TE Vwgh Beschluss 2019/6/27 Ra 2019/07/0051

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Veröffentlicht am 27.06.2019
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Index

E1P
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
40/01 Verwaltungsverfahren
81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

AVG §13 Abs3
AVG §17
AVG §17 Abs3
AVG §73 Abs2
B-VG Art130
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art151 Abs51 Z8
MRK Art13
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §28
VwRallg
WRG 1959 §103
WRG 1959 §109
WRG 1959 §109 Abs1
WRG 1959 §109 Abs4
WRG 1959 §17
WRG 1959 §17 Abs1
WRG 1959 §17 Abs3
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der G H GesmbH in G, vertreten durch die Puschner Spernbauer Rosenauer Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Schubertring 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 13. Dezember 2018, LVwG-2014/15/0298-93, betreffend ein wasserrechtliches Widerstreitverfahren (mitbeteiligte Parteien:

1. P GmbH in K, vertreten durch die Advokatur Dr. Herbert Schöpf, LL.M., Rechtsanwalt GmbH in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 34, 2. H GmbH in G, vertreten durch Mag. Mag. (FH) Alexander Edelhauser in 1060 Wien, Theobaldgasse 19/4,

3. D AG in W, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Schubertring 6, und

4. G H und S GmbH in N), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol (LVwG) vom 13. Dezember 2018 wurde in einem wasserrechtlichen Widerstreitverfahren entschieden, dass dem Vorhaben Gemeinschaftskraftwerk P der erstmitbeteiligten Partei gegenüber den anderen eingereichten Vorhaben der Revisionswerberin sowie (jeweils) der zweit- bis viertmitbeteiligten Parteien der Vorrang im Sinne der §§ 17 und 109 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) gebühre. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt. Diesem Erkenntnis des LVwG war ein von der viertmitbeteiligten Partei mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2013 an den damals noch zuständigen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) gestellter Devolutionsantrag vorausgegangen, der im Jänner 2014 dem LVwG zur Entscheidung vorgelegt worden war.

2 Die Behandlung einer von der Revisionswerberin gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. Februar 2019, E 363/2019-5, abgelehnt. 3 Gegen das Erkenntnis des LVwG vom 13. Dezember 2018 richtet sich nun die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

4 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 2.1. In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird zunächst vorgebracht, es gebe keine Judikatur zur Frage, wie damit umzugehen sei, wenn das Verwaltungsgericht aufgrund eines Devolutionsantrages anstatt der Behörde eine Abwägung der öffentlichen Interessen vornehme. Das Verwaltungsgericht, das zur Überprüfung der Behörde zuständig sei, habe erstmalig eine Interessenabwägung vornehmen müssen und damit die Tätigkeit der Behörde übernommen, wodurch die Parteien einer "Überprüfungsinstanz beraubt" worden seien.

8 Mit diesem Vorbringen wird nicht bestritten, dass der von der viertmitbeteiligten Partei mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2013 an den BMLFUW gerichtete Devolutionsantrag zulässig war, weshalb die Entscheidungspflicht auf den BMLFUW übergegangen ist und dieser bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 zuständig war.

9 Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt aus der mit der Einführung der "Zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit " mit 1. Jänner 2014 in die Z 8 des Art. 151 Abs. 51 B-VG aufgenommenen Übergangsregelung, dass die Zuständigkeit zur Erledigung der beim Bundesminister als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde anhängig gewesenen Verfahren mit Ablauf des 31. Dezember 2013 auf die Verwaltungsgerichte überging. In einem Übergangsfall wie dem vorliegenden, in dem der Bundesminister in der mittelbaren Bundesverwaltung im Devolutionsweg zuständig wurde, hat das LVwG zu Recht seine Zuständigkeit bejaht (VwGH 4.7.2016, Ra 2014/04/0015, 0016).

10 War das LVwG aber zur Entscheidung in dieser Angelegenheit zuständig, war es auch gefordert, unter anderem eine Interessenabwägung im wasserrechtlichen Widerstreitverfahren vorzunehmen. Ein solcherart durch ein Gericht mit voller Kognitionsbefugnis in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gewährter Rechtsschutz steht - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten hat - auch mit Art. 13 EMRK und Art. 47 GRC nicht im Widerspruch (VwGH 14.9.2016, Ra 2016/18/0081, 0082). 11 Ferner hindert der Umstand, dass das LVwG im vorliegenden Fall aufgrund eines vor dem 1. Jänner 2014 gestellten, zulässigen Devolutionsantrages und aufgrund des Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG entschied, die Zurückweisung der Revision gegen das angefochtene Erkenntnis nicht, wenn - wie nachfolgend festgehalten - von der Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird (vgl. VwGH 7.12.2016, Ra 2016/22/0072, mwN). 12 2.2. Die Revisionswerberin führt zur Zulässigkeit ihrer Revision weiter aus, es existiere keine Judikatur zur Frage, ob eine Reihung der Projekte unterbleiben könne, insbesondere dann, wenn das angeblich obsiegende Projekt voraussichtlich gar nicht genehmigungsfähig sei. Es sei nämlich durchaus wahrscheinlich, dass das obsiegende Projekt (der erstmitbeteiligten Partei) "aufgrund des unzulässigen Eingriffes in das Bestandskraftwerk" gar nicht genehmigungsfähig sei. Da hier mehrere Projekte im Widerstreit gestanden seien, reiche allein die Entscheidung, welcher der widerstreitenden Bewerbungen der Vorzug gebühre, nicht aus. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Telos des § 109 WRG 1959, auch wenn diese Bestimmung, die historisch gesehen den Widerstreit zwischen zwei Projekten vor Augen gehabt habe, dies nicht ausdrücklich regle. Es sei im Falle der Nichtbewilligung des obsiegenden Projektes mangels Reihung (der weiteren widerstreitenden Vorhaben) trotz des durchgeführten jahrelangen Widerstreitverfahrens nicht möglich festzustellen, welchem Vorhaben nun der Vorzug gebühre, und es müsse dann ein umfassendes neues Widerstreitverfahren durchgeführt werden. Mit der letzten Novelle des Widerstreitverfahrens habe der Gesetzgeber aber gerade verhindern wollen, dass in einem späten Stadium neuerlich widerstreitende Bewerbungen zu berücksichtigen seien. Schließlich sei auch noch festzuhalten, dass das Krafthaus des obsiegenden Projektes auf fremdem Grund errichtet werden solle und eine Zustimmung des Liegenschaftseigentümers nicht vorliege. 13 Die Forderung der Revisionswerberin, in der Widerstreitentscheidung eine Reihung sämtlicher in Widerstreit stehender Projekte vorzunehmen, ist rechtspolitischer Natur. Eine mögliche Rechtsverletzung der Revisionswerberin durch das angefochtene Erkenntnis wird damit jedoch bereits aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes nicht aufgezeigt (zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, wenn die Rechtslage nach dem klaren Wortlaut der anzuwendenden Bestimmungen eindeutig ist, vgl. etwa VwGH 18.1.2018, Ra 2017/07/0100 u.a.).

14 So normiert der Abs. 1 des das Widerstreitverfahren regelnden § 109 WRG 1959 ausdrücklich, dass bei Vorliegen widerstreitender (§ 17) Ansuchen vorerst darüber zu entscheiden sei, "welchem Vorhaben der Vorzug gebührt". Diese Bestimmung stellt somit allein auf das obsiegende Vorhaben ab, eine Reihung der anderen Vorhaben ist nicht vorgeschrieben.

15 Auch § 109 Abs. 4 WRG 1959 regelt, dass "Entscheidungen gemäß Abs. 1 außer Kraft (treten), wenn das Vorhaben, dem der Vorzug gebührt, nicht bewilligt wurde". Diese Bestimmung hat demnach nicht nur (ebenfalls) allein das im Widerstreitverfahren obsiegende Vorhaben vor Augen, sondern sie normiert auch, dass "Entscheidungen gemäß Abs. 1" bei Nichtbewilligung des obsiegenden Vorhabens außer Kraft treten, was im Ergebnis - folgte man der Revisionswerberin, die auch eine Reihung der nicht obsiegenden Vorhaben als Teil der Widerstreitentscheidung begehrt - auch hinsichtlich der Reihung der unterlegenen Vorhaben gälte. 16 Damit übereinstimmend besteht (auf dem Boden der geltenden Rechtslage) nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Zweck des Widerstreitverfahrens darin, dass nur einem von zwei oder mehreren Vorhaben, die zueinander in einem Widerstreit im Sinne des § 17 WRG 1959 stehen, der Vorzug gebührt und nur eines dieser Vorhaben die Bewilligung erhalten kann (VwGH 18.12.2014, Ro 2014/07/0033). Eine Reihung aller Projekte sieht der Gesetzgeber hingegen nicht vor.

17 Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen ist für die Revisionswerberin auch aus der nicht näher beschriebenen "letzten Novelle des Widerstreitverfahrens" (gemeint ist wohl die Novelle BGBl. I Nr. 58/2017) nichts zu gewinnen. Den diesbezüglichen Erläuternden Bemerkungen (1456 Blg. XXV. GP) ist - soweit darin ein zeitlicher Aspekt angesprochen ist - lediglich zu entnehmen, dass durch die Vorverlegung des Sperrzeitpunktes in § 109 WRG 1959 allfälligen "rein spekulativen" Widerstreitprojekten Einhalt geboten werden solle (vgl. § 109 Abs. 2 WRG 1959 zur Frage der spätest möglichen Geltendmachung von zu berücksichtigenden Ansuchen). Der von der Revisionswerberin thematisierte, völlig andere Aspekt einer Reihung aller widerstreitenden Vorhaben wird in den Erläuterungen hingegen nicht erwähnt.

18 Mit ihren - nicht näher erläuterten - Ausführungen, es sei "durchaus wahrscheinlich", dass das obsiegende Projekt "aufgrund des unzulässigen Eingriffes in das Bestandskraftwerk" gar nicht genehmigungsfähig sei, nimmt die Revisionswerberin offenbar auf die Darlegungen des LVwG Bezug, die im Verfahren behauptete Beeinträchtigung eines bestehenden Rechtes der drittmitbeteiligten Partei am Kraftwerk W durch das Vorhaben der erstmitbeteiligten Partei stelle - aus näher genannten Gründen - keine Beschränkung eines bestehenden Wasserrechtes und keinen Anwendungsfall des § 16 WRG 1959 dar. Die Revisionswerberin tritt diesen verwaltungsgerichtlichen Erwägungen aber in keiner Weise konkret entgegen.

19 Zur weiteren Behauptung der Revisionswerberin, das Krafthaus des obsiegenden Projektes solle auf fremdem Grund errichtet werden, die Zustimmung des Liegenschaftseigentümers liege aber nicht vor, genügt es, auf die ständige hg. Judikatur zu verweisen, wonach es bei der Prüfung nach § 17 Abs. 1 WRG 1959 auf die Berührung fremder Rechte nicht ankommt (VwGH 27.6.2002, 98/07/0194; 18.12.2014, 2011/07/0147, mwN), sodass hier nicht näher zu prüfen ist, ob das Vorbringen bezüglich der Inanspruchnahme fremden Grundes zutrifft.

20 2.3. Einen vergleichbaren Aspekt macht die Revisionswerberin mit ihrem dritten Zulässigkeitsgrund geltend. Das LVwG habe einerseits dem obsiegenden Vorhaben deshalb den Vorrang eingeräumt, weil dem Vorhaben der Revisionswerberin "angeblich bestehende Rechte" entgegenstünden, für welche "angeblich keine Zwangsrechte zugänglich sein sollen", andererseits solle die Nichtgenehmigungsfähigkeit des obsiegenden Projektes keine Rolle spielen. Zu diesem Wertungswiderspruch des LVwG bestehe keine Judikatur.

21 Auch hier finden sich in der Zulässigkeitsbegründung der Revision keine näheren Ausführungen zur Behauptung der Nichtgenehmigungsfähigkeit des obsiegenden Projektes (und damit auch nicht zu den allenfalls gemeinten Ausführungen des LVwG, es sei derzeit noch nicht abschätzbar, ob es durch das obsiegende Vorhaben der erstmitbeteiligten Partei zu einer Zustandsverschlechterung im Hinblick auf biologische Komponenten komme; zur Frage eines unzulässigen Eingriffes in ein Bestandskraftwerk vgl. ferner die Ausführungen unter Punkt 2.2.). 22 Mit der Kritik an der Beurteilung im angefochtenen Erkenntnis, bestehende Rechte stünden dem Vorhaben der Revisionswerberin entgegen, sind offenkundig die Darlegungen des LVwG zum Eingriff in den bestehenden Konsens einer Abwasserreinigungsanlage (im angefochtenen Erkenntnis als "ARA S" bezeichnet) angesprochen. Konkret hielt das LVwG dazu fest, der Umsetzung anderer Vorhaben als jenes der obsiegenden erstmitbeteiligten Partei (unter anderem des Vorhabens der Revisionswerberin) stehe entgegen, dass dabei jeweils der bestehende Konsens der ARA S abgeändert werden müsste und dafür weder eine Zustimmung des Abwasserverbandes zur Beantragung einer entsprechenden Änderung noch ein Grund für die Einräumung eines Zwangsrechtes vorliege. Die (für die Einräumung eines Zwangsrechtes) allenfalls in Frage kommende Bestimmung des § 64 Abs. 1 lit. c WRG 1959 sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil die Wasseranlage auch ohne Einbindung der abgeleiteten Wässer aus der ARA S durch Einleitung in den Entsander ausgeführt werden könne. Es könne daher nicht davon die Rede sein, dass die Wasseranlage (im Sinne des § 64 Abs. 1 lit. c WRG 1959) ohne diese Einbindung nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen ausgeführt werden könne. Diese Vorhaben scheiterten daher bereits aufgrund des § 16 WRG 1959.

23 Auch diesen Ausführungen des LVwG tritt die Revisionswerberin in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht konkret entgegen. Es kann vorliegend jedoch dahinstehen, ob die - im angefochtenen Erkenntnis zum Ausdruck gebrachte - Beurteilung des LVwG, in einer Widerstreitentscheidung nach § 17 Abs. 1 WRG 1959 sei eine offensichtliche Nichtrealisierungsfähigkeit von widerstreitenden Vorhaben, weil durch sie direkt auf einen Anlagenteil einer Abwasserreinigungsanlage zugegriffen werden solle, wobei der Wasserberechtigte seine Zustimmung aber nicht gegeben habe, zu berücksichtigen und damit anders zu beurteilen als die in der bereits zitierten hg. Judikatur erwähnte Irrelevanz der Berührung (sonstiger) fremder Rechte, zutrifft. Die im angefochtenen Erkenntnis vertretene Ansicht, die Relevanz des Scheiterns näher genannter Vorhaben nach § 16 WRG 1959 für das Widerstreitverfahren stellte im angefochtenen Erkenntnis nämlich eine alternative Begründung für den vom LVwG dargelegten Vorrang des Vorhabens der erstmitbeteiligten Partei dar. Deren Vorhaben sei - so das LVwG - bereits aufgrund der durchgeführten Interessenabwägung, insbesondere aus energiewirtschaftlichen Überlegungen und damit auch aufgrund der besseren Erfüllung des Klimaschutzes der Vorrang einzuräumen. Dieses Ergebnis der Interessenabwägung wird in der hier allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht bekämpft (zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Falle einer tragfähigen Alternativbegründung vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2019/07/0004 u.a., mwN). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird mit dem in Rede stehenden Vorbringen somit nicht aufgezeigt.

24 2.4. Schließlich bringt die Revisionswerberin zur Zulässigkeit der Revision vor, es existiere keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob einem Projekt, das gar nicht beurteilungsfähig sei, weil einem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen worden sei, der Vorrang eingeräumt werden dürfe. Ein Vorhaben, hinsichtlich dessen der Widerstreitwerber trotz eines Verbesserungsauftrages die zur Beurteilung erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt habe, sei aus dem Verfahren auszuscheiden.

25 Es ist an dieser Stelle anzumerken, dass das LVwG mit Erledigung vom 17. Jänner 2018 unter Hinweis auf § 13 Abs. 3 (zu ergänzen: AVG) in Verbindung mit § 17 VwGVG allen Widerstreitwerbern eingeholte Gutachten mit der Aufforderung übermittelt hatte, die in den Gutachten angeführten Unzulänglichkeiten der eingereichten Projekte zu sanieren und entsprechende konsolidierte Projekte vorzulegen.

26 Nach den insoweit unstrittigen Feststellungen des LVwG hat der gewässerökologische Amtssachverständige bei der Beurteilung des Vorhabens der erstmitbeteiligten Partei auf - nach seinen Ausführungen für die Beurteilung der Vorhaben notwendige - Unterlagen betreffend die physikalisch-chemischen Parameter Makrozoobenthos und Phytobenthos, die die drittmitbeteiligte Partei vorgelegt hatte, zurückgegriffen. Von der erstmitbeteiligten Partei waren diese Daten nicht in die geforderte Projektaktualisierung aufgenommen worden. 27 § 109 Abs. 1 WRG 1959 verweist auf § 103 WRG 1959. Diese Bestimmung trägt einem Antragsteller bestimmte verfahrensrechtliche Obliegenheiten auf, die er unter der Sanktion des § 13 Abs. 3 AVG zu erfüllen hat, bevor die amtswegige Ermittlungspflicht der Behörde zum Tragen kommt. Das Fehlen der in § 103 WRG 1959 genannten Unterlagen stellt einen Mangel im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG dar. Dies gilt auch für solche Unterlagen, die in § 103 WRG 1959 nicht ausdrücklich genannt sind, ihrer Natur nach aber in den Rahmen des § 103 WRG 1959 fallen, unter dem Aspekt dieser Bestimmung erforderlich sind und dem Antragsteller von der Behörde bekannt gegeben werden (VwGH 23.2.2017, Ra 2014/07/0070, mwN).

28 Die Revisionswerberin lässt in diesem Zusammenhang aber die Besonderheit eines Widerstreitverfahrens nach dem WRG 1959 außer Acht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 17 WRG 1959 handelt es sich bei einem Widerstreitverfahren mit mehreren Projekten um ein einheitliches, gemeinsam durchzuführendes Verfahren; die bei einem Widerstreit um wasserrechtliche Bewilligungen konkurrierenden Bewerber bilden - was auch das LVwG zutreffend erkannte - eine Verfahrensgemeinschaft. Die einzelnen Bewilligungsanträge sind nicht getrennt, sondern in einem Gesamtverfahren zu behandeln (VwGH 18.12.2014, Ro 2014/07/0033). Die notwendigen Ermittlungen in diesem Gesamtverfahren können sich aber je nach Anzahl und Art der widerstreitenden Projekte durchaus unterschiedlich gestalten (VwGH 31.1.2019, Ra 2018/07/0486). Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner festgehalten, dass in einem Widerstreitverfahren jeder Bewerber Einsicht in die Unterlagen der Mitbewerber oder die Stellungnahme zu Anträgen und Beweisergebnissen hinsichtlich der Bewerbung der Mitkonkurrenten verlangen kann; Einschränkungen ergeben sich aus § 17 Abs. 3 AVG (vgl. erneut VwGH 18.12.2014, Ro 2014/07/0033).

29 Aus dieser besonderen Verfahrenskonstellation eines Widerstreitverfahrens nach dem WRG 1959 und der Rechtsstellung der eine Verfahrensgemeinschaft bildenden Widerstreitwerber resultiert vor dem Hintergrund dessen, dass allen Widerstreitwerbern ein im wesentlich gleicher Verbesserungsauftrag erteilt wurde, im vorliegenden Fall aber, dass nach Vorlage der vom gewässerökologischen Amtssachverständigen als für die Beurteilung notwendig erachteten Unterlagen durch die drittmitbeteiligte Partei, die sich unbestritten offensichtlich auch für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens der erstmitbeteiligten Partei eigneten, dieser gegenüber nicht mehr davon ausgegangen werden konnte, dass die in Rede stehenden Unterlagen dem LVwG nicht bekannt seien und deren ergänzende Vorlage notwendig sei. Dass das LVwG die Nichtvorlage der genannten Unterlagen durch die erstmitbeteiligte Partei trotz des entsprechenden, an alle Widerstreitwerber ergangenen Verbesserungsauftrages nicht als Mangelhaftigkeit des Vorhabens der erstmitbeteiligten Partei qualifizierte, widerspricht nicht der zitierten hg. Rechtsprechung. Dies gilt auch für die Erwägungen des LVwG, es sei (bei der Beurteilung nach § 17 Abs. 1 WRG 1959) entscheidend, dass jene Fragen beantwortet werden könnten, die eine Bewertung der Vorhaben nach § 105 WRG 1959, sohin der für oder gegen das jeweilige Vorhaben sprechenden öffentlichen Interessen, ermöglichten.

30 3. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 27. Juni 2019

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2FormerfordernisseFormgebrechen behebbare BeilagenVerwaltungsverfahrensgemeinschaftVwRallg13

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019070051.L00

Im RIS seit

25.09.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.09.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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