TE Lvwg Erkenntnis 2019/5/29 LVwG-S-1320/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.05.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.05.2019

Norm

StVO 1960 §5 Abs1
StVO 1960 §5a Abs2
VStG 1991 §64 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch HR Mag. Janak-Schlager als Einzelrichter über die Beschwerde des A in ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, gegen die mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 16.05.2018, Zl. ***, auferlegte Verpflichtung zur Bezahlung von Untersuchungskosten nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben und das Straferkenntnis in seinem Ausspruch, der Beschwerdeführer habe Barauslagen in der Gesamthöhe von 987,85 Euro (Bauauslagen für die Blutuntersuchung und die klinische Untersuchung gemäß § 5 StVO) zu bezahlen, behoben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 16.05.2018, Zl. ***, wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 08.03.2018 um 14:45 Uhr, in ***, ***, Fahrtrichtung ***, den Personenkraftwagen mit dem behördlichen Kennzeichen *** gelenkt, obwohl er sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Dem Beschwerdeführer wurde damit eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs 1 iVm § 99 Abs 1b StVO angelastet und es wurde über ihn gemäß § 99 Abs 1b StVO eine Geldstrafe von 800 Euro verhängt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden festgesetzt. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer der Ersatz von Barauslagen in Höhe von 792 Euro für die Blutuntersuchung (§ 5 StVO) und 195,82 Euro für die klinische Untersuchung (§ 5 StVO) sowie gemäß § 64 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) ein Kostenbeitrag zum Verfahren der Verwaltungsstrafbehörde in der Höhe von 80 Euro vorgeschrieben.

Zur Kostenentscheidung wurde von der belangten Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses angeführt, dass sich diese auf die angeführten Gesetzesstellen beziehe.

In seiner fristgerecht erhobenen Beschwerde beantragte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die vorgeschriebenen Barauslagen zu entfallen hätten, und führte dazu begründend aus, dass gemäß der Kostenregelung des § 5a Abs 2 StVO die Kosten nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 (GebAG) vorzuschreiben gewesen wären und § 64 Abs 3 VStG insofern nicht zur Anwendung gelangen würde, als die Kosten nicht im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens, sondern noch vor dessen Einleitung entstanden seien.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 30.05.2018 wurde der Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung über diese Beschwerde vorgelegt.

Da die Beschwerde nicht zurückzuweisen bzw. das Beschwerdeverfahren nicht einzustellen war, hatte das Landesverwaltungsgericht NÖ darüber gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

Der nachfolgende, entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden, unbedenklichen Verfahrensakt der belangten Behörde zur Geschäftszahl *** und wird auch vom Beschwerdeführer in der Sache nicht bestritten.

Der Beschwerdeführer hatte am 08.03.2018 um 14:45 Uhr das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen *** im Gemeindegebiet von *** auf der *** gelenkt. Im Rahmen einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch Beamte der Polizeiinspektion *** wurden beim Beschwerdeführer Merkmale einer möglichen Suchtgiftbeeinträchtigung festgestellt und wurde dieser in weiterer Folge zur klinischen Untersuchung dem Polizeiarzt vorgeführt.

Der Polizeiarzt attestierte eine Beeinträchtigung durch Suchtgift sowie Übermüdung und stellte fest, dass der Beschwerdeführer nicht fahrfähig ist. Unmittelbar im Anschluss an die klinische Untersuchung wurde am Beschwerdeführer eine Blutabnahme durchgeführt und die Blutprobe zur Untersuchung auf das Vorhandensein von potentiell beeinträchtigend wirkenden Substanzen mit Relevanz für den Straßenverkehr an die C GmbH in *** übermittelt. Die Blutuntersuchung erbrachte den Nachweis von Tetrahydrocannabinol (THC) in einer Konzentration von 32,3 ng/mL.

Die Honorarnote des Polizeiarztes vom 08.03.2018 über 195,82 Euro und die Gebührennote der C GmbH vom 20.03.2018 über 792 Euro wurden der Verwaltungsstrafbehörde im Wege der Polizeiinspektion *** vorgelegt.

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23.03.2018 wurde der Beschwerdeführer schließlich erstmals mit dem Tatvorwurf konfrontiert.

Das Rechtsmittel gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen richtet sich ausdrücklich nur gegen die Vorschreibung der Untersuchungskosten. Der Schuldspruch ist daher ebenso in Rechtskraft erwachsen wie der Strafausspruch und die Vorschreibung des Kostenbeitrages. Vom erkennenden Gericht ist somit ausschließlich die Rechtmäßigkeit der im Straferkenntnis vorgenommenen Vorschreibung von Barauslagen zu überprüfen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu Nachstehendes erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen der StVO lauten:

„§ 5. Besondere Sicherungsmaßnahmen
gegen Beeinträchtigung durch Alkohol.

(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

[…]

(5) Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Landespolizeidirektion tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden oder im Sinne des § 5a Abs. 4 ausgebildeten und von der Landesregierung hierzu ermächtigten Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2

1. keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs. 1 erreichenden Alkoholgehalt ergeben hat oder

2. aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen; die genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

[…]

(9) Die Bestimmungen des Abs. 5 gelten auch für Personen, von denen vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden; wer zum Arzt gebracht wird, hat sich der Untersuchung zu unterziehen. Die in Abs. 5 genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

[…]

(10) (Verfassungsbestimmung) An Personen, die gemäß Abs. 9 zu einem Arzt gebracht werden, ist nach Feststellung einer Beeinträchtigung, die auf eine Suchtgifteinnahme schließen lässt, eine Blutabnahme vorzunehmen. Die Betroffenen haben die Blutabnahme vornehmen zu lassen.

§ 5a.

[…]

(2) Ist bei einer Untersuchung nach § 5 Abs. 2, 4a, 5, 6 oder 8 Z 2 eine Alkoholbeeinträchtigung festgestellt worden, so sind die Kosten der Untersuchung vom Untersuchten zu tragen. Dasselbe gilt im Falle der Feststellung einer Suchtgiftbeeinträchtigung. Die Kosten der Untersuchung sind nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136, vorzuschreiben.

Die maßgeblichen Bestimmungen des VStG lauten:

§64. Kosten des Strafverfahrens

[…]

(3) Sind im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Barauslagen erwachsen (§ 76 AVG), so ist dem Bestraften der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind; der hienach zu ersetzende Betrag ist, wenn tunlich, im Erkenntnis (der Strafverfügung), sonst durch besonderen Bescheid ziffernmäßig festzusetzen. Dies gilt nicht für Gebühren, die dem Dolmetscher und Übersetzer zustehen, der dem Beschuldigten beigestellt wurde.

Im Hinblick darauf, dass im hier vorliegenden Straferkenntnis keine Rechtsgrundlagen für die Vorschreibung der Barauslagen angeführt sind, ist zunächst festzuhalten, dass die Kostenregelung des § 5a Abs 2 StVO insofern von der des § 64 Abs 3 VStG abweicht, als diese Kosten nicht im Zuge des Verfahrens entstanden sind, sondern noch vor dessen Einleitung (vgl Pürstl, StVO-ON14.01 (2017) §§ 5 bis 5b StVO Anm 46). Nur dann, wenn der Behörde im Verwaltungsstrafverfahren wegen Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 1 StVO Barauslagen gemäß § 76 Allgemeines Verwaltungsverfahren 1991 (AVG) erwachsen sind (zB Kostenersatz für im Verfahren notwendig gewordene gutachtliche Äußerung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen), hat sie dem Bestraften den Ersatz dieser Barauslagen gemäß § 64 Abs 3 VStG aufzuerlegen (VwGH 95/02/0490).

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der belangten Behörde ohne gesondertes Verfahren der Ersatz der Kosten für die im Zuge der Amtshandlung der Polizeiinspektion *** erfolgte ärztliche Untersuchung sowie für die Auswertung seiner Blutprobe vorgeschrieben. Diese Kosten sind allerdings nicht im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens, sondern noch vor dessen Einleitung entstanden. Es ist daher nicht zulässig, den Ersatz dieser Kosten dem Beschuldigten als der Behörde erwachsene Barauslagen im Sinne der Bestimmung des VStG aufzuerlegen. Die Kosten der Untersuchung sind vielmehr gemäß § 5a Abs 2 StVO nach den Bestimmungen des GebAG unter Berücksichtigung der dort festgelegten Verfahrensschritte vorzuschreiben.

Unter Zugrundelegung obiger Ausführungen war der Beschwerde somit Folge zu geben.

Gemäß § 44 Abs 3 Z 1 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung betreffend den Kostenersatz von Barauslagen behauptet wurde und vom Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt hat.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung einerseits nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützt.

Schlagworte

Verkehrsrecht; Straßenverkehr; Verwaltungsstrafe; Untersuchungskosten;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.S.1320.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

15.07.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten