TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/26 W208 2210330-1

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Veröffentlicht am 26.03.2019
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Entscheidungsdatum

26.03.2019

Norm

ABGB §270
B-VG Art.133 Abs4
GEG §6a Abs1
Geo. §217 Abs2
GGG Art.1 §32 TP12 litj
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W208 2210330-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & CO KG, Schubertring 6, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 19.10.2018, 100 Jv 3167/18-33a, betreffend Gerichtsgebühren zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet

abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 23.12.2016 beantragte die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) die Bestellung eines Abwesenheitskurators gemäß § 270 ABGB idF BGBl I 2006/92 beim Bezirksgericht Wien XXXX (im Folgenden: BG) für die jeweiligen anonymen Inhaber von einer größeren Anzahl verschiedener Sparkonten und Wertpapierdepots.

Daraufhin stellte das BG mit Beschluss vom 28.01.2017 den oben genannten Antrag der BF zur Verbesserung binnen 14 Tagen zurück. Darin wurde der BF u.a. der Auftrag erteilt, für jede einzelne Geschäftsbeziehung einen gesonderten Antrag zu stellen. Am 28.02.2017 leistete die BF diesem Verbesserungsauftrag Folge und stellte für jede einzelne Geschäftsbeziehung einen eigenen Antrag, darunter auch für das beschwerdegegenständliche Grundverfahren zu XXXX 17f.

In der Folge ordnete das BG mit Verfügung vom 22.03.2017 an, dass insgesamt 61 Pflegschaftsakten anzulegen seien und die entsprechenden Beilagen den jeweiligen Geschäftsbeziehungen/Akten zuzuordnen seien.

Mit Beschluss vom 28.06.2017 bestellte das BG u.a. für das Verfahren zu XXXX 17f einen Rechtsanwalt zum Kurator nach § 270 ABGB für "Unbekannter Inhaber des Überbringer-Sparkontos Nr. XXXX , KontoNr. XXXX der Zweigstelle XXXX der BF. Mit Lastschriftanzeige vom 22.01.2018 schrieb das BG der BF dafür eine Pauschalgebühr gemäß Tarifpost 12 lit j Gerichtsgebührengesetz (GGG) von € 256,00 vor.

Gleichzeitig schrieb das BG aufgrund der in den weiteren 60 Anträge auf Bestellung eines Kurators nach § 270 ABGB mit 60 weiteren Lastschriftanzeigen vom 22.01.2018 bzw. 23.03.2018 der BF jeweils eine Pauschalgebühr gemäß Tarifpost 12 lit j Gerichtsgebührengesetzt (GGG) von € 256,00 vor, darunter auch das Verfahren zu XXXX /17v.

Am 12.12.2018 entrichtete die BF die mit Lastschriftanzeige vom 22.01.2018 vorgeschriebene Pauschalgebühr von € 256,00 für das Verfahren zu XXXX /17v. Gegen die restlichen Lastschriftanzeigen erhob die BF am 12.02.2018 bzw. am 17.04.2017 Einwendungen.

Daraufhin wurde hinsichtlich des beschwerdegegenständlichen Grundverfahrens zu XXXX /17f am 25.04.2018 ein Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) iHv insgesamt € 264,00 (Pauschalgebühren von €

256,00 nach TP 12 lit j GGG zuzüglich einer Einhebungsgebühr von €

8,00 gemäß § 6a Abs 1 GEG) erlassen.

2. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien wurde (nachdem der davor erlassene Mandatsbescheid vom 25.04.2018 zu XXXX /17f durch die rechtzeitig erhobene Vorstellung vom 07.05.2018 ex lege außer Kraft getreten war) ein neuer Zahlungsauftrag erlassen. Mit diesem wurde der BF eine Pauschalgebühr gemäß TP 12 lit j GGG von € 256,00 zuzüglich einer Einhebungsgebühr von € 8,00 gemäß § 6a Abs 1 GEG, somit in Summe € 264,00 vorgeschrieben.

In der Begründung wurde zusammengefasst ausgeführt, dass es sich bei Aufkündigung von Spareinlagenverträge um jeweils andere Vertragsverhältnisse und Kündigungserklärungen handle. Eine Verbindung zu einer gemeinsamen Sache könne daher nicht erfolgen. Jedes Sparbuch stelle ein eigenes Verfahren mit unterschiedlichem Schicksal dar. Es sei daher für jedes Sparbuch eine gesonderte Kuratorenbestellung mit gesondertem Antrag erforderlich gewesen und in weiterer Folge für jedes Sparbuch/jeden Antrag die volle Gebühr gemäß TP 12 lit j GGG iHv € 256,00 zu entrichten gewesen.

3. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 25.10.2018) richtet sich die am 20.11.2018 eingebrachte Beschwerde.

Darin wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht: Unbestritten sei, dass die Anträge gemäß § 270 ABGB unter TP 12 lit j GGG fallen würden und die entsprechenden Pauschalgebühren somit € 256,00 betragen und der Antragsteller gemäß § 28 Z 11 GGG zahlungspflichtig sei. Ebenso werde nicht bestritten, dass die BF für die einzelnen Geschäftsbeziehungen in Entsprechung des Verbesserungsauftrages jeweils gesondert Anträge gestellt habe. Allerdings sei dies - wie im Fall der ersten und somit gebührenauslösenden Eingabe - für alle Geschäftsbeziehungen in einem einzigen Schriftsatz erfolgt. Auch den Ausführungen der belangten Behörde, wonach es sich bei Spareinlagen um jeweils andere Vertragsverhältnisse handle, deren Aufkündigung jeweils gesondert erfolgen müsse, sei rechtlich nichts zu entgegnen. Dies bedeute jedoch auch nicht, dass für jedes einzelne Inhaber- bzw Überbringersparbuch/jeden Antrag die Pauschalgebühr gesondert anfalle. Dies sei nicht in Einklang des Gesetzeswortlautes von § 3 GGG, wonach in zivilgerichtlichen Verfahren und Exekutionsverfahren die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten sei, gleichgültig ob die Klage (der Exekutionsantrag) mehrere Anträge enthalte, oder ob sich die Eingabe auf mehrere Personen beziehe. Das gleiche gelte für alle anderen Eingaben und Schriften, sofern in der Folge nicht etwas anderes bestimmt sei. Die BF habe die Pauschalgebühr iHv € 256,00 daher auch einmal am 12.12.2018 gemäß der Lastschriftanzeige vom 22.01.2018 betreffend die GZ XXXX /17v entrichtet. Die Rechtsansicht der belangten Behörde knüpfe hinsichtlich der Gebührenpflicht offensichtlich nicht an die "Eingabe", sondern an den Antrag. Dies entspreche nicht § 3 Abs 1 GGG, welcher auch speziell für die TP 12 gelte. Daran ändere auch der Wortlaut in TP 12 lit j GGG (arg. "sonstige Anträge") nichts, da die allgemeine Regelung in § 3 Abs. 1 GGG gerade den hier vorliegenden Fall - mehrere Anträge in einer Eingabe - adressiere und eine entsprechende Regelung (eine Pauschalgebühr pro Eingabe, unabhängig von der Anzahl der Anträge oder Personen, auf die sich die Eingabe beziehe) dafür vorsehe.

Im Übrigen sei die ursprüngliche Eingabe auch nicht zurück- oder abgewiesen worden, sondern sei den jeweiligen Anträgen stattgegeben worden und jeweils ein Kurator gemäß § 270 ABGB bestellt worden. Der Umstand, dass diese Bestellungen vom BG für jede Geschäftsbeziehung gesondert in einem Beschluss erfolgt seien, könne nicht der BF zum Nachteil gereichen, da sie hier keine Einflussmöglichkeit habe.

Daher sei der Bescheid zu Unrecht ergangen, da die Pauschalgebühr nach TP 12 lit j GGG - für die offenbar von der Behörde als gebührenauslösend angesehene erste Eingabe vom 23.12.2016 - nur einmal zu entrichten sei und diese einmalige Gebühr mit Zahlung am 12.02.2018 bereits beglichen worden wäre.

Schließlich wurden die Anträge gestellt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben sowie in jedem Fall dahingehend abzuändern, dass von der Festsetzung einer Einhebungsgebühr iHv € 6a Abs 1 GEG abgesehen werde.

4. Mit Schreiben vom 26.11.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem BVwG zu Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Punkt I.1. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt wird festgestellt.

Insbesondere steht fest, dass die BF am 23.12.2016 - neben weiteren 60 Anträgen - einen Antrag auf Bestellung eines Abwesenheitskurators gemäß § 270 ABGB für das Pflegschaftsverfahren zu XXXX /17f beim BG eingebracht hat.

Mit rechtskräftigem Beschluss des BG vom 28.06.2017 wurde für dieses Pflegschaftsverfahren ein Rechtsanwalt zum Abwesenheitskurator bestellt.

