TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/18 98/02/0188

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Veröffentlicht am 18.12.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §19;
VStG §45 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des T in Wien, vertreten durch Foglar-Deinhardstein & Brandstätter KEG, Rechtsanwaltskanzlei in Wien I, Plankengasse 7, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 23. April 1998, Zl. S 177 553/W/97, betreffend Ladung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ladungsbescheid der belangten Behörde vom 23. April 1998 wurde dem Beschwerdeführer bekanntgegeben, es werde ihm zur Last gelegt, am 12. September 1997 um 15.50 Uhr in Wien IV auf einer näher genannten Kreuzung als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet und dadurch eine Übertretung nach § 38 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung 1960 begangen zu haben. Gleichzeitig wurde er aufgefordert, sich zu einem näher bestimmten Zeitpunkt bei der belangten Behörde einzufinden. Sollte er der Ladung ungerechtfertigt keine Folge leisten, müsse der Beschwerdeführer mit der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens ohne seine Anhörung rechnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer macht geltend, hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung sei bereits ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt und dieses einer ihm zugestellten Mitteilung der belangten Behörde vom 10. März 1998 zufolge gemäß § 45 VStG eingestellt worden.

Der Beschwerdeführer legte in der Folge diese in den Verwaltungsakten nicht enthaltene Mitteilung über die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens vor. Die belangte Behörde nahm über entsprechende Aufforderung dazu dahingehend Stellung, daß diese Mitteilung auf Grund einer nicht mehr nachvollziehbaren Fehlleistung eines ihrer Beamten dem Beschwerdeführer zugestellt worden sei.

Gemäß der hg. Judikatur stellt ein Ladungsbescheid einen unmittelbar vor dem Verwaltungsgerichtshof anfechtbaren Bescheid dar. Einer solchen Beschwerde mangelt auch nicht die Rechtsverletzungsmöglichkeit, wenn etwa als Konsequenz des ungerechtfertigten Ausbleibens die Durchführung des Strafverfahrens ohne Anhörung des Beschuldigten angedroht war. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer Rechtsverletzung schon darin, daß der Beschwerdeführer genötigt sein konnte, vor einer Behörde zu erscheinen, ohne daß hiefür die gesetzlichen Voraussetzungen vorlagen (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S. 202 unter Nr. 4a. wiedergegebene hg. Judikatur). Ist der Gegenstand der Amtshandlung in einem Ladungsbescheid unrichtig angegeben und dadurch das Erscheinen des Geladenen vor der Behörde nicht nötig, ist der Ladungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April .1978, Slg. Nr. 9534). Die neuerliche Vorladung eines Beschuldigten mittels Ladungsbescheides unter Androhung von Zwangsmitteln nach Erlassung des Straferkenntnisses in der gleichen Strafsache ist unzulässig (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch aaO, S. 204 unter Nr. 16. wiedergegebene hg. Judikatur).

Die im Beschwerdefall vom Beschwerdeführer vorgelegte, von der belangten Behörde in ihrer Echtheit nicht bezweifelte, auf § 45 VStG gestützte Mitteilung vom 10. März 1998 über die Einstellung des gegen den Beschwerdeführer geführten Verwaltungsstrafverfahrens weist - mit Ausnahme der Jahreszahl - die gleiche Aktenzahl auf wie der von der belangten Behörde vorgelegte, den Vorfall vom 12. September 1997 betreffende Verwaltungsstrafakt. Die belangte Behörde ist der in der Beschwerde ausgesprochenen Vermutung, es handle sich hinsichtlich der geänderten Jahreszahl um ein Versehen, nicht entgegengetreten. Es kann daher im Hinblick darauf, daß die Aktenzahl dieser Mitteilung im übrigen mit dem Verwaltungsstrafakt übereinstimmt, der Beschwerdeführer als Adressat der Mitteilung angeführt ist und als Betreff der Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung 1960 angeführt ist, davon ausgegangen werden, daß der in der Mitteilung zum Ausdruck kommende behördliche Wille auf die Einstellung des gegen den Beschwerdeführer anhängig gewesenen, den angeführten Vorfall betreffenden Verwaltungsstrafverfahrens gerichtet war.

Einem - wie im Beschwerdefall die wesentlichen Bescheidmerkmale aufweisenden - Schreiben, mit welchem einem Beschuldigten mitgeteilt wird, daß ein gegen ihn geführtes Strafverfahren eingestellt wird, kommt Bescheidcharakter zu. Aus der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens erwächst die Rechtswirkung, daß von der Durchführung des Strafverfahres in der Folge abgesehen werden muß (vgl. die in Hauer/Leukauf, aaO, S. 1017 unter Nr. 15. und 16. wiedergegebene hg. Judikatur). Ausgehend von dieser Rechtslage erweist sich aber der angefochtene Ladungsbescheid, mit dem das bereits abgeschlossene Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer fortgesetzt werden soll, als nicht dem Gesetz entsprechend.

Der sohin in Verkennung der Rechtslage ergangene angefochtene Bescheid mußt daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998020188.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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