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41/02 Staatsbürgerschaft;Norm
GGSt;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des S in A, vertreten durch Dr. Peter Pfarl, Rechtsanwalt in Bad Ischl, Schröpferplatz 5, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 31. März 1998, Zl. 0/92-10661/11-1998, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 31. März 1998 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines am 22. April 1971 geborenen jugoslawischen Staatsangehörigen, vom 18. September 1996 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG) abgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe seit 16. März 1992 seinen Hauptwohnsitz in Österreich und sei seit 2. Juli 1994 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Der Ehe entstammten zwei Kinder. Der Beschwerdeführer sei seit 15. Juli 1994 als Tankstellenhilfskraft beschäftigt.
Die belangte Behörde stellte insgesamt sieben rechtskräftige Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen Übertretungen des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, BGBl. Nr. 209/1979 (GGSt), zu Geldstrafen in der Höhe zwischen S 1.000,-- und S 3.000,-- fest. Diesen Bestrafungen liegt - was sich aus dem angefochtenen Bescheid im Zusammenhang mit dem Akteninhalt ergibt - zugrunde, daß der Beschwerdeführer als Lenker des von seinem Dienstgeber gehaltenen LKW, Ford Transit, der mit einem Behälter (Mobiltank) mit einem Fassungsvermögen von 985 Litern ausgestattet ist, beim Transport von Heizöl am 28. August 1996 und am 4. Dezember 1996 Vorschriften des GGSt nicht eingehalten hat.
Am 28. August 1996 sei am Mobiltank kein Gefahrenzettel nach Muster 3 des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, BGBl. Nr. 522/1973, (ADR) angebracht gewesen. Es habe die Aufschrift gefehlt, daß der Behälter nur in leerem Zustand vom Fahrzeug abgehoben bzw. auf dieses aufgesetzt werden dürfe. Überdies sei der Mobiltank zu mehr als 95 % befüllt gewesen und der Füllschlauch nicht entleert worden. Der Beschwerdeführer habe den Bescheid der Salzburger Landesregierung betreffend die Genehmigung des Mobiltankes nicht mit sich geführt. Die Beförderungspapiere hätten die Nummer und Klassifizierung des transportierten Gutes gemäß dem ADR nicht enthalten.
Am 4. Dezember 1996 hätten in den Beförderungspapieren neuerlich die Nummer und Klassifizierung des transportierten Gutes gemäß ADR sowie die Mengenangabe gefehlt. Überdies habe der mitgeführte Feuerlöscher dem ADR nicht entsprochen. Die Frist für die regelmäßige Überprüfung sei abgelaufen gewesen und die Plombe habe gefehlt.
Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer am 28. August 1996 den Führerschein entgegen der Bestimmungen des KFG nicht mitgeführt, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 300,-- verhängt worden sei.
Bei den vom Beschwerdeführer begangenen Übertretungen handle es sich nicht um vereinzelt gebliebene Verfehlungen geringen Unrechtsgehaltes, sondern durchaus um gewichtige Verletzungen der Rechtsordnung. Der Einwand des Antragstellers, er habe die einschlägigen Vorschriften nicht gekannt, könne ihn nicht entlasten, weil er sich als Lenker eines Gefahrenguttransportes mit den dafür bestehenden Vorschriften vertraut machen müsse. Er hätte sich nicht allein auf das pflichtgemäße Verhalten des Versenders (seines Dienstgebers) verlassen dürfen. Die Normen des GGSt und des ADR zielten darauf ab, durch richtige Kennzeichnung von gefährlichen Gütern eine Identifikation zu ermöglichen. Dadurch solle sichergestellt werden, daß bei einem Unfall die nötigen Gegenmaßnahmen getroffen werden. Die Mißachtung dieser Vorschriften führe bei einem Unfall zu einer erheblichen Gefährdung von Personen und Sachen. Da der Beschwerdeführer nicht nur am 28. August 1996, sondern kurz darauf auch am 4. Dezember 1996 Bestimmungen des GGSt übertreten habe, sei der Schluß gerechtfertigt, daß er auch in Zukunft derartige Vorschriften mißachten werde.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 11a StbG ist einem Fremden unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2 leg. cit. die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn
1.
sein Ehegatte Staatsbürger ist,
2.
die Ehe weder von Tisch und Bett noch sonst ohne Auflösung des Ehebandes gerichtlich geschieden ist,
3. er nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft nach § 33 StbG Fremder ist und
4. a) die Ehe seit mindestens einem Jahr aufrecht ist und er seinen Hauptwohnsitz seit mindestens vier Jahren ununterbrochen im Gebiet der Republik hat oder bei einer Ehedauer von mindestens zwei Jahren ein solcher Wohnsitz seit mindestens drei Jahren besteht oder
5. b) die Ehe seit mindestens fünf Jahren aufrecht und sein Ehegatte seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen Staatsbürger ist.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG darf die österreichische Staatsbürgerschaft einem Fremden nur verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet.
Die belangte Behörde ging nach dem gesamten Inhalt des angefochtenen Bescheides davon aus, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Ziffern 1 bis 4 des § 11a StbG erfülle, vertrat jedoch die Ansicht, daß die Einbürgerungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z. 6 zweiter Fall StbG nicht gegeben sei.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der nach der letztgenannten Bestimmung vorzunehmenden Beurteilung vom Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers auszugehen, welches wesentlich durch das sich aus der Art, Schwere und Häufigkeit der von ihm begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt wird. Hiebei stellt der Gesetzgeber nicht auf formelle Gesichtspunkte ab, sondern ist es lediglich maßgebend, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluß rechtferigen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit oder die öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Rechtsvorschriften mißachten. Aus der Art, Schwere und Häufigkeit solcher Verstöße kommt die Einstellung des Betreffenden gegenüber den zur Hintanhaltung solcher Gefahren erlassenen Gesetzen deutlich zum Ausdruck. (Vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. April 1998, Zl. 97/01/0822, mwN).
Die belangte Behörde hat daher zu Recht ihrer Beurteilung nicht nur die Tatsache der rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers, sondern die festgestellte Art der Straftaten zugrunde gelegt. Der Beschwerdeführer hat am 28. August 1996 vor allem durch das Lenken des von seinem Dienstgeber vorschriftswidrig ausgestatteten Fahrzeuges wesentliche Vorschriften des GGSt übertreten. Insbesondere war auf dem Tank der Gefahrenzettel gemäß dem ADR, der auf die Gefahrenklasse der transportierten Flüssigkeit für jedermann sichtbar hinweist, nicht angebracht. Bei der weiteren Kontrolle am 4. Dezember 1996 stellten sich wieder Übertretungen des GGSt durch den Beschwerdeführer heraus. Ein Rückfall lag allerdings nur insofern vor, als die - vom Dienstgeber ausgestellten - Beförderungspapiere neuerlich die erforderlichen Angaben über Nummer und Klassifizierung des Transportgutes nicht enthielten. Seit der Begehung der letztgenannten Straftaten am 4. Dezember 1996 hat sich der Beschwerdeführer wohlverhalten. Wenn den Beschwerdeführer, wie die belangte Behörde zu Recht ausgesprochen hat, dieser Umstand auch nicht entschuldigen kann, so ist bei der Beurteilung der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers doch zu berücksichtigen, daß die wesentlichen Rechtsverletzungen auf einer gesetzwidrigen Ausstattung des Fahrzeuges durch den Dienstgeber, von dem der Beschwerdeführer wirtschaftlich abhängig ist, zurückzuführen sind.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann aus diesen gesamten Umständen nicht der Schluß gezogen werden, daß der Beschwerdeführer auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit oder die öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Rechtsvorschriften mißachten werde.
Da die belangte Behörde insoweit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 13. Jänner 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998010215.X00Im RIS seit
20.11.2000