TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/17 98/09/0177

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Veröffentlicht am 17.12.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs4;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde der BAUGAR Dobrovodsky & Co OHG (vormals BAUGAR Bau- und Gartengesellschaft m. b.h. & Co. KG) in Bisamberg, vertreten durch Dr. Leopold Specht, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntnerring 6, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 12. April 1995, Zl. IIf 6700B, betreffend Feststellungsantrag gemäß § 2 Abs. 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Antrag "gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG idF BGBl. 502/93" vom 24. Jänner 1994, eingelangt beim Arbeitsamt Korneuburg am 25. Jänner 1994, begehrte die Antragstellerin BAUGAR Bau- und Gartengesellschaft m.b.H. (als persönlich haftende Gesellschafterin der BAUGAR Bau- und Gartengesellschaft m.b.H. & Co. KG) die Feststellung, das Arbeitsamt Korneuburg möge gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG feststellen, daß die 46 namentlich genannten Kommanditisten auf die Geschäftsführung der BAUGAR Bau- und Gartengesellschaft m.b.H. & Co. KG einen wesentlichen Einfluß tatsächlich und persönlich ausüben.

Mit Bescheid vom 10. Juni 1994 wies das Arbeitsamt Korneuburg diesen Antrag ab.

Gegen diesen (am 14. Juni 1994 erlassenen) Bescheid erhob die Berufungswerberin BAUGAR Bau- und Gartengesellschaft m.b.H. (als persönlich haftende Gesellschafterin der BAUGAR Bau- und Gartengesellschaft m.b.H. & Co. KG) fristgerecht am 27. Juni 1994 Berufung.

Mit Eingabe vom 24. Oktober 1994, gerichtet an das Landesarbeitsamt Niederösterreich, eingelangt bei der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich am 25. Oktober 1994, stellte die BAUGAR Doborovodsky & Co OHG (vormals BAUGAR Bau- und Gartengesellschaft m.b.H. & Co. KG) als Berufungswerberin unter "Anzeige der Änderung der Parteibezeichnung" sowie teilweiser "Rechtsmittelzurücknahme" hinsichtlich verschiedener im Zuge der Umwandlung ausgeschiedener Gesellschafter der genannten Berufung der BAUGAR Bau- und Gartengesellschaft m.b.H. den "richtiggestellten Berufungsantrag", die Berufungsbehörde möge den abweisenden erstinstanzlichen Bescheid aufheben und in der Sache feststellen, daß die 36 namentlich genannten Gesellschafter der BAUGAR Dobrovodsky & Co OHG auf die Geschäftsführung dieser Gesellschaft tatsächlich und persönlich Einfluß ausüben; hilfsweise wurde der Antrag gestellt, die Behörde möge den abweisenden Bescheid aufheben und in die erste Instanz "zurückverfügen". In diesem Schriftsatz wurde unter anderem vorgebracht, die Kommanditgesellschaft BAUGAR Bau- und Gartengesellschaft m.b.H. & Co. KG sei derart in eine offene Handelsgesellschaft umgewandelt worden, daß alle österreichischen Gesellschafter und die Komplementärgesellschaft ausgetreten und nur mehr ausländische (offene) Gesellschafter vorhanden seien.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. April 1995 hat die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG als Berufungsbehörde "über die Berufung der BAUGAR

Dobrovodsky & Co OHG gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Korneuburg, AZ 6700B, vom 10. Juni 1994" entschieden, daß der Antrag der BAUGAR Dobrovodsky & Co OHG auf Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides und Feststellung in dem in der Eingabe vom 24. Oktober 1994 beantragten Sinn abgewiesen wird. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin (die OHG) zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 26. September 1995, B 1650/95-5, ab und trat sie entsprechend einem nachträglich gestellten Antrag im Sinn des § 87 Abs. 3 VfGG mit Beschluß vom 29. November 1995, B 1650/95-7, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die Beschwerdeführerin ergänzte auf Grund der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1995 ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom 13. Februar 1996.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, daß "bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 AuslBG die Feststellung getroffen wird, ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den betreffenden Gesellschafter werde tatsächlich persönlich ausgeübt". Sie beantragt den angefochtenen Bescheid "wegen Gesetzwidrigkeit in eventu wegen Gesetzwidrigkeit infolge Verfahrensmangel" kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 66 Abs. 4 - des zufolge Art. II Abs. 2 lit. D Z. 41 EGVG auf das behördliche Verfahren der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice anzuwendenden - AVG hat die Berufungsbehörde außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.

