TE Lvwg Beschluss 2019/6/27 LVwG-1-301/2017-R7

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.06.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.06.2019

Norm

AVG §9
GSpG 1989 §54

Text

Beschluss

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Schlömmer über die Beschwerde des RA Dr. Patrick Ruth, Innsbruck, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 07.03.2017, betreffend der mit 10.02.2015 aufgelösten Gesellschaft „H S Ltd., UK-C“, den Beschluss gefasst:

Gemäß § 50 iVm § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

Begründung

1. Im angefochtenen Bescheid wurde Folgendes entschieden:

„Gemäß § 54 Abs 1, 2 und 4 des Glücksspielgesetzes (GSpG), zuletzt geändert durch BGBL I Nr 118/2016, werden die Glücksspielgeräte

?    Gerät ohne Bezeichnung und ohne Seriennummer

?    Internetgerät ‚Infomat‘

?    Multi Casino (Casino C3000)

?    Multi Casino (Casino C3000)

?    Internetgerät ohne Bezeichnung und ohne Seriennummer

?    Internetgerät ohne Bezeichnung und ohne Seriennummer

?    Multigame II (Amatic Midimaster)

?    Web Cruiser (Videomat)

?    Web Cruiser (Videomat)

?    Webterminal (Playtime)

eingezogen.“

2.1. Gegen diesen Bescheid wurde durch die Kanzlei Dr. Patrick Ruth Beschwerde erhoben. In dieser wird Folgendes vorgebracht:

„IV. Beschwerdegründe

1.

Wie sich aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, können Gegenstände einer Einziehung ausschließlich solche sein, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde.

Tatsächlich wurden keine Glücksspiele iSd GSpG angeboten.

Glücksspiele iSd GSpG sind auf den konkreten Geräten keine spielbar.

Schließlich ist der Vollständigkeit halber in rechtlicher Hinsicht jedoch wie folgt anzumerken:

2.

Die Einziehung der verfahrensgegenständlichen Geräte gemäß § 54 GSpG stellt eine gegen das unionrechtlich begründete Anwendungsverbot verstoßene Sanktion dar; diesbezügliche strafbewehrte Verbot sind nicht anwendbar.

Es ist ständige RSp. des EuGH, dass jede Monopol- oder Konzessionsregelung eine Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit darstellt und daher grundsätzlich den unmittelbar anwendbaren Grundfreiheiten widerspricht und nicht anwendbar ist, sofern diese Beschränkung nicht vom Mitgliedstaat ausnahmsweise gerechtfertigt werden kann.

Der EuGH hat in seiner ab dem Jahr 2010 ergangenen Judikatur im Bereich des Glücksspiels ein sehr präzises Prüfprogramm entwickelt, unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise eine Monopol- oder Alleinkonzessionsregelung als solche – die ja als solche schon eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt – zulässig ist.

Wie der EuGH im Zusammenhang mit dem Glücksspiel in Auslegung des Art. 56 AEUV bereits mehrfach entschieden hat (verb. Rs. C-316/07, C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C-410/07, Stoß Rz. 83; Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer, Rz. 54; Rs. C-212/08, Zeturf, Rz. 58), ist eine so restriktive Maßnahme wie die Errichtung eines Monopols zur Beurteilung ihrer Vereinbarkeit mit dem freien Dienstleistungsverkehr hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit im Zuge der Prüfung der Geeignetheit von den nationalen Gerichten und Behörden zwingend auf folgende drei (K U M U L A T I V zu bejahende) Fragen zu prüfen:

?    Kann vom Mitgliedstaat der Nachweis geführt werden, dass die kriminellen und betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und die Spielsucht im betreffenden Mitgliedstaat ein Problem waren und nur eine Ausweitung der zugelassenen und geregelten Tätigkeiten diesem Problem hätte abhelfen können?

?    Kann vom Mitgliedsstaat weiters der Nachweis geführt werden, dass die Geschäftspolitik des Konzessionärs – und insbesondere seine Werbeaktivitäten – maßvoll und begrenzt sind? Dies, so der EuGH, ist z.B. dann nicht der Fall, wenn „verführerisch bedeutende Gewinne in Aussicht“ gestellt werden.

?    Genügt das Gesamtsystem der innerstaatlichen Glücksspielregelungen vor dem Hintergrund der konkreten Anwendungspraxis den Vorgaben des EuGH hinsichtlich seiner (rechtlichen und praktischen) Kohärenz?

Das österreichische Glücksspielmonopol genügt diesen Voraussetzungen offenkundigst nicht.

Was die Rechtsfolge einer Unionsrechtswidrigkeit einer gesetzlichen Bestimmung ist, ist ebenso klar.

Der Anwendungsvorrang von Unionsrecht ist von jeder nationalen Behörde zu beachten.

3.

Unvereinbarkeit mit Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC):

Ganz unabhängig von der Unvereinbarkeit der Monopolregelgung des GSpG mit dem Unionsrecht erweisen sich auch die in §§ 50 ff. GSpG normierten konkreten Eingriffsbefugnisse als unionsrechtswidrig und daher unanwendbar, und zwar aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit den Vorgaben aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC).

Das entgeltliche Anbieten der Teilnahme an einem Glücksspiel fällt unstreitig unter die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungs- bzw. die Niederlassungsfreiheit des AEUV (vgl. Schwartz/Wohlfahrt, GSpG² (2006) § 3 Rz. 2).

Damit ist auch der Anwendungsbereich der EU-Grundrechte-Charta gem. Art.. 51 Abs. 1 GRC eröffnet.

Im Verhältnis zwischen Unionsrecht und staatlichem Verfassungsrecht nimmt die GRC eine bedeutende Rolle ein. Grundrechte der Charta gelten nach der Rechtsprechung des VfGH als „verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte“ (Grundlegend VfSlg. 19.632/2012).

Als solche treten sie sowohl bei Normenkontrollverfahren gemäß Art. 139 und 140 B-VG als auch in Bescheidbeschwerdeverfahren gemäß Art. 144 B-VG zum verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab hinzu.

Die Garantien aus der GRC wirken damit sowohl als unmittelbar anwendbares Primärrecht der EU (Art. 6 Abs. 1 EUV – und führen im Falle widersprechendem nationalen Recht zu dessen von jeder Behörde wahrzunehmenden Unanwendbarkeit), als auch als vom VfGH geschütztes verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht.

Die §§ 50 ff. GSpG sehen umfassende Eingriffsbefugnisse der Finanzbehörden (Finanzämter), aber auch der ihnen zugeordneten Exekutivorgane (Finanzpolizei) vor, hierzu zählen neben den weitläufigen Verwaltungsstrafdrohungen (vgl. § 52 Abs. 1 Z 1 bis Z. 11 GSpG) auch detaillierte Betretungs-, Einschau-, Informations- und Überprüfungsbefugnisse (§ 50 Abs. 4. GSpG), die Berechtigung zur Vornahme einer vorläufigen und/oder endgültigen Beschlagnahme (§ 53 GSpG) oder Einziehung (§ 54 GSpG) sowie die Anordnung einer Betriebsschließung (§ 56a GSpG.

Im Urteil im Fall „Pfleger“ wurde vom EuGH betont, dass die §§ 50 ff. GSpG durchaus eine Einschränkung der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit sowie des Eigentumsrechts (Art. 15-17 GRC) darstellen können (vgl. EuGH, Rs. C-390/12 Pfleger, Rz. 57).

Zudem sind diese umfassenden Eingriffsbefugnisse im Hinblick auf die Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 7 GRC) und den Schutz personenbezogener Daten (Art. 8. GRC) bedenklich (vgl. LVWG OÖ 29.5.2015, LVwG-410287/42/Gf/Mu, 3.2.5.1).

Nach Art. 52 Abs 1. GRC muss eine solche Einschränkung, damit sie zulässig ist, gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, Rs. C-390/12, Pfleger, Rz. 58).

Bei der Prüfung der Frage, wann solch weittragende Eingriffe wie in den §§ 50 ff. GSpG vorgesehen, auf das absolut Notwendige beschränkt sind, ist nach st.Rsp. des EuGH die vorherige Kontrolle durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsstelle, deren Entscheidung den Eingriff auf das zur Erreichung des verfolgten Ziels absolut Notwendige beschränken soll, unumgänglich (vgl. (zu Art. 7 GRC); zuletzt EuGH, verb. Rs. C-293/12 und C-594/12, Digital Rights Ireland Ltd, Rz. 62).

Im Ergebnis erweisen sich daher die in §§ 50 ff. GSpG normierten Eingriffsbefugnisse als unverhältnismäßig, weil diese zum Zwecke der Abwehr von Monopolbeeinträchtigungen eingerichteten weit reichenden Eingriffsermächtigungen vor allem im Hinblick auf die fehlende Notwendigkeit vorangehender richterlicher Ermächtigungen in ihrer Gesamtheit betrachtet jedenfalls überschießend sind (vgl. bspw LVwG OÖ vom 08.08.2016, LVwG-411506/5/Gf/Mu; EuGH RS Filippi ua. C-589/16).“

2.2. Mit Schreiben vom 11.05.2017 wurde von der Kanzlei Dr. Patrick Ruth eine Stellungnahme samt Beilagen beim Landesverwaltungsgericht eingebracht. In dieser Stellungnahme wurde zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung am 18.05.2017 ua zu den Themen, vorrangige Anwendbarkeit der unionsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten, Prüfungsprogramm für einen zulässigen Eingriff in die unionsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten, Reichweite der Unanwendbarkeit einer unionsrechtswidrigen Monopolregelung, Anwendungsbereich der Grundfreiheiten, Werbepolitik des Konzessionsinhabers, Kohärenz des rechtlichen Rahmens für das Glücksspiel in Österreich, im Besonderen zum angeblichen Spielerschutz, Urteil des Landesgerichtes Linz vom 28.11.2014, Zl 1Cg 190/11y-40, Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Zl 4Ob 244/14g, angeblich vorhandene Geldwäscheproblematik, nicht Verringerung der Gelegenheit zum Spiel durch die Glücksspielnovellen 2008 und 2010, Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich“ und das in Wahrheit ausschließlich fiskalische Interessen des BMF als Aufsichtsbehörde der Konzessionäre verfolgt würden, ausführlichst Stellung genommen.

Der ob zitierten Stellungnahme waren Beilagen im Umfang von circa 140 Seiten – vor allem betreffend die behauptete Unionrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols – angefügt.

2.3. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung, zu welcher kein Vertreter der Kanzlei Dr. Patrick Ruth erschienen ist, wurde durch die belangte Behörde Folgendes vorgebracht:

„Der Vertreter der belangten Behörde – Mag. A B – bringt vor wie folgt:

Wir bestreiten die Aktivlegitimation der rechtlichen Vertretung RA Dr. Patrick Ruth in vorliegender Angelegenheit. Es hat sich ergeben, dass laut englischem Handelsregister – Eintrag am 10.02.2015 – die hier gegenständliche Firma H S Ltd, UK-C, aufgelöst worden ist. Des Weiteren ergibt sich, dass der damalige Geschäftsführer K Z am 26.09.2014 die Löschung des genannten Unternehmens selbst beantragt hat.

Dazu wird dem Verhandlungsleiter ein Auszug aus dem genannten Handelsregister samt Beilagen vorgelegt. Der Verhandlungsleiter nimmt diese Unterlagen (neun Seiten) entgegen, bezeichnet sie als Anlage A und erklärt sie zum Bestandteil der Verhandlungsschrift.

Weiters führt der Vertreter der belangten Behörde aus wie folgt:

Laut Auszug aus dem englischen Handelsregister fallen unseres Erachtens sämtliche Vermögensgegenstände eines aufgelösten Unternehmens der englischen Krone zu. Diesbezüglich verweisen wir auf die von uns vorgelegten Unterlagen und dort auf die zweitletzte Seite, wo sich aus dem letzten Absatz das vorher Ausgeführte unseres Erachtens ergibt.“

Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes vom 02.06.2017 ua an die Kanzlei Dr. Patrick Ruth wurde diese aufgefordert, zum Vorbringen der belangten Behörde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 18.05.2017 Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben der Kanzlei Dr. Patrick Ruth vom 19.06.2017 (E-Mail) an das Landesverwaltungsgericht wurde ausgeführt, dass in bezeichneter Angelegenheit darauf hingewiesen werde, dass einer Eintragung im Firmenbuch stets nur deklarative Wirkung zukomme. Solange (noch) Vermögenswerte einer bereits gelöschten Gesellschaft vorliegen würden, wie im Gegenstandsfall bereits durch den hier gegebenen Verfahrensgegenstand evident sei, komme dieser Gesellschaft nach einhelliger Lehrmeinung und ständiger Judikatur bis zu deren gänzlichen Auflösung noch Rechtspersönlichkeit zu.