Fest steht, dass der BF durch Einbringung des oben genannten Antrages am 23.12.2016 eine Pauschalgebühr nach TP 12 lit j GGG iHv € 256,00 entstanden ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen und sind unbestritten.

Dass die BF für jede einzelne Geschäftsbeziehung einen eigenen Antrag, darunter auch für das beschwerdegegenständliche Grundverfahren, gestellt hat, wird von ihr nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG bzw im GGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags - der hier ohnehin nicht vorliegt - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305; 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen und ist auch die Rechtsfrage nicht derart komplex, dass es zu deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedürfte.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes (GGG), des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes (GEG), des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) und der Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz (Geo) lauten:

§ 3 Abs 1 und Abs 3 GGG lauten auszugsweise:

"§ 3. (1) In zivilgerichtlichen Verfahren und Exekutionsverfahren ist die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten, gleichgültig, ob die Klage (der Exekutionsantrag) mehrere Anträge enthält oder ob sich die Eingabe auf mehrere Personen bezieht. Das gleiche gilt für alle anderen Eingaben und Schriften, sofern in der Folge nicht etwas anderes bestimmt ist.

(2) ...

(3) Soweit im Folgenden nicht Anderes angeordnet ist, sind Pauschalgebühren

(1. - 3.) ...

4. in sonstigen Geschäften des außerstreitigen Verfahrens sowie in solchen Rechtsmittelverfahren (Tarifposten 12 und 12a),

(5. - 6.) ...

ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob das Verfahren in der jeweiligen Instanz bis zum Ende durchgeführt wird; die Gebührenpflicht erlischt auch dann nicht, wenn über den das Verfahren in der jeweiligen Instanz einleitenden Schriftsatz nicht entschieden wird. Unbeschadet der Tarifpost 15 sind neben den Pauschalgebühren für die jeweilige Instanz keine weiteren Gerichtsgebühren zu entrichten."

Nach § 2 Z 1 lit h GGG wird für das außerstreitige Verfahren gemäß TP 12 lit j der Anspruch des Bundes auf die Gebühr mit der Überreichung der ersten Eingabe begründet.

Nach § 28 Z 11 GGG ist für sonstige Geschäfte des außerstreitigen Verfahrens der Antragsteller zahlungspflichtig.

Nach § 270 ABGB idF BGBl I 2006/92 findet die Bestellung eines Kurators für Abwesende, dann statt, wenn sie keinen ordentlichen Vertreter zurückgelassen haben, ohne solchen aber ihre Rechte durch Verzug gefährdet, oder die Rechte eines Andern in ihrem Gange gehemmt würden und nicht in anderer Weise, etwa durch die Bestellung eines Kurators in einem bestimmten gerichtlichen Verfahren durch das dort zur Entscheidung berufene Gericht, für die Wahrung dieser Rechte Sorge getragen werden kann.

Gemäß § 6a Abs 1 GEG sind, werden die nach § 1 einzubringenden Beträge nicht sogleich entrichtet (§ 4 GGG) oder ist die Einziehung erfolglos geblieben, diese durch Bescheid zu bestimmen (Zahlungsauftrag). Der Zahlungsauftrag hat eine Aufstellung der geschuldeten Beträge und die Aufforderung zu enthalten, den Betrag binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen. Gleichzeitig ist dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr in Höhe von 8 Euro vorzuschreiben. Der Zahlungsauftrag ist ein Exekutionstitel im Sinn der Exekutionsordnung.

§ 217 Geo lautet auszugsweise:

"Zahlungsauftrag

§ 217. (1) Wenn die vierzehntägige Zahlungsfrist fruchtlos verstrichen ist, die Einziehung erfolglos geblieben ist oder die Zahlungspflichtigen - etwa durch Rücksendung der Lastschriftanzeige mit einem entsprechenden Vermerk - ihre fehlende Zahlungsbereitschaft zu erkennen gegeben haben, hat die Vorschreibungsbehörde (§ 209 Abs. 1) einen Zahlungsauftrag zu erlassen.

(2) Der Zahlungsauftrag hat zusätzlich zu den in § 6a Abs. 1 GEG angeführten Inhalten den Namen und die Anschrift (den Sitz) der Zahlungspflichtigen, die für die Berechnung der einzelnen Beträge maßgeblichen Gesetzesbestimmungen und Bemessungsgrundlagen, die sich aus den geschuldeten Beträgen errechnende Gesamtsumme sowie das Konto des Gerichts zu enthalten. Es ist zulässig, je nach Fälligkeit der Zahlungspflicht einen gesonderten Zahlungsauftrag zu erlassen, soweit dies aus verwaltungsökonomischen Gründen geboten ist".

