Berufungswerber darf sich auch nicht damit begnügen, die Begründung einem späteren Schriftsatz vorzubehalten.

Das Fehlen eines der inhaltlichen Bestandteile der Berufung stellt keinen - nach § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähigen - Formmangel, sondern einen inhaltlichen Fehler dar, der zur Zurückweisung führen muß (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1969, Slg. Nr. 7697/A, u.v.a.).

Wenn es auch nicht auf eine formelle und inhaltlich vollendete Darstellung des begründeten Berufungsantrages ankommt, bedeutet dies doch noch nicht, daß schon die bloße Erkennbarkeit des mangelnden Einverständnisses mit einem Bescheid einen begründeten Berufungsantrag darstellt (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1993, Zl. 92/08/0193).

Das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages gilt nur dann als ein verbesserungsfähiges Formgebrechen gemäß § 13 Abs. 3 AVG, wenn in der Rechtsmittelbelehrung des bekämpften Bescheides nicht auf das Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrages hingewiesen wurde (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. April 1986, Zl. 86/03/0072).

Für die Erfüllung der Voraussetzung eines begründeten Berufungsantrages reicht es demnach nicht aus, daß erkennbar ist, was der Berufungswerber mit seinem Rechtsmittel anstrebt, sondern es muß die Berufung unter dem Gesichtspunkt des Berufungsantrages erkennen lassen, womit der Beschwerdeführer seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt. Da der vorliegendenfalls zu beurteilenden Berufung aber nicht einmal eine Andeutung darüber zu entnehmen war, worin die Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides nach Auffassung des Beschwerdeführers hätte gelegen sein sollen, teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, daß es an der erforderlichen Begründung des Berufungsantrages gemangelt hat. Im Sinne der vorher wiedergegebenen Judikatur bestand für die Behörde auch keine Veranlassung für einen Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG; die Berufung mußte daher wegen Fehlens eines inhaltlichen Bestandteiles, nämlich der entscheidenden Berufungsbegründung, gemäß § 63 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werden.

Insoweit sich die Beschwerde noch auf den Verstoß gegen die Manuduktionspflicht gemäß § 13 a AVG bezieht, ist darauf zu verweisen, daß im vorliegenden Fall durch die gesetzmäßig erfolgte Rechtsmittelbelehrung der Manuduktionspflicht ohnehin entsprochen worden ist; weiters, daß die Manuduktionspflicht nach § 13 a AVG keinesfalls die Verpflichtung mitumfaßt, die Partei zu belehren, wie sie ihr Vorbringen gestalten müsse, damit der Berufung stattgegeben werde.

Die Beschwerde ist somit unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Dezember 1998

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996120310.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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