In weiterer Folge wurde die Stellungnahme der rechtlichen Vertretung vom 19.06.2017 mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes vom 20.06.2017 den restlichen Verfahrensparteien (belangte Behörde sowie Finanzamt F, Finanzpolizei) zum Parteiengehör zugesendet.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 21.06.2017 an das Landesverwaltungsgericht wurde ausgeführt, dass dem Schreiben der rechtlichen Vertretung entgegen gehalten werde, dass nach britischem Recht einer Eintragung im britischen „Companies House“ konstitutive Wirkung zukomme. Die Auflösung sei von K Z am 26.09.2014 beantragt worden. Die H S Ltd. sei am 10.02.2015 endgültig aufgelöst worden. Sämtliche Vermögenswerte seien der englischen Krone zugefallen.

3.1. Mit Beschluss vom 07.07.2017, gegenständliche Zahl, hat das Landesverwaltungsgericht die eingebrachte Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die H S Ltd. am 10.02.2015 aufgelöst und aus dem Register gelöscht worden sei. Aus der Judikatur des Obersten Gerichtshofes ergebe sich, dass die Löschung einer Gesellschaft im englischen Register nach englischem Recht konstitutiv wirke und die Beendigung dazu führe, dass die Existenz der Gesellschaft als Rechtsträger aufhöre und die Vertretungsbefugnisse endeten. Der juristischen Person komme daher weder Partei- und Prozessfähigkeit noch Rechtsfähigkeit zu. Mangels Zustellung des Einziehungsbescheides an einen existenten Adressaten handle es sich bei dem vor dem Landesverwaltungsgericht bekämpften Bescheid um einen Nichtbescheid; die Beschwerde sei daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

3.2. Mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 07.01.2019, Ra 2017/17/0732-8, wurde der Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes vom 07.07.2017, obige Zahl, wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof führte ua dazu aus, dass in Bezug auf ausländisches Recht der Grundsatz „iura novit curia“ nicht gelten würde, sodass dieses in einem – grundsätzlich amtswegigen – Ermittlungsverfahren festzustellen sei, wobei aber auch hier die Mitwirkung der Beteiligten erforderlich sei, soweit eine Mitwirkungspflicht der Partei bestehe.

Ausgehend von diesen Grundsätzen habe das Landesverwaltungsgericht vorliegend gegen die ihm obliegende Begründungs- und Ermittlungspflicht verstoßen, weil es unterlassen habe, das englische Recht in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren festzustellen. Das Landesverwaltungsgericht stütze sich – im Rahmen der rechtlichen Beurteilung – ausschließlich auf zwei Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, unterlasse dem gegenüber aber jegliche Feststellung zur vorliegend anzuwendenden englischen Rechtslage, sodass schon daher nicht nachvollziehbar sei, aus welchem Grund die dort verfahrensgegenständlichen Konstellationen vergleichbar mit dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt sein sollten.

Das Landesverwaltungsgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren auf Grundlage eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens Feststellungen zu den maßgeblichen Vorschriften des englischen Rechts sowie allenfalls zur Frage, ob bzw in welcher Form noch in Österreich gelegene Vermögenswerte der Gesellschaft überhaupt bestehen würden, zu treffen haben. Auf dieser Grundlage werde das Landesverwaltungsgericht die Parteistellung der revisionswerbenden Partei und damit die Zulässigkeit der Beschwerde gegen den Einziehungsbescheid zu beurteilen haben.

4. In gegenständlicher Angelegenheit wurde bereits am 18.05.2017 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Darüber hinaus wurden durch das Landesverwaltungsgericht weitere Ermittlungen getätigt und diese den Parteien zum Parteiengehör vorgehalten.

4.1. Sachverhalt betreffend der Löschung der „H S Ltd.“:

Die „H S Ltd.“ (folgend: H Ltd.) war seit dem 12.12.2013 als Limited Company nach englischem Recht unter der Company Nr XXX beim Registrar of Companies of England im Companies House (Cardiff) registriert. Der Sitz der H Ltd. war in C, M R, B, S, UK-C.

Als Director war K Z, geb April 19XX, mit der Aufgabe „Company Director“ eingetragen.

Der Company Director K Z hat am 26.09.2014 die Löschung der H Ltd. (to strike off a company from the Register) beantragt.

Aus dem Register Companies House (Cardiff) ergibt sich, dass die H Ltd. mit ob genannter Company Nr am 10.02.2015 aus dem Register gelöscht und damit aufgelöst („dissolved“) worden ist. Die Löschung aus dem Register hat zur Folge, dass die H Ltd. rechtlich nicht mehr existiert.

Der gegenständlich bekämpfte Einziehungsbescheid wurde am 13.03.2017 zugestellt.

4.2. Sachverhalt betreffend das gegenständlich zur Anwendung kommende, maßgebende englische Recht:

Das Companies Act 2006 (folgend: CA 2006) trat ab dem 01.10.2009 in Kraft. Aus dem „Certificate of Incorporation“ ergibt sich, dass die H Ltd. nach den Bestimmungen des CA 2006 gegründet worden ist. Zum Zeitpunkt der Löschung der H Ltd. am 10.02.2015 war die Section 1012 des CA 2006 in Geltung. Die Bestimmungen des CA 2006 sind somit auf die Gründung als auch auf die Löschung der H Ltd. anzuwenden.

