TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/26 VGW-041/046/12485/2018

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Veröffentlicht am 26.04.2019
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Entscheidungsdatum

26.04.2019

Index

60/01 Arbeitsvertragsrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

LSD-BG §22 Abs1
VStG §9 Abs1
VStG §9 Abs7
VStG §31 Abs2
VStG §44a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Schmied über die Beschwerde des A. B., vertreten durch Rechtsanwälte, vom 13.9.2018 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 28.8.2018, Zl. …, wegen vier Übertretungen des § 28 Z 1 iVm § 22 Abs. 1 Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz - LSD-BG nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass a) im ersten Satz des Spruches die Wortfolge „als Verantwortlicher der

Firma C. D. mit Sitz in E., Niederlande,“ durch die Wortfolge „als

Verantwortlicher der Firma C. d.o.o. mit Sitz in F., Slowenien,“ ersetzt wird und

b) die Strafsanktionsnorm lautet: „ § 28 Z 1 dritter Strafsatz Lohn- und

Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz – LSD-BG“.

II.) Dem Beschwerdeführer wird ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens von 1.600,-- Euro, das sind 20% der verhängten Geldstrafen, auferlegt.

III.) Der Haftungsausspruch gemäß § 9 Abs. 7 VStG wird insofern abgeändert, als nicht die C. D. mit Sitz in E., sondern die C. d.o.o. mit Sitz in F., Slowenien für die Geldstrafen und die Verfahrenskosten (Kosten für das behördliche Verfahren sowie für das Beschwerdeverfahren) haftet.

IV.) Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Gang des Verfahrens:

Die Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet:

„Sie haben als Verantwortlicher der Firma C. D. mit Sitz in E., Niederlande,

diese ist Arbeitgeberin im Sinne der §§ 3 Abs. 2, 8 Abs. 1 oder 19 Abs. 1, zu verantworten, dass unten angeführte Lohnunterlagen am Arbeits(Einsatz)ort im Inland während der Dauer der Beschäftigung oder des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 19 Abs. 3 Z 6) nicht bereitgehalten und auch vor Ort nicht unmittelbar in elektronischer Form zum Zeitpunkt der Erhebung zugänglich gemacht wurden,

obwohl eine Verwaltungsübertretung begeht, wer den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel im Sinne der Richtlinie 91/533 des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem entsandten Arbeitnehmer für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache, ausgenommen den Arbeitsvertrag, am Arbeits(Einsatz)ort nicht bereithält oder den Abgabenbehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse vor Ort zum Zeitpunkt der Erhebung nicht unmittelbar in elektronischer Form zugänglich macht, auch wenn die Beschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers in Österreich früher geendet hat, wobei der Arbeitsvertrag entweder in deutscher oder in englischer Sprache Bereitzuhalten ist.

Folgende Lohnunterlagen wurden nicht am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitgehalten oder zugänglich gemacht:

a) Arbeitsvertrag oder Dienstzettel in deutsch oder englisch (im Sinne der Richtlinie 91/533 des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bestimmungen)

b) Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege für das/die Monat(e): 06/2017 und 07/2017

c) Lohnaufzeichnungen (Lohnkontoblätter, Lohnlisten, Lohnsteuerkarten, An- und Abmeldungen zur Krankenversicherung, Melde- und Zuschlagsverrechnungslisten bzw. vergleichbare Unterlagen)

d). Unterlagen betreffend die Lohneinstufung (Nachweis Berufsausbildung/Qualifikation, Unterlagen über einschlägige Vordienstzeiten bzw. Berufserfahrung, alle übrigen Unterlagen welche Basis für die Einstufung in den österreichischen Kollektivvertrag gebildet haben)

1) Arbeitnehmer: G. H.

Geb: 1992

Staatsangehörigkeit: Slowenien

Tätigkeit: Monteur

Arbeitsantritt: 25.07.2017

Arbeits(Einsatz)ort und Kontrollzeit: Wien, J.-Straße; 25.07.2017, 08:45 h

2) Arbeitnehmer: K. L.

Geb: 1989

Staatsangehörigkeit: Slowenien

Tätigkeit: Monteur

Arbeitsantritt: 26.06.2017

Arbeits(Einsatz)ort und Kontrollzeit: Wien, J.-Straße; 25.07.2017, 08:45 h

3) Arbeitnehmer: M. N.

Geb: 1992

Staatsangehörigkeit: Slowenien

Tätigkeit: Monteur

Arbeitsantritt: 17.07.2017

Arbeits(Einsatz)ort und Kontrollzeit: Wien, J.-Straße; 25.07.2017, 08:45 h

4) Arbeitnehmer: P. R.

Geb: 1992

Staatsangehörigkeit: Slowenien

Tätigkeit: Monteur

Arbeitsantritt: 19.06.2017

Arbeits(Einsatz)ort und Kontrollzeit: Wien, J.-Straße; 25.07.2017, 08:45 h“

Wegen dieser Übertretungen des § 22 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Z 1 LSD-BG wurden über den Beschwerdeführer gemäß § 28 erster Strafsatz LSD-BG vier Geldstrafen von jeweils 2.000,-- Euro (vier Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils fünf Tagen) verhängt und dem Beschwerdeführer ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 800.— Euro vorgeschrieben.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde führt der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer zunächst aus, dass die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses genannten Arbeitnehmer nicht bei der niederländischen Firma C. D., sondern bei der slowenischen Firma C. d.o.o. beschäftigt und von letztgenanntem Unternehmen auch nach Österreich auf die Baustelle in Wien, J.-straße entsendet worden wären. Das Verfahren sei daher von der belangten Behörde gegen die falschen Personen, nämlich gegen die Geschäftsführer der niederländischen Firma C. D. statt gegen die Verantwortlichen der slowenischen Firma C. d.o.o. geführt worden.

Der Beschwerdeführer A. B. sei zwar mit dem gegenständlichen Auftrag betraut worden, dies allerdings nicht als Geschäftsführer der niederländischen Firma C. D.. Sollte er überhaupt verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, sei es zwar richtig, dass eine ZKO 3 Meldung verspätet erstattet worden sei, dass Lohnunterlagen nicht an Ort und Stelle bereitgehalten worden und auch nachträglich nur unvollständig vorgelegt worden seien; es werde diesbezüglich aber um Nachsicht ersucht, da der Beschwerdeführer mit den einschlägigen Rechtsvorschriften zu wenig vertraut gewesen sei. Der Vorwurf, eine ZKO 3 Meldung nachträglich falsch erstattet zu haben, sei allerdings unberechtigt, da der Beschwerdeführer in der betreffenden Meldung zu Recht die slowenische Firma C. d.o.o. als enstendendes Unternehmen angeführt habe.

Aufgrund dieser Beschwerde führte das Verwaltungsgericht Wien am 4.3.2019 und am 8.4.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer als Beschuldigter sowie der Bauleiter des Generalunternehmers als Zeuge befragt wurden.

Der Beschwerdeführer gab zu Protokoll, er habe die im Spruch genannten Arbeiter auf die Baustellen in der J.-Straße in Wien geschickt, weil er einen Auftragsschein von der niederländischen Firma C. D. erhalten habe. Er habe gewusst, um welche Arbeiten es gehe und wie viele Arbeiter er nach Wien schicken müsse, weil er nicht nur die der Beschwerde beigelegte Auftragsbestätigung, sondern auch die Pläne für die Baustelle aus den Niederlanden erhalten habe.

Er sei Geschäftsführer der slowenischen Firma C. d.o.o, aber auch Partner der niederländischen Firma C. D.. In der niederländischen Firma sei er aber nur Gesellschafter und habe nichts mit dem operativen Betrieb zu tun. Geschäftsführer der niederländischen Firma sei Herr S. T.. Mit diesem verständige er sich in englischer Sprache.

Von der gegenständlichen Kontrolle und der Pflicht zur Vorlage von Papieren sei er vom Generalunternehmer unterrichtet worden. Er sei selbst in Wien gewesen und habe sich die Baustelle angesehen. Wäre es auf der Baustelle zu Beschädigungen gekommen oder dem Generalunternehmer sonst ein Schaden durch die Tätigkeit seiner slowenischen Firma entstanden, dann hätte dafür die slowenische und nicht die niederländische Firma gehaftet. Die slowenische C. d.o.o sei keine Tochterfirma der niederländischen Firma, sondern ein eigenständiges Unternehmen. Die Niederländer seien auch nicht Mehrheitseigentümer. Vielmehr gehöre die slowenische Firma zu 100% dem Beschwerdeführer.

Der Vertreter der Finanzpolizei führte aus, dass ihm von der Generalunternehmerin eine Liste von beauftragten Unternehmern ausgehändigt worden und auf dieser Liste nur die niederländische Firma C. D. und nicht die slowenische C. d.o.o. gestanden sei. Daher seien die ausständigen ZKO3-Meldungen und die ausständigen Lohnunterlagen sowie andere Unterlagen von der niederländischen und nicht von der slowenischen Firma angefordert worden. Dass es einen Vertrag (Auftragsweitergabe) zwischen der niederländischen und slowenischen Firma gab, sei der Finanzpolizei damals nicht bekannt gewesen, weshalb die Finanzpolizei davon ausgegangen sei, dass die Arbeiter von der niederländischen Firma entsandt worden wären.

Die zeugenschaftliche Befragung des Bauleiters des Generalunternehmers brachte keine zusätzlichen Aufschlüsse. Die Verhandlung wurde daraufhin vertagt und dem Beschwerdeführer und seinem anwaltlichen Vertreter erklärt, dass das Gericht nach der unten zitierten höchstgerichtlichen Judikatur ermächtigt sei, das Verfahren gegen den Beschwerdeführer als verwaltungsstrafrechtlich Veranwtwortlichen der slowenischen C. d.o.o. fortzuführen.

In der fortgesetzten Verhandlung am 8.4.2019 erklärte der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers, dass er sich mit der schriftlichen Erledigung des Verfahrens einverstanden erkläre und auf die Fortsetzung der Verhandlung verzichte. Im Übrigen werde kein weiteres Beschwerdevorbringen erstattet. Auch der Vertreter der Finanzpolizei erstattet kein weiteres Vorbringen.

Sachverhalt:

Aufgrund der Aktenlage und der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Befragung des Beschwerdeführers wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgesetellt:

Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer der C. d.o.o. mit Sitz in F., Slowenien, und als solcher zur Vertretung dieses Unternehmens nach außen berufen. Zudem ist der Beschwerdeführer Gesellschafter der niederländischen Firma C. D.. Letztgenannte Firma hat für die gegenständliche Baustelle in der J.-Straße, wo es um die Errichtung eines Stores ging, von der Generalunternehmerin, der deutschen Firma „V. GmbH“, den Auftrag für die gegenständlichen Bauarbeiten erhalten. Die niederländische Firma C. D. hat diesen Auftrag am 20.6.2017 eins zu eins an die slowenische Firma C. d.o.o. weitergegeben. Die C. d.o.o. wiederum ist Arbeitgeberin der im Spruch genannten slowenischen Arbeiter und hat diese Arbeiter nach Österreich entsendet, wo sie am 25.7.2017 auf der Baustelle in Wien, J.-Straße, für die C. d.o.o. gearbeitet haben. Im Zuge einer Baustellenkontrolle durch Organe der Finanzpolizei wurden mit den Arbeitern Personenblätter aufgenommen, in denen sie den Beschwerdeführer A. B. als ihren Chef und die slowenische C. d.o.o. als ihren Arbeitgeber angegeben haben. Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des behördlichen Aktes, dem im Beschwerdeverfahren vorgelegten Auftragsschreiben der niederländischen Firma C. D. und den glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Seitens des Beschwerdeführers blieben diese Feststellungen unbestritten.

Die C. d.o.o. hat als Arbeitgeberin und entsendendes Unternehmen entgegen § 22 Abs. 1 LSD-BG die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses unter den lit. a) bis d) genannten Lohnunterlagen am Arbeitsort im Inland, also an der Baustelle in Wien, J.-Straße, weder bereitgehalten noch zugänglich gemacht. Dies blieb im gesamten Verfahren unbestritten und wird im Beschwerdeschriftsatz sogar ausdrücklich zugestanden.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 22 Abs. 1 LSD-BG haben Arbeitgeber im Sinne der §§ 3 Abs. 2, 8 Abs. 1 oder 19 Abs. 1 während der Dauer der Beschäftigung (im Inland) oder des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 19 Abs. 3 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel im Sinne der Richtlinie 91/533 des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem entsandten Arbeitnehmer für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache, ausgenommen den Arbeitsvertrag, am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder diese den Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittelbar vor Ort und im Zeitpunkt der Erhebung in elektronischer Form zugänglich zu machen, auch wenn die Beschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers in Österreich früher geendet hat. Der Arbeitsvertrag ist entweder in deutscher oder in englischer Sprache bereitzuhalten.

Gemäß § 28 Z 1 LSD-BG begeht, wer als Arbeitgeber entgegen § 22 Abs. 1 oder Abs. 1a die Lohnunterlagen nicht bereithält eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jeden Arbeitnehmer mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer betroffen, für jeden Arbeitnehmer mit einer Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen.

Vor dem Hintergrund der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen war der objektive Tatbestand der dem Beschwerdeführer behördlich zur Last gelegten Übertretung des § 22 Abs. 1 LSD-BG als verwirklicht anzusehen.

Zum Verschulden hat der Beschwerdeführer ins Treffen geführt, er habe zum ersten Mal einen Bauauftrag in Österreich ausgeführt und sei mit den einschlägigen Vorschriften des LSd-BG nicht hinreichend vertraut gewesen. Außerdem habe er gedacht, er könne im Rahmen der unionsrechtlich garantierten Dienstleistungsfreiheit ohne Weiteres grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen. Mit diesem Vorbriungen ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, fehlendes Verschulden darzulegen, wäre er doch im Fall von Arbeiten in Österreich als Unternehmer dazu verpflichtet gewesen, sich noch vor Beginn der Arbeiten über die in Österreich geltenden maßgeblichen Rechtsvorschriften zu unterrichten. Somit war aufgrund der gesetzlichen Vermutung des § 5 Abs. 1 VStG von fahrlässigem und damit schuldhaftem Verhalten des Beschwerdeführers auszugehen.

Soweit die belangte Behörde den Beschwerdeführer fälschlich in seiner Eigenschaft als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen eines anderen Unternehmens (der C. D.) belangt hat, ist auszuführen, dass es sich bei der Bezeichnung des Unternehmens, für welches der Beschuldigte verantwortlich ist, nicht um ein wesentliches Tatbestandeselement im Sinne des § 44a Z 1 VStG handelt, sodass der Fehler der belangten Behörde bei der Bennung der juristischen Person, für die der Beschwerdeführer gemäß § 9 VStG verantwortlich ist, auch nach Verstreichen der Verfolgungsverjährungsfrist noch zulässig war (siehe VwGH vom 24.1.2008, 2004/03/0007). Solcherart stellt es auch keine Überschreitung des Sache des Verfahrens dar, wenn das Gericht den Beschuldigten als nach § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich Verantwortlichen für eine andere Gesellschaft als jene in Anspruch nimmt, für welche er im behördlichen Straferkenntnis verantwortlich gemacht worden war (siehe VwGH vom 24.4.2008, 2007/07/0124; vom 28.5.2008, 2004/03/0049 sowie vom 3.9.2008, 2005/03/01018). In Ansehung dieser höchstgerichtlichen Judikatur hatte das Verwaltungsgericht Wien die Tatanlastung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Rahmen seiner meritorischen Entscheidungspflicht richtigzustellen.

Das angefochtene Straferkenntnis war somit mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der Beschwerdeführer die Tat als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der slowenischen Firma C. d.o.o. zu verantworten hat.

Strafbemessung:

Da gegenständlich vier Arbeiter, damit mehr als drei Arbeiter, betroffen sind, war der dritte Strafsatz des oben zitierten § 28 Z 1 LSD-BG zur Anwendung zu bringen und von einem gesetzlichen Strafrahmen auszugehen, der je Arbeiter von 2.000,-- Euro bis 20.000,-- Euro reicht. Das Zitat der Strafsanktionsnorm im Spruch war entsprechend richtig zu stellen.

Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass von der belangten Behörde ohnedies nur die gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafen verhängt wurden und Gründe für eine außerordentliche Strafmilderung oder ein gänzliches Absehen von der Strafe gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG im Verfahren nicht hervorgekommen sind. Weder der objektive Unrechtsgehalt der Tat noch das den Beschwerdeführer treffende Verschulden erweisen sich als atypisch geringfügig. Die vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung angegebenen wirstchaftlichen und persönlichen Verhältnisse (monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.700,-- Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) wurden berücksichtigt. Abgesehen von der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit in Österreich sind keine Milderungsgründe hervorgekommen. Die bisherige Unbescholtenheit ist jedoch für sich allein nicht ausreichend, um gegenständlich von einem deutlichen Überwiegen der Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG ausgehen zu können.

Es war somit spruchgemäß zu enstcheiden.

Revision:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die (ordentliche) Revision zulässig, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

Ein Vergleich der Regelungen zum Ablehnungsmodell gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG aF mit dem Revisionsmodell nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zeigt, dass diese Bestimmungen nahezu ident sind. Zur Auslegung des Begriffes „Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" kann somit auch auf die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Ablehnungsrecht nach Art. 131 Abs. 3 B-VG aF zurückgegriffen werden (in diesem Sinne Thienel, Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, 74). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist dann anzunehmen, wenn die Entscheidung des VwGH von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (VwGH 18.06.2014, Ra 2014/01/0029). Trotz fehlender Rechtsprechung des VwGH liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist oder bereits durch ein Urteil des EuGH gelöst wurde (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/07/0053; 28.02.2014, Ro 2014/16/0010). Die Rechtsfrage muss eine solche sein, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte des Revisionswerbers im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen hingegen ist der VwGH nicht zuständig (VwGH 12.08.2014, Ra 2014/06/0015). Der VwGH ist als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Unter Beachtung dieses Grundsatzes kann der VwGH jedoch prüfen, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (VwGH 19.05.2014, Ra 2015/19/0091).

Da in Ansehung dieser von Judikatur und Literatur herausgearbeiteten Grundsätze im gegenständlichen Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, war die (ordentliche) Revision nicht zuzulassen. Auch das anhängige Vorabentscheidungsverfahren am EuGH in den verbundenen Rechtssachen C-50/18, C -64/18, C -140/18, C -146/18 und c -148/18) erfordert, wie der VwGH in einem vergleichbaren Verfahren bereits ausgesprochen hat (siehe VwGH vom 20.9.2018, Ra 2018/11/0118), nicht die Zulassung der Revision, zumal gegenständlich über den Beschwerdeführer wegen Missachtung formaler Verpflichtungen beim grenzüberschreitenden Arbeitseinsatz Strafen in der Höhe von insgesamt nicht mehr als 16.000,-- Euro verhängt wurden, wohingegen das anhängige Vorabentscheidungsverfahren Rechtssachen betrifft, in denen Verwaltungsstrafen in Millionenhöhe verhängt wurden.

Schlagworte

Tatanlastung; Spruch; Korrektur; Beschuldigter; Haftung; strafrechtlich Verantwortlicher; juristische Person; Verfolgungsverjährung; Lohnunterlagen bereithalten; Dienstleistungsfreiheit

Anmerkung

VfGH v.27.11.2019, E 2047-2049/2019; Aufhebung und Ablehnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.041.046.12485.2018

Zuletzt aktualisiert am

09.01.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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