TE Vwgh Erkenntnis 2019/6/26 Ro 2019/09/0004

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Veröffentlicht am 26.06.2019
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
40/01 Verwaltungsverfahren
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz

Norm

ABGB §1380
AVG §37
BDG 1979 §105 Z1
BDG 1979 §134 Z3
BDG 1979 §91
BDG 1979 §93
BDG 1979 §93 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr, die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer und Mag. Feiel sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision des X Y in Z, vertreten durch die Stögerer Preisinger Rechtsanwälte OG in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 76/2/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Jänner 2019, W208 2186271-1/23E, betreffend Disziplinarstrafe nach dem BDG 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission für Beamte und Lehrer beim Bundesministerium für Landesverteidigung; weitere Partei: Bundesminister für Landesverteidigung) zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der im Jahr 1958 geborene Revisionswerber stand vor seiner Versetzung in den Ruhestand in einem aktiven öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis als Referatsleiter im militärischen Immobilienmanagementzentrum (MIMZ). Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem die Planung und Beschaffung von Werkstättenausstattungen und in diesem Zusammenhang die Freigabe der Bezahlung von Rechnungen nach Erbringung der bestellten Leistungen/Lieferungen.

2 Mit mündlich verkündetem Bescheid der Disziplinarkommission (in der Folge: DK) vom 12. Dezember 2017 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe in 13 u.a. Rechnungsvorgängen entgegen konkreter Weisungen seiner Vorgesetzten die gesetzlichen Bestimmungen des § 119 Abs. 5 Bundeshaushaltsverordnung 2013 (§ 113 Abs. 1 BHG 2013) gewissenhaft zu vollziehen, diese schuldhaft missachtet, indem er die sachliche Richtigkeit näher genannter Rechnungen der Firma S im Rahmen seiner sachlichen Prüfungen gemäß § 119 Abs. 5 BHG 2013 bestätigt habe, aber ohne dezidierte Feststellungen, ob die bezeichnete Lieferung oder sonstige Leistung tatsächlich erbracht worden sei, ob die Lieferung oder sonstige Leistung vereinbarungsgemäß bzw. der Bestellung entsprechend ausgeführt worden sei und ob die angeführten Qualitäts- und Mengenangaben stimmten, und er habe dadurch dem Bund einen finanziellen Schaden von 609.852,97 Euro zugefügt. Er habe dadurch vorsätzlich in Form des bedingten Vorsatzes gegen die in § 44 Abs. 1 BDG 1979 (Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten) festgelegten Verpflichtungen zur sachlichen und rechtmäßigen Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben, im Besonderen gegen die Bestimmungen des § 119 Abs. 5 Bundeshaushaltsverordnung 2013 schuldhaft verstoßen und habe damit Dienstpflichtverletzungen im Sinn des § 133 BDG 1979 begangen.

Über ihn wurde gemäß § 134 Z 3 BDG 1979 in Verbindung mit § 126 Abs. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe "Verlust aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche" verhängt. Die Verpflichtung zum Ersatz der Verfahrenskosten wurde ihm nicht auferlegt.

3 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde mit der Maßgabe ab, dass der Revisionswerber schuldig sei, in näher aufgezählten 13 Rechnungsvorgängen entgegen den gesetzlichen Bestimmungen des § 113 Abs. 2 BHG 2013, in der Fassung BGBl. I 139/2009 iVm § 119 Abs. 5 Bundeshaushaltsverordnung 2013, in der Fassung BGBl. II 266/2010, Rechnungen der Firma S als sachlich richtig bestätigt und damit zur Zahlung freigegeben zu haben, obwohl er nicht gewusst habe, ob die abgerechnete Lieferung oder Leistung tatsächlich erbracht worden sei. Er habe damit vorsätzlich Dienstpflichtverletzungen nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 iVm § 91 BDG begangen, wonach er seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen habe.

Über ihn wurde gemäß § 134 Z 3 iVm § 93 BDG 1979 die Disziplinarstrafe des Verlustes aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche verhängt (Spruchpunkt I). Weiters wurde der Revisionswerber gemäß § 17 VwGVG iVm § 117 Abs. 2 BDG 1979 zum Ersatz der zunächst aus Amtsgeldern berichtigten Gebühren für das Sachverständigengutachten in Höhe von insgesamt 868,-- Euro verpflichtet und ihm aufgetragen, den festgesetzten Betrag einzuzahlen oder zu überweisen (Spruchpunkt II).

