TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/18 97/02/0329

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Veröffentlicht am 18.12.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
StVO 1960 §89a Abs2a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des Dr. A, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 24. Juni 1997, Zl. MA 65 - 12/292/96, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89a StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juni 1997 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 89a Abs. 7 und 7a StVO ein Kostenersatz für die von der Magistratsabteilung 48 des Magistrates der Stadt Wien am 6. Jänner 1996 um 16.07 Uhr vorgenommene Entfernung und nachfolgende Aufbewahrung des an einem näher beschriebenen Ort verkehrsbeeinträchtigend abgestellt gewesenen, dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeugs des Beschwerdeführers in der Höhe von insgesamt S 2.102,-- vorgeschrieben.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde u.a. aus, der Meldungsleger habe bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung am 18. Juli 1996 seine Angaben dahingehend konkretisiert, daß das Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers "fast in der Kreuzung selbst" abgestellt gewesen sei, wie man auch der Anzeigenskizze entnehmen könne. Wesentlicher Abschleppungsgrund sei die durch die Sichtbehinderung verursachte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gewesen, zumal die Abschleppung in einer verkehrsreichen Zeit stattgefunden habe. Die Angaben des Meldungslegers vom 18. Juli 1996 würden auch nicht im Widerspruch zu seinen vorher gemachten Angaben stehen, weil die Sichtbehinderung schon in der Anzeige vom 6. Jänner 1996 als Abschleppgrund angegeben worden sei.

Die Gattin des Beschwerdeführers habe bei ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung am 19. März 1997 die Angaben des Beschwerdeführers zum Abstellort des Pkws bestätigt. Das Fahrzeug sei zwar vorschriftswidrig "innerhalb des 5-m Bereiches" gestanden, nicht aber verkehrsbeeinträchtigend. Die Skizze des Meldungslegers würde nicht den damaligen Gegebenheiten entsprechen, weil das Fahrzeug nicht über die Gehsteigverlängerung der S.-Straße hinausgeragt sei. Rechts neben dem Fahrzeug des Beschwerdeführers seien noch zwei weitere Fahrzeuge abgestellt gewesen.

Die belangte Behörde begründete in der Folge, weshalb sie den Angaben des Meldungslegers eher als jenen der Zeugin Glauben schenke. Der Meldungsleger habe in der in der Anzeige angefertigten Skizze sogar die Abstände des Fahrzeugs zum Schnittpunkt der einander kreuzenden Fahrbahnränder von der H.-Gasse und S.-Straße eingetragen, sodaß der Abstellort des Fahrzeugs genau nachvollzogen habe werden können.

Der Vorfall sei im Zeitpunkt der Vernehmung der Zeugen bereits über ein Jahr zurückgelegen, sodaß den unmittelbar bei der Anzeigenlegung bzw. in einem relativ kurzen zeitlichen Abstand danach getätigten Angaben des Meldungslegers größeres Gewicht beizumessen sei.

Laut dem ergänzend von der belangten Behörde eingeholten Gutachten der Magistratsabteilung 46 (Fachabteilung für verkehrsorganisatorische und verkehrstechnische Fragen) habe das Fahrzeug des Beschwerdeführers unter Zugrundelegung der vom Meldungsleger auf der Skizze der Anzeige eingezeichneten Abstellposition des Pkws insofern eine erhebliche Verkehrsbeeinträchtigung und Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer verursacht, als die Sicht sowohl für aus der S.-Straße kommende Fahrzeuge, als auch insbesondere für die aus der H.-Gasse kommenden Fahrzeuge in Richtung auf den "bevorrangten Fahrzeugverkehr" aus der S.-Straße stark beeinträchtigt gewesen sei.