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

3.3.1. Die BF vertritt zusammengefasst die Meinung, dass die Pauschalgebühr nach TP 12 lit j GGG für die mit Schriftsatz vom 23.12.2016 beantragte Bestellung eines Abwesenheitskurators gemäß § 270 ABGB für 61 verschiedene Geschäftsbeziehungen/Sparbücher nur mit einer einmaligen Gebühr zu begleichen gewesen sei. Diese Gebühr iHv € 256,00 sei demnach mit Zahlung am 12.02.2018 (für das Verfahren zu XXXX /17v) bereits auch für alle anderen - insbesondere auch für das beschwerdegegenständliche Verfahren XXXX /17f - beglichen worden.

3.3.2. Dem Vorbringen der BF kann aus nachstehenden Gründen jedoch nicht gefolgt werden:

Die BF hat bei ihrer Eingabe am 23.12.2016 die Bestellung eines Abwesenheitskurators gemäß § 270 ABGB für 61 verschiedene Geschäftsbeziehungen/Sparbücher in einem Antrag beantragt. In Entsprechung des daraufhin ergangenen Verbesserungsauftrages hat sie in Folge für jede einzelne Geschäftsbeziehung einen eigenen Antrag, darunter auch für das beschwerdegegenständliche Grundverfahren gestellt.

Das GGG knüpft bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen Formaltatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinweg sieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. (vgl VwGH 29.04.2013, 2012/16/0131 und die in Dokalik, Gerichtsgebühren13, in E 12.ff zu § 1 GGG, wiedergegebene Rechtsprechung) Es geht auch nicht an, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen (vgl VwGH 13.5.2004, 2003/16/0469 mwN).

Für jedes der verschiedenen Sparbücher war eine gesonderte Kuratorenbestellung mit gesondertem Antrag erforderlich. Daher ist auch - insbesondere unter Berücksichtigung des formalen äußeren Tatbestands - für jedes Sparbuch/jeden Antrag die volle Gebühr gemäß TP 12 lit j GGG iHv € 256,00 zu entrichten.

Das Vorbringen der BF, wonach die Pauschalgebühr nach TP 12 lit j GGG nur einmal zu zahlen sei, weil es sich faktisch um eine einzige Eingabe gehandelt habe, erweist sich somit aufgrund obiger Ausführungen als verfehlt.

3.3.3. Der von der BF zur Stützung ihrer Argumente angeführten Rechtsansicht, wonach die allgemeine Regelung in § 3 Abs 1 GGG gerade den hier vorliegenden Fall - mehrere Anträge in einer Eingabe - adressiere und eine entsprechende Regelung (eine Pauschalgebühr pro Eingabe, unabhängig von der Anzahl der Anträge oder Personen, auf die sich die Eingabe beziehe) dafür vorsehe, ist Folgendes entgegen zu halten:

Hinsichtlich § 3 Abs 1 zweiter Satz GGG, wonach in zivilgerichtlichen Verfahren und Exekutionsverfahren die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten ist, gleichgültig, ob die Klage (der Exekutionsantrag) mehrere Anträge enthält oder ob sich die Eingabe auf mehrere Personen bezieht, das gleiche auch für alle anderen Eingaben und Schriften gilt, sofern in der Folge nicht etwas anderes bestimmt ist, wird in der Literatur zwar ausgeführt, dass es unklar sei, ob diese Anordnung des zweiten Satzes für andere Eingaben und Schriften im Zivil- oder Exekutionsverfahren (etwa Rechtsmittelschriftensätze) gelte oder auch für Eingaben und Schriften in anderen Verfahren. Gegen die zweitere Annahme spreche jedoch, dass etwa TP 10 mit Anm 2 eine dem § 3 Abs 1 vergleichbare Regelung trifft, was nicht notwendig wäre, wenn dies schon aufgrund des zweiten Satzes gelten würde. Überdies hätte dies in anderen Verfahren eine wohl unerwünschte Kumulierung von Anträgen zur Folge, bei denen kein sachlicher Grund ersichtlich ist, warum diese gegenüber einem Einzelantrag begünstigt sein sollten. Die Gefahr bestehe im Zivil- und Exekutionsverfahren nicht, weil die Kumulierung von Ansprüchen über die Zusammenrechnung nach § 15 Abs 2 GGG Auswirkungen auf die Gebührenhöhe hat (vgl. Dokalik, Gerichtsgebühren13, Anm 3 zu § 3 GGG).

Dieser Meinung, hinsichtlich einer Anwendung von § 3 Abs 1 zweiter Satz GGG für Eingaben und Schriften außerhalb des Zivil- oder Exekutionsverfahrens ist nach Ansicht des BvWG zu folgen und davon auszugehen, dass diese Anordnung nur für andere Eingaben und Schriften im Zivil- oder Exekutionsverfahren gilt. Mehrere "sonstige Anträge" im Außerstreitverfahren gemäß TP 12 lit j GGG sind - unabhängig davon, ob sie anfänglich in einer gemeinsamen "Eingabe" eingebracht wurden - daher alle einzeln zu vergebühren.

3.3.4. Daher hatten die 61 von der BF in ihrem Schriftsatz vom 23.12.2016 beantragten Bestellungen von Abwesenheitskuratoren für 61 verschiedene Geschäftsbeziehungen/Sparbücher (und damit in 61 verschiedenen Pflegschaftsverfahren) - insbesondere unter Hinweis auf Judikatur des VwGH, wonach die Gebührenpflicht und die Ausnahmen hievon an den formalen äußeren Tatbestand anknüpfen - auch ein mehrfaches (nämlich für jeden einzelnen der 61 Anträge) Anfallen der Pauschalgebühr zur Folge, darunter auch für den beschwerdegegenständlichen Antrag zum Grundverfahren XXXX /17f.

Im Ergebnis kann das BVwG daher die Ansicht der belangten Behörde, wonach für jedes Sparbuch eine gesonderte Kuratorenbestellung mit gesondertem Antrag erforderlich war und somit für jeden Antrag eine Pauschalgebühr nach TP 12 lit j GGG iHv € 256,00 vorzuschreiben, nicht als fehlerhaft erkennen.

3.3.5. Zur Einhebungsgebühr nach § 6a GEG:

Zum von der BF vorgebrachten Argument, wonach im vorliegenden Fall jedenfalls von einer Festsetzung einer Einhebungsgebühr iHv € 6a Abs 1 GEG abgesehen werden müsse, ist Folgendes auszuführen:

Nach § 217 Abs 2 letzter Satz Geo ist es zulässig, je nach Fälligkeit der Zahlungspflicht einen gesonderten Zahlungsauftrag zu erlassen, soweit dies aus verwaltungsökonomischen Gründen geboten ist

Der VwGH führt in ständiger Rechtsprechung aus, dass die Erlassung einer Vielzahl von Zahlungsaufträgen zur Hereinbringung zahlreicher Geldstrafen, die gemäß § 355 EO infolge des widerholten Zuwiderhandelns gegen ein Unterlassungsurteil verhängt worden sind, einen Ermessensfehler der Behörde darstellt, wenn aus den Akten kein sachlicher Grund für die Vorgangsweise ersichtlich ist (im diesem Fall wurden am selben Tag ca. 300 gesondert ausgefertigte Zahlungsaufträge gegen die BF erlassen, wodurch Einhebungsgebühren in exzessiven Ausmaß angefallen sind; vgl. Dokalik, Gerichtsgebühren13, Entscheidung 16 zu 6a GEG; VwGH 17.05.2001, 2000/16/0773).

Im vorliegenden Fall liegt ein sachlicher Grund für die Erlassung des Zahlungsauftrages samt Einhebungsgebühr vor, weil die 61 Mal entstandene Pauschalgebühr aufgrund der Lastschriftanzeigen von der BF lediglich einmal entrichtet wurde und daher der gegenständliche Zahlungsauftrag samt Einhebungsgebühr notwendig war um die Einhebung der offenen Gebührenschuld zu XXXX /17f zu veranlassen.

Die Vorschreibung der Einhebungsgebühr iHv € 8,00 nach § 6a Abs 1 GEG ist daher im gegenständlichen Fall zu Recht erfolgt. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer allfälligen Vorschreibung einer Einhebungsgebühr in den anderen Fällen ist nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.

3.3.6. Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG anzulasten ist, ist die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Auf die oben dargestellte ständige Judikatur des VwGH zum Vorliegen eines formalen äußeren Tatbestandes wird verwiesen.

Schlagworte

Abwesenheitskurator, Antragstellung, Einhebungsgebühr,
Gerichtsgebührenpflicht, Pauschalgebührenauferlegung,
Zahlungsauftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W208.2210330.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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