TE Vwgh Erkenntnis 2019/3/22 Ro 2017/04/0022

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Veröffentlicht am 22.03.2019
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
97 Öffentliches Auftragswesen

Norm

ABGB §1151
ABGB §1165
BVergG 2006 §2 Z33a

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler, den Hofrat Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Mag Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der R GmbH in A, vertreten durch Dr. Peter Lindinger und Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Graben 8/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. September 2017, Zl. W123 2163533-2/46E, betreffend ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Parteien:

1. A Aktiengesellschaft in W; 2. B GmbH in A, vertreten durch die Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 20), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 1. Die erstmitbeteiligte Partei (im Folgenden: Auftraggeberin) führte ein offenes Verfahren im Unterschwellenbereich zur Vergabe eines Bauauftrages betreffend Arbeiten zur Kanalsanierung im Bereich von Autobahnen. Die Vergabe sollte nach dem Bestbieterprinzip erfolgen.

2 Die bestandfesten Vergabebedingungen lauteten auszugsweise:

"Kritische Leistungen, sofern sie in der B.5 ULG 00B1 definiert werden, sind vom Bieter/Mitglied einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft selbst oder von einem mit diesem verbundenen Unternehmen auszuführen."

3 Als eine solche "kritische Leistung" wird in den Ausschreibungsbedingungen die "Unterirdische Wiederherstellung Rohrleitungen" bezeichnet.

4 Die Auftraggeberin teilte allen Bietern mit Schreiben vom 30. Juni 2017 die Zuschlagsentscheidung zugunsten der zweitmitbeteiligten Bietergemeinschaft mit.

5 2. Die Revisionswerberin beantragte im verfahrensgegenständlichen Nachprüfungsverfahren die Nichtigerklärung dieser Zuschlagsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit und brachte vor, die präsumtive Zuschlagsempfängerin verfüge nicht über die Kapazitäten, die oben genannten "kritischen Leistungen" selbst zu erbringen. Aus dem Angebot gehe vielmehr hervor, dass sie diese Leistungen von Subunternehmern erbringen lassen werde. Dies stehe in Widerspruch zu den Ausschreibungsbedingungen, sodass das Angebot gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG 2006 auszuscheiden gewesen sei. Die Bedienung der für die "kritischen Leistungen" erforderlichen Arbeitsgeräte erfordere eine spezielle Ausbildung, wobei eine kurzfristige Schulung dafür nicht ausreiche. Soweit sich die Zweitmitbeteiligte darauf berufen habe, dass Arbeitnehmer eines anderen Unternehmens zu ihr wechseln würden, sei ihr zu entgegnen, dass Arbeitgeber die Übertragung von Dienstverhältnissen für ihre Arbeitnehmer nicht rechtsverbindlich zusagen könnten. Die als kritisch definierten Leistungen würden daher zur Gänze mit Betriebsmitteln eines dritten Unternehmens, das nicht der Bietergemeinschaft der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angehöre, erbracht werden.

6 3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag, die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären, ab (Spruchpunkt A) und sprach die Zulässigkeit der Revision aus (Spruchpunkt B).

7 In seiner Begründung traf das Bundesverwaltungsgericht über den bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus die Feststellung, dem Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin seien zwei Schreiben eines dritten Unternehmens, der E s.r.o., beigelegt gewesen. In diesen Schreiben sei jeweils unter dem Betreff "Überlassungserklärung" bestätigt worden, dass der Zuschlagsempfängerin bestimmte Baugeräte im Bedarfsfall zur Verwendung zur Verfügung gestellt würden, bzw. dass das Personal zur Bedienung der Geräte im Bedarfsfall bereit stehe und bei einem der Unternehmen der Bietergemeinschaft in ein Arbeitsverhältnis eintreten werde. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin verfüge über verbindliche Zusagen von sechs Mitarbeitern der E s.r.o. für das verfahrensgegenständliche Vergabeverfahren in ein Arbeitsverhältnis mit einem der Unternehmen der Zweitmitbeteiligten einzutreten. Mehrere Mitarbeiter eines Mitglieds der Zweitmitbeteiligten würden über Erfahrungen im Bereich der "kritischen Leistungen" verfügen.