Section 1012 Abs 1 CA 2006 lautet wie folgt:

„(1) When a company is dissolved, all property and rights whatsoever vested in or held on trust for the company immediately before its dissolution (including leasehold property, but not including property held by the company on trust for another person) are deemed to be bona vacantia and –

(a) accordingly belong to the Crown, or to the Duchy of Lancaster or to the Duke of Cornwall for the time being (as the case may be), and

(b) vest and may be dealt with in the same manner as other bona vacantia accruing to the Crown, to the Duchy of Lancaster or to the Duke of Cornwall.“

Übersetzung aus der schriftlichen Erklärung des Vereinigten Königreiches in der Rechtssache C497/08 zu Section 654 Companies Act 1985 (folgend: CA 1985); zwischen der Section 654 CA 1985 und der Section 1012 CA 2006 besteht kein wesentlicher materieller Unterschied:

„(1) Im Falle der Auflösung einer Gesellschaft gelten alle Gegenstände und Rechte, die sich unmittelbar vor Auflösung der Gesellschaft in deren Vermögen befunden haben oder treuhänderisch für die Gesellschaft gehalten worden sind (einschließlich Miet- und Pachtgegenstände, jedoch ausschließlich Vermögensgegenstände, die die Gesellschaft als Treuhänderin für eine andere Person gehalten hat), als bona-vacantia und

a) stehen dementsprechend der Crown, dem Duchy of Lancaster bzw dem jeweiligen Duke of Cornwall zu und

b) sind bezüglich der Vermögensverhältnisse und der Verfügungsbefugnis über sie anderen bona-vacantia gleichgestellt, die der Crown, dem Duchy of Lancaster bzw dem Duke of Cornwall zufallen.“

Die bona-vacantia-Regel erstreckt sich nicht auf Vermögen, welches außerhalb des Vereinigten Königreiches belegen ist. Der oben wiedergegebene Anspruch gemäß dem CA 2006 gilt nur für im Vereinigten Königreich belegenes Vermögen.

4.3. Sachverhalt betreffend das Schicksal eines etwaig in Österreich bestehenden Vermögens der H Ltd.:

Die H Ltd. wurde mit dem 10.02.2015 aufgelöst („dissolved“), womit diese ihre Rechtspersönlichkeit verloren hat. Die Auflösung einer Ltd. nach englischem Recht ist auch in Österreich zu beachten. Eine nichtexistente Gesellschaft kann nicht von ihrem Recht auf Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen. Wird daher eine Ltd. nach englischem Recht aufgelöst und hat diese Vermögen in Österreich, so wird dieses Vermögen herrenlos und kann der gelöschten Gesellschaft nicht mehr zugerechnet werden. Wie mit diesem Vermögen zu verfahren ist, ist nach österreichischem Recht zu beurteilen. Möglich ist die analoge Anwendung des österreichischen Rechts der Kapitalgesellschaften, wonach eine Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit über den Zeitpunkt der Löschung hinaus behält, solange sie noch Vermögen besitzt. Der Rechtsträger, der die Rechtspersönlichkeit der im Heimatregister gelöschten Ltd. fortsetzt, ist mit dem ehemals gelöschten Rechtsträger nicht ident. Die Restgesellschaft kann nach den Regeln einer Nachtragsliquidation abgewickelt werden. Der ehemalige Gesellschafter der Ltd. hat ab dem Zeitpunkt der Auflösung der Ltd. nicht mehr das Recht, über das Vermögen zu verfügen. Über einen Antrag einer dazu berechtigten Partei hat ein in Österreich zuständiges Gericht einen (Nachtrags-)Liquidator zu bestellen.

4.4. Sachverhalt betreffend ob bzw in welcher Form noch in Österreich gelegene Vermögenswerte der H Ltd. überhaupt bestehen:

Der Verbleib der bei der Kontrolle am 06.05.2014 vor Ort belassenen und beschlagnahmten gegenständlichen zehn Geräte ist seit ca Juni 2017 der belangten Behörde nicht mehr bekannt. Die Frage, ob bzw in welcher Form noch in Österreich gelegene Vermögenswerte der H Ltd. bestehen, kann von Seiten der belangten Behörde nicht beantwortet werden.

Der rechtlichen Vertretung ist der Verbleib der Geräte der H Ltd. nicht bekannt. Über die gegenständlichen Geräte hinaus ist der rechtlichen Vertretung kein Vermögen der H Ltd. in Österreich bekannt.

5. Der obige Sachverhalt wird auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen angenommen.

5.1. Beweiswürdigung zum Sachverhalt unter Punkt 4.1.:

Der diesbezügliche Sachverhalt wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung durch die belangte Behörde auf Grund Vorlagen von Ausdrucken aus dem Register „Companies House, Cardiff“ belegt. Aus diesen Unterlagen ergibt sich, dass die gegenständliche H Ltd. mit dem 10.02.2015 aus dem genannten Register gelöscht und aufgelöst worden ist (The Company was dissolved on 10/02/15).

Aus dem unter Punkt 4.2. festgestellten englischen Recht ergibt sich ua, dass das Vermögen einer aufgelösten Gesellschaft herrenlos wird, woraus sich die konstitutive Wirkung einer Löschung ableiten lässt. Im Zusammenhang mit der Löschung einer Gesellschaft aus dem Companies Register (Strike off your limited company from the Companies Register) ist auch auf die Homepage https://www.gov.uk/strike-off-your-company-from-companies-register/apply-to-strike-off hinzuweisen, auf welcher sich dazu ua ergibt, dass eine (gelöschte) Gesellschaft rechtlich nicht mehr existiert; sie hat sich aufgelöst (this will mean the company won`t legally exist anymore; it will have been dissolved).

Darüber hinaus ist dieser Sachverhalt unbestritten.

5.2. Beweiswürdigung zum Sachverhalt unter Punkt 4.2.:

Gemäß dem Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes in seiner ob zitierten Entscheidung vom 07.01.2019 hat das Landesverwaltungsgericht Ermittlungen zur Feststellung des maßgeblichen englischen Rechts vorgenommen. Dazu hat das Landesverwaltungsgericht ua das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (folgend: BMVRDJ) als auch das Bundesministerium für Finanzen angeschrieben. Es wurden die genannten Ministerien ersucht, Auskunft über ausländisches Recht im Zusammenhang mit der Löschung einer Ltd. zu erteilen. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (dazu siehe 25.02.2009, 2008/03/0179) sind nach § 4 IPR-Gesetz zulässige Hilfsmittel für die Ermittlung des ausländischen Rechtes auch die Mitwirkung der Beteiligten, Auskünfte des Bundesministerium für Justiz und Sachverständigengutachten.

In weiterer Folge wurde vom BMVRDJ mit Schreiben vom 22.03.2019 Rechtsauskunft erstattet. Aus dieser ergibt sich zusammengefasst, dass das BMVRDJ selbst keine Auskünfte zum Recht des Vereinigten Königreiches eingeholt hat. Allerdings hat das BMVRDJ eine schriftliche Erklärung der Regierung des Vereinigtes Königsreiches in der Rechtssache C-497/08 (Amiraike Berlin) übermittelt. Die Stellungnahme bezieht sich auf die Rechtslage des CA 1985. Es wird allerdings betont, dass zwischen den einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes von 1985 und den entsprechenden Bestimmungen des Gesetzes von 2006 kein wesentlicher materieller Unterschied besteht. Daraus folgt, dass sich die Ausführungen des Vereinigten Königsreiches auch auf die Rechtslage des CA 2006 übertragen lassen. Weiters lässt sich der Äußerung des Vereinigten Königreiches entnehmen, dass die Sections 1000 und 1012 des CA 2006 am 01.10.2009 in Kraft getreten sind. Aus dem „Certificate of Incorporation“ ergibt sich, dass die H Ltd. nach den Bestimmungen des CA 2006 gegründet worden ist. Zum Zeitpunkt der Löschung der H Ltd. am 10.02.2015 war die Section 1012 des CA 2006 in Geltung. Die Bestimmungen des CA 2006 sind somit auf die Gründung als auch auf die Löschung der H Ltd. anzuwenden.

Die erwähnte Stellungnahme des Vereinigten Königreiches führt zu Section 654 CA 1985, welcher im Wortlaut Section 1012 CA 2006 entspricht, aus, dass im Falle der Auflösung einer Gesellschaft alle Gegenstände und Rechte, die sich unmittelbar vor Auflösung der Gesellschaft in deren Vermögen befunden haben oder treuhänderisch für die Gesellschaft gehalten worden sind, als bona-vacantia gelten und dementsprechend der Crown, dem Duchy of Lancaster bzw dem jeweiligen Duke of Cornwall zustehen und bzgl der Vermögensverhältnisse und der Verfügungsbefugnis über sie anderen bona-vacantia gleichgestellt sind, die der Crown, dem Duchy of Lancaster bzw dem Duke of Cornwall zufallen.

Weiters bringt die Regierung des Vereinigten Königreiches klar zum Ausdruck, dass sich die bona-vacantia-Regel nicht auf Vermögen, welches außerhalb des Vereinigten Königreiches belegen ist, erstreckt. Der Anspruch gilt vielmehr nur für im Vereinigten Königreich belegenes Vermögen.

Vor allem aufgrund der Stellungnahme des BMVRDJ sowie insbesondere der zitierten Äußerung des Vereinigtes Königsreiches in der Rechtssache C-497/08 (Amiraike Berlin) und den darin enthaltenen nachvollziehbaren Äußerungen geht das Landesverwaltungsgericht vom Sachverhalt unter Punkt 4.2. aus.

5.3. Beweiswürdigung zum Sachverhalt unter Punkt 4.3.:

Zum Sachverhalt des Schicksals des Vermögens einer in England gelöschten Limited ist auszuführen, dass sowohl in der Judikatur des OGH (19.03.2015, 6 Ob 178/14s) als auch in der Literatur (Bachner/Schacherreiter, Das rechtliche Schicksal einer Limited nach der Löschung im Heimatregister, GeS 2006, 297; Bachner/Gasser, Rechtsvermögen einer gelöschten Limited, ZfRV 2009/18, 115) davon ausgegangen wird, dass die Existenz einer Ltd. nach ihrem Gesellschaftsstatut, also nach englischem Recht, zu beurteilen ist. Dies insbesondere auf Grund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in den Rechtssachen Centros (C-212/97), Überseering (C-208/00) und Inspire Art (C-167/01). Daraus folgt, dass die Auflösung der Ltd. auch in Österreich zu beachten ist. Eine nicht existente Gesellschaft kann nicht von ihrem Recht auf Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen.

Dies hätte zur Folge, dass das bei Auflösung der Gesellschaft in Österreich vorhandene Vermögen herrenlos würde, da dieses der Gesellschaft nicht mehr zugerechnet werden kann. Wie mit diesem Vermögen zu verfahren ist, ist nach österreichischem Recht zu beurteilen. Bachner/Schacherreiter schlagen hier eine analoge Anwendung des österreichischen Rechts der Kapitalgesellschaften vor. Demnach behält eine Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit über den Zeitpunkt der Löschung hinaus, solange sie noch Vermögen besitzt. Die juristische Person wird als Hilfskonstrukt am Leben erhalten, damit das bisherige Vermögen, aber auch die Verbindlichkeiten der Gesellschaft weiterhin einen einheitlichen Rechtsträger zugeordnet werden können. Der Rechtsträger, der die Rechtspersönlichkeit der im Heimatregister gelöschten Ltd. fortsetzt, ist mit Letzterer nicht ident. Dies folgt aus dem Bestreben, das ausländische Gesellschaftsstatut soweit wie möglich wirken zu lassen, auch in seiner Anerkennung der Rechtspersönlichkeit. Diese „Restgesellschaft“ wäre voraussichtlich nach den Regeln einer Nachtragsliquidation (zB § 215 Abs 4 AktG oder § 93 Abs 5 GmbHG) abzuwickeln (vgl dazu Bachner/Schacherreiter, Das rechtliche Schicksal einer Limited nach Löschung im Heimatregister, GeS 298f). Aus den zuvor zitierten Rechtsvorschriften ergibt sich auch, dass die ehemaligen Gesellschafter der Ltd., ab dem Zeitpunkt der Auflösung, nicht mehr berechtigt sind über das Vermögen zu verfügen. Über Antrag einer dazu berechtigten Partei hätte daher das zuständige österreichische Gericht einen Liquidator zu bestellen.

Die oben wiedergegebenen Ausführungen aus den zitierten Aufsätzen sowie die diesbezüglichen Ausführungen des zuständigen Ministeriums sind für das Landesverwaltungsgericht nachvollziehbar und rechtlich fundiert. Das Landesverwaltungsgericht schließt sich diesen Ausführungen an und geht daher – entgegen dem widerstreitenden Vorbringen des Einschreiters – vom obigen Sachverhalt betreffend das Schicksal eines etwaig in Österreich bestehenden Vermögens der H Ltd. aus.

5.4. Beweiswürdigung zum Sachverhalt unter Punkt 4.4.:

Mit Schreiben vom 15.03.2019 wurde die belangte Behörde aufgefordert, mitzuteilen, wo sich die gemäß dem bekämpften Bescheid vom 07.03.2017 von der Einziehung betroffenen Geräte befinden, bzw ob sich diese Geräte nach wie vor im selben Zustand befinden, wie diese zum Zeitpunkt der Beschlagnahme vorgefunden wurden.

