TE Vwgh Erkenntnis 2019/5/29 Ro 2018/16/0018

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Veröffentlicht am 29.05.2019
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §211
BAO §211 Abs1 litg
BAO §213
BAO §214
BAO §215 Abs4
BAO §216

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Mag. T B in M, vertreten durch die Audit Partner Austria Wirtschaftsprüfer GmbH in 1220 Wien, Wagramer Straße 19, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 22. März 2018, Zl. RV/7102210/2017, betreffend Abrechnungsbescheid, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel) zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt 2 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2010 stellte der Revisionswerber einen Antrag auf Ausstellung eines Abrechnungsbescheides für sein Finanzamtskonto für den Zeitraum 1. Jänner 2008 bis laufend. 2 Er sei mit Wirkung vom 1. Mai 2008 zum Dauersubstituten (Notarsubstitut) für den öffentlichen Notar Dr. H bestellt worden. Alle Selbstberechnungen, die bis 19. Juni 2008 von ihm als unselbstständiger Substitut durchgeführt worden seien, seien unter der Steuernummer des vertretenen Dr. H zu erfassen und unter dieser Steuernummer zu melden. Mit Bescheid vom 19. Juni 2008 sei der Revisionswerber mit sofortiger Wirkung zum selbstständigen Substituten der Notariatsstelle X bestellt worden, nachdem Dr. H als Notar suspendiert worden sei. Im Juli 2008 sei über das Vermögen Dris. H der Konkursantrag gestellt worden. Infolge der Suspendierung Dris. H sowie der Konkurseröffnung sei der Zugang zum Finanzamtskonto Dris. H Mitte Juli 2008 gesperrt gewesen. Der Revisionswerber habe ab diesem Zeitpunkt weder die Möglichkeit gehabt, den aktuellen Stand des Finanzamtskontos abzurufen, noch Selbstberechnungen oder Überweisungen unter der Steuernummer Dris. H vornehmen können. Er habe mit E-Mail vom 16. Juli 2008 das Finanzamt "um Umbuchung sämtlicher offenen Gebühren von Dr. H

Steuer-Nr ..... auf (Revisionswerber) Steuer-Nr ....." ersucht.

3 Das Finanzamt wies den Antrag vom 7. Mai 2010 mit Bescheid vom 29. Juli 2010 ab, weil im Verfahren gemäß § 216 BAO nicht geklärt werden könne, ob eine Selbstberechnung ordnungsgemäß durchgeführt worden sei oder ob ein Antrag auf Übertragung von Geschäftsfällen von einem auf ein anderes Steuerkonto rechtmäßig gestellt worden sei.

4 Der damalige unabhängige Finanzsenat wies die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung mit Erkenntnis vom 18. März 2013 ab und änderte den Spruch des bekämpften Bescheides des Finanzamtes dahin, dass der Antrag mangels Aktivlegitimation zurückgewiesen wurde.

5 Der Verwaltungsgerichtshof hob aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates mit Erkenntnis vom 16. Oktober 2014, 2013/16/0105, (Vorerkenntnis 1) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Dem Revisionswerber als Inhaber seines Steuerkontos sei eine Überprüfungsmöglichkeit der Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 216 BAO zuzugestehen, auch wenn über dieses Steuerkonto und die betreffende "Übermittlungssteuernummer" des Revisionswerbers regelmäßig Selbstberechnungsabgaben Dritter abgeführt würden. Im Übrigen bemerkte der Verwaltungsgerichtshof, dass der Antrag vom 7. Mai 2010 nicht erkennen lasse, welche Verbuchung der Gebarung nicht richtig sein sollte oder durch Erfüllung welches bestimmten Tilgungstatbestandes eine Zahlungsverpflichtung ganz oder teilweise erlöschen wäre.

6 Auf Vorhalte des das Verfahren gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG fortsetzenden Bundesfinanzgerichtes präzisierte der Revisionswerber seinen Antrag vom 7. Mai 2010 mit Schriftsätzen vom 12. Jänner und vom 20. August 2015 dahingehend, dass die Buchungen näher angeführter Selbstberechnungsabgaben in jeweils näher angeführter Höhe vom 16. Juli 2008 betreffend Mai 2008 und vom 14. August 2008 betreffend Juni 2008, worauf jeweils näher angeführte Beträge auf Dr. H entfielen, sowie die Buchungen vom 20. August 2008 "Umbuchung von (Dr. K, Anschrift)" mit einem näher angeführten Betrag und vom 20. August 2008 "Überweisung mit Verrechnungsanweisung" mit einem näher angeführten Betrag betroffen seien.

7 Mit Erkenntnis vom 28. Jänner 2016 stellte das Bundesfinanzgericht fest, dass "die Buchung betreffend Selbstbemessungsabgaben Mai vom 16. Juli 2008 und Juni 2008 vom 14. August 2008 aufgrund der Meldungen des Bf. erfolgten. Eine Umbuchung vom Konto Dr. K ((Steuernummer)) auf das Konto des Bf. wurde nicht vorgenommen."

8 Aufgrund einer dagegen erhobenen Revision hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes mit Erkenntnis vom 30. März 2017, Ra 2016/16/0032, (Vorerkenntnis 2) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Das Bundesfinanzgericht hätte sich nicht damit begnügen dürfen, darauf abzustellen, dass die Verbuchung aufgrund der Anmeldung des Revisionswerbers vorgenommen worden sei, sondern hätte unter Einbindung des zur Mitwirkung verpflichteten Revisionswerbers prüfen müssen, ob der Revisionswerber tatsächlich als Vertreter des jeweiligen Abgabepflichtigen gehandelt habe, für welchen die jeweilige Verkehrsteuer für Mai oder Juni 2008 entstanden sei. Eine "Sperre" eines "Übermittlungskontos" des Notars selbst durch das Finanzamt bewirke nicht, dass die Verbuchung auf einem "Übermittlungskonto" einer Person, die gar nicht Vertreter des jeweiligen Abgabepflichtigen gewesen sei, rechtens wäre. 9 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis stellte das Bundesfinanzgericht im Instanzenzug fest:

"1. Die Selbstberechnungsabgaben für die Monate 5/2008 und

6/2008, welche in Höhe von EUR 174.591,76 und EUR 274.232,23 gemeldet wurden, sind hinsichtlich der Teilbeträge von EUR 161.091,76 und EUR 229.231,23 unrichtig am Selbstberechnungs- (Übermittlungs-)Konto des Bf. erfasst worden.

2. Die aufgrund der Tilgung der in Pt. 1 angeführten Selbstberechnungsabgaben vorgenommenen Überweisungen in Höhe von EUR 174.591,76 und EUR 274.232,23, wurden ebenfalls im Ausmaß von EUR 161.091,76 und EUR 229.231,23 zu Unrecht beim Selbstberechungs-

(Übermittlungs-) Konto des Bf. verbucht."

10 Weiters sprