TE Vwgh Beschluss 2019/6/19 Ra 2018/01/0379

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Veröffentlicht am 19.06.2019
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §18 Abs1
AVG §46

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/01/0380Ra 2018/01/0381

Betreff

?

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision 1. des M A,

2. der N A und 3. des M A, alle in O, alle vertreten durch Dr. Hubert Maier, Rechtsanwalt in 4310 Mauthausen, Vormarktstraße 17, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. August 2018, Zlen. 1. G306 2180054-1/9E, 2. G306 2180064-1/9E und

3. G306 2180060-1/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerber, alle Staatsangehörige des Irak, stellten am 7. Juli 2015 Anträge auf internationalen Schutz. Der Erstrevisionswerber ist der Vater der minderjährigen zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien.

2 Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) jeweils vom 23. Oktober 2017 wurden diese Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten und von subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, den Revisionswerbern Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen

Gründen nicht erteilt, Rückkehrentscheidungen erlassen, jeweils festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Irak zulässig sei und jeweils eine vierzehntätige Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden der Revisionswerber als unbegründet ab (A) ) und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig sei (B) ).

4 Begründend führte das BVwG hierzu zusammengefasst aus, das Fluchtvorbringen der Revisionswerber sei nicht glaubhaft; auch eine systematische Verfolgung und Diskriminierung von Sunniten im Irak könne nicht festgestellt werden. Selbst unter Berücksichtigung der Diabeteserkrankung des Erstrevisionswerbers und der Minderjährigkeit der zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien drohe den Revisionswerbern bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung in ihren Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK. Weiters führte das BVwG eine (näher begründete) Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG durch.

5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Soweit die Revision in ihren Zulässigkeitsgründen erkennbar auf eine behauptete Gruppenverfolgung der sunnitischen Bevölkerung im Irak abzielt, wird mit diesem Vorbringen schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, weil die Revision den Ausführungen des BVwG, wonach eine systematische Verfolgung und Diskriminierung von Sunniten im Irak nicht festgestellt werden könne, nicht substantiiert entgegentritt und nicht einmal ansatzweise darlegt, inwiefern das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der "Gruppenverfolgung" von Sunniten im Irak abgewichen wäre (vgl. etwa VwGH 31.7.2018, Ra 2018/20/0182, 25.4.2017, Ra 2017/18/0014, oder auch VwGH 29.6.2018, Ra 2018/18/0138 bis 0144, mwN).

10 Wenn die Revision zu ihrer Zulässigkeit weiters fallbezogen damit argumentiert, dass die von diesem zwischenzeitlich geschiedene Ex-Ehefrau des Erstrevisionswerbers mit einem Mitglied "der" schiitischen Miliz liiert sei und die Revisionswerber aufgrund des Schulbesuches der zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien in einer katholischen Schule, auf die Bombenanschläge verübt worden seien, als Ungläubige verfolgt würden, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt. Das BVwG hat diesem Vorbringen die Glaubwürdigkeit abgesprochen (vgl. zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG bei Entfernung vom festgestellten Sachverhalt etwa VwGH 31.10.2017, Ra 2017/01/0262, mwN).

11 Im Übrigen läge eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweisw??rdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. für viele z.B. VwGH 18.5.2018, Ra 2018/01/0202, mwN). Dass dem BVwG vorliegend ein derartiger krasser Fehler unterlaufen wäre, wird von der Revision nicht aufgezeigt.

12 Soweit die Revision in diesem Zusammenhang eine Verletzung der Ermittlungspflicht durch das BVwG behauptet, weil dieses keine Nachforschungen zum Schulbesuch der zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien durchgeführt habe, ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach ein allgemeines Recht auf Einzelfallprüfung durch Recherche in der Heimat nicht besteht. Die Beurteilung dieser Notwendigkeit obliegt der ermittelnden Behörde (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100). 13 Zur Nichtzuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten macht die Revision als Begründungsmangel allgemein geltend, das BVwG sei nicht auf die den Revisionswerbern drohenden realen Gefahren eingegangen.

14 Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. VwGH 2.8.2018, Ra 2018/19/0225). Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 4.5.2018, Ra 2018/01/0178, mwN). Die allgemein gehaltenen Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision werden diesen Anforderungen nicht gerecht.

15 In der Revision werden damit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 19. Juni 2019

Schlagworte

Beweismittel Auskünfte Bestätigungen Stellungnahmen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018010379.L00

Im RIS seit

21.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

21.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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