TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/22 98/08/0281

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Veröffentlicht am 22.12.1998
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs3 litd;
AlVG 1977 §12 Abs6 litd;
AlVG 1977 §24 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der E in T, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, Hauptplatz 12/II, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 22. Juli 1998, Zl. LGS600/RALV/1218/1998-Dr. J/Fe, betreffend Einstellung des Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist auf das Erkenntnis vom 10. März 1998, Zl. 95/08/0135, zu verweisen. Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 10. Februar 1995, mit dem der Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Einstellung ihres Arbeitslosengeldes ab dem 1. Dezember 1994 nicht Folge gegeben worden war, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben, weil die belangte Behörde ihrer Entscheidung zwar die Annahme zugrunde gelegt hatte, die Beschwerdeführerin sei im Betrieb ihres Ehegatten im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. d AlVG beschäftigt, eine Prüfung des Sachverhaltes am Maßstab des § 12 Abs. 6 lit. d AlVG aber unterblieben war.

Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin abermals nicht Folge.

Diese Entscheidung stützt sich nun - soweit wesentlich - auf folgende Gründe:

"Am 20.9.1993 wurden Sie arbeitend an der Kasse in dem Geschäft Ihres Ehemannes wahrgenommen. Konfrontiert mit dieser Wahrnehmung erklärten Sie dann unter anderem, Ihrem Ehemann im Geschäft Ihres Ehemannes - zu Schulbeginn - ausgeholfen zu haben und als Bürokraft im Betrieb Ihres Ehemannes ab 20.9.1993 beschäftigt zu sein. Später teilte Ihr Ehemann mit, daß Sie in familienhafter Mitarbeit tätig sind. In einem weiteren Schreiben verweist Ihr Ehemann unter anderem darauf, daß ein Ehegatte im Erwerb des anderen mitzuwirken hat, sofern ihm dies zumutbar und nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich ist. Die Aushilfe im Geschäft, diese Mitarbeit, diese Mitwirkung, wie sie bezeichnet wird, erfolgte aber nicht nur zu Schulanfang 1993, sondern, wie sich in der Folge herausstellen sollte, in der Regel an 6 Tagen der Woche, nicht sonntags. Am 15.9.1994 waren Sie nach der Wahrnehmung durch das Arbeitsmarktservice von 11.40 Uhr bis 12.00 Uhr, von 16 Uhr bis 16.25 Uhr, um 16.45 Uhr und um 17.30 Uhr im Geschäft anwesend bzw. an der Kasse tätig; bedenkt man, daß die Arbeitszeit nicht dadurch unterbrochen wird, daß beispielsweise eine Verkäuferin keine Kunden zu bedienen hat, keine eingekauften Waren abzukassieren sind usw., ist die in Ihrer 'Arbeitsaufstellung' mit einer Stunde fünf Minuten angegebene Arbeitseinsatzzeit knapp bemessen. Sie unterschreiben Arbeitsbescheinigungen, Sie sind vertretungsbefugt für die Firma, unterschreiben Lehrverträge und scheinen auf einem solchen als Ausbildungsleiter auf. Wenn sich das Unternehmen Hütter in Publikationen Ihres Bezirkes präsentiert (Firma Hütter stellt sich vor), so sind Sie auf dem Firmenfoto ebenso vertreten wie in der Schlußformel des Artikels, der schließt mit 'Ihre Else und Kommerzialrat Heimo Hütter'. Auch entsprechendes Briefpapier ist in Verwendung. Ihr Ehemann ist der Gremialvorsteher Steiermark für den Bereich Leder-, Spiel-, Papierwaren und Sportartikel im Rahmen der Wirtschaftskammer, daher also auch in anderer Funktion und Eigenschaft tätig. Der Betrieb Hütter ist einziger 'Nahversorger' in puncto Spiel-, Buchwaren ... im Raum Trofaiach, wird gleichsam als Familienbetrieb geführt und steht unter Ihrer faktischen Führung.

In der Gesamtschau des Falles ist der Berufungsausschuß zur Auffassung gelangt, daß Ihre Mithilfe im Geschäft Ihres Ehemannes fortlaufend regelmäßig und in beträchtlichem Umfang (voll) erfolgt.

Ihr Ehemann verfügt über mehrere Gewerbeberechtigungen, aus denen sich folgende Fachgruppen ableiten lassen:

311/61 Spielwarenhandel, Sportartikel, 311/63 Lederwarenhandel, 312/61 Papierhandel, 316/80 Kleinhandel mit bürotechnischen Artikeln, 313/61 Buch-, Kunst- Musikalienhandel, 313/64 Handel mit Schulbüchern. Nachdem es sich um einen Handel mit Waren handelt, ergibt sich die Anwendbarkeit des Kollektivvertrages der Handelsangestellten Österreichs. Nachdem Fotohandel, Drogenhandel, Großhandel mit Eisen- und Eisenwaren, Metallen und Metallwaren etc. ausscheiden, wird der allgemeine Groß- und Kleinhandel, Gehaltsgebiet A (Steiermark) zur Anwendung gelangen können. Nachdem Beschäftigungsgruppe 1 zentral Dienstnehmer ohne Lehrabschluß erfaßt, Beschäftigungsgruppe 2 Dienstnehmer nach Lehrabschluß, Beschäftigungsgruppe 3 selbständige Kräfte, wird eine Einordnung zumindest darin vorzunehmen sein, was im 18. Berufsjahr - Sie waren mehr als 20 Jahre im Betrieb Ihres Ehemannes als Bilanzbuchhalterin beschäftigt - ein Gehaltsansatz von S 18.260,-- zum 1.12.1994 ergibt (Kammer für Arbeiter und Angestellte am 15.7.1998).

...

Der Berufungsausschuß sah es als gegeben an, daß Sie im Verkauf, an der Kasse, mit Büroarbeiten, ... in dem Geschäft Ihres Ehemannes tätig sind und daß bei Ihrem bisherigen beruflichen Werdegang zumindest die vorgenommene Einstufung zu erfolgen hat. Selbst bei 20 oder 20 Wochenstunden Arbeit würden Sie daher nicht als arbeitslos anzusehen sein."

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides hält die Beschwerdeführerin der belangten Behörde entgegen, es fehlten ausreichende Feststellungen über Dauer, Art und Ausmaß der Leistungen der Beschwerdeführerin im Unternehmen ihres Ehegatten, sowie darüber,

"ob der nach den gegebenen Verhältnissen erzielbare Arbeitseffekt nach dem Dienstvertrag bzw. dem Willen des Betriebsinhabers durch die Gattin des Beschwerdeführers auch allein erreicht hätte werden können und sollen, sodaß die Mithilfe des Gatten weder von Nöten noch betriebsdienlich war, sondern vielmehr nur die zwischen Dienstgeber und Dienstnehmerin vereinbarte Arbeitsleistung vollbringen half".

Es sei deshalb "auch der Dienstgeber darüber anzuhören, inwieweit er in der Tätigkeit der Beschwerdeführerin eine Mithilfe im Betrieb gesehen bzw. geduldet hat, bzw. oder ob er es etwa nur dulden wollte, daß sich die Arbeitslose bei der Arbeit des Gatten nützlich mache".

Mit den zuletzt wiedergegebenen Ausführungen stützt sich die Beschwerdeführerin auf das hg. Erkenntnis vom 5. Dezember 1956, Zl. 3557/1954, ohne zu erkennen, daß darin die Frage eines von der belangten Behörde (im Gegensatz zur Behörde erster Instanz) angenommenen Beschäftigungsverhältnisses des damaligen Beschwerdeführers zum Dienstgeber seiner Ehegattin und des daraus resultierenden Entlohnungsanspruches behandelt wurde (der Beschwerdeführer hatte seiner Ehegattin bei deren Arbeit in einem Kinobuffet geholfen; geprüft wurde die Frage eines Beschäftigungsverhältnisses zum Kinoeigentümer). Davon abgesehen erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung mit diesen Rechtsausführungen in der Beschwerde auf Grund der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zum Sachverhalt. Diese lassen sich - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - nämlich nicht darauf reduzieren, am 15. September 1992 (richtig: 1994) sei zu bestimmten Uhrzeiten die Anwesenheit der Beschwerdeführerin im Geschäft und an der Kassa festgestellt worden. Von diesen Beobachtungen ausgehend hat die belangte Behörde vielmehr unter Einbeziehung weiterer Fakten festgestellt, der gleichsam als Familienbetrieb geführte Betrieb stehe unter der "faktischen Führung" der Beschwerdeführerin und deren Mithilfe erfolge "fortlaufend regelmäßig und in beträchtlichem Umfang (voll)". Dies ist - in Verbindung mit den Ausführungen über den heranzuziehenden Gehaltsansatz und den sich daraus unter dem Gesichtspunkt des § 12 Abs. 6 lit. d AlVG ergebenden Ausschluß der Arbeitslosigkeit "selbst" bei 20 Wochenstunden Arbeit - als Feststellung darüber zu verstehen, daß die Mithilfe der Beschwerdeführerin in dem von ihr "faktisch geführten" Betrieb ihre Arbeitskraft voll in Anspruch nimmt und das Ausmaß von 20 Wochenstunden jedenfalls übersteigt. Daß die getroffenen Feststellungen nicht ausreichten, um die Subsumtion der belangten Behörde zu rechtfertigen, trifft daher nicht zu. Es liegt - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde - auch keine Rechtswidrigkeit in der Aussage der belangten Behörde, die Arbeitszeit werde nicht dadurch unterbrochen, "daß beispielsweise eine Verkäuferin keine Kunden zu bedienen hat, keine eingekauften Waren abzukassieren sind usw.". Dieses Argument ist entgegen seinem Verständnis in der Beschwerde nicht auf "Ruhepausen" im Sinne des Arbeitszeitgesetzes (vgl. dazu dessen § 11) zu beziehen.

Die Beschwerdeausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beginnen mit der Wiederholung des Vorwurfes, in der Bescheidbegründung werde "abermals nur ein Tag dargestellt" und dabei nicht zwischen "bloßer Anwesenheit" und "tatsächlicher geschäftlicher Tätigkeit" unterschieden. Hiezu ist auf das schon zur Rechtsrüge Ausgeführte zu verweisen.

Weiters macht die Beschwerdeführerin geltend, ihr sei "in keinem Verfahrensabschnitt die Möglichkeit zur Stellungnahme vor Bescheiderlassung gegeben" worden. Damit könnte - angesichts des in der Beschwerde selbst breit dargestellten Verfahrensganges, im besonderen auch des dort wiedergegebenen Berufungsvorbringens - sinnvollerweise nur gemeint sein, die belangte Behörde habe den Ersatzbescheid auf Ermittlungsergebnisse gestützt, denen die Beschwerdeführerin, weil sie ihr zuvor nicht bekanntgegeben worden seien, im Verwaltungsverfahren nicht habe entgegentreten können. In der Beschwerde wird aber nur weiter ausgeführt, die Beschwerdeführerin hätte "bei Führung weiterer Zeugen und Beweismittel jederzeit darlegen könne, daß sie keinesfalls in einem Ausmaß tätig war, das den Begriff der Arbeitslosigkeit ausschließen würde", und sie hätte "insbesondere ... darlegen können, daß sie ja in demselben Haus wohnhaft ist und daher auch kurzfristige einminütige Anwesenheiten (beispielsweise beim Durchgehen durch das Lokal) möglich und plausibel sind". Diese aus der Beschwerde gegen den mit dem Vorerkenntnis aufgehobenen Bescheid übernommenen Ausführungen zielen auf die im angefochtenen Bescheid gar nicht mehr enthaltenen damaligen Ausführungen der belangten Behörde über die "Ironie" der "einminütigen Arbeitseinsätze" in den Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin. Es ist auch nicht ersichtlich, wodurch die Beschwerdeführerin an einem entsprechenden Vorbringen - zuletzt während der etwa drei Monate zwischen der Zustellung des Vorerkenntnisses einerseits und des Ersatzbescheides andererseits - gehindert war, oder daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung davon ausgegangen wäre, die Beschwerdeführerin wohne nicht an der selben Adresse, an der sich auch das Geschäft befinde, und ihre Anwesenheit im Geschäft sei deshalb von erhöhter Aussagekraft.

Im Zusammenhang mit der Behauptung einer Lückenhaftigkeit der Bescheidbegründung kommt die Beschwerdeführerin erneut auf das von ihr aus dem Erkenntnis vom 5. Dezember 1956 abgeleitete Erfordernis einer Untersuchung des Arbeitseffektes "nach dem Dienstvertrag bzw. dem Willen des Betriebsinhabers" und einer Anhörung des "Dienstgebers" zurück, wozu - wie schon zur Frage der vermeintlich fehlenden Feststellungen - auf die Ausführungen zur Rechtsrüge zu verweisen ist.

Daß die belangte Behörde, wie in der Beschwerde weiter geltend gemacht wird, die Arbeitsaufzeichnungen der Beschwerdeführerin "überhaupt nicht berücksichtigt" habe, trifft angesichts der Ausführungen im Zusammenhang mit den Wahrnehmungen am 15. September 1994 nicht zu. Im übrigen richten sich die Beschwerdeausführungen in diesem Punkt gegen die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde, wozu ausgeführt wird, es entspreche der Lebenserfahrung, daß eine im selben Haus wohnhafte "Unternehmensgattin" sich "auch kurzfristig in das Geschäft begibt, wo auch reine private Kommunikation geführt wird", und es könne "nicht jede Anwesenheit ... automatisch als betriebliche Tätigkeit angesehen werden". Die belangte Behörde hat letzteres ihrer Entscheidung aber nicht zugrunde gelegt, sondern aus dem Gesamtbild der von ihr wahrgenommenen und in der Bescheidbegründung dargestellten Umstände Schlüsse gezogen, die der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. zu den Maßstäben hiefür etwa Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 548 ff) ohne weiteres standhalten.

Schon der Inhalt der Beschwerde läßt somit erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998080281.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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