Dem Beschwerdeführer sei zwar beizupflichten, daß durch den Abstellort seines Fahrzeugs eine Hinderung von Fußgängern am Überqueren der Fahrbahn nicht eintreten habe können (siehe Skizze in der Anzeige), doch sei aufgrund der Angaben des Meldungslegers in Verbindung mit dem Gutachten der Magistratsabteilung 46 davon auszugehen, daß durch die vom entfernten Pkw verursachte Sichtbehinderung anderer Fahrzeuge insofern eine Gefährdung zu besorgen gewesen sei, als diese nicht ausreichend Einblick in die Kreuzung nehmen hätten können.

Die vom Beschwerdeführer geforderte Durchführung eines Lokalaugenscheins sowie seine Vernehmung als Partei hätten unterbleiben können, weil die Berufungsbehörde das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers bei Entscheidung zugrundegelegt habe und aufgrund der im Akt befindlichen Skizze der Anzeige in Verbindung mit den Angaben des Meldungslegers der Abstellort des Pkws hinlänglich geklärt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wird durch einen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig oder nicht betriebsfähig sein, durch Schutt, Baumaterial, Hausrat und dergleichen der Verkehr beeinträchtigt, so hat die Behörde gemäß § 89a Abs. 2 erster Satz StVO die Entfernung des Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen.

Gemäß § 89a Abs. 7 erster Satz leg. cit. erfolgt das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde stütze sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausschließlich auf die Aussage des einvernommenen Beamten (Meldungslegers). Wenn man sich den Gang des Berufungsverfahrens vor Augen halte, müsse man die Richtigkeit der Aussagen des Beamten vom 18. Juli 1996, die keinesfalls klar und widerspruchsfrei seien, bezweifeln. Nach seinem ersten Bericht vom 11. März 1996 seien durch das Fahrzeug vor allem "Fußgänger" gehindert gewesen. Nach den - nach Ansicht des Beschwerdeführers" zutreffenden - rechtlichen Ausführungen in seiner Berufung habe der Beamte "plötzlich erklärt", daß durch das Fahrzeug nicht primär Fußgänger sondern "Fahrzeuglenker" behindert gewesen seien. Die Rechtfertigung der Kostenvorschreibung in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiche daher auch völlig von der in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ab.

Weil die Angaben des Meldungslegers nicht klar, widerspruchsfrei und nachvollziehbar seien, hätte es weiterer Ermittlungen bedurft, um die Sach- und Rechtslage erschöpfend zu klären, was naturgemäß "nur" durch ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers sowie durch den vom Beschwerdeführer beantragten Lokalaugenschein möglich gewesen wäre. Auch das im Zuge des Berufungsverfahrens eingeholte Gutachten der Magistratsabteilung 46 vom 30. Dezember 1996 habe die belangte Behörde nicht von der Verpflichtung entlasten können, zur Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes weitere Ermittlungen anzustellen.

Für die Rechtmäßigkeit der Entfernung eines Fahrzeuges kommt es allein darauf an, ob die Voraussetzungen zum Zeitpunkt der tatsächlichen Entfernung gegeben waren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/02/0099).

Die belangte Behörde hat insbesondere unter Hinweis auf die (in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Abschleppungszeitpunkt) angefertigte Skizze des Meldungslegers, aus der unter näherer Angabe von Entfernungen des abgestellten Fahrzeugs des Beschwerdeführers zu den verlängerten Linien der jeweiligen Gehsteigkante und der ungefähren Schrägstellung des Fahrzeugs die Position desselben im Kreuzungsbereich hervorging, sowie unter Hinweis auf ein ergänzend eingeholtes Gutachten der Magistratsabteilung 46 im Rahmen einer schlüssigen Beweiswürdigung dargelegt, weshalb sie von einer Verkehrsbeeinträchtigung in Form einer starken Beeinträchtigung der Sicht für Lenker von Fahrzeugen in Bezug auf die gegenständliche Kreuzung ausging. Trotz gebotener Gelegenheit zur konkreten Gegendarstellung und insbesondere auch aufgrund der Aussage der von der Behörde ergänzend einvernommenen Zeugin ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, dem hinsichtlich des Abstellortes seines Fahrzeuges erzielten Ermittlungsergebnissen Wesentliches entgegenzuhalten.

Die vom Beschwerdeführer behaupteten Widersprüche zwischen der Stellungnahme des Meldungslegers vom 11. März 1996 und seiner Zeugenaussage vom 18. Juli 1996 treffen in bezug auf die Abstellposition des Fahrzeugs des Beschwerdeführers nicht zu, weil der Meldungsleger diesbezüglich immer auf die von ihm im Rahmen der Anzeige angefertigte Skizze sowie auf die durch das Abstellen des Fahrzeugs des Beschwerdeführers verursachte Sichtbehinderung im Kreuzungsbereich verwies. Die nicht unerhebliche Sichtbehinderung wurde anhand der in der Anzeige festgehaltenen Positionsangaben des Meldungslegers durch ein Gutachten der Magistratsabteilung 46 noch erhärtet.

Insoweit der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen auch die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft, muß ihm entgegengehalten werden, daß nach der ständigen hg. Rechtsprechung die Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in der Frage der Beweiswürdigung in der Richtung eingeschränkt ist, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind. Damit ist es dem Gerichtshof verwehrt, die vorgenommene Beweiswürdigung darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Wenngleich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 31. Oktober 1990, Zl. 90/02/0096, unter anderem ausgeführt hat, daß die Rechtswidrigkeit des Abstellens im sogenannten "5-m-Bereich" allein für sich noch keine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a setzen StVO darstellt und dies auch für eine allfällige dadurch bewirkte Sichtbehinderung gilt, lag im Beschwerdefall aufgrund der in einem schlüssigen Beweiswürdigungsverfahren getroffenen Sachverhaltsfeststellungen insofern ein anderer Sachverhalt vor, als das Fahrzeug des Beschwerdeführers im unmittelbaren Kreuzungsbereich schräg abgestellt war, sodaß dadurch eine erhebliche Sichtbehinderung und damit eine entsprechende Verkehrsbeeinträchtigung für die in die Kreuzung einfahrenden Fahrzeuglenker gegeben war.

Auch stand es der belangten Behörde im Rahmen des Berufungsverfahrens gemäß § 66 Abs. 4 AVG zu, anstelle der von der Behörde erster Instanz angenommenen Behinderung von Fußgängen, die aufgrund des ergänzenden Ermittlungsergebnisses im Berufungsverfahren von der belangten Behörde nicht aufrecht erhalten werden konnte, ihre eigene Rechtsanschauung - nämlich das Vorliegen einer maßgeblichen Sichtbehinderung für Lenker von Fahrzeugen im Kreuzungsbereich - zu setzen.

Angesichts der von der belangten Behörde erzielten Ermittlungsergebnisse ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht die Wesentlichkeit der vom Beschwerdeführer gerügten Unterlassung der Durchführung eines Lokalaugenscheins sowie der Einvernahme des Beschwerdeführers erkennbar, zumal hinsichtlich des Lokalaugenscheins die Situation, die im relevanten Zeitpunkt bestanden hatte, nicht mehr in allen wesentlichen Phasen wiederherstellbar war (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1998, Zl. 97/02/0319), der belangten Behörde aufgrund des ergänzend eingeholten verkehrstechnischen Gutachtens ausreichende Grundlagen zur Beurteilung des Vorliegens einer Verkehrsbeeinträchtigung vorlagen und dem Beschwerdeführer während des gesamten Berufungsverfahrens, insbesondere aufgrund des gebotenen Parteiengehörs, ausreichend Gelegenheit zur Darlegung seines Standpunktes geboten wurde. Es ist daher auch nicht ersichtlich, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Durchführung der vom Beschwerdeführer gerügten unterlassenen ergänzenden Ermittlungen im angefochtenen Bescheid hätte kommen können.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Dezember 1998

Schlagworte

Ablehnung eines Beweismittels

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997020329.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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