TE Vfgh Erkenntnis 1996/12/10 B2396/95

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Veröffentlicht am 10.12.1996
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Quasianlaßfall; Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Tir GVG 1993 mit E v 10.12.96, G84/96 ua.

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Rechtsvertreter die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der - gemäß §28 des Gesetzes vom 7. Juli 1993 über den Verkehr mit Grundstücken in Tirol (Tiroler Grundverkehrsgesetz), LGBl. für Tirol 82/1993 (im folgenden: TGVG 1993) gebildeten - Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung wurde gemäß §3 Abs1 iVm. §4 Abs2 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983, Anlage zur Kundmachung der Landesregierung vom 18. Oktober 1983 über die Wiederverlautbarung des Grundverkehrsgesetzes 1970, LGBl. für Tirol 69/1983, idF der Kundmachungen LGBl. für Tirol 44/1984 und 45/1988 sowie des Landesgesetzes LGBl. für Tirol 74/1991 (im folgenden: TGVG 1983), die grundverkehrsbehördliche Zustimmung einem näher bezeichneten Rechtserwerb an einer Liegenschaft in Tirol versagt.

2. In seiner gegen diesen Bescheid gerichteten, auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten bzw. wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt und begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die beteiligte Partei trat in einem Schriftsatz dem Standpunkt des Beschwerdeführers bei.

II. Mit Beschluß vom 28. Juni 1996, B1522/95, leitete der Verfassungsgerichtshof nach Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §14 Abs1 und 2 samt Überschrift, der Wortfolge ", hinsichtlich der Baugrundstücke die Bezirksverwaltungsbehörde" in §26 Abs1, des §26 Abs2 sowie der lita des §28 Abs1 TGVG 1993 ein. Mit Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, G84/96 ua., hat er ausgesprochen, daß das TGVG 1993 zur Gänze verfassungswidrig war.

III. 1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG

wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundeliegenden Tatbestands nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Fälle gleichzuhalten, die zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10616/1985, 10736/1985, 10954/1986, 11711/1988).

2. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren zu G84/96 ua. begann am 28. November 1996. Die vorliegende Beschwerde ist am 31. Juli 1995 beim Verfassungsgerichtshof eingelangt.

Nach dem Gesagten ist der Fall daher einem Anlaßfall gleichzuhalten.

3. Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides Bestimmungen des TGVG 1993 an. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Es ist daher auszusprechen, daß der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen in seinen Rechten verletzt wurde, sowie daß der Bescheid aufgehoben wird (vgl. etwa VfSlg. 10736/1985, VfGH 14.6.1994, B376/94).

IV. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von S 3.000,-- enthalten.

2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B2396.1995

Dokumentnummer

JFT_10038790_95B02396_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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