8 In rechtlicher Hinsicht sei zu klären, ob der Inhalt des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zu dem Schluss führe, dass sich diese eines Subunternehmers bediene oder die E s.r.o. als reiner Zulieferer bzw. Hilfsunternehmer zu qualifizieren sei. Gemäß § 2 Z 33a BVergG 2006 sei die bloße Lieferung von handelsüblichen Waren oder Bestandteilen, die zur Leistungserbringung erforderlich seien, keine Subunternehmerleistung. Bei den Geräten handle es sich - dies sei nicht bestritten worden - um handelsübliche Ware. Da die E s.r.o. keine individuelle Leistung für die präsumtive Zuschlagsempfängerin erbringe, sondern lediglich Geräte und Personal zur Verfügung stelle, sei diese nicht als Subunternehmer zu qualifizieren.

9 Die Revision sei zuzulassen, weil keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu der Frage der Abgrenzung des Subunternehmers vom Hilfsunternehmer vorliege.

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben und die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären oder die Rechtssache an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

Die mitbeteiligten Parteien erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung, mit welcher sie beantragten, die Revision als unzulässig zurück-, in eventu als unbegründet abzuweisen.

5. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Revision verweist zur Zulässigkeit auf die Begründung durch das Bundesverwaltungsgericht. Sie ist zur Klarstellung der aufgezeigten Rechtsfrage zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt.

10 5.1. Die relevante Bestimmung des Bundesvergabegesetzes 200 6 (BVergG 2006) in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 7/2016 lautet auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:

(...)

33a. Subunternehmer ist ein Unternehmer, der Teile des an den Auftragnehmer erteilten Auftrages ausführt. Die bloße Lieferung von handelsüblichen Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung einer Leistung erforderlich sind, ist keine Subunternehmerleistung. (...)"

11 5.2. § 2 Z 33a BVergG 2006 wurde durch die BVergG-Novelle 2015, BGBl. I Nr. 7/2016, eingeführt und enthält erstmals eine Legaldefinition des Subunternehmers. Die Materialien führen zu der Bestimmung des § 2 Z 33a BVergG 2006 Folgendes aus (RV 776 BlgNR XXV. GP 2):

"Die Einführung einer Definition für Subunternehmer ist durch die Neuregelungen betreffend die Subunternehmerleistungen erforderlich. Die Definition findet ihre Grundlage im Werkvertragsrecht. Kennzeichnend für diese Vertragsverhältnisse ist, dass die Herstellung eines bestimmten Werkes bzw. Erfolges geschuldet ist (vgl. dazu die §§ 1151 und 1165 ABGB). Eine Beteiligung an der ‚Ausführung' eines Auftrages im Sinne der Definition des BVergG 2006 liegt daher dann vor, wenn ein Unternehmer einen Leistungsteil des Auftrages vertraglich übernimmt und diesen Leistungsteil in Eigenverantwortung selbst (oder mit Gehilfen) ausführt. Zulieferer sind, wie schon nach bisheriger Rechtslage, keine Subunternehmer im Sinne der Definition (vgl. dazu schon 327 BlgNR XXIV. GP, 22, mit Hinweis auf AB 1118 BlgNR XXI. GP, 47, sowie etwa das Urteil des OGH vom 8. März 2005, 10 Ob 74/04m; vgl. ferner dazu Art. 71 Abs. 5 4. Unterabsatz der Richtlinie 2014/24/EU), unabhängig von der Tatsache, ob die vom Zulieferer gelieferten Produkte nach Maß angefertigt wurden oder nicht. Daher ist der bloße Lieferant von Beton, Bauteilen und sonstigen Komponenten von der Definition nicht erfasst. Hingegen wäre ein Zulieferer, der auch Bauteile selbst einbaut, ein Subunternehmer. Ebenfalls kein Subunternehmer im Sinne der Definition ist ein Unternehmer, dessen Leistung darin besteht, einen Subunternehmer in die Lage zu versetzen, einen Leistungsteil des Auftrages erst erbringen zu können (wie etwa die Wartung von Maschinen eines Subunternehmers, die Vermietung von Maschinen und Geräten an einen Subunternehmer, die Überlassung von Arbeitskräften an einen Subunternehmer)."

12 5.3. Die zitierten Materialien nehmen für die Abgrenzung des Subunternehmerbegriffes Bezug auf die Regelungen des Werkvertrages im ABGB. Gemäß § 1151  ABGB liegt ein Werkvertrag vor, wenn jemand die Herstellung eines Werkes übernimmt. Die "Herstellung eines Werkes" wird allgemein als Verpflichtung zur Herbeiführung eines (Arbeits)Erfolgs verstanden (M.Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB, § 1165, Rz 1). Der Unternehmer ist in diesem Falle verpflichtet, das Werk persönlich auszuführen oder unter seiner persönlichen Verantwortung ausführen zu lassen.

13 Subunternehmer ist daher ein Unternehmer, der es übernimmt, Teile des an den Auftragsnehmer erteilten Auftrages - im Sinn der Herstellung eines Teilerfolgs - selbst herzustellen oder unter seiner persönlichen Verantwortung ausführen zu lassen. Versetzt ein Unternehmen den Auftragnehmer (lediglich) in die Lage, den Auftrag zu erbringen, liegt ein Hilfsunternehmen vor. Die Materialien erwähnen hier beispielhaft die Vermietung von Maschinen und Geräten und die Überlassung von Arbeitskräften (vgl. G. Zellhofer/J. Schramm in Schramm/Aicher/Fruhmann, BVergG 2006, § 2 Z 33a, Rz 18).

14 Im Einzelfall bedarf es daher zur Abgrenzung der Subunternehmereigenschaft jeweils der Feststellung der konkret getroffenen vertraglichen Vereinbarung zwischen dem am Vergabeverfahren teilnehmenden Bieter und dem jeweiligen dritten Unternehmen - im Falle einer Kette von Verträgen auch die Feststellung der übrigen die Leistungsverpflichtung begründenden Vertragsbeziehungen -, das Leistungen für das bietende Unternehmen im Rahmen der Auftragserfüllung erbringen soll. Anhand der konkreten Vertragsvereinbarung(en) ist jeweils fallbezogen die Einordnung der Vertragsbeziehung zwischen dem Bieter und dem Drittunternehmen vorzunehmen, wobei nach dem oben Gesagten ein Subunternehmervertrag vorliegt, wenn das dritte Unternehmen - gemessen an der im Rahmen der Auftragsvergabe geschuldeten Leistung - die Herstellung eines Teilerfolges übernimmt.

15 5.4. Das Bundesverwaltungsgericht ist vor dem Hintergrund dieser Rechtslage fallbezogen zu dem Schluss gelangt, dass ausgehend von den Feststellungen die präsumtive Zuschlagsempfängerin kein Subunternehmen für die Vertragserfüllung heranzieht.

16 Insofern die Revision darauf verweist, es schwebe dem Gesetzgeber ein weiter Begriff des Subunternehmers vor, steht dies per se der rechtlichen Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht entgegen. Auch der Hinweis, die Revisionswerberin habe vorgebracht, dass es sich bei den zur Verfügung gestellten Geräten um spezielle Geräte handle, zeigt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht auf, weil die Beschreibung als "speziell" nicht darauf hindeutet, dass es sich bei diesen Geräten nicht um handelsübliche Geräte handeln würde (vgl. hierzu wiederum G.Zellhofer/J.Schramm, aaO, Rz 13).

17 Die von der Revision ins Treffen geführte formale Trennung der Verträge - Überlassung der Geräte einerseits, Vermittlung des Personals andererseits - ändert nichts daran, dass auf Grundlage der Feststellungen die präsumtive Zuschlagsempfängerin unter Verwendung der von ihr angemieteten Geräte und allenfalls Heranziehung des von ihr übernommenen Personals selbst die Herstellung der im Rahmen des Vergabeverfahrens ausgeschriebenen Leistung schuldet. Daher erweist sich die rechtliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts auf Basis der getroffenen Feststellungen als zutreffend.

18 5.5. Die Revision ist aufgrund der obigen Ausführungen als unbegründet abzuweisen.

19 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung. Die erstmitbeteiligte Partei beantragte keinen Aufwandersatz.

Wien, am 22. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2017040022.J00

Im RIS seit

10.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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