TE OGH 2019/6/24 2Ob76/19v

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Veröffentlicht am 24.06.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Dr. B***** E*****, verstorben am ***** 2018, zuletzt wohnhaft *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der erbantrittserklärten Erben 1. Z***** K***** und 2. V***** K*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Josef Kunzenmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innnsbruck als Rekursgericht vom 14. März 2019, GZ 54 R 115/18k, 14/19h-79, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hall in Tirol vom 10. September 2018, GZ 1 A 133/18m-46, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Aus Anlass des außerordentlichen Revisionsrekurses wird der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts als nichtig aufgehoben und der Rekurs der erbantrittserklärten Erben gegen den Beschluss des Erstgerichts (ON 46) zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der am ***** 2018 verstorbene Erblasser hatte in seinem Testament vom 10. 7. 2015 seine vertraglich bestellte Betreuerin und deren Ehemann, die nunmehrigen Rechtsmittelwerber, als seine Erben eingesetzt, und seine Ehefrau auf Pflichtteilsansprüche verwiesen. Mit Schenkungsvertrag vom selben Tag hatte er ihnen aus Dankbarkeit für die erbrachte Pflege und Betreuung zwei Liegenschaften geschenkt. Mit letztwilliger Anordnung vom 26. 1. 2016 hatte er schließlich das Testament dahingehend abgeändert, dass er seiner Ehefrau den Pflichtteil entzog und sie enterbte, weil sie ihn in Not (Krankheit) hilflos gelassen und nicht unterstützt und mutwillig ein Verfahren auf Bestellung eines Sachwalters angeregt habe.

Im Verlassenschaftsverfahren beantragte die Witwe mit der Behauptung weiterer Schenkungen die Bestellung eines Verlassenschaftskurators und die Erhebung einer Anfechtungsklage.

Nachdem das Verlassenschaftsgericht den Verlassenschaftskurator bestellt hatte, langte am 16. 7. 2018 eine Vertretungsanzeige des Rechtsanwalts der Testamentserben mit dem Ersuchen ein, sie „von den Weiterungen auf dem Laufenden zu halten“.

Mit Beschluss vom 10. 9. 2018 erteilte das Verlassenschaftsgericht dem Verlassenschaftskurator auf dessen Antrag die Genehmigung zur Erhebung der vorbereiteten Klage, die im Wesentlichen auf die Feststellung der Nichtigkeit der Schenkungsverträge gerichtet ist. Der Beschluss wurde nur dem Verlassenschaftskurator (am 11. 9. 2018), nicht aber den Testamentserben zugestellt. Diese erhielten den Genehmigungsbeschluss erst am 18. 9. 2018 mit der durch das Prozessgericht veranlassten Zustellung der Klage.

Die Testamentserben gaben am 19. 9. 2018 unbedingte Erbantrittserklärungen jeweils zur Hälfte des Nachlasses aufgrund des Testaments vom 10. 7. 2015 ab und erhoben am 27. 9. 2018 Rekurs gegen die Klagegenehmigung. Die Witwe gab am 26. 9. 2018 eine bedingte Erbantrittserklärung aufgrund des Gesetzes ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Testamentserben nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Es erachtete den Rekurs aber als rechtzeitig, weil die erbantrittserklärten Testamentserben vor der erstgerichtlichen Beschlussfassung ein aktives Interesse am Verlassenschaftsverfahren gezeigt und damit Parteistellung erlangt hätten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der erbantrittserklärten Testamentserben.

Aus Anlass der Vorlage dieses Rechtsmittelschriftsatzes hat der Oberste Gerichtshof eine von Amts wegen aufzugreifende Nichtigkeit der bekämpften Entscheidung wahrzunehmen:

Rechtliche Beurteilung

Wie der Fachsenat jüngst in der Entscheidung 2 Ob 32/19y (mwN) ausgesprochen hat, wird zwar dem potentiellen Erben Parteistellung und Rekurslegitimation ausnahmsweise auch schon vor Abgabe einer Erbantrittserklärung eingeräumt, wenn er sein aktives Interesse am Erbantritt bekundet hat und die Abgabe einer Erbantrittserklärung aus nicht in seiner Sphäre liegenden Gründen unterblieb. Erforderlich ist aber, dass er bereits deutlich zum Ausdruck gebracht hat, er wolle das Erbe antreten.

Dies kann dem bloßen Ersuchen, von Weiterungen auf dem Laufenden gehalten zu werden, nicht entnommen werden, sodass die Testamentserben nicht schon dadurch, sondern erst mit der Erbantrittserklärung vom 19. 9. 2018 und somit erst nach dem Genehmigungsbeschluss Parteistellung erlangten. Die einen Tag davor (am 18. 9. 2018) durch das Prozessgericht bewirkte Zustellung des Genehmigungsbeschlusses löste keine Rechtsmittelfrist für die Testamentserben aus (vgl 2 Ob 32/19y). Auch dem Verlassenschaftskurator stand keine Rechtsmittelfrist offen, innerhalb deren die Testamentserben noch den Rekurs erheben hätten können (vgl 2 Ob 45/15d mwN). Zum Zeitpunkt der Erhebung des Rekurses am 27. 9. 2018 war der Genehmigungsbeschluss vom 10. 9. 2018 daher bereits in Rechtskraft erwachsen.

Die Nichtbeachtung der Rechtskraft einer Entscheidung bewirkt aber auch in außerstreitigen Angelegenheiten Nichtigkeit, die immer eine erhebliche Rechtsfrage aufwirft und welche, wenn sie im Rechtsmittel nicht geltend gemacht wird, aus Anlass eines außerordentlichen Revisionsrekurses von Amts wegen wahrzunehmen ist. Sie führt zur Aufhebung der zweitinstanzlichen Entscheidung als nichtig und zur Zurückweisung des an die zweite Instanz gerichteten Rechtsmittels (vgl 5 Ob 206/14a; 7 Ob 163/14h; RS0041896; RS0122081).

Textnummer

E125492

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0020OB00076.19V.0624.000

Im RIS seit

12.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.01.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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