TE Vwgh Beschluss 2019/3/27 Ra 2019/13/0022

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Veröffentlicht am 27.03.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §46
VwGG §46 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Fr 2019/13/0001

Betreff

? Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs sowie Senatspräsident Dr. Nowakowski und Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Anträge des V in W, vertreten durch Dr. Monika Krause, Rechtsanwältin in 1020 Wien, Praterstraße 25A/19, auf Wiederaufnahme des mit dem Beschluss vom 27. März 2019, Ra 2019/13/0022-4, Fr 2019/13/0001-3, abgeschlossenen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof sowie auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 6. Dezember 2018, Zl. RV/7104916/2018, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2013, sowie über die damit verbundene neue, mit 29. April 2019 datierte Revision gegen dieses Erkenntnis den Beschluss gefasst:

Spruch

1.

Dem Antrag auf Wiederaufnahme wird nicht stattgegeben.

2.

Die Revision vom 29. April 2019 wird zurückgewiesen.

3.

Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird eingestellt.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte der Anträge und der Revision ist auf den Beschluss vom 27. März 2019, Ra 2019/13/0022-4, Fr 2019/13/0001-3, zu verweisen. Mit diesem Beschluss wurde eine mit "Wien, am 10:30" datierte Eingabe des anwaltlich vertretenen Revisionswerbers, mit der er - soweit zuordenbar - eine außerordentliche Revision gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 6. Dezember 2018 betreffend seine Einkommensteuer für das Jahr 2013 erhob, ohne Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens zurückgewiesen. 2 In dem nunmehr vorliegenden Schriftsatz vom 29. April 2019, mit dem der Revisionswerber die Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof sowie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes begehrt, wird die vom Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesene Eingabe als "völlig missglückt und unbrauchbar" bezeichnet. Zu ihrem Zustandekommen wird vorgebracht, die Vertreterin des Revisionswerbers habe nach Überprüfung eines dem Schriftsatz vom 29. April 2019 angeschlossenen, mit 18. Jänner 2019 datierten Entwurfs der Revision ihrer Sekretärin den Auftrag erteilt, damit übereinstimmende Ausfertigungen herzustellen. Auf "völlig unerklärliche und unverständliche" Weise sei es dann dazu gekommen, dass "beim Ausdruck" und somit "nicht im konzeptiven Bereich", sondern "nur im manipulativen Bereich bei Verwendung einer Datenverarbeitungsanlage" die in der eingebrachten Form "nicht gewollte" Revision entstanden sei. 3 Zu diesem Vorbringen ist anzumerken, dass der durchlaufend paginierte, aber inhaltlich inkohärente Schriftsatz mit der zurückgewiesenen Eingabe auf der ersten Seite (links unterhalb der Angabe "Wien, am 10:30") die Unterschrift der den Revisionswerber vertretenden Rechtsanwältin trug.

4 Dem Schriftsatz vom 29. April 2019, den sie sowohl beim Verwaltungsgerichtshof als auch beim Bundesfinanzgericht einbrachte, hat die Vertreterin des Revisionswerbers auch eine neue, mit 29. April 2019 datierte außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 6. Dezember 2018 angeschlossen.

5 Das Bundesfinanzgericht hat die neue Revision vorgelegt, ohne seine Zuständigkeit zur Entscheidung über den (auch) bei ihm eingebrachten Wiedereinsetzungsantrag (§ 46 Abs. 4 erster Satz VwGG) wahrzunehmen.

6 Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte. 7 Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Das Verschulden des die Partei vertretenden Rechtsanwaltes ist der Partei zuzurechnen (vgl. dazu die Nachweise bei Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, § 46 VwGG, E 42 ff). Das Verfahren über einen Wiedereinsetzungsantrag ist einzustellen, wenn die damit verbundene Revision mangels Erfüllung der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen ist (vgl. Eder/Martschin/Schmid, a.a.O., § 34 VwGG, E 6; § 46 VwGG, E 8 ff).

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 10 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 11 Im vorliegenden Fall wird zur Begründung des Wiederaufnahmeantrages geltend gemacht, den Vorschriften über das Parteiengehör sei nicht entsprochen worden, weil kein Auftrag zur Behebung der Mängel der ursprünglichen Revision erteilt worden sei. Bei Erteilung eines solchen Auftrags hätte die Vertreterin des Revisionswerbers "die Mängel durch Übersendung der ja vorliegenden kompletten Revision behoben", sodass es nicht zur Zurückweisung der Revision gekommen wäre. Die im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 2019 vertretene Ansicht, die Einbringung der grob mangelhaften Revision sei rechtsmissbräuchlich erfolgt, weshalb kein Mängelbehebungsverfahren durchzuführen sei, treffe aus näher dargestellten Gründen nicht zu.

12 Die Begründung des Wiedereinsetzungsantrages enthält als Erklärung dafür, dass die "völlig missglückte und unbrauchbare Eingabe" von der Rechtsanwältin unterfertigt wurde, nur den Hinweis, die "erste Seite (Rubrum) und vier nachfolgende Seiten" seien (gemeint wohl: mit Ausnahme des Datums "10:30" auf der ersten Seite) "richtig" gewesen. Wenn man "in so einer Konstellation überhaupt von einem Verschulden des Anwaltes sprechen wollte, würde es sich jedenfalls nur um einen minderen Grad des Versehens handeln".

13 Eine nähere Auseinandersetzung damit und mit der Frage, ob ein Mängelbehebungsverfahren durchzuführen gewesen wäre, erübrigt sich, weil eine Überprüfung im Rahmen des Vorbringens zur Zulässigkeit (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Revisionsentwurf vom 18. Jänner 2019 und (wortgleich) in der Revision vom 29. April 2019 ergibt, dass die mit "10:30" datierte Revision auch nach Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen gewesen wäre und die Revision vom 29. April 2019 schon aus demselben Grund ebenfalls zurückzuweisen ist, sodass es keiner Prüfung sonstiger Zulässigkeitsvoraussetzungen und keiner weiteren Behandlung des Wiedereinsetzungsantrages bedarf. 14 Mit dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 6. Dezember 2018 wurde ein Bescheid bestätigt, der dem Revisionswerber den Alleinverdienerabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 für das Jahr 2013 nicht zuerkannte. Es steht außer Streit, dass diese Entscheidung dem Gesetz entsprach. Der Revisionswerber bekämpft (wie schon für die Jahre 2011 und 2012, vgl. dazu die im Beschluss vom 27. März 2019 angeführten Erledigungen) die durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, herbeigeführte Änderung in den gesetzlichen Voraussetzungen des ihm danach nicht mehr zustehenden Alleinverdienerabsetzbetrages.

15 Das im Revisionsentwurf vom 18. Jänner 2019 und in der Revision vom 29. April 2019 enthaltene Vorbringen zu den Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG (§ 28 Abs. 3 VwGG) betrifft erstens Fragen der behaupteten Verfassungswidrigkeit der Gesetzesänderung, womit sich die Zulässigkeit einer Revision aber nicht begründen lässt (vgl. Eder/Martschin/Schmid, a.a.O., § 34 VwGG, E 33 ff), und zweitens die vom Revisionswerber behauptete Unionsrechtswidrigkeit der Gesetzesänderung sowie daraus abgeleitet die Verletzung der in Art. 267 AEUV normierten Vorlagepflicht durch das Bundesfinanzgericht, das der Revisionswerber im Hinblick auf die restriktive Zulassungspraxis des Verwaltungsgerichtshofes für ein letztinstanzliches Gericht hält. In den Ausführungen zum "bestimmten Begehren" (§ 28 Abs. 1 Z 6 VwGG) vertritt er dabei die Ansicht, für die "Verdrängung durch den Anwendungsvorrang des Unionsrechts" biete sich im EStG 1988 "keine geeignete Wortgruppe an", weshalb "§ 1 des EStG unangewendet bleiben" müsse. Anders sei "der benötigte Effekt nicht zu erzielen".

16 Die Unionsrechtswidrigkeit soll darin liegen, dass der Revisionswerber als kinderloser Alleinverdiener dadurch, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag nur mehr für "Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind" vorgesehen sei, diskriminiert werde und ein "erlaubtes Ziel", das mit dieser Diskriminierung verfolgt werde, "nicht erkennbar" sei. Auf bestimmte Normen des Unionsrechts nehmen der Revisionsentwurf vom 18. Jänner 2019 und die Revision vom 29. April 2019 in diesem Zusammenhang (auch in den Revisionsgründen) nicht Bezug. Dass der nicht erkennbar grenzüberschreitende Fall Grundfreiheiten berühre, wird nicht behauptet. Sollte sich der Revisionswerber auf die Grundrechte-Charta beziehen wollen, so wäre darauf hinzuweisen, dass diese gemäß ihrem Art. 51 "ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union" anzuwenden ist (vgl. dazu etwa das die Umsatzsteuer betreffende Erkenntnis VwGH 23.1.2013, 2010/15/0196, VwSlg 8780/F, und als Gegenbeispiel zur Einkommensteuer VwGH 10.3.2016, Ra 2015/15/0041, Rn. 24 und 25). Inwiefern eine unter Art. 51 der Charta fallende Situation vorliegen sollte, wird vom Revisionswerber nirgends dargetan.

17 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird mit dem ursprünglich intendierten und in der Revision vom 29. April 2019 enthaltenen Vorbringen somit nicht aufgezeigt.

18 Es war daher dem Antrag auf Wiederaufnahme des mit dem Beschluss vom 27. März 2019 abgeschlossenen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 45 VwGG nicht stattzugeben, die Revision vom 29. April 2019 schon wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen und das Verfahren über den Wiedereinsetzungsantrag einzustellen.

Wien, am 12. Juni 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019130022.M00

Im RIS seit

25.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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