Die Verpflichtung zur Entscheidung "in der Sache" bedeutet eine Einschränkung der Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde dahingehend, daß nur die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat, Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. Die Berufungsbehörde darf daher sachlich nicht über mehr oder über etwas anderes entscheiden, als Gegenstand der Entscheidung der Unterbehörde war. Die den Entscheidungsspielraum der Berufungsbehörde begrenzende Sache im Sinne von § 66 Abs. 4 AVG ist nicht jene, welche in der Unterinstanz in Verhandlung war, sondern die, die durch den Spruch des Bescheides der Unterinstanz begrenzt ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage 1998, Seite 1264 f wiedergegebene hg. Judikatur).

Im Beschwerdefall hat die Behörde erster Instanz mit Bescheid vom 10. Juni 1994 über den Feststellungsantrag der BAUGAR Bau- und Gartengesellschaft m.b.H. abgesprochen. Dieser von der abgewiesenen Antragstellerin mit Berufung vom 27. Juni 1994 bekämpfte Bescheid der Unterinstanz bildete den Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die belangte Behörde hat übersehen, daß weder die BAUGAR Bau- und Gartengesellschaft m.b.H. & Co. KG noch die (nach Änderung der Rechtsform dieser Gesellschaft von einer Kommanditgesellschaft in eine OHG) erstmals im Berufungsverfahren als Berufungswerberin aufgetretene BAUGAR Dobrovodsky & Co OHG den Feststellungsantrag gestellt haben, über den die Unterinstanz entschieden hat. Ungeachtet bereits des durch den Spruch des Bescheides der Unterinstanz begrenzten Entscheidungsspielraumes hat die belangte Behörde des weiteren nicht beachtet, daß der in erster Instanz gestellte Antrag Gesellschaftsverhältnisse von Kommanditisten zu einer Kommanditgesellschaft betraf, während die Beschwerdeführerin in ihrem geänderten Berufungsantrag Feststellungen über Gesellschaftsverhältnisse von Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft zu einer OHG begehrt. Dieser geänderte Berufungsantrag überschreitet nach seinem Inhalt die Grenzen der durch § 66 Abs. 4 AVG bestimmten Zuständigkeit der belangten Behörde, wobei diesem in Wahrheit erstmals gestellten "geänderten" Feststellungsantrag schon im Hinblick auf die nach Bescheiderlassung in erster Instanz erfolgten wesentlichen Änderungen des Gesellschaftsvertrages und die Änderung der Person des Antragstellers das Hindernis der entschiedenen Sache nicht entgegengehalten werden kann (vgl. in dieser Hinsicht auch das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1995, Zl. 95/09/0013).

Es war somit verfehlt, daß die belangte Behörde die beschwerdeführende OHG im Berufungsverfahren gegen den von der BAUGAR Bau- und Gartengesellschaft m.b.H. bekämpften Bescheid des Arbeitsamtes Korneuburg vom 10. Juni 1994 als Berufungswerberin behandelte und über ihren "richtiggestellten Berufungsantrag" meritorisch entschieden hat. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich in diesem Zusammenhang zu der Klarstellung veranlaßt, daß die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Berufungsentscheidung keine Bindungswirkung für einen von der Beschwerdeführerin bei der zuständigen Behörde eingebrachten bzw. allenfalls noch einzubringenden Feststellungsantrag entfaltet.

Dadurch, daß die belangte Behörde, statt den geänderten Berufungsantrag zurückzuweisen, über diesen eine abweisende Entscheidung getroffen hat, wurde die Beschwerdeführerin jedoch im Ergebnis nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt (vgl. hiezu auch die bei Walter/Thienel, a.a.O., Seite 1263 E 104 f wiedergegebene hg. Judikatur).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.Wien, am 17. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998090177.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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