4 Das Verwaltungsgericht sprach weiters aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG bezüglich Spruchpunkt I. nicht, bezüglich Spruchpunkt II. zulässig sei.

5 Das Bundesverwaltungsgericht begründete die Abweisung der Beschwerde des Revisionswerbers zusammengefasst - nach Darlegung des Verfahrensganges und Feststellungen zur Person des Revisionswerbers - damit, dass feststehe, dass die Gesamtsumme der aufgrund der inkriminierten Rechnungen und den Feststellungen einer Erhebungskommission fehlenden Lieferungen/Leistungen mit 609.852,97 Euro angenommen worden sei. Die Finanzprokuratur habe schlussendlich 148.422,30 Euro eingeklagt und der Revisionswerber habe im Rahmen eines rechtskräftigen gerichtlichen Vergleiches im gegen ihn vom BMLVS angestrengten Dienstnehmerhaftpflichtverfahren 50.000,-- Euro an den Bund bezahlt. Diese ca. 50.000,-- Euro Fehlbestand seien bereits bei einer Begehung im Februar 2014 festgestellt worden. Ob dem BMLVS durch Nichtlieferung bzw. Nichterbringung der in den Rechnungen angeführten Leistungen und Güter ein Schaden in Höhe von 609.852,97 Euro entstanden sei, stehe - auf Grund dieser unterschiedlichen Summen - zwar nicht fest. Dass ein Schaden eingetreten sei, ergebe sich aber nicht nur aus dem Erhebungsbericht der Kommission unter Leitung des Zeugen PA, sondern auch aus den Zeugenaussagen, wonach Waffenschränke und wichtiges Gerät nicht geliefert bzw. inventarisiert worden sei, Planungskosten ungerechtfertigt verrechnet worden seien und eine Mängelliste bestanden hätte.

6 Es könne nicht festgestellt werden, dass der Revisionswerber zum Zeitpunkt der Bestätigung der sachlichen Richtigkeit der Rechnungen, von vor Ort in der Kaserne G oder beim Jagdkommando befindlichen, für die Übernahme verantwortlichen und geeigneten Personen informiert worden wäre, dass die von ihm bestätigten Leistungen auf den Rechnungen tatsächlich vollständig im Hinblick auf Qualität und Quantität erbracht worden seien oder er sich selbst vor Ort davon überzeugt habe. Angehörige der Lieferfirma, die ihm telefonisch versichert hätten, dass "alles auf Schiene" sei, gehörten ebenso wie Wachen und Offiziere vom Tag zweifellos nicht zum geeigneten Personenkreis. Ebenso sei es unmöglich, anhand eines bloßen Vergleiches der Lieferscheine mit der Rechnung festzustellen, ob die bestellten Leistungen/Lieferungen auch tatsächlich wie angegeben erfolgt seien. Dass der Revisionswerber dies auf Grund "seiner Erfahrung könne" sei nicht nachvollziehbar. Die anderen von ihm namhaft gemachten Personen hätten glaubhaft bestritten, zu diesen Kontrollen in der Lage gewesen und eingeteilt worden zu sein.

7 Es stehe aber fest, dass der Revisionswerber gewusst habe, dass auf Anordnung seines Vorgesetzten an seinen Stellvertreter eine Freigabe zur Überweisung des Rechnungsbetrages erst nach Lieferung durchgeführt werden dürfe und der Revisionswerber auf Grund des Gespräches mit der Vertreterin der Firma S im Krankenstand in die Dienststelle gegangen sei und die Rechnung genehmigt habe, deren Genehmigung sein Stellvertreter verweigert habe.

8 In den Feststellungen stellte das Bundesverwaltungsgericht auch die von der Disziplinarkommission bei der Strafbemessung angenommenen Erschwerungs- und Milderungsgründe fest. 9 In der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht nach Darlegung der von ihm herangezogenen Rechtsgrundlagen aus, der Revisionswerber sei das für die sachliche Prüfung eingeteilte Organ, deren korrekte Durchführung ihm - auch ohne Bestehen einer konkreten Weisung - oblegen sei, weil er der dafür eingeteilte Referatsleiter mit langjähriger Erfahrung gewesen sei. Ihm wäre es gemäß § 119 Abs. 5 Z 1 BHV 2013 oblegen, sich belastbare Meldungen vertrauenswürdiger Personen im Sinn des § 113 Abs. 2 BHG 2013 vorlegen zu lassen, ob die Leistungen vereinbarungsgemäß bzw. der Bestellung entsprechend ausgeführt worden seien, wenn er nicht persönlich in der Lage gewesen sei, diese Überprüfungen durchzuführen. Die nicht gesetzeskonforme Durchführung sei ein Verstoß gegen die Dienstpflicht zur Beachtung der geltenden Rechtsordnung sowie zur treuen, gewissenhaften, engagierten und unparteiischen Dienstleistung gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979. Als schwerwiegendste Dienstpflichtverletzung sei dabei die Freigabe der Rechnung im Krankenstand anzusehen, weil er gewusst habe, dass sein Vorgesetzter seinem Stellvertreter aufgetragen habe, die Freigabe erst nach vollständiger Lieferung zu erteilen, und er sich ausschließlich auf die Aussage der Lieferfirma verlassen habe, dass "alles auf Schiene" sei.

10 Zum Verschulden führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber durch sein Verhalten Fehlbestände oder schlechte Leistungen bewusst in Kauf genommen bzw. zumindest ernstlich für möglich gehalten habe und daher der Disziplinarkommission zu folgen sei, wenn sie vom Vorsatz hinsichtlich der Schuldform von schweren Dienstpflichtverletzungen ausgehe.

11 Bei den Erschwerungsgründen wies das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass der Revisionswerber zwölf Dienstpflichtverletzungen von August bis Dezember 2013 und dann nochmal eine (die schwerste) im Jänner 2015 begangen habe. Feststehe, dass er mit seinem Verhalten das Risiko eines hohen finanziellen Schadens in Kauf genommen habe, wenngleich dieser Erschwerungsgrund entsprechend geringer zu bewerten sei, weil dessen Höhe - über 50.000,-- Euro hinaus - letztlich nicht habe bewiesen werden können und er den Schaden von 50.000,-- Euro durch seine Versicherung ersetzt habe.

12 Zu den Milderungsgründen führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die (erheblichen) Organisationsmängel berücksichtigt seien und andere Milderungsgründe wie tadellose Dienstleistung und Unbescholtenheit, teilweise geständige Verantwortung, lange Verfahrensdauer, teilweise Schadensgutmachung, sowie deren teilweise geringe Gewichtung vertretbar seien. Nicht zu berücksichtigen sei das Wohlverhalten seit der letzten Tat am 26. Jänner 2015, weil sich der Revisionswerber einerseits auf Grund des Krankenstandes und der anschließenden Ruhestandsversetzung nicht mehr im Dienst befunden habe und andererseits eine ordnungsgemäße Dienstleistung zu erwarten sei. Da der Schaden über 50.000,-- Euro nicht bewiesen habe werden können, müsse von einer vollständigen Schadensgutmachung ausgegangen werden. Letztlich tätigte das Verwaltungsgericht Ausführungen zur Spezial- und Generalprävention. Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Kosten für das Sachverständigengutachten, das auf Antrag des Revisionswerbers eingeholt worden sei, dem Revisionswerber aufzuerlegen seien, weil er zu einer Disziplinarstrafe verurteilt worden sei.

13 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde machte von der im Vorverfahren eingeräumten Möglichkeit der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Gebrauch.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 16 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht habe dadurch, dass es davon ausgehe, dass sich der Revisionswerber von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen frei zu beweisen habe, grundsätzliche Verfahrensvorschriften verletzt. Weder im Verfahren vor der Disziplinarkommission noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht habe die belangte Behörde entsprechende Beweismittel vorgelegt und es sei somit das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung nicht bewiesen. Es liege somit auf Seiten der belangten Behörde nachzuweisen, dass die Überprüfung der erbrachten Leistungen tatsächlich nicht erfolgt sei. Dieser Beweis sei der belangten Behörde jedoch misslungen.

17 Die vorliegende außerordentliche Revision erweist sich als zulässig und begründet:

18 Gemäß § 91 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach diesem Abschnitt (d.h. dem 8. Abschnitt des Gesetzes) zur Verantwortung zu ziehen. Schuldhaft verletzt ein Beamter seine Pflichten nur dann, wenn er ihnen entweder vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt. Zur Feststellung einer Dienstpflichtverletzung gehört der Nachweis, der Beamte habe mit Bewusstsein (Wissen) pflichtwidrig zu handeln oder unter Außerachtlassung der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt gegen seine ihm auferlegten Pflichten verstoßen. Dazu kommt, dass die Feststellung der Schuldform (Grad des Verschuldens) vor allem für die Schwere der Dienstpflichtverletzung und damit für die Bemessung der Strafe (§ 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979) entscheidend ist (vgl. VwGH 21.2.1991, 90/09/0181). 19 Vor diesem Hintergrund erweist sich der vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Schuldspruch als nicht von den verwaltungsgerichtlichen Feststellungen gedeckt:

20 Im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses legt das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber zur Last, er habe näher genannte Rechnungen als sachlich richtig bestätigt und damit zur Zahlung freigegeben, obwohl er nicht wusste, ob die abgerechnete Lieferung oder Leistung tatsächlich erbracht worden sei. Damit hat das Verwaltungsgericht positiv ausgesprochen, dass der Revisionswerber die sachliche Richtigkeit der Rechnungen nicht geprüft bzw. sich davon Kenntnis verschafft hat.

21 Dem gegenüber steht die (Negativ)-Feststellung, es könne nicht festgestellt werden, dass der Revisionswerber zum Zeitpunkt der Bestätigung der sachlichen Richtigkeit der Rechnungen von vor Ort in der Kaserne G oder beim Jagdkommando befindlichen, für die Übernahme verantwortlichen und geeigneten Personen informiert worden wäre, dass die von ihm bestätigten Leistungen auf den Rechnungen tatsächlich vollständig im Hinblick auf Qualität und Quantität erbracht worden seien oder er sich selbst vor Ort davon überzeugt habe.

22 Mit diesen Feststellungen lässt das Verwaltungsgericht aber geradezu offen, ob der Revisionswerber von der (un-)vollständigen Leistungserbringung wusste oder nicht, während im Spruch dezidiert angenommen wurde, er wusste es nicht. Damit stehen die so formulierten Feststellungen zum Spruch in Widerspruch und erweisen sich als nicht geeignet, einen Schuldspruch darauf aufzubauen. 23 Wenn in der Beweiswürdigung des angefochtenen Erkenntnisses die Rede davon ist, der Revisionswerber habe nicht nachweisen können, dass diese Dinge (gemeint offensichtlich die zu liefernden in Rechnung gestellten Gegenstände) zum Übergabezeitpunkt bzw. im Zeitpunkt der Genehmigung vorhanden gewesen seien und ihm damit eine Beweislast überbindet, verkennt das Verwaltungsgericht die Rechtslage. Im Disziplinarverfahren gibt es - wie im Strafprozess -

keine formelle Beweislast der Parteien.

24 Der Revisionswerber moniert weiters, dass der im Wege eines zivilrechtlichen Vergleiches von ihm bezahlte Betrag von 50.000,-- Euro weder ein Schuldeingeständnis noch ein Anerkenntnis dem Grunde nach darstelle und somit nicht als erwiesen angenommener Schadensbetrag miteinbezogen werden könne.

25 Tatsächlich stellt eine im gerichtlichen Vergleichsweg erfolgte Zahlung ohne weitere Erklärungen kein Anerkenntnis dar (siehe dazu OGH 18.10.2007, 2 Ob 286/06g). Damit ersetzt eine solche Zahlung die Prüfung des tatsächlich eingetretenen Schadens nicht und wird dies im fortgesetzten Verfahren, insbesondere im Hinblick auf allfällige Auswirkungen bei der Strafbemessung, zu berücksichtigen sein.

26 Daher war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. 27 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 26. Juni 2019

Schlagworte

Besondere RechtsgebieteSachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastVerfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019090004.J00

Im RIS seit

08.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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