TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/13 I419 2176477-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.03.2019
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Entscheidungsdatum

13.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs1
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs2
BFA-VG §18 Abs1 Z3
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I419 2176477-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, StA. NIGERIA alias Liberia, vertreten durch RA Dr. Andreas WALDHOF, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18.10.2017, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass

1. der erste Satz des Spruchpunktes III zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt." und

2. Spruchpunkt IV zu lauten hat: "Gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 2005 haben Sie Ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 26.06.2017 verloren."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Nachdem der Beschwerdeführer bereits 2011 und 2012 in Malta und Italien Anträge auf internationalen Schutz gestellt hatte, letzteren mit dem im Spruch drittgenannten Geburtsdatum, reiste er illegal nach Österreich und stellte am 30.09.2015 hier einen Asylantrag. Er gab sich mit dem erstgenannte Alias-Geburtsdatum zu Unrecht als minderjährig aus und ferner an, in Nigeria geborener Staatsangehöriger Liberias und seit zwei Wochen hier zu sein. Nach dem Tod seines Vaters habe er nicht weiter mit der Mutter zusammenleben wollen, die ihn nicht zur väterlichen Familie bringen wollte, weshalb er sie mit einem Gewehr bedroht und ihr ins Bein geschossen habe.

Die Altersfeststellung ergab ein Mindestalter von 21 zum Untersuchungszeitpunkt und das im Spruch erstgenannte als spätestes mögliches Geburtsdatum, ein Konsultationsverfahren mit Italien, dass der Beschwerdeführer dort unter der im Spruch angeführten Aliasidentität bekannt sei.

2. Das BFA wies den Antrag zurück, was dieses Gericht am 30.03.2016 bestätigte. Die Überstellung nach Italien scheiterte wegen Fristablaufs, weil der Beschwerdeführer untergetaucht war.

Nach einer Polizeikontrolle festgenommen, stellte der Beschwerdeführer am 06.08.2016 einen Folgeantrag. Befragt zum Fluchtgrund gab er an, in seiner Heimat niemanden mehr zu haben. Die Mutter wolle ihn wie bereits den Vater mit Kaffee vergiften.

Ein Sprachbefund ergab, dass der Beschwerdeführer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Nigeria hauptsozialisiert und nicht auch in Liberia teilsozialisiert wurde.

3. Niederschriftlich einvernommen beharrte er 2017 darauf, Staatsangehöriger Liberias zu sein. Das bisher an Fluchtmotiven Vorgebrachte hielt er aufrecht und ergänzte, er sei in Nigeria aufgewachsen und 6 Monate nach dem Mord am Vater, bei dem er fünf bis sieben Jahre alt gewesen sei, homosexuell geworden. Er habe einen Geliebten gehabt, den er auf Wunsch seiner Mutter verlassen hätte sollen, bevor er sie angeschossen habe. Auch dieser, der vom Beschwerdeführer verlangt habe, in der Kirche zu heiraten, trachte ihm nach dem Leben. Bis zum Alter von 12 oder 13 sei er dann in Liberia bei der väterlichen Großmutter gewesen.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das BFA den Folgeantrag hinsichtlich der Status des Asyl- (Spruchpunkt I) und des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG", erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III). Der Verlust des Aufenthaltsrechtes wurde mit 19.07.2017 festgestellt (Spruchpunkt IV), einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V) und für die freiwillige Ausreise keine Frist gewährt (Spruchpunkt VI).

5. Im Beschwerdeschriftsatz wird vorgebracht, der Beschwerdeführer sei in Nigeria wegen seiner Homosexualität gefährdet und fürchte im schlimmsten Fall die Todesstrafe. Zudem seien seine Grundbedürfnisse in Nigeria nicht gedeckt. Der Ausspruch über den Verlust des Aufenthaltsrechts sei unrechtmäßig, da er zwar von einem Landesgericht verurteilt worden sei, das Delikt aber in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte falle.

Unter anderem wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde beantragt.

6. Für den Beschwerdeführer wurde am 15.05.2018 ein Heimreisezertifikat des Herkunftsstaats erteilt, worauf er an einer Charterabschiebung am 17.05.2018 teilnahm.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zunächst wird der unter Punkt I dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, kinderlos, Christ und Staatsangehöriger Nigerias. Seine Identität steht nicht fest. Er hat im Herkunftsstaat sechs Jahre die Grundschule besucht und spricht Igbo auf Muttersprachenniveau, außerdem Englisch sowie etwas Italienisch und Arabisch. Er spricht kein Deutsch und hat keinen Sprachkurs besucht.

Er leidet an keiner lebensbedrohlichen Krankheit, wurde zuletzt nicht ärztlich behandelt und ist arbeitsfähig. Er hat die Möglichkeit, nach seiner Rückkehr am Arbeitsmarkt teilzunehmen und eine existenzsichernde Beschäftigung zu finden.

Im Herkunftsstaat leben zumindest die volljährige Schwester und die Mutter des Beschwerdeführers. Mindestens bis zu seiner Ausreise lebte auch die Familie der Mutter noch dort.

Das LGS XXXX hat den Beschwerdeführer wie folgt verurteilt:

Am 26.06.2017 wegen des Vergehens des Unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1, 2 und 2a SMG zu vier Monaten Freiheitsstrafe, bedingt nachgesehen und am selben Tag rechtskräftig, nachdem er Kokain in einem öffentlichen Verkehrsmittel zum Verkauf angeboten, weiteres Suchtgift zum Verkauf bereit mitgeführt und schließlich geschluckt sowie Cannabiskraut zum Eigengebrauch erworben und besessen hatte, sowie

am 26.04.2018 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zu 12 Monaten Freiheitsstrafe, acht davon bedingt, weil er Suchtgift in einer Menge überlassen hatte, welche die Grenzmenge des § 28b SMG überstieg.

Aus diesen Gründen war der Beschwerdeführer in Haft von 18. bis 23.05.2017 und von 04.01. bis 03.05.2018.

Die verbleibende Zeit seines Aufenthalts war der Beschwerdeführer knapp fünf Monate in einer Wohnung in XXXX gemeldet, sonst aber nirgends oder - gut neun Monate - an einer Obdachlosenanschrift sowie zwei Wochen im Polizei-Anhaltezentrum.

Der Beschwerdeführer übte in Österreich keine erlaubte Erwerbsarbeit aus und ist hier nicht selbsterhaltungsfähig. Er bezog während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung, ging keiner legalen Beschäftigung nach und war auch nicht Mitglied in einem Verein oder einer anderen Organisation außer der Kirche.

In Österreich verfügte der Beschwerdeführer über keine familiären und keine über alltägliche Begegnungen hinausreichenden privaten Anknüpfungspunkte. Er tauchte nach Antragstellung unter, ebenso nach rechtskräftiger Entscheidung über seinen ersten Asylantrag, bis er am 10.08.2016 eine Obdachlosenadresse bekanntgab. Der Beschwerdeführer ist vor 10 Monaten in den Herkunftsstaat zurückgekehrt.

Außer durch den Verkauf von Suchtgift trat der Beschwerdeführer erwerbsmäßig nicht in Erscheinung. Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer sonstigen Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat:

Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Sicherheitsbehörden

Die allgemeinen Polizei- und Ordnungsaufgaben obliegen der rund 360.000 Mann starken (Bundes-) Polizei, die dem Generalinspekteur der Polizei in Abuja untersteht (AA 21.11.2016). Der Generalinspekteur ist für die Durchsetzung der Gesetze verantwortlich. Zusätzlich zu der üblichen polizeilichen Verantwortung der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung in den Bundesstaaten und Federal Capital Territory (FCT), überwacht der Generalinspekteur die Strafverfolgungsbehörden im ganzen Land, die mit Grenzschutz, Marineangelegenheiten (Navigation) und Terrorismusbekämpfung involviert sind. Der Generalinspekteur nominiert einen Polizeikommissar, der die National Police Force (NPF) in jedem Bundesstaat und FCT befehligt (USDOS 3.3.2017). Etwa 100.000 Polizisten sollen als Sicherheitskräfte bei Personen des öffentlichen Lebens und einflussreichen Privatpersonen tätig sein (AA 21.11.2016).

Neben der Polizei werden im Inneren auch Militär, Staatsschutz sowie paramilitärische Einheiten (sogenannte Rapid Response Squads) eingesetzt (AA 21.11.2016). Die Innere Sicherheit liegt also auch im Zuständigkeitsbereich des Department of State Service (DSS), das dem Präsidenten via nationalen Sicherheitsberater unterstellt ist. Die Polizei, das DSS und das Militär sind zivilen Autoritäten unterstellt, sie operieren jedoch regelmäßig außerhalb ziviler Kontrolle (USDOS 3.3.2017). Die National Drug Law Enforcement Agency (NDLEA) ist für alle Straftaten in Zusammenhang mit Drogen zuständig. Der NDLEA, in deren Zuständigkeit Dekret 33 fällt, wird Professionalität konstatiert (ÖBA 9.2016).

Die NPF und die Mobile Police (MOPOL) zeichnen sich hingegen durch geringe Professionalität, mangelnde Disziplin, Willkür und geringen Diensteifer aus (ÖBA 9.2016). Die Polizei ist durch niedrige Besoldung sowie schlechte Ausrüstung, Ausbildung und Unterbringung gekennzeichnet. Die staatlichen Ordnungskräfte sind personell, technisch und finanziell nicht in der Lage, die Gewaltkriminalität zu kontrollieren bzw. einzudämmen. Zudem sind nach allgemeiner Auffassung die Sicherheitskräfte teilweise selbst für die Kriminalität verantwortlich (AA 21.11.2016). Da die Polizei oft nicht in der Lage ist, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verlässt sich die Regierung in vielen Fällen auf die Unterstützung durch die Armee (USDOS 3.3.2017). Jedoch sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten (UKHO 8.2016b).

1.2.2 Homosexuelle

Homosexuelle Handlungen jeglicher Art sind - unabhängig vom Geschlecht der betroffenen Personen - sowohl nach säkularem Recht als auch nach Scharia-Recht (Körperstrafen bis hin zum Tod durch Steinigung in besonderen Fällen) strafbar. Homosexuelle versuchen auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen und weitverbreiteter Vorbehalte in der Bevölkerung, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen (AA 21.11.2016). Obwohl alle nigerianischen Bürger mit der Schwierigkeit konfrontiert sind, dass Förderung und Schutz ihrer Rechte gewährleistet werden sowie der Zugang zu grundlegenden Sozialdienstleistungen, haben Mitglieder der homosexuellen Gemeinschaft mit weiteren Herausforderungen zu kämpfen (TIERS 1.2017). Dabei treten Erpressung und Gewalt schon beim Verdacht auf, homosexuell zu sein (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Die meisten Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle gehen von nicht-staatlichen Akteuren aus (LLM 16.11.2015; vgl. MSMK 19.11.2015). Die Verfügbarkeit von staatlichem Schutz ist in Frage zu stellen, manchmal interveniert die Polizei gar nicht oder verhaftet das Opfer (MSMA 17.11.2015; vgl. DS3 18.11.2015; DS1 20.11.2015). TIERS berichtet, dass die Opfer Menschenrechtsverletzungen nicht bei der Polizei melden aus Angst vor Repressalien, Mangel an Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden, und weil die Polizei häufig selbst die Täter bei Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle sind (TIERS 1.2017).

In Nigeria ist nach der Unterzeichnung durch den Präsidenten am 7.1.2014 bundesweit der über mehrere Jahre diskutierte "Same Sex Marriage Prohibition Act" (SSMPA) in Kraft getreten (HRW 29.1.2015; vgl. CNN 16.1.2014; TT 14.1.2014). Seither ist das Eingehen homosexueller Verbindungen oder das Mitwirken daran mit bis zu 14 Jahren Haft unter Strafe gestellt. Die Organisation oder Unterstützung von Homosexuellen-Clubs, Vereinigungen oder Kundgebungen sowie öffentliches zur Schau stellen gleichgeschlechtlicher Liebesbeziehungen werden mit bis zu zehn Jahren Haft bedroht (AA 5.7.2017 vgl. HRW 20.10.2016). Laut Telegraph seien schon "Gruppen" von zwei Homosexuellen verboten (TT 14.1.2014). Human Rights Watch erklärt, dass jegliches öffentliches homosexuelles Verhalten zwischen Paaren kriminalisiert worden sei ("who directly or indirectly make public show of same-sex amorous relationship"). Auch Personen, die Zeugen, Unterstützter oder Beihelfer einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft oder Ehe sind, können mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden (HRW 15.1.2014; vgl. HRW 20.10.2016). Die Rechtsänderung hat aber bisher nicht zu einer spürbar verschärften Strafverfolgung geführt: Bisher ist es nach Kenntnis der deutschen Botschaft noch nicht zu Anklagen bzw. Verurteilungen nach dem neuen Gesetz gekommen (AA 21.11.2016). Auch Human Rights Watch hat keine Beweise dafür gefunden, dass Personen im Rahmen des SSMPA strafrechtlich verfolgt oder verurteilt wurden (HRW 20.10.2016). Laut einem Bericht von Human Rights Watch hat das Gesetz zu einer weiteren Stigmatisierung von Lesben und Schwulen in Nigeria geführt. Diese werden oftmals von der Polizei schikaniert und misshandelt und von der Bevölkerung gemobbt und per Selbstjustiz verfolgt (GIZ 7.2017b).

Seit der Unabhängigkeit Nigerias gab es nur wenige Fälle von Verurteilungen Homosexueller nach dem Strafgesetzbuch, die Zahl ist einstellig (HL1 16.11.2015). Mit der zunehmenden Öffentlichkeit im Zuge der Diskussion um den SSMPA hat sich zwar die Zahl der Verhaftungen gesteigert. Es kam aber zu keinen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. HRW 20.10.2016). Überhaupt gibt es keine systematische Verfolgung Homosexueller (DS4 20.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Die Community wird nicht überwacht (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015; DS2 19.11.2015). Die Polizei wird nicht aus eigenem Antrieb aktiv und sucht gezielt nach Homosexuellen (HL1 16.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015). Es gibt keine Haftbefehle nur aufgrund von Homosexualität - weder nach dem Strafgesetzbuch, noch nach der Scharia oder dem SSMPA (LLM 16.11.2015).

Aus dem Zeitraum 12.2014-11.2015 wurden 48 Vorfälle berichtet, in welche die Polizei involviert war, 27 davon waren willkürliche Verhaftungen. Insgesamt wurden im genannten Zeitraum 172 Übergriffe bzw. (Menschen-)Rechtsverletzungen an Homosexuellen gemeldet. Allerdings wird davon ausgegangen, dass viele Fälle nicht erfasst wurden (TIERS 3.2016). Für das Jahr 2016 wurden von TIERS 152 Menschenrechtsverletzungen gegen LGBT-Personen gemeldet. Die meisten Übergriffe fanden in den Bundesstaaten Rivers und Lagos statt. 35 davon waren willkürliche Verhaftungen, 27 rechtswidrige Inhaftierungen, 51 Fälle von Erpressung, 33 Fälle von Körperverletzung, 21 Fälle von Diffamierung, zwölf Morddrohungen, zwei Fälle von Folter (TIERS 1.2017).

Laut TIERS gab es im Jahr 2016 auch Positives zu vermelden, so z.B. hat das NHRC öffentlich Stellung gegen Gewalt gegen Homosexuelle genommen. Auch hat sich der ehemalige Präsident, der das Gesetz unterzeichnete, von der Geisteshaltung hinter der Entstehung des Gesetzes distanziert (TIERS 1.2017; vgl. HRW 12.1.2017). Im Jänner 2016 hat der Generalinspektor der Polizei Polizisten davor gewarnt, illegal auf Mobiltelefone der Bürger ohne Gerichtsbeschluss zuzugreifen. Dennoch verletzte die Polizei Privatsphäre von Homosexuellen und verwendete ihre persönlichen Daten, um sie rechtswidrig zu verhaften, damit sie dann für Geld und andere Wertsachen im Gegenzug zu ihrer Freiheit erpresst werden können (TIERS 1.2017).

Im April 2017 hat die nigerianische Polizei erklärt, dass sie in der im Norden des Landes gelegenen Stadt Zaria 53 junge Männer verhaftet hat, weil sie an einer homosexuellen Hochzeit teilgenommen hatten. Die Festgenommenen wurden laut Polizei einem Richter vorgeführt (NBC 20.4.2017). Die Männer werden wegen Verschwörung, illegaler Versammlung und Zugehörigkeit einer illegalen Gesellschaft angeklagt. Diese Straftaten verstoßen gegen den Criminal Procedure Code (PT 7.6.2017). Alle hatten sich nicht schuldig bekannt und konnten bei Zahlung einer Kaution wieder freigelassen werden (NBC 20.4.2017). Am 29.7.2017 wurden über 40 Personen festgenommen, da sie verdächtigt wurden bei einer privaten Feier in einem Hotel in Lagos homosexuelle Handlungen durchgeführt zu haben. Der erste Gerichtstermin war noch ausstehend (Reuters 31.7.2017).

Hinsichtlich des SSMPA gab es keinen Anklagen oder Verurteilungen (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; VA1 16.11.2015; DS1 20.11.2015; DS4 20.11.2015). Die Polizei verhaftet Verdächtige in erster Linie mit dem Ziel, Geld zu erpressen. Grundsätzlich kommen Verdächtige nach der Zahlung einer "Kaution" wieder frei (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Aufgrund der bei der Polizei herrschenden Korruption ist es einfach, sich aus der Haft freizukaufen (VA1 16.11.2015).

Auch für betroffene Homosexuellen-NGOs hatte der SSMPA kaum Auswirkungen, keine der Organisationen musste die Arbeit einstellen (LLM 16.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015; DS2 19.11.2015). Im Gesundheitsbereich tätige NGOs mit Fokus auf Homosexuelle (v.a. HIV/AIDS) stellten zwar Anfang 2014 kurzfristig den Betrieb ein, doch wurde dieser nach wenigen Wochen wieder aufgenommen und läuft seither wie vor Inkrafttreten des SSMPA (IO1 20.11.2015).

UK Home Office gibt an, dass es seit der Einführung des SSMPA einige Berichte über die Verhaftung von LGBT-Personen gab. Es gab auch einige Berichte über Gewalt und Schläge gegenüber den Verhafteten. Allerdings gibt es nur wenige Berichte über Verfolgung oder Verurteilung von LGBT-Personen. Es gibt nur begrenzte Anzeichen dafür, dass die Regierung gezielt gegen LGBT-Organisationen vorgehen würde; allerdings scheint es indirekte Auswirkungen auf diese Gruppen zu geben. So gibt es etwa Berichte über eine Reduzierung der Angebote bezüglich HIV/AIDS-Behandlung (UKHO 3.2015).

Die vom Home Office zitierte Homosexuellen-NGO Erasing 76 Crimes schätzt, dass sich im August 2014 23 Personen aufgrund von Homosexualität in Haft befanden. 15 weitere würden auf freiem Fuß auf ihren Prozess warten. Die NGO gibt auch an, dass es unmöglich sei, eine vollständige Liste von Personen zu erstellen, die sich aufgrund von Verstößen gegen Anti-Homosexuellen-Gesetzen in Nigeria in Haft befinden würden. Nigerianische Medien berichten oft nur von Verhaftungen, manchmal auch von der Eröffnung von Prozessen, nie aber von Urteilen bezüglich LGBT-Personen. Die gleiche NGO schätzt im Oktober 2014, dass seit der Einführung des Same Sex Marriage (Prohibition) Act in ca. vier Bundesstaaten ca. 38 Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verhaftet worden sind. Alleine im Bundesstaat Bauchi seien es zwölf (UKHO 3.2015). Das Gesetz ist vor allem unter dem Gesichtspunkt zu verstehen, dass man dem wachsenden Druck aus dem westlichen Ausland für die Gleichberechtigung Homosexueller die Stirn bieten möchte, da in Nigeria noch nie zwei Männer oder zwei Frauen versucht haben zu heiraten. Im Rahmen der Verabschiedung des Gesetzes und der negativen internationalen Reaktion kam es zu vermehrten Vorfällen von Verhaftungen und physischer Gewalt gegen vermeintlich Homosexuelle. Eine generelle "staatliche Verfolgung" ist allerdings derzeit nicht gegeben. Gesellschaftliche Diskriminierung bei offenem zur Schau stellen der sexuellen Orientierung ist vorhanden (ÖBA 9.2016).

Laut bereits bestehenden Gesetzen wird "Geschlechtsverkehr, der gegen die Ordnung der Natur geht" mit einer Haft von 14 Jahren bestraft. In den zwölf nördlichen Bundesstaaten, wo das islamische Recht in Kraft ist, werden homosexuelle Handlungen mit Haft, Stockschlägen oder Tode durch Steinigung bestraft. Aktivisten sind keine Fälle bekannt, bei denen die Todesstrafe umgesetzt wurde. Auch unter der Scharia kam es also nur zu wenigen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. DS1 20.11.2015).

Die meisten Homosexuellen-NGOs haben ihre Basis in den Hauptstädten der Bundesstaaten (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; MSMA 17.11.2015). Üblicherweise sind die Homosexuellen-NGOs den Betroffenen auch bekannt (DS3 18.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Es existieren auch eigene HIV/AIDS-Kliniken, die gezielt für Homosexuelle Patienten eingerichtet wurden (IO1 20.11.2015; MSMA vgl. 17.11.2015).

Es existieren Netzwerke von Menschenrechtsanwälten, welche - im Falle der Verhaftung eines Homosexuellen - unmittelbar kontaktiert werden und die Person gegen "Kaution" freizukaufen versuchen (IO1 20.11.2015). Die Anwälte sind organisiert, es gibt unterschiedliche Vereine, z.B. Lawyers League for Minorities, Lawyers Alert oder die Coalition of Human Rights Lawyers (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015).

Homosexuellen Netzwerke verschiedener Landesteile bzw. Städte sind miteinander in Kontakt. Die Netzwerke und Organisationen bieten auch Unterstützung und sogar Zufluchtsmöglichkeiten an (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015).

1.2.3 Behandlung nach Rückkehr

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zu-rückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reiseausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 21.11.2016).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 21.11.2016). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwendung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z. B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre (AA 21.11.2016).

1.3 Zum Vorbringen:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer eine homosexuelle Neigung hat, wegen einer solchen verfolgt oder gesucht wird, oder ihn eine solche zum Verlassen seines Herkunftsstaats bewegt hat.

Es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer keine Gefahr von seiner Mutter droht, sei es durch Vergiften von Getränken oder auf andere Art, gegen die er keinen Schutz durch staatliche Behörden erwarten könnte und der er sich nicht durch innerstaatliche Ortswahl entziehen könnte, z. B. durch Ansiedlung in der Hauptstadt Abudja.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer Verfolgung durch einen Schulkollegen droht, den er sich geweigert hätte, in der Kirche oder anderswo zu heiraten. Gegen eine solche Verfolgung könnte er sich gegebenenfalls durch innerstaatliche Ortswahl entziehen, wie eben beschrieben.

Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes. Ergänzend wurden das Register der Sozialversicherungen, jenes der Grundversorgung, das ZMR und das Strafregister abgefragt und Einsicht in das Erkenntnis W161 2123254-1/3E dieses Gerichts aus dem Dublin-Verfahren genommen.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu den allgemeinen Lebensumständen des Beschwerdeführers gründen sich auf seine Angaben sowie auf die eingeholten aktuellen Registerauskünfte. Mangels Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten des Beschwerdeführers, der auch sein wahres Geburtsdatum verschwieg, steht seine Identität nicht fest. Zur Staatsangehörigkeit wurde ein länderkundliches Gutachten eingeholt. Diesem ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. In Italien hatte er bereits selbst angegeben, nigerianischer Staatsangehöriger zu sein, was er auch in der nunmehrigen Beschwerde tut, und letztlich hat Nigeria ihm ein Heimreisezertifikat erteilt.

Die gestellten Asylanträge in Malta und Italien und die durchgeführte Charter-Abschiebung ergeben sich aus dem Vorerkenntnis und (Letztere) auch dem Zentralen Fremdenregister.

Der Beschwerdeführer nannte außer "Freunde, Kaffee, Bar, Sitzen, Rauchen" keine Freizeitaktivitäten und musste deutsche Sprachkenntnisse verneinen. Er gab auch keine anderen während seines Aufenthaltes gesetzten Schritte positiver Integration an (Protokoll vom 30.03.2017, S. 8).

2.3 Zur Lage im Herkunftsland

Die Feststellungen zum Herkunftsstaat entsprechen auszugsweise denen des Länderinformationsblatts Nigeria der Staatendokumentation mit aktuellem Stand 07.08.2017. Diese liegen auch dem Bescheid zu Grunde. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der Erkenntnisquellen sowie dessen, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsstaat weder in den Einvernahmen noch im Beschwerdeschriftsatz entgegen. Er gab einvernommen an, die Länderfeststellungen nicht zu wollen, weil er nicht aus Nigeria sei, räumte dies in der Beschwerde dagegen ein und ergänzte, dass in Nigeria ein zentrales Meldesystem fehle, das mit europäischen vergleichbar wäre.

2.4 Zum Fluchtvorbringen:

Zunächst ist mit dem BFA (S. 80 f, 83 des Bescheids) festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im In- und im Ausland von Anfang an über seine Identität, insbesondere über Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit zu täuschen versuchte. Es ist ihm allerdings kaum gelungen, konsistente falsche Angaben zu machen, sodass letztlich auch viele an Alters- und geografische Daten geknüpften Angaben zu seiner Biografie unter dem Makel leiden, logisch nicht zusammenzustimmen, und daher in Summe nicht der Wahrheit entsprechen zu können.

Das gilt auch für die Fluchtgeschichte: Nach seinen jüngsten eigenen Aussagen in der Vernehmung am 30.03.2017 ist der Beschwerdeführer XXXX (was der Altersfeststellung widerspricht) geboren (S. 4 [der Niederschrift]), sein Vater 2002 verstorben (S. 5, in der Erstbefragung 2015 noch 2004), wobei der Beschwerdeführer sechs oder sieben Jahre alt gewesen sein will, und ergänzte "oder 5" (S. 4).

Sechs Monate später sei er homosexuell geworden (S. 3), und 2007 habe er weniger als ein Jahr lang eine sexuelle Beziehung zu einem Zimmerkollegen von der Schule gehabt (S. 5). Das wäre fünf Jahre darauf im Alter von etwa 8 bis 10. Damals habe ihm die Mutter deswegen Probleme gemacht, bevor er sie dann später angeschossen habe (S. 7), was er im Alter von sechs oder sieben getan habe (S. 6).

Anschließend habe er schnell Nigeria verlassen, nach ein paar Monaten, das wisse er nicht genau (S. 7), im Jahr 2008 (S. 4) wobei er 10 bis 12 gewesen sei (S. 4), genauer XXXX, weil er XXXX geboren sei (S. 4).

In die Schule sei er mit zwei Jahren gekommen und habe diese sechs Jahre lang besucht (S. 6). Demgegenüber hatte er im Erstverfahren angegeben, von 2004 bis 2010 in der Grundschule gewesen zu sein (S. 3 des Erkenntnisses vom 30.03.2016).

Er ließ auch in der Vernehmung am 30.03.2017 überraschende Widersprüche in den Kernelementen seines gesteigerten Fluchtvorbringens erkennen, sei es die Trennung von seinem homosexuellen Geliebten - "Mein Freund im Sinne von Geliebter wollte mich töten, nachdem ich ihn verlassen habe." versus "hat mir gesagt, ich soll ihn heiraten und zwar in der Kirche" sowie "und als er mich verlassen hat, wollte er mich umbringen". (S. 3 ff der Niederschrift).

Generell belastet die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers neben seinem schnellen Untertauchen nach erstmaliger Antragstellung die unerklärt späte Ausführung der nunmehrigen gesteigerten Fluchtgründe. Der Beschwerdeführer habe "Angst gehabt und möchte jetzt die Wahrheit sagen" (Protokoll vom 30.03.2017, S. 5) erscheint nicht ohne Weiteres schlüssig, weil grundsätzlich davon auszugehen ist, dass kein Asylwerber eine Gelegenheit ungenützt ließe, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, und der Beschwerdeführer zumindest seit 2011 bereits in Europa war.

Betreffend das Vorbringen der Bedrohung durch Vergiften zeigt das BFA den Widerspruch zwischen dem angeblichen Todeszeitpunkt (je nach Aussage 2002 oder 2004) einerseits und dem Ausreisezeitpunkt Jahre später andererseits auf.

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt.

Die Beschwerde tritt weder den Umständen der Erstbefragung noch denen der Einvernahme entgegen. Das Gericht schließt sich daher der Beweiswürdigung des BFA (S. 81 ff des Bescheids) an, dass dem aktuellen Vorbringen keine tatsächliche Ermordungsgefahr oder Homosexualität zu Grunde liegt.

Daneben ist darauf zu verweisen, dass - wie sich aus den Länderfeststellungen des BFA und dem Beschwerdevorbringen ergibt - dem Beschwerdeführer schon angesichts des fehlenden Meldewesens unbenommen ist, sich in einer Gegend anzusiedeln, wo ihn die vermeintlichen und nicht festgestellten Verfolger nicht fänden, wie der jederzeit erreichbaren Hauptstadt, die auch religiös gemischt ist.

Insgesamt war daher dem BFA beizupflichten, wenn es von einem Vorbringen ausgeht, dem keine Asylrelevanz innewohnt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):

3.1.1 Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der GFK droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er werde als Homosexueller verfolgt werden, seine Mutter wolle ihn vergiften und sein Ex-Geliebter ihn umbringen, ist auf die Notwendigkeit zu verweisen, eine Verfolgung zumindest glaubhaft zu machen. Wie ausgeführt, ist das dem Beschwerdeführer nicht gelungen.

3.1.3 Im vorliegenden Fall liegt daher die Voraussetzung einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht vor. Daraus ergibt sich rechtlich gesehen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Nigeria keine Verfolgung nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und daher der Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.

3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):

3.2.1 Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser Antrag in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab-gewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

3.2.2. Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

3.2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandes-schaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.

Wie oben ausgeführt, gilt dies auch dann, wenn die Unterstützung durch die Angehörigen ausbleibt, weil er arbeitsfähig ist und eine existenzsichernde Beschäftigung finden kann.

Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der erstinstanzliche Ausspruch in Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III):

3.3.1 Nichterteilung eines Aufenthaltstitels

Im ersten Satz von Spruchpunkt III des ersten angefochtenen Bescheids sprach die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 nicht erteilt" werde. Damit war offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint, wie die Bescheidbegründung erweist (S. 97). Dem ist durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Von den alternativen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 liegt hier keine vor und wurde vom Beschwerdeführer auch keine behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

3.3.2 Rückkehrentscheidung

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl betreffend den Status des Asyl-, als auch jenen des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, wie im bekämpften Bescheid geschehen, ist nach § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG vorgesehen, dass das BFA eine Rückkehrentscheidung erlässt.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Dabei ergibt im Fall des Beschwerdeführers eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer hat kein feststellbares Familienleben im Bundesgebiet. Zu prüfen war daher ein etwaiger Eingriff in sein Privatleben. Unter den gegebenen Umständen kann vom Vorhandensein eines Privatlebens über den Umgang mit Mithäftlingen und Justizpersonal hinaus kaum ausgegangen werden, zumal der Beschwerdeführer keine Kurse und keinen Verein besuchte und nur den Kirchgang behauptete. Er brachte keine sonstigen aktuellen sozialen Kontakte vor.

Nach der Anwesenheitsdauer von etwa 2,7 Jahren kann auch nicht von einer Aufenthaltsverfestigung ausgegangen werden. Zudem beruhte der Aufenthalt auf einem Asylantrag, der unbegründet, mit falscher Altersangabe und im Anschluss an eine illegale Einreise gestellt worden war, weshalb sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste.

Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des VwGH vom 23.02.2017, Ra 2017/21/0009, wonach bei einem Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von 4 1/2 Jahren auf Basis eines unberechtigten Antrags auf internationalen Schutz auch dann nicht von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib aus-gegangen werden muss, wenn "außerordentliche Integrationsbemühungen" vorliegen, wie Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 sowie kirchliches, soziales und berufliches Engagement.

Der Beschwerdeführer befand sich demgegenüber viel weniger lang im Inland und verfügt nur über behauptetes kirchliches und kein nachgewiesenes soziales sowie - abgesehen vom Haftaufenthalt - kein berufliches Engagement.

Es liegen auch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen solchen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. Der Beschwerdeführer übt in Österreich keine erlaubte Berufstätigkeit aus und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er konnte auch keine eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen und wurde wegen Vergehens und Verbrechens nach dem SMG verurteilt.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Im Fall des Beschwerdeführers kommt dazu die festgestellte Suchtgiftdelinquenz, die eine weitere kontinuierliche Beeinträchtigung der Volksgesundheit erwarten lässt, was gravierend für dessen Rückkehr in den Herkunftsstaat spricht.

Ferner wiegt zu seinen Lasten, dass er die Behörden zunächst über seine Herkunft und Identität zu täuschen versucht hat. Er lebte von der Grundversorgung und als Strafgefangener in einer Justizanstalt, weist kaum Integrationsmerkmale auf und hat seine Einkommen mittels Drogengeschäften aufzubessern versucht.

Mit der Verurteilung vom 26.06.2017 hat er zudem auch sein durch den Folgeantrag bewirktes Aufenthaltsrecht verloren. Somit besaß der Beschwerdeführer lediglich für einen Zeitraum von etwa 10 Monaten ein asylrechtliches Aufenthaltsrecht.

Es würde eine Benachteiligung jener Fremden gleichkommen, die die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, wenn sich der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen könnte, obwohl er seinen Aufenthalt lediglich durch seine faktische Einreise und einen unbegründeten Asylantrag erzwungen hat. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

3.3.3 Zulässigkeit der Abschiebung,

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, die Festlegung eines solchen Staates wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre.

Es fehlt auch jedes Indiz dafür, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet würde. Zudem liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre.

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Nigeria zumindest notdürftig leben zu können. Er ist dort aufgewachsen und in die Schule gegangen, spricht Igbo und Englisch und hat Erfahrungen mit der örtlichen Lebensweise gesammelt. So kann er eventuell vorhandene Sozialkontakte zu Menschen nutzen, die im Herkunftsstaat leben, oder jedenfalls neue knüpfen, selbst wenn familiäre Unterstützung ausbleibt.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Es genügt nicht für die Annahme, der Beschwerdeführer würde nach seiner Rückkehr keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, dass er möglicherweise - auch ohne Drogendelikte - in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als im Herkunftsland. Somit fehlen im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht in Nigeria keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Warum der Beschwerdeführer also im Herkunftsstaat, dessen Sprache er spricht und in dem er aufwuchs und sozialisiert wurde, in existenzielle Schwierigkeiten geraten sollte, ist nicht substantiiert begründet und auch nicht sonst erkennbar.

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Nigeria das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht neu behauptet.

Eine der Abschiebung nach Nigeria entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.

Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.

Die Beschwerde war daher - von der Richtigstellung des ersten Satzes abgesehen - auch betreffend den Spruchpunkt III abzuweisen.

3.4 Zum Verlust des Aufenthaltsrechts (Spruchpunkt IV):

Ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bleibt (wenn nicht schon wegen eines anderen bundesgesetzlichen Aufenthaltsrechts) nach § 13 Abs. 1 AsylG 2005 grundsätzlich bis zu einer durchsetzbaren Entscheidung, Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder zum Verlust des Aufenthaltsrechtes zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

§ 13 Abs. 2 AsylG 2005 sieht vor, dass ein Asylwerber das Aufenthaltsrecht verliert, wenn er straffällig geworden ist (Z. 1), gegen ihn wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist (Z. 2), über ihn Untersuchungshaft verhängt (Z. 3) oder er beim Begehen eines Verbrechens auf frischer Tat betreten wurde (Z. 4). Nach Abs. 3 kommt ihm ab dem Verlust faktischer Abschiebeschutz zu.

In der Beschwerde wird die Definition von "straffällig" aus § 2 Abs. 3 Z. 1 AsylG 2005 richtig wiedergegeben. Danach ist ein Fremder straffällig, wenn er wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wird, die in die Zuständigkeit des Landesgerichts fällt.

Der Beschwerdeführer moniert, dass er zwar von einem Landesgericht verurteilt worden ist, die begangenen Straftaten aber der Zuständigkeit des Bezirksgerichtes unterfielen. Dem ist nicht so: Er wurde auch nach § 27 Abs. 2a SMG verurteilt, der Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren vorsieht. Gemäß § 30 Abs. 1 StPO obliegt dem Bezirksgericht das Hauptverfahren nur wegen Straftaten, die mit einer Geldstrafe, mit einer Geldstrafe und einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder nur mit einer solchen Freiheitsstrafe bedroht sind.

Der Verlust des Aufenthaltsrechtes ist dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung mitzuteilen, was also deklarativen Charakter hat. Nach Abs. 4 hat das BFA im verfahrensabschließenden Bescheid über den Verlust des Aufenthaltsrechtes eines Asylwerbers abzusprechen.

Im angefochtenen Bescheid gibt das BFA an, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt am 19.07.2017 verloren habe, dem Tag der Hinterlegung der Verfahrensanordnung im Akt. Diese Zustellung hatte aber wie eben dargelegt, keine konstitutive Wirkung.

Der Beschwerdeführer wurde bereits am 26.06.2017 rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt. Damit war der Tatbestand des § 13 Abs. 2 Z. 1 AsylG 2005 erfüllt und das Recht zum Aufenthalt verloren. Es ist auch nicht wiederaufgelebt. Somit war Spruchpunkt IV entsprechend abzuändern, die Beschwerde dagegen aber als unbegründet abzuweisen.

3.5 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde (Spruchpunkt V):

Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das BFA die aufschiebende Wirkung unter anderem dann aberkennen, der Beschwerdeführer das BFA über seine wahre Identität zu täuschen versucht hat, obwohl er über die Folgen belehrt wurde (§ 18 Abs. 1 Z. 3 BFA-VG).

Das ist der Fall, weil der Beschwerdeführer nicht nur über sein Geburtsdatum, sondern auch über seinen Herkunftsstaat unrichtige Angaben machte und seine Täuschungsversuche trotz Einholung entsprechender Gutachten fortsetzte.

Die Hinweise auf die Wahrheitspflicht, deren Missachtung zu nachteiligen Folgen führe, erfolgten in den beiden Erstbefragungen, wie sich aus den Niederschriften ergibt. Deren Ausreichen als Belehrung im Sinn der genannten Bestimmung wurde nicht bezweifelt. Eine Erinnerung findet sich in der Niederschrift der Einvernahme am 30.03.2017 (S. 3).

Die Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und jenen Österreichs ergibt schon wegen dessen sehr kurzen Aufenthalts einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheids, aber auch wegen des Beschwerdeführers Straffälligkeit, sodass das BFA der Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte.

Die Beschwerde erweist sich daher auch insoweit als unbegründet, sodass sie auch betreffend den Spruchpunkt V abzuweisen war.

Nach § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ein Antragsrecht, das auf diese Entscheidung gerichtet wäre, ist nicht vorgesehen. Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erweist sich damit als unzulässig, weshalb er mit Beschluss zurückzuweisen wäre, würde er nicht mit der Erlassung der vorliegenden inhaltlichen Entscheidung ohnehin gegenstandslos (vgl. VwGH 30.01.2015, Ra 2014/02/0174, mwH).

3.6 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI):

Das BFA hat die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt und dies mit der im vorigen Punkt erörterten Voraussetzung des § 18 Abs. 1 BFA-VG begründet. Wie gezeigt, hat es diese Bestimmung zu Recht angewendet.

Bereits unmittelbar aus § 55 Abs. 1a FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht, wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens nach § 18 BFA-VG durchführbar wird, was hier - nach dem Spruchpunkt V des angefochtenen Bescheides - der Fall ist.

Es besteht daher keine Frist für die freiwillige Ausreise. Deshalb war die Beschwerde auch zu diesem Spruchpunkt abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ersche

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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