TE Vwgh Erkenntnis 2019/5/29 Ra 2017/06/0190

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Veröffentlicht am 29.05.2019
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
96/02 Sonstige Angelegenheiten des Straßenbaus

Norm

BStMG 2002 §10 Abs1
BStMG 2002 §11 Abs1
BStMG 2002 §20 Abs2
BStMG 2002 §20 Abs5
VStG §45 Abs1 Z1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §52 Abs9

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Kärntnerstraße 16, 4021 Linz, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 12. Juli 2017, LVwG- 400239/2/Gf/Mu, betreffend Aufhebung eines Straferkenntnisses in einer Angelegenheit der Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (mitbeteiligte Partei: W P, W), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24. April 2017 wurde der Mitbeteiligte einer Übertretung der §§ 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) schuldig erkannt und es wurde über ihn gemäß § 20 Abs. 2 BStMG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden) verhängt. Dem Mitbeteiligten wurde zur Last gelegt, ein näher bezeichnetes KFZ mit einem Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 t gelenkt und mit diesem die Autobahn A7 benutzt zu haben, ohne zuvor die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, weil die Gültigkeitsdauer der am KFZ angebrachten Vignette bereits abgelaufen gewesen sei. 2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG) wurde der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde festgestellt, dass der Mitbeteiligte gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der revisionswerbenden Partei noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem LVwG zu leisten habe (Spruchpunkt II.). Das LVwG sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

3 Das LVwG legte seiner Entscheidung die Feststellung zugrunde, dass der Mitbeteiligte am 25. Jänner 2016 um 12:12 Uhr die mautpflichtige Bundesstraße A 7 an einem näher genannten Tatort mit dem in Rede stehenden mehrspurigen KFZ benutzt habe, wobei die Gültigkeitsdauer der auf der Windschutzscheibe angebrachten Jahresvignette (für 2010) bereits (längst) abgelaufen gewesen sei. Hinsichtlich einer Übertretung des BStMG am 15. Jänner 2016 um 11:12 Uhr auf der A 1 in E. gleichfalls mit dem in Rede stehenden mehrspurigen KFZ habe der Mitbeteiligte eine Ersatzmaut in Höhe von EUR 120,-- an die ASFINAG überwiesen. 4 Nach Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen des BStMG und der Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs führte das LVwG aus, im Wege automationsunterstützter Überwachung sei festgestellt worden, dass der Mitbeteiligte sowohl am 15. Jänner 2016 als auch am 25. Jänner 2016 jeweils zu näher genannten Zeiten und an näher bezeichneten Orten im mautpflichtigen Straßennetz das in Rede stehende KFZ gelenkt habe, auf dessen Windschutzscheibe eine Vignette (für das Jahr 2010) angebracht gewesen sei, deren Gültigkeitsdauer bereits (längst) abgelaufen gewesen sei. Hinsichtlich des Vorfalles vom 15. Jänner 2016 habe der Mitbeteiligte eine Ersatzmaut in Höhe von EUR 120,-- an die ASFINAG überwiesen, hinsichtlich des Vorfalles vom 25. Jänner sei das vorliegend bekämpfte Straferkenntnis ergangen.

5 Um eine Mehrfachverfolgung bzw. -bestrafung wirksam hintanzuhalten, habe der Verwaltungsgerichtshof jüngst klargestellt, dass eine über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgte rechtswidrige Handlung auch dann als fortgesetztes Delikt zu qualifizieren sei, wenn dieses bloß fahrlässig begangen worden sei, und zwar mit der Konsequenz, dass lediglich eine einzige Strafe verhängt werden dürfe (Hinweis auf VwGH 3.5.2017, Ra 2016/03/0108).

6 Vor diesem Hintergrund erweise sich das angefochtene Straferkenntnis, das einen zwei Wochen später auf ein und demselben faktischen Verhalten des Mitbeteiligten, nämlich die Benützung des Autobahnnetzes mit derselben ungültigen Vignette, beruhenden Vorfall in den Blick nehme, als rechtswidrig, weil der Mitbeteiligte die gesetzlich vorgesehene Ersatzmaut bezahlt habe und dieser Bezahlung gemäß § 20 Abs. 5 BStMG ex lege strafaufhebende Wirkung zukomme. Das Straferkenntnis sei daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen gewesen. Bei diesem Verfahrensergebnis sei dem Mitbeteiligten weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der revisionswerbenden Partei noch vor dem LVwG vorzuschreiben gewesen.

7 Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsrevision, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. 8 Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie erstattete eine Revisionsbeantwortung. Der Mitbeteiligte beteiligte sich nicht am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die aufgrund des - wie zu zeigen ist - Abweichens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zulässige Revision erwogen:

9 Zu der von der Amtsrevision aufgegriffenen strittigen Rechtsfrage, ob mit Blick auf die dem Mitbeteiligten angelasteten Verwaltungsübertretungen von einem fortgesetzten Delikt auszugehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. Jänner 2018, Ra 2016/06/0025, ausführlich Stellung genommen. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

10 Es liegt somit eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der strittigen Rechtsfrage vor, anhand der sich auch der gegenständliche Fall lösen lässt. Die angefochtene Entscheidung weiche von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

11 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 29. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017060190.L00

Im RIS seit

02.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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