TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/17 96/09/0362

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Veröffentlicht am 17.12.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28a idF 1990/450;
VStG §51 Abs7;
VStG §51e;
VStG §51f;
VStG §51h Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des HS in W, vertreten durch Dr. Georg Kahlig und Dr. Gerhard Stauder, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Siebensterngasse 42, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. August 1996, Zl. UVS-07/01/00505/92, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 15. Bezirk vom 28. September 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der S Ges.m.b.H. zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 10. Juni 1992 in Wien 9., Allgemeines Krankenhaus Wien, Penthouse, 13. Ebene, auf der dort befindlichen Baustelle acht namentlich genannte ausländische Staatsangehörige mit dem Verlegen von Gipskartonplatten beschäftigt habe, obwohl ihr für diese weder entsprechende Beschäftigungsbewilligungen erteilt worden seien, noch diese Ausländer jeweils im Besitz eines Befreiungsscheines oder einer Arbeitserlaubnis gewesen seien, womit er gegen die Rechtsvorschrift des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz verstoßen habe und zu acht Geldstrafen a S 50.000,-- sowie Kostenersatz (im Falle der Uneinbringlichkeit acht Ersatzfreiheitsstrafen von je 10 Tagen) bestraft wurde.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. August 1996 wurde der Berufung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26. April 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Schuldfrage keine Folge gegeben, sondern das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Beschwerdeführer richtig die Verwaltungsübertretungen "als Inhaber des Einzelunternehmens S mit dem Standort in Wien 15., Goldschlagstraße 112" zu verantworten habe, der Name eines Ausländers richtiggestellt wurde und dem Beschwerdeführer hinsichtlich eines weiteren namentlich genannten Ausländers "zwar eine Beschäftigungsbewilligung, jedoch für die berufliche Tätigkeit eines Lagerarbeiters erteilt" gewesen sei und die Strafsanktionsnorm richtig "§ 28 Abs. 1 Z. 1 dritter Strafsatz AuslBG" zu lauten habe.

Nach Darstellung des Verfahrensganges, insbesondere der im Berufungsverfahren vorgelegten und in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erörterten Urkunden und Darlegung der Erwägungen zur Beweiswürdigung führte die belangte Behörde begründend im wesentlichen aus, durch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß die von der ARGE AKH Penthouse an die K GesmbH erteilten Aufträge an das Einzelunternehmen S als Subunternehmen weitergegeben worden und die betretenen Arbeiter diesem Einzelunternehmen zuzurechnen seien. Für einen der ausländischen Arbeitnehmer habe das Einzelunternehmen S zwar eine Beschäftigungsbewilligung mit Gültigkeit auch zum Tatzeitpunkt gehabt, doch habe diese ausschließlich auf die berufliche Tätigkeit eines Lagerarbeiters gelautet, der betreffende Arbeitnehmer sei aber beim Verlegen von Gipskartonplatten angetroffen worden, diese Beschäftigung sei jedoch nicht Gegenstand der erteilten Beschäftigungsbewilligung gewesen. Die restlichen ausländischen Arbeitnehmer seien tatsächlich für das Einzelunternehmen des Beschwerdeführers tätig geworden, dieser habe auch das Lohngeld vom Konto des Einzelunternehmens abgehoben und bar an die Betreffenden ausbezahlt. Es sei damit davon auszugehen, daß die Ausländer in einer nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes relevanten Weise in einem zumindest arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zur Einzelunternehmung des Beschwerdeführers tätig gewesen seien, was die Bewilligungspflicht nach dem AuslBG nach sich zöge. Bei diesem Ergebnis erübrige es sich, auf die Frage näher einzugehen, ob nach der zur Tatzeit geltenden Rechtslage der Einsatz der Ausländer als "Arbeitsgesellschafter" der OEG im Rahmen eines Einsatzes durch diese OEG einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung bedurft hätte. Allerdings werde darauf verwiesen, daß die Gründung einer Ges.m.b.H. & Co OEG, in der neben einer Baugesellschaft m.b.H. als Komplementärin sämtliche weiteren Arbeitsgesellschafter fremde Staatsangehörige seien und als Arbeitnehmer eingesetzt würden, der Umgehung der Bewilligungspflicht für die Beschäftigung von Ausländern diene, die dazu führe, daß der Gesellschaftsvertrag von Anfang an nichtig sei. Auch ein vom Beschwerdeführer ins Treffen geführter entschuldigender Rechtsirrtum liege im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG nicht vor, weil der Beschwerdeführer von seinem Steuerberater zwar die Auskunft erhalten habe, bei Gründung einer OEG bräuchten für diese tätige ausländischen Gesellschafter keine Beschäftigungsbewilligung, dies könne aber dahingestellt bleiben, weil nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens die Ausländer direkt von der Einzelunternehmung des Beschwerdeführers beschäftigt worden seien und ein Werkvertrag mit der S Ges.m.b.H. & Co OEG gar nicht bestanden habe. Entgegen dem Berufungsvorbringen sei auch keine unrichtige Rechtsauskunft durch den Steuerberater des Beschwerdeführers vorgelegen, weil auch nach der Auskunft des Steuerberaters eine (gemeint: bewilligungsfreie) Beschäftigung der OEG-(Arbeits)gesellschafter durch das Einzelunternehmen des Beschwerdeführers auch nach der damaligen Rechtslage unzulässig gewesen sei. Im übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafzumessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem "Recht auf amtswegige Wahrnehmung der Verjährung und somit in seinem Recht auf Nichtbestrafung nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach Eintritt der Verjährung" und in der "Pflicht zur amtswegigen Einstellung des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 7 VStG" verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Sie macht gegen die Beschwerde geltend, durch die am 26. April 1995 erfolgte mündliche Verkündung sei der angefochtene Bescheid bereits vor Ablauf der Strafbarkeitsverjährungsfrist erlassen worden. Der Beschwerdeführer sei ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen worden, habe sich aber vor der Bescheidverkündung wieder entfernt, die in Abwesenheit des Beschuldigten erfolgte Verkündung habe die Wirkung der Erlassung des Bescheides gehabt.

§ 51 Abs. 7 Satz 1 VStG finde im Beschwerdefall deshalb keine Anwendung, weil dem Arbeitsinspektorat im Verwaltungsstrafverfahren nach § 28a AuslBG Parteistellung zukomme, die nach der Rechtsprechung auch das Berufungsrecht umfasse, weshalb nach § 51 Abs. 7 Satz 2 VStG die 15-monatige Entscheidungsfrist im Beschwerdefall nicht gelte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 2 AuslBG beträgt die Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG für Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 ein Jahr (Verfolgungsverjährung).

Nach § 31 Abs. 3 Satz 1 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem in Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind (Strafbarkeitsverjährung).

Wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, dann hindert dies nach § 51f Abs. 2 VStG weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses.

Nach § 28a AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 hat das Landesarbeitsamt im Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung und ist berechtigt, gegen Bescheide, die in letzter Instanz ergangen sind, wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Im Beschwerdefall wurde als Tag der Tat der 10. Juni 1992 festgestellt, die dreijährige Verjährungsfrist des § 31 Abs 3 VStG endete somit am 10. Juni 1995. Eine Verkündung ist nach § 67g AVG in Verbindung mit § 51f Abs. 2 VStG auch zulässig, wenn die Parteien nicht anwesend sind. Fortführung und Abschluß der Verhandlung in Abwesenheit der Partei ist insbesondere auch dann nicht rechtswidrig, wenn die Partei und/oder ihr Rechtsvertreter sich aus der Verhandlung entfernt haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1992, 92/04/0168). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes werden durch die Verkündung eines Bescheides auch in Abwesenheit der Parteien Verjährungsfristen gewahrt, sofern die Parteien ordnungsgemäß geladen waren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1995, 95/09/0061) und kein Hinderungsgrund gemäß § 19 Abs. 3 AVG geltend gemacht wurde. Der Beschwerdeführer bestreitet weder die ordnungsgemäße Ladung zur Verhandlung vom 26. April 1995 noch die Verkündung des angefochtenen Bescheides am Ende dieser mündlichen Verhandlung. Seine Abwesenheit bei der Beschwerdeverkündung hinderte deshalb nach der vorgenannten Rechtsprechung die Wahrung der Verjährungsfrist nach § 31 Abs. 3 VStG nicht. Bei dieser Sachlage ist es ohne Belang, daß die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses der belangten Behörde an den Beschwerdevertreter erst am 11. Oktober 1996 (und damit nach Ablauf der in § 31 Abs. 3 Satz 1 VStG genannten Frist) zugestellt wurde (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1995, 94/03/0292).

Der Verjährungseinwand des Beschwerdeführers nach § 31 Abs. 3 Satz 1 VStG trifft daher nicht zu.

Zu seinem auf § 51 Abs. 7 VStG gestützten Einwand ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß im Verwaltungsstrafverfahren nach § 28a AuslBG (im Beschwerdefall ist im Hinblick auf die Einbringung der Berufung des Beschwerdeführers am 20. Oktober 1992 § 28a leg. cit. in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990, zur Beurteilung der zu § 51 Abs. 7 VStG aufgeworfenen Rechtslage heranzuziehen) dem Landesarbeitsamt Parteistellung zukommt, die nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch das Recht zur Erhebung der Berufung umfaßt (vgl. z.B. hg. Erkenntnisse vom 21. April 1994, 93/09/0457, und vom 15. September 1994, 94/09/0061). Damit kommt aber nach § 51 Abs. 7 Satz 2 VStG der erste Satz dieser Bestimmung im Verwaltungsstrafverfahren in Verbindung mit § 28a AuslBG nicht zur Anwendung, wogegen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1994, 94/09/0061 unter Hinweis auf den Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Februar 1994, B 1111/93).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet; sie war daher nach § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am17. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996090362.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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