TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/29 G314 2216171-2

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Veröffentlicht am 29.04.2019
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Entscheidungsdatum

29.04.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G314 2216171-2/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, ungarischer Staatsangehöriger, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

(Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF), der Ungarisch spricht und in seinem Heimatstaat die Schule und eine Ausbildung zum Maurer und Parkettleger absolvierte, beantragte im April 2015 in Wien die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer. Dieser Antrag wurde am 23.12.2015 abgewiesen.

Am 29.10.2018 wurde der BF im Bundesgebiet verhaftet, in Untersuchungshaft genommen und mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2019, XXXX, wegen der Vergehen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls, teils durch Einbruch (§§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 1 erster Fall StGB) und der Fälschung besonders geschützter Urkunden (§§ 223 Abs 2, 224 StGB) zu einer 14-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Ein Strafteil von zehn Monaten wurde für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er zwischen August und Oktober 2018 teils allein, teils gemeinsam mit einem Mittäter, in insgesamt acht Angriffen XXXX und XXXX im Gesamtwert von über EUR XXXX stahl, wobei er einmal mit einem Bolzenschneider in einen Baucontainer einbrach und die Kabel sonst von unversperrten Baustellen oder aus unversperrten Kellerabteilen mitnahm. Außerdem verwendete er am 29.10.2018 einen falschen Schweizer Führerschein zum Nachweis seiner Identität und Lenkberechtigung. Bei der Strafzumessung wurden das Geständnis und der bisher ordentliche Lebenswandel als mildernd, das Zusammentreffen von zwei Vergehen und die mehrfachen Angriffe dagegen als erschwerend berücksichtigt.

Der BF ist ledig; Anhaltspunkte für Sorgepflichten sind nicht aktenkundig. Er ist gesund und arbeitsfähig, war aber zuletzt ohne Beschäftigung und ohne finanzielle Mittel. Laut dem Zentralen Melderegister (ZMR) war er von 13.12.2010 bis 22.03.2012, von 06.02. bis 21.07.2014 und von 02.03. bis 06.12.2018 mit Hauptwohnsitz an verschiedenen Adressen in Wien gemeldet; von 21.01. bis 13.12.2010, von 08.11.2011 bis 22.03.2012 und von 30.10.2018 bis 08.03.2019 bestanden Nebenwohnsitzmeldungen, zuletzt in der Justizanstalt XXXX. Er behauptete vor dem BFA, er habe vor seiner Verhaftung nicht an seiner Meldeadresse, sondern in einer Lebensgemeinschaft mit XXXX in deren Wohnung gewohnt. Nach dem Versicherungsdatenauszug war er im Bundesgebiet von 05.09. bis 31.10.2011, von 01. bis 17.07.2015, von 21.07. bis 23.10.2015, von 29. bis 31.12.2015 und zuletzt von 02.08. bis 30.11.2017 vollversichert erwerbstätig sowie von 01. bis 31.01.2016 und von 06.02. bis 15.03.2017 geringfügig beschäftigt. Vor dem BFA gab er an, er habe in Österreich seit 2003, zum Teil schwarz, gearbeitet.

Der BF wurde am 08.03.2019 nach dem Vollzug des unbedingten Strafteils aus der Strafhaft entlassen, vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vernommen und nach der Zustellung des nunmehr angefochtenen Bescheids nach Ungarn abgeschoben.

Damit erließ das BFA gegen den BF ein sechsjähriges Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.). Letzteres wurde damit begründet, dass die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei, weil er in Österreich strafbare Handlungen begangen habe und kein Vermögen besitze, sodass weitere Straftaten zu befürchten seien. Sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich trete aufgrund seines Verhaltens, welches das Grundinteresse der Gesellschaft an Ruhe, Ordnung und Sicherheit berühre, hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurück.

Mit seiner Beschwerde gegen diesen Bescheid strebt der BF die Aufhebung des Aufenthaltsverbots, allenfalls die Reduktion der Dauer, an. Er bringt vor, dass er seit 17 Jahren in Österreich arbeite und seit 10 Jahren hier wohne. Auch seine Lebensgefährtin wohne seit mehr als 10 Jahren im Bundesgebiet.

Das BFA beantragt, den angefochtenen Bescheid zu bestätigen, und legte die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem BVwG vor, wo sie am 23.04.2019 einlangte.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Frage der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, dem Beschwerdevorbringen sowie aus dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister, dem Versicherungsdatenauszug und dem Fremdenregister.

Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerde richtet sich - zumindest implizit - auch gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Das BVwG hat darüber gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann (ua) bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, hat das BVwG diese gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG vom Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des oder der Fremden in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, Art 3 oder Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn oder sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Solche konkreten Gründe wurden hier nicht vorgebracht. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des BF (Ungarn) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG. Aufgrund der wiederholten gewerbsmäßigen Vermögensdelinquenz des BF ist die Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfüllt, zumal aufgrund seiner Mittellosigkeit eine erhebliche Wiederholungsgefahr besteht, seine Taten sowie der Strafvollzug noch nicht lange zurückliegen und er sich ohne Anmeldebescheinigung im Bundesgebiet aufhielt. Auch das Vorbringen des BF, er halte sich seit mehr als zehn Jahren im Bundesgebiet auf und habe eine hier lebende Lebensgefährtin, führt nicht dazu, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung wegen der Gefahr einer Verletzung von Art 8 EMRK zuzuerkennen ist, weil aufgrund seiner Straffälligkeit ein großes öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung besteht. Geht man von der Richtigkeit seiner Behauptungen über die Dauer seines Aufenthalts und seiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet aus, ist ihm überdies die Missachtung melderechtlicher Vorschriften und die Beschäftigung ohne Anmeldung zur Sozialversicherung über einen langen Zeitraum anzulasten, was das öffentliche Interesse an der sofortigen Ausreise weiter verstärkt.

Die Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid ist knapp, aber im Hinblick auf die Eigentumskriminalität des einkommenslosen BF und den Umstand, dass er sich nicht an seiner Meldeadresse aufhielt, als ausreichend anzusehen.

Im Ergebnis war die sofortige Ausreise des BF nach dem Strafvollzug aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich; die vom BFA in diesem Zusammenhang vorgenommene Einschätzung ist nicht zu beanstanden. Es ist dem BF zumutbar, den Verfahrensausgang in seinem Herkunftsstaat abzuwarten.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit - vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt - die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2216171.2.00

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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