TE Vwgh Beschluss 2019/5/28 Ra 2018/15/0064

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Veröffentlicht am 28.05.2019
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

EStG 1988 §18 Abs6
EStG 1988 §18 Abs7
EStG 1988 §2 Abs4 Z1
EStG 1988 §2 Abs4 Z2

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Ing. Dr. H T in L, vertreten durch die Hochleitner Rechtsanwälte GmbH in 4070 Eferding, Kirchenplatz 8, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 31. Jänner 2017, Zl. RV/5101584/2016, betreffend Einkommensteuer 2014, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber bezog im Jahr 2011 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 1,047.205,77 EUR, wobei ein Betrag von 867.813,30 EUR auf eine Teilabfindung seines Pensionsanspruchs infolge des Übertritts auf eine betriebliche Kollektivversicherung entfiel.

2 Nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Abfindungsbetrag zu hoch ermittelt worden war, musste der Revisionswerber im Jahr 2012 den irrtümlich zu viel erhaltenen Betrag in Höhe von 354.624,91 EUR an den Arbeitgeber zurückzahlen.

3 Dem Antrag des Revisionswerbers, den Einkommensteuerbescheid des Jahres 2011 gemäß § 295a BAO oder § 299 BAO dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um den Betrag der im Jahr 2012 erfolgten Rückzahlung vermindert werden, blieb ein Erfolg versagt, weil zurückgezahlte Einnahmen gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 grundsätzlich (erst) im Zeitpunkt der tatsächlichen Rückzahlung (§ 19 Abs. 2 EStG 1988) als Werbungskosten zu berücksichtigen sind (vgl. den denselben Revisionswerber betreffenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. September 2015, Ra 2015/15/0035). 4 Bei der Veranlagung der Einkommensteuer 2012 wurde der rückgezahlte Betrag bei den Werbungskosten berücksichtigt. Da die weiteren Einkünfte in diesem Jahr niedriger waren, konnten Werbungskosten in Höhe von 142.321,20 EUR keine steuerliche Wirkung entfalten.

5 Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2013 versagte das Finanzamt dem im Ausmaß des Werbungskostenüberhangs geltend gemachten Verlustvortrag mit der Begründung die Anerkennung, dass es sich dabei nicht um einen gemäß den §§ 4 bis 14 EStG 1988 ermittelten Verlust handle. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesfinanzgericht abgewiesen. 6 Mit Beschluss vom 22. September 2016, E 1701/2016, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen das abweisende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts erhobenen Beschwerde ab. 7 Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2014 wurde der 2012 und 2013 nicht verbrauchte Teil der Werbungskosten in Höhe von 96.880,48 EUR erneut als Verlustvortrag geltend gemacht, was vom Finanzamt mit derselben Begründung wie für das Vorjahr abgelehnt wurde.

8 In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 erhobenen Beschwerde brachte der Revisionswerber vor, die Nichtanerkennung des Verlustvortrages verletze ihn in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit und Unversehrtheit des Eigentums. § 18 EStG 1988 sei verfassungswidrig, weil er für außerbetriebliche Einkunftsarten keine "periodischen Verlustverrechnungsmöglichkeiten" vorsehe.

9 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig. 10 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 8. Juni 2017, E 801/2017-6, ablehnte. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu diesen Rechten (Art. 7 B-VG, Art. 2 StGG) sowie die - denselben Beschwerdeführer betreffenden - Beschlüsse VfGH 11.3.2015, E 1985/2014, und VfGH 21.7.2016, E 1701/2016 - lasse das Beschwerdevorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

11 Über nachträglichen Antrag wurde die Beschwerde mit Beschluss vom 9. August 2017, E 801/2017-8, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.

12 Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Revisionswerber durch das angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf Anerkennung von Werbungskosten in Höhe von 96.880,48 EUR als Verlustvortrag im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2014 verletzt. Beim Revisionswerber werde ein Einkommen besteuert, welches er faktisch nie erzielt habe. Die Revision sei entgegen dem Ausspruch des Bundesfinanzgerichts zulässig, weil es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur verfassungskonformen Anwendung des § 18 Abs. 6 EStG 1988 auf Sachverhalte fehle, die wie gegenständlich den Grundprinzipien der Einkommensteuer - dem Leistungsfähigkeitsprinzip und dem objektiven Nettoprinzip - widersprechen.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer

außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 16 § 18 Abs. 6 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 111/2010 und Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 101/2006 lauten:

"(6) Als Sonderausgaben sind auch Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug). Dies gilt nur,

-

wenn die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt worden sind und

-

soweit die Verluste nicht bereits bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre berücksichtigt wurden. Die Höhe des Verlustes ist nach den §§ 4 bis 14 zu ermitteln.

(7) Bei einem Steuerpflichtigen, der den Gewinn nach § 4 Abs. 3 ermittelt, können Verluste nach Abs. 6 berücksichtigt werden, wenn diese in den vorangegangenen drei Jahren entstanden sind."

17 Nach den §§ 4 bis 14 EStG 1988 durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelte Verluste sind gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 als Sonderausgaben abzugsfähig. Mit dem Tatbestandsmerkmal "Buchführung" und der Bezugnahme auf die §§ 4 bis 14 EStG 1988 normiert das Gesetz in eindeutiger Weise, dass Verluste aus außerbetrieblichen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 4 Z 2 EStG 1988) nicht im Wege des Verlustvortrages nach § 18 Abs. 6 verwertet werden können. Auch die Bestimmung des § 18 Abs. 7 EStG 1988 stellt zweifelsfrei nur auf Verluste aus betrieblichen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 4 Z 1 EStG 1988) ab (vgl. VwGH 22.4.2004, 2004/15/0043). 18 Im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens vertritt der Revisionswerber die Ansicht, die belangte Behörde hätte die Regelungen über den Verlustvortrag verfassungskonform interpretieren und anwenden müssen, was zum Ergebnis geführt hätte, dass der Verlustvortrag antragsgemäß zu gewähren gewesen wäre. Der Revisionswerber unterlässt es aber darzulegen, weshalb eine solche Interpretation aufgrund des - insofern eindeutigen und am Willen des Gesetzgebers keinen Zweifel offen lassenden - Wortlautes des § 18 Abs. 6 und 7 EStG 1988 überhaupt möglich wäre. 19 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes findet die Methode der verfassungskonformen Interpretation ihre Grenze im eindeutigen Wortlaut des Gesetzes (vgl. VwGH 24.2.2016, Ro 2016/10/0005, mit weiteren Nachweisen).

20 Die vom Revisionswerber geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken waren der Sache nach bereits in den beiden Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof ausgeführt worden, wurden von diesem jedoch nicht aufgegriffen. Vielmehr hat der Verfassungsgerichtshof in seinem - das Veranlagungsjahr 2013 betreffenden - Ablehnungsbeschluss vom 22. September 2016, E 1701/2016, den Bedenken des Revisionswerbers entgegnet:

"Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg. 19.185/2010 das Fehlen eines hinreichend angepassten Systems der Verlustberücksichtigung bei der - regelmäßig mit hohen Aufwendungen verbundenen - Vermietung und Verpachtung als unsachlich bewertet. Eine Verpflichtung, bei allen Einkunftsarten eine dem Verlustvortrag vergleichbare Verlustberücksichtigung vorzusehen, kann entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers daraus nicht abgeleitet werden."

21 Dazu verwies der Verfassungsgerichtshof auf sein Erkenntnis vom 8. Juni 1985, B 488/80, VfSlg. 10.424, in dem ausgeführt wird, dass der Gesetzgeber durch das Gleichheitsgebot zwar grundsätzlich gehalten sei, bei der Einkommensbesteuerung die Bezieher von Einkommen gleich zu behandeln; dies schließe es aber nicht aus, dass die Verschiedenheit der einzelnen Einkunftsarten auch Unterschiede steuerlicher Art bedingen; der Bezug von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (etwa aus einem Angestelltenverhältnis) weise gegenüber dem Bezug von anderen Einkünften (Gewinneinkünften) Unterschiede auf. Es sei dem Gesetzgeber nicht verwehrt, diese Einkunftsarten verschieden zu behandeln.

22 Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag im Lichte der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 18 Abs. 6 und 7 EStG 1988 seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum überschritten hätte. Der Anregung auf Antragsstellung nach Art. 140 B-VG hinsichtlich der in Rede stehenden Norm war daher nicht näherzutreten.

23 Die Revision wirft somit keine Rechtsfragen auf, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 28. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150064.L00

Im RIS seit

03.09.2019

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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