Mit Stellungnahme vom 21.03.2019 teilte die belangte Behörde mit, dass die vom Einziehungsbescheid vom 07.03.2017 betroffenen zehn Geräte bei der Kontrolle am 06.05.2014 vor Ort (im Lokal) belassen worden seien. Sie seien versiegelt und mit Bescheid vom 10.10.2014 beschlagnahmt worden. Seit Juni 2017 würde sich im selben Lokal ein Café mit dem Namen „C Café“ befinden. In diesem Café seien bereits mehrfach Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz vollzogen worden, jedoch seien bis dato keine Glücksspielgeräte mehr festgestellt worden. Auch die zehn gegenständlichen Glücksspielgeräte hätten bei diesen Kontrollen nicht mehr im Lokal festgestellt werden können. Der Verbleib der bei der Kontrolle vom 06.05.2014 vor Ort belassenen Geräte sei daher unbekannt. Eine Strafanzeige sei dazu erstattet worden. Die Frage, ob bzw in welcher Form noch in Österreich gelegene Vermögenswerte dieser Gesellschaft bestehen würden, könne von Seiten der Bezirkshauptmannschaft B nicht beantwortet werden. Mit E-Mail vom 10.05.2019 bestätigte die belangte Behörde nochmals, dass der Verbleib der Geräte nach wie vor unbekannt sei.

In diesem Zusammenhang wurde auch die rechtliche Vertretung unter Hinweis auf deren Mitwirkungspflicht im Schreiben vom 23.05.2019 ua dazu aufgefordert, dem Landesverwaltungsgericht mitzuteilen, wo sich die gegenständlichen Geräte befinden. Dazu teilte die rechtliche Vertretung in ihrer Stellungnahme vom 27.05.2019 ua mit, dass der Verbleib der Geräte der Beschwerdeführerin nicht bekannt sei. Da sie aber – wie sich der Stellungnahme der BH B entnehmen lasse – nicht behördlich vernichtet worden seien, werde davon ausgegangen, dass sie noch vorhanden sein müssten. Des Weiteren hat die rechtliche Vertretung auf Frage, ob sich darüber hinaus noch weiteres Vermögen der Gesellschaft im Inland befinden würde und darüber ein Nachweis erbracht werden könnte, mitgeteilt, dass andere Vermögenswerte derzeit nicht bekannt seien.

Der Sachverhalt ergibt sich aus den wiedergegebenen Äußerungen der belangten Behörde und der rechtlichen Vertretung, welche unbestritten sind, womit vom obigen Sachverhalt auszugehen ist.

6. Rechtliche Beurteilung:

Wie sich aus dem obigen Sachverhalt unter dem Punkt 4.2. ergibt, hat das Vereinigte Königreich in seiner obzitieren Erklärung im Zusammenhang mit einem anhängigen Verfahren beim Europäischen Gerichtshof angegeben, dass sich die bona-vacantia-Regel – im Zusammenhang mit der Löschung einer Ltd. nach englischem Recht – nicht auf Vermögen, welches außerhalb des Vereinigten Königsreiches belegen ist, erstreckt. Der genannte Anspruch gilt nur für Vermögen im Vereinigten Königreich. Daher wurde durch die Auflösung der H Ltd. mit dem 10.02.2015 ihr (vermutlich) in Österreich belegenes Vermögen, welches gemäß dem gegenständlich bekämpften Bescheid eingezogen werden soll, herrenlos und kann der H Ltd. nicht mehr zugerechnet werden.

In weiterer Folge stellt sich daher die Frage, was nun mit diesem herrenlosen Vermögen in Österreich zu geschehen hat. Dazu ist auf den Sachverhalt gemäß dem Punkt 4.3. zu verweisen. Aus diesem ergibt sich, dass ein ehemaliger Geschäftsführer und damit auch der von ihm beauftragte Anwalt nicht befugt sind, eine allenfalls bestehende „Restgesellschaft“ in Österreich zu vertreten. Mit Auflösung der Gesellschaft bzw der H Ltd. ist auch die Vertretungsbefugnis des ehemaligen Geschäftsführers erloschen. Daher wäre das Schicksal der gegenständlich von der Einziehung betroffenen Vermögensgegenstände jenes, dass diese – sofern die Vermögensgegenstände in Österreich noch bestehen – einer sogenannten „Restgesellschaft“ zugerechnet werden. Diese „Restgesellschaft“ ist nach zitierter Rechtsmeinung in analoger Anwendung des GmbH-Gesetzes im Rahmen einer Nachtragsliquidation abzuwickeln. So wäre von einem zuständigen österreichischen Gericht ein Nachtragsliquidator zu bestellen. In gegenständlicher Angelegenheit wurde weder die rechtliche Vertretung noch der ehemalige Geschäftsführer der H Ltd. von einem österreichischen Gericht zum Nachtragsliquidator bestellt.

Die Genannten sind daher nicht befugt, ein etwaig (noch) in Österreich belegenes Vermögen der gelöschten Gesellschaft zu vertreten (dazu wird insbesondere nochmals auf die Ausführungen von Bachner/Schacherreiter sowie die Rechtsausführungen des OGH in seiner Entscheidung vom 19.03.2015, 6 Ob 178/14s, verwiesen).

Somit ist festzustellen, dass ein allfällig sich in Österreich befindliches Vermögen der gelöschten H Ltd. herrenlos ist und dieses weder durch die rechtliche Vertretung noch durch den ehemaligen Geschäftsführer vertreten wird.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hat dazu die rechtliche Vertretung folgende Stellungnahme abgegeben:

„In bezeichneter Angelegenheit wird in Bezugnahme auf das Schreiben des LVwG Vorarlberg vom 23.05.2019 nachstehende Stellungnahme erstattet:

1.      Zum englischen Recht:

Zum englischen Recht kann zunächst vollinhaltlich auf das Revisionsvorbringen verwiesen werden:

„Richtig ist zwar tatsächlich, dass auf die Revisionswerberin als englische Gesellschaft das englische Gesellschaftsstatut zum Tragen kommt und dass einer Löschung im Register of Companies nach dem englischen Recht konstitutive Wirkung zukommt.

Allerdings wird vom VwG übersehen, dass betreffend Vermögen einer gelöschten Limited, das außerhalb des Vereinigten Königreichs gelegen ist, eine staatliche Aneignung von „herrenlosem Vermögen“ („bona vacantia“) nicht stattfindet. Ausländische Vermögenswerte werden von der englischen Krone nicht übernommen (vgl. insb. zur deutschen Judikatur FG Köln vom 08.10.2015, 13 K 2932/14 mwN [Rn 48]). Die für das Gegenteil vom VwG ins Treffen geführte Entscheidung des OGH vom 13.09.2007, 6 Ob 146/06y, ist hier nicht einschlägig: Einerseits erging dieses Judikat nicht zur hier maßgeblichen Frage der Zurechenbarkeit von in Österreich gelegenen Vermögenswerten einer im Register of Companies gelöschten Limited. Zu dieser interessierenden Frage hat der OGH jedoch in der jüngeren Entscheidung v 19.03.2015, 6 Ob 178/14s, Stellung genommen und ausgeführt, dass „das in Österreich gelegene Vermögen der erloschenen Limited einer juristischen Person, die man als „Restgesellschaft“ bezeichnen könnte, zugewiesen“ (aaO. Rn 4.6.) wird. Auch die (letzten) Bedenken die vom OGH in dieser Entscheidung noch am Heimfallsrecht der englischen Krone angerissen wurden, sind mittlerweile überholt. Nach einhelliger Lehrmeinung und (insb deutscher) Judikatur stellt die Beschränkung der bona vacantia auf im Vereinigten Königreich gelegene Vermögenswerte eine Beschränkung der englischen Jurisdiktion dar.“

2.      Zur Vertretungsbefugnis der Beschwerdeführerin:

Die Ansicht, dass die Restgesellschaft nach den Regeln der Nachtragsliquidation abzuhandeln- und sohin ein Liquidator zu bestellen – wäre, wird nicht geteilt.

Es wird vielmehr im Sinne der deutschen verwaltungsrechtlichen Praxis und Rsp (insb. Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 6. Januar 2014 (IV C 2 - S 2701/10/10002, BStBl I 2014, 111, Rn. 6; zuvor bereits Verfügung der OFD Hannover vom 3. Juli 2009, DStR 2009, 1585)) von einer fortwährenden Vertretungsbefugnis des Directors für diese Restgesellschaft auszugehen sein.“

Im Gegenstandsfall liegt zudem Personalidentität in der Funktion des handelsrechtlichen Geschäftsführers („Director“) und der des (Allein)gesellschafters („Shareholder“)) in der Person von K Z vor.

Dieser ist daher für die Restgesellschaft vertretungsbefugt.

Bestätigt wird diese Ansicht auch (für das vergleichbare deutsche Recht) vom OLG Hamm, 11.04.2014 - 12 U 142/13.

Der Amtliche Leitsatz lautet:

1.   Die im Gründungsstaat erloschene englische Limited besteht in Deutschland als Rest- oder Spaltgesellschaft fort, solange sie noch Vermögen besitzt, das ansonsten keinem Rechtsträger zugeordnet werden kann.

2.   Die Rest- oder Spaltgesellschaft unterliegt grundsätzlich dem deutschen Gesellschaftsrecht. Sie wird regelmäßig in der Rechtsform einer OHG oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt.

3.   Diese Einordnung scheidet aus, wenn die Gesellschaft nur über einen einzigen Gesellschafter verfügt hat. In diesem Falle wird sie als Einzelunternehmen des früheren Gesellschafters fortgeführt. Dieser wird Rechtsnachfolger und Inhaber ihrer inländischen Forderungen.

3.      Zu den Fragestellungen des LVwG Vorarlberg:

3.1

Die schriftliche Bestätigung der erteilten Vollmacht wird vorgelegt (vgl. Anhang); diese wurde bereits dem VwGH vorgelegt.

3.2

Der Verbleib der Geräte ist der Beschwerdeführerin nicht bekannt. Da sie aber – wie sich der Stellungnahme der BH B entnehmen lässt – nicht behördlich vernichtet wurden, wird davon ausgegangen, dass sie noch vorhanden sein müssen.

3.3

Andere Vermögenswerte sind derzeit nicht bekannt.

3.4

vgl. oben Punkt 2.

3.5

Im britischen Companies House ist ein Antrag auf Wiedereintragung nicht gestellt worden. Nach dem Dafürhalten der Beschwerdeführerin ist dies auch nicht erforderlich, da im Vereinigten Königreich keine zu liquidierenden Vermögenswerte bekannt sind.“

Zur Stellungnahme der rechtlichen Vertretung und in dieser zum Punkt „1. Zum englisches Recht:“ ist zunächst auszuführen, dass die von ihr zitierten Auszüge aus den Urteilen des OGH und insbesondere jenes des OGH vom 19.03.2015, GZ 6 Ob 178/14s, aus dem Zusammenhang gerissen wurden und daher in vorliegender Konstellation einen falschen Eindruck vermitteln. Entscheidend ist jedoch, dass in der Stellungnahme unter Punkt 1. schlussendlich (teilweise) richtige Schlüsse gezogen werden.

Dem unter dem Punkt „2. Zur Vertretungsbefugnis der Beschwerdeführerin„ in der Stellungnahme Wiedergegebenen kann nicht beigetreten werden. Die von der rechtlichen Vertretung zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm vom 11.04.2014, Zl 12 U 142/13, ist zur deutschen Rechtslage ergangen. Vorliegend ist die österreichische Rechtslage bzw Rechtsanschauung maßgebend. In diesem Zusammenhang soll auch darauf hingewiesen werden, dass die vorgebrachte Rechtsmeinung in Deutschland nicht unumstritten ist, womit auf die Entscheidung des Finanzgerichtes Köln vom 08.10.2015, 13K 2932/14, einzugehen ist. Aus dieser Entscheidung ergibt sich ua, die im britischen Handelsregister gelöschte Limited sei nicht durch den Geschäftsführer als früherem Vertretungsorgan prozessfähig; die vom Geschäftsführer erhobene Klage für die Limited sei unzulässig. Eine aktive Vertretungsmacht des Geschäftsführers nach Löschung der Limited würde sich weder aus britischem noch deutschem Recht oder der zivilrechtlichen Rechtsprechung zur sogenannten „Rest- oder Spaltgesellschaft“ oder der „Rechtsscheinhaftung“ nach § 15 HGB ergeben.

Das Landesverwaltungsgericht geht unter Hinweis auf die oben unter Punkt 5.3. zitierten Aufsätze – entgegen dem Vorbringen der rechtlichen Vertretung – davon aus, dass der ehemalige Geschäftsführer der gelöschten H Ltd. eine (auf Grund von sich in Österreich befindlichem Vermögen) in Österreich zu bildende Restgesellschaft nicht (wie vorgebracht, aus einer fortwährenden Vertretungsbefugnis) vertreten könnte. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass bereits festgestellt wurde, dass in einer möglichen Restgesellschaft die vormals in einer gelöschten Gesellschaft vorhandenen Organe oder auch Geschäftsführer nicht (von vorn herein, ohne besondere Bestellung eines Gerichtes) vertretungsbefugt sind. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Befugnisse des früheren Geschäftsführers (Directors) und jene aller übrigen Organe einer Gesellschaft auch in Bezug auf ein in Österreich belegenes Restvermögen als erloschen zu betrachten sind.

Somit stellt sich die Frage, wem gegenüber der gegenständliche bekämpfte Bescheid – welcher an die H Ltd. zu Handen der Kanzlei Dr. Patrick Ruth gerichtet war – erlassen worden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 19.03.2013, Zl 2012/17/0593, im Zusammenhang mit der Verschmelzung zweier Unternehmen ua Folgendes ausgeführt:

„Die Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch entspricht der Löschung der GmbH, weil diese mit der Eintragung erlischt. Wird daher ein Bescheid an eine GmbH gerichtet, die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits im Firmenbuch (durch Eintragung der Verschmelzung) gelöscht ist, handelt es sich um einen Nichtbescheid, weil der behördliche Akt ins Leere gegangen ist (vgl. den hg. Beschluss vom 11.04.2011, Zl. 2011/17/0082, mwN). Die zum Zeitpunkt der Zustellung an ein nicht mehr existierendes Rechtsgebilde gerichteten Erledigungen können auch dadurch keine Rechtswirksamkeit erlangen, dass sie (körperlich) in die Hände des Rechtsnachfolgers gelangen.“

Die obzitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beschäftigt sich schlussendlich mit gegenständlicher Problematik, nämlich einer Zustellung eines Bescheides an eine juristische Person, die auf Grund einer Löschung (im Beschwerdefall im Register Companies House, Cardiff) nicht mehr existiert. Vorliegend hat sich ergeben, dass die H Ltd. mit dem 10.02.2015 aufgelöst worden ist. Die Wirkung der Auflösung wurde bereits oben ausreichend erläutert. Die H Ltd. ist seit dem Datum 10.02.2015 als Rechtsgebilde nicht mehr existent. Der Bescheid der belangten Behörde vom 07.03.2017 wurde der H Ltd. zu Handen der Kanzlei Dr. Patrick Ruth zugestellt (zugegangen am 13.03.2017). Schlussendlich ist davon auszugehen, dass vorliegend von einem „Nichtbescheid“ im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auszugehen ist, da dieser – mangels Bestehens eines Adressaten – ins Leere gegangen ist.

Daher ist nach den Vorgaben der gegenständlich zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 07.01.2019 festzustellen, dass weder der erloschenen H Ltd., dem damaligen Geschäftsführer der H Ltd. noch der rechtlichen Vertretung im gegenständlichen Verfahren Parteistellung zukommen kann. Schon aus diesem Grunde ist die erhobene Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen. Des Weiteren ist auch, wie bereits oben ausgeführt, von einem Nichtbescheid auszugehen, womit der Bescheid als solcher absolut nichtig ist. Gegen Nichtbescheide kann auch keine Beschwerde erhoben werden.

Darüber hinaus ist ergänzend auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 07.01.2019 betreffend das gegenständliche Verfahren auch ausgeführt hat, dass in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren Feststellungen allenfalls zur Frage, ob bzw in welcher Form noch in Österreich gelegene Vermögenswerte der Gesellschaft überhaupt bestehen würden, zu treffen seien. Dazu hat sich – wie bereits oben ausgeführt – ergeben, dass die belangte Behörde mit Stellungnahme vom 21.03.2019 mitgeteilt hat, dass die vom Einziehungsbescheid vom 07.03.2017 betroffenen zehn Geräte bei der Kontrolle am 06.05.2014 vor Ort im Lokal belassen worden seien. Die Geräte seien versiegelt und mit Bescheid vom 10.10.2014 beschlagnahmt worden. Seit Juni 2017 würde sich im selben Lokal ein Café mit dem Namen „C C“ befinden. In diesem Cafe seien bereits mehrfach Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz vollzogen, jedoch seien bis dato keine Glücksspielgeräte mehr festgestellt worden. Der Verbleib, der bei der Kontrolle am 06.05.2014 vor Ort belassenen Geräte, sei unbekannt. Die Frage, ob bzw in welcher Form noch in Österreich gelegene Vermögenswerte dieser Gesellschaft bestehen würden, könne von Seiten der belangten Behörde nicht beantwortet werden. Diese Angabe wurde von der belangten Behörde mit E-Mail vom 10.05.2019 neuerlich bestätigt.

In diesem Zusammenhang wurde auch die rechtliche Vertretung unter Hinweis auf deren Mitwirkungspflicht aufgefordert, dem Landesverwaltungsgericht mitzuteilen, wo sich die gegenständlichen Geräte befinden. Dazu teilte die rechtliche Vertretung mit, dass der Verbleib der Geräte der Beschwerdeführerin nicht bekannt sei. Da sie aber – wie sich der Stellungnahme der BH B entnehmen lasse – nicht behördlich vernichtet worden seien, werde davon ausgegangen, dass sie noch vorhanden sein müssten.

Somit ist festzuhalten, dass die belangte Behörde keine Angaben zum Verbleib der Vermögenswerte der gelöschten H Ltd. machen kann. Wesentlich ist jedoch, dass auch die rechtliche Vertretung – dies wohl nach Rücksprache mit dem ehemaligen Geschäftsführer – nicht ausführen kann, wo sich die gegenständlichen Geräte befinden. Daher ist weder dem ehemaligen Geschäftsführer der gelöschten H Ltd. noch der rechtlichen Vertretung der Nachweis eines entsprechenden Vermögens gelungen. Das Landesverwaltungsgericht hat daher davon auszugehen, dass in Österreich keine Vermögenswerte der gelöschten H Ltd. mehr bestehen. Darüber hinaus gehendes sonstiges Vermögen im Inland wurde weder behauptet noch nachgewiesen.

Selbst wenn daher –

Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten