TE Vwgh Erkenntnis 1999/1/19 96/08/0350

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.01.1999
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ABGB §1151;
ABGB §923;
ASVG §4 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
StGG Art2;
VwGG §48 Abs3 Z2;
VwGG §49 Abs1 idF 1997/I/088;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der S GmbH in A, vertreten durch Dr. Bernhard Huber, Mag. Eva Huber-Stockinger, Rechtsanwälte in Linz, Schillerstraße 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 22. Oktober 1996, Zl. 120.639/5-7/96, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. H in S; 2. Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Gruberstraße 77, 4021 Linz;

3. Arbeitsmarktservice Oberösterreich, Landesgeschäftsstelle, Gruberstraße 63, 4010 Linz; 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert Stifterstraße 65, 1201 Wien;

5. Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der drittmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 18. April 1995 stellte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse fest, der Erstmitbeteiligte sei während bestimmter Zeiträume zwischen dem 1. Juli 1991 und dem 19. Dezember 1993 hinsichtlich seiner Beschäftigung bei der Beschwerdeführerin als Dienstgeberin der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen.

Mit Bescheid vom 21. Februar 1996 gab der Landeshauptmann von Oberösterreich dem Einspruch der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Gebietskrankenkasse Folge. Er vertrat die Ansicht, nach dem Vorbringen sowohl der Beschwerdeführerin als auch des Erstmitbeteiligten erscheine das Gesamtbild eines freien Dienstvertrages als glaubwürdig.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich erhobenen Berufung Folge. Sie stellte in Abänderung der zweitinstanzlichen Entscheidung fest, der Erstmitbeteiligte sei während der schon im erstinstanzlichen Bescheid genannten Zeiträume der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen.

Diese Entscheidung gründete die belangte Behörde auf folgende

Feststellungen zum Sachverhalt:

"Am 1.7.1991 schlossen die Gesellschaft und Herr K. folgende

Vereinbarung:

'Werksvertrag abgeschlossen zwischen der Fa. ... und Herrn Helmut K., Dienstnehmer, ...

1. Vertragsgegenstand ist die Ausführung von Leistungen in Pauschale, z.B. Reparaturarbeit bei Baukompressor etc. lt. Vereinbarung bzw. Hilfsdienste. Die Arbeitszeit kann vom Dienstnehmer selbst eingeteilt werden, jedoch sind angegebene Fertigstellungsfristen einzuhalten. Für An- und Abfahrten erfolgt keine Zeit- oder Aufwandsvergütung.

2. Der Dienstnehmer ist für die Einhaltung der sozial- und abgabenrechtlichen Forderungen selbst verantwortlich, so daß gegenüber der Fa. ... keinerlei Forderungen oder Ansprüche Dritter entstehen. Desgleichen gilt auch für finanzrechtliche Forderungen und Abgaben. Zur Verfügung gestellte Werkzeuge, Maschinen und Fahrzeuge sind schonend zu behandeln. Bei Fehlbestand ist dieser zu ersetzen. Die Verrechnung erfolgt auf Pauschalsätzen, wobei vom Dienstnehmer Rechnungen vorzulegen sind.'

In der Zeit vom 1.7.1991 bis 31.5.1992, 22.6.1992 bis 27.9.1992, 9.11.1992 bis 24.12.1992, 11.1.1993 bis 17.1.1993 sowie vom 5.4.1993 bis 19.12.1993 war Herr Helmut K. für die Fa. ... aufgrund einer am 1.7.1991 abgeschlossenen und als 'Werksvertrag' bezeichneten Vereinbarung (siehe oben) tätig. Seine Tätigkeit bestand in der Kontrolle der an der jeweiligen Baustelle tätigen Arbeiter, in der Reparatur diverser Geräte, vor allem aber in der Verrichtung von Arbeiten am Lagerplatz, Werkstättenarbeiten, Stemmarbeiten und Reinigungstätigkeiten, dem Verlegen von Eisen, dem Schalen, Baggern, Betonieren und Schweißen, wobei er im gleichen Zeitraum zu verschiedenen Zeiten auf mehreren Baustellen tätig war. Weiters unterwies er gegebenenfalls einzelne Arbeiter im Gebrauch der unterschiedlichsten Geräte und Werkzeuge. Daneben vermittelte Herr K. auch Baumaterialien gegen Provision. Arbeitsort waren neben der Werkstätte die verschiedenen Baustellen der Gesellschaft. Herr K. erhielt zusätzlich zum Entgelt einen (pauschalen) Aufwandsersatz für die Kfz-Benützung sowie Spesenersatz, Entgeltabzüge wegen Mängeln, Qualitätseinbußen oder Fristüberschreitungen erfolgten nicht. Eine generelle Vertretungsbefugnis des Herrn K. bestand nicht, dagegen aber sehr wohl eine Weisungsbefugnis der Gesellschaft. Die Gesellschaft erteilte insbesondere Weisungen, welche Tätigkeit wann und wo (von Herrn K.) auszuüben war. Die Tätigkeit des Herrn K. wurde auch von der Gesellschaft kontrolliert. Herr K. arbeitete auf den diversen Baustellen während der Arbeitszeit der übrigen dort beschäftigten Arbeiter der Gesellschaft."

Im Anschluß an eine ausführliche Darlegung der für die Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen würdigte die belangte Behörde den von ihr festgestellten Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht dahingehend, daß bei der Tätigkeit des Erstmitbeteiligten die Merkmale persönlicher Abhängigkeit gegenüber denjenigen der persönlichen Unabhängigkeit überwogen hätten und die Leistungen im besonderen nicht auf der Grundlage von Werkverträgen oder eines freien Dienstvertrages erbracht worden seien.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie Erstattung von Gegenschriften durch die zweit- und die drittmitbeteiligte Partei in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer aufgrund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 eine Teilversicherung begründet.

Nach § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber jenen der selbständigen Ausübung dieser Erwerbstätigkeit überwiegen.

Entsprechend dem § 1 Abs. 1 lit. a AlVG sind für den Fall der Arbeitslosigkeit Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, versichert (arbeitslosenversichert), soweit sie (u.a.) in der Krankenversicherung aufgrund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert und nicht nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen versicherungsfrei sind.

Die Arbeitslosenversicherungspflicht knüpft an ein Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG an und endet mit ihm (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1984, Slg. Nr. 11600/A).

Die Beantwortung der Frage, ob bei Erfüllung einer persönlich übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Arbeitsempfänger gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, hängt davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist. Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer, im Regelfall freilich auch vorliegender Umstände, wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers, dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch an sich nicht unterscheidungskräftige Kriterien von maßgebender Bedeutung sein (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1988, Zl. 84/08/0002).

In seinem Erkenntnis vom 20. Mai 1980, Slg. Nr. 10140/A, hat sich der Verwaltungsgerichtshof grundlegend mit der Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits beschäftigt und - in Übereinstimmung mit der in diesem Erkenntnis zitierten Lehre - ausgeführt, daß es entscheidend darauf ankommt, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall läge ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es im Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf seine Bereitschaft zu Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit (in Eingliederung in den Betrieb des Leistungsempfängers sowie in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm) ankommt. Vom Dienstvertrag ist jedoch überdies der "freie Dienstvertrag" zu unterscheiden, bei dem es auf die geschuldete Mehrheit gattungsmäßig umschriebener Leistungen, die von seiten des Bestellers laufend konkretisiert werden, ohne persönliche Abhängigkeit ankommt.

Im vorliegenden Fall setzt sich die Beschwerdeführerin mit der Bescheidbegründung der belangten Behörde zunächst in dem mit "Sachverhaltsfeststellung" überschriebenen ersten Teil der Beschwerde (ab deren Seite 7) in der Weise auseinander, daß die Annahme geäußert wird, die belangte Behörde habe die Argumentation der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse aus dem Blickwinkel einer übergeordneten Behörde und der budgetären Situation übernommen, ohne sich in concreto mit den aufgezeigten Umständen auseinanderzusetzen, die Beurteilung einer Vertragsurkunde vom 20. September 1993 durch die belangte Behörde lasse erkennen, "daß mit allen zu Gebote stehenden Mitteln und Möglichkeiten versucht" werde, "regelmäßig zahlende Abgabenpflichtige zu belasten", und dieser Eindruck werde dadurch verstärkt, daß die belangte Behörde "aufgrund der finanziellen Lage der Krankenanstalten versuchen" müsse, "bereits bezahlte Beträge auf alle Fälle einzubehalten". In nachvollziehbarer Weise bekämpft wird in diesem Teil der Beschwerdeausführungen aber nur die Feststellung der belangten Behörde, "Entgeltabzüge wegen Mängeln, Qualitätseinbußen oder Fristüberschreitungen" seien nicht erfolgt. Hiezu wird behauptet, näher bezeichnete Belege ließen durch den Vermerk "Rekla" eindeutig das Gegenteil erkennen und es gebe auch "Kalendervermerke über derartige Vorfälle", welche nicht "ordnungsgemäß erhoben bzw. angefordert" worden seien. In der Geltendmachung dieses behaupteten Verfahrensmangels erschöpft sich zugleich die Behauptung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im Begründungsteil der Beschwerde (auf deren Seite 13). Zur Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel wird ausgeführt, bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften des rechtlichen Gehörs und der umfassenden Sachverhaltserhebung hätte die belangte Behörde feststellen müssen, daß tatsächlich Abzüge aus den Titeln der Gewährleistung und des Verzuges vorgenommen worden seien, die nur im Zusammenhang mit einem Werkvertrag, nicht jedoch mit einem Dienstvertrag möglich und üblich seien.

Dieser Argumentation begegnet die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift mit Ausführungen darüber, die in der Beschwerde erwähnten Belege trügen zwar teilweise auf Zahlungen im Wege der Raiffeisenkasse ("Reika"), aber keine auf "Reklamationen" hinweisende Vermerke und nur in einem Beleg scheine ein Abzug von S 560,-- für eine Beschädigung von Ziegeln auf. Dieser Betrag sei einerseits äußerst gering, und andererseits könne ein Rechnungsbeleg auch Abzüge enthalten, die nicht statthaft seien. Abzüge aus dem Rechtsgrund der Gewährleistung seien "weiterhin nicht glaubhaft".

In ihrer Replik hierauf hat die Beschwerdeführerin ihr diesbezügliches Vorbringen dahingehend modifiziert, daß die Ausführungen in der Beschwerde "irrtümlich nicht gänzlich richtig" gewesen seien, es aber "dennoch (in den erwähnten Kalenderaufschreibungen ersichtliche und nachvollziehbare) wiederholte Gewährleistungsfälle" gegeben habe, die zu "nicht unbeträchtlichen Rechnungsabstrichen" bei den Fakturen des Erstmitbeteiligten geführt hätten.

Dieses Vorbringen ist nicht nur in bezug auf die Frage, wodurch die Beschwerdeführerin daran gehindert gewesen sei, die Kalendereintragungen im Verwaltungsverfahren vorzulegen, sondern auch im Hinblick auf das Fehlen näherer Angaben über die "wiederholten Gewährleistungsfälle" schon wegen seiner mangelnden Konkretheit nicht geeignet, den behaupteten Verfahrensmangel und dessen mögliche Relevanz darzutun. Im Erkenntnis vom 17. Jänner 1995, Zl. 93/08/0092, welches zum Teil vergleichbare Sachverhalte betraf, hat der Verwaltungsgerichtshof aber auch schon ausgeführt, bloß aus dem Umstand, daß ein Monteur eine von ihm beschädigte Schleifmaschine habe ersetzen müssen, lasse sich ebenso wenig ein Schluß auf das Fehlen persönlicher Abhängigkeit oder auf die rechtliche Zulässigkeit dieser Vorgangsweise des Dienstgebers ziehen, wie daraus, daß gegenüber den Monteuren "Gewährleistungsansprüche" geltend gemacht worden seien.

Zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird auf den Seiten 10 bis 12 der Beschwerde folgendes vorgebracht:

"Um eine Einordnung des jeweiligen Auftragnehmers beurteilen zu können, muß man branchenbedingte Umstände und Gegebenheiten berücksichtigen.

Maßgebend für die Beurteilung des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ist das jeweilige Beschäftigungsbild des Werkvertragsnehmers. 'Bauwerke', welche mit dem Boden fest verbunden sind, bedingen unweigerlich die örtliche Einbindung an die geplante, bestehende oder durchzuführende, vereinbarte Leistungserfüllung. Zur Vorbereitung und Ausführung des geschuldeten Erfolges bedarf es unzähliger Handlungen, welche naturgemäß teilweise im Büro, auf der Baustelle, am Lagerplatz oder bereits beim Zulieferanten erfolgen. Daraus eine Einordnung des jeweiligen Vertragspartners in die Organisation des auftraggebenden Unternehmens abzuleiten, erscheint sicherlich verfehlt und entspricht nicht der Realität im Baugewerbe. Erwähnt seien diesbezüglich: Eisengeflechte für Unterzüge von Tragwerksteilen, Holzzuschnitt, Abbindearbeiten eines Dachstuhles, Berechnung, Aufriß und Anfertigung von Schalungsteilen und Bewerungen, Reparatur und Servicearbeiten an Maschinen, Schlagschnuraufrisse einer Holzkonstruktion usw. Ergeben sich beispielsweise bei Einschulungen von Erfüllungsgehilfen, Unterweisungen oder eventueller Handlungen für die Herbeiführung des Erfolges gewisse Bindungen an die Betriebszeit, so ist konträr dazu eine Baustellenkontrolle, Besprechungen mit dem Bauherrn, Vorbereitungshandlungen oder Materialprüfungen nicht an fixe Termine gebunden. Der geschuldete Arbeitserfolg (ein Werk) war vertraglich, großteils auf die Überwachung mehrerer Bauwerke an verschiedenen Standorten, gerichtet. Herr K. verpflichtete sich nicht generell zur Arbeitsleistung, bzw. konnte er ohne rechtliche Sanktion (Disziplinarhoheit) jederzeit die Erbringung einzelner in der Gesamtverpflichtung gedeckter Leistungen ablehnen, sodaß die Nichteinhaltung bestimmter Arbeits- oder Betriebszeiten keine unmittelbare Vertragsverletzung darstellte. Aus diesem Grunde ergibt sich deutlich die persönliche Unabhängigkeit und Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit über den Vertragspartner, da dieser bei Erbringung des Erfolges keiner Überwachung, Abrufbereitschaft oder Weisungsgebundenheit unterlag. Herr K. schuldete keine persönliche Leistungsbereitschaft, sondern haftete für einen termingerechten Abschluß des vereinbarten Erfolges. Aus der Vielfalt der aufgezählten Verwendungs- und Einsatzmöglichkeiten des Werkvertragsnehmers, Herrn K. ersieht man, daß diese Person aufgrund seiner beruflichen Kenntnisse überall und jederzeit seinen vertraglich übernommenen Werkserfolg erfüllen konnte. Die Meinung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Weisungen erübrigten sich aufgrund spezieller Fachkenntnisse und inkludierten bereits naturgemäß eine stille Autorität des Werkbestellers, kann wohl nicht ernsthaft vertreten werden, da gerade auf diesen beruflichen Qualifikationen das Vertrauen und das Wesen eines Werkvertrages aufbaut. Deshalb erübrigte sich auch eine Kontrolle durch den Auftraggeber, da dessen Interessen nicht auf eine Mitarbeit von Herrn K. gerichtet waren, sondern auf ein planentsprechendes, vollständiges und mängelfreies Werk.

Als Symbiose mit diesen beiden Aspekten der zeitlichen und örtlichen Einbindung eines Auftragnehmers ergibt sich zwingend die Weisungsgebundenheit an den Auftraggeber. Diese ist jedoch ein charakteristisches, höchstpersönliches Recht eines Dienstherrn, dessen Ausfluß dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch § 1157 ff entspringt. Diese Diensthoheit war Grundlage der autoritären Weisungsbefugnis, um durch die Disposition der Arbeitskraft, den Kenntnissen und Fähigkeiten des Arbeitnehmers entsprechend, den innerbetrieblichen Arbeitsablauf in zeitlicher, örtlicher Hinsicht unter Einsatz von Rohstoffen, Materialien, technischer Hilfsmittel und Maschinen, erfolgreich einzusetzen. Dem Grundgedanken der vertikalen Einordnung angepaßt wurde ein Dienstnehmer verpflichtet, jederzeit seine Leistungsbereitschaft durch Erbringung der geschuldeten Arbeitskraft, höchstpersönlich zu erbringen.

Wesentliche Bedeutung kommt daher im gegenständlichen Fall der Frage zu, ob der Vertragspartner einen Arbeitserfolg oder bloße Arbeitsleistungen unter Aufsicht, Kontrolle und Weisungsbefugnis des Auftragebers/Dienstherrn zu erbringen hatte. Wie bereits ausführlich dargelegt, wurden mit Herrn K. einzelne Abschnitte und Teilprojekte verschiedener Gesamtwerke besprochen und bei Einigung an ihn als Werkvertrag vergeben. Diesbezüglich muß man das geschuldete Werk (auch wenn es im Detail selbständig betrachtet einen unerheblichen Faktor darstellt) im gesamten betrachten, da die Aneinanderreihung einzelner Werke wie bei einem Mosaik, erst - den mit den Projektleitern besprochenen Arbeitserfolg darstellt. Wesentliche Voraussetzung für die Erhaltung der persönlichen Unabhängigkeit ist in diesem Fall die Unabhängigkeit hinsichtlich des arbeitsbezogenen Verhaltens des Beschäftigten, also die Berechtigung, den Ablauf der Arbeit selbst zu regeln und bei Bedarf jederzeit zu ändern, ohne daß dem Empfänger der Arbeitsleistung diesbezüglich Weisungs- und Kontrollbefugnisse oder Disziplinarmaßnahmen zukämen (VwGH 82/08/0177).

Aus dem fehlenden Vertragspunkt einer Vertretungsmöglichkeit des Werkvertragsnehmers schließt die belangte Behörde, daß Herr K. seine geschuldete Arbeitskraft, höchstpersönlich zu erbringen hatte. Arbeitsunfälle sind in der Regel unvorhergesehene, zufällig eintretende, vom menschlichen Willen unbeeinflußbare Ereignisse, welche jederzeit und überall passieren können. Über diesen Punkt gab es keine Vertragsbestimmung, da Herr K. seit Vertragsübernahme niemals durch Krankheit oder Unfall an der Erfüllung seines Werkvertrages gehindert war. Im Sinne der Auslegungsregel für Verträge ergibt sich aus § 914 ABGB, daß nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften sei, sondern es sei die Absicht der Parteien zu erforschen.

Aus der Sicht eines objektiven, redlichen Erklärungsempfängers bestanden keinerlei Zweifel, daß beide Vertragsparteien einen Werkvertrag geschlossen haben. Auch bei entsprechender Beweiswürdigung des erhobenen Sachverhaltes und objektiver rechtlicher Beurteilung ergibt sich gleichfalls zweifelsfrei ein für das Baugewerbe typischer Werkvertrag.

Herr Helmut K. stand in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen zur Firma ... nicht in einem Verhältnis persönlicher und/oder wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt im Sinne von § 4 Abs. 2 ASVG. Es bestand somit gemäß § 4 Abs. 1 ASVG iVm § 1 Abs. 1 AlVG 1977 keine Vollversicherungspflicht in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und auch Arbeitslosenversicherung.

Aus den genannten Gründen hat daher die belangte Behörde den vorliegenden Sachverhalt inhaltlich falsch beurteilt, der angefochtenen Entscheidung haftet aus diesem Grund eine inhaltliche Rechtswidrigkeit an und ist daher aufzuheben."

Diese Ausführungen sind zunächst insoweit, als sie im Rahmen der Rechtsrüge von anderen als den von der belangten Behörde festgestellten Tatsachen ausgehen, nicht geeignet, die Feststellungen der belangten Behörde in einer bei Bedachtnahme auf die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 548 ff, wiedergegebene Rechtsprechung) beachtlichen Weise zu erschüttern. Davon abgesehen steht ihnen insofern, als sie auf die Annahme einer Erbringung der Leistungen aufgrund von Werkverträgen (oder "eines Werkvertrages") abzielen, der Gesichtspunkt entgegen, daß sich eine derartige Deutung bei Beachtung der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen über die Tätigkeiten des Erstmitbeteiligten nicht darauf stützen läßt, auch für sich betrachtet unerhebliche Faktoren in der Herstellung eines Werkes hätten in "Aneinanderreihung einzelner Werke wie bei einem Mosaik erst den mit den Projektleitern besprochenen Arbeitserfolg" ergeben. Dieser Betrachtungsweise ist vielmehr entgegenzuhalten, daß Beiträge zur Erstellung einzelner Werke, wie sie der Erstmitbeteiligte nach den Feststellungen der belangten Behörde erbrachte, nicht als "geschlossene Einheiten" von der Art anzusehen sind, wie sie für die Annahme eines Werk- anstelle eines Dienstvertrages nach der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wesentlich sind (vgl. dazu, auf Montagearbeiten bezogen, auch das zuletzt zitierte Erkenntnis vom 17. Jänner 1995, Zl. 93/08/0092). Einen freien Dienstvertrag hat die belangte Behörde auf der Grundlage der von ihr getroffenen Feststellungen zum Sachverhalt schon im Hinblick auf die Erteilung von "Weisungen, welche Tätigkeit wann und wo" vom Erstmitbeteiligten auszuüben gewesen sei, mit Recht nicht angenommen, wobei dem angefochtenen Bescheid auch nicht zu entnehmen ist, daß die belangte Behörde den Gesichtspunkten der Bindung an bestimmte Arbeitsorte und -zeiten ein angesichts der diesbezüglichen Sachzwänge inadäquates Gewicht beigemessen hätte (vgl. zu diesen und weiteren Gesichtspunkten der Abgrenzung gegenüber freien Dienstverträgen abermals das schon zitierte Erkenntnis vom 17. Jänner 1995, Zl. 93/08/0092). Schon aus rechtlichen Gründen nicht zielführend ist schließlich auch die gegen die - im angefochtenen Bescheid ausführlich begründete - Feststellung des Fehlens einer generellen Vertretungsbefugnis gerichtete Argumentation der Beschwerdeführerin. Die in der Beschwerde bloß angeführten (hypothetischen) Fälle einer Vertretung bei Verhinderung durch Krankheit oder Unfall wären - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift richtig hervorhebt - keine Beispiele einer generellen Vertretungsbefugnis, die geeignet wäre, das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit auszuschließen (vgl. hiezu nur als Beispiel für viele das Erkenntnis vom 20. Februar 1996, Zl. 95/08/0175).

Die Annahme der belangten Behörde, bei der Beschäftigung des Erstmitbeteiligten hätten die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber jenen der selbständigen Ausübung der Erwerbstätigkeit überwogen, trifft somit zu, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das auf den Ersatz von Schriftsatzaufwand gerichtete Kostenbegehren der Drittmitbeteiligten (deren "Gegenschrift" sich aber auch in der Darstellung eines nach Abschluß des vorliegenden Verwaltungsverfahrens vom Erstmitbeteiligten gestellten Antrages auf Notstandshilfe und dessen Erledigung erschöpft) war schon mangels anwaltlicher Vertretung abzuweisen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 26. Jänner 1998, Zl. 94/17/0385).

Wien, am 19. Jänner 1999

Schlagworte

Besondere Rechtsprobleme Verhältnis zu anderen Normen Materien Sozialversicherung Zivilrecht Vertragsrecht Dienstnehmer Begriff Persönliche Abhängigkeit Dienstnehmer Begriff Wirtschaftliche Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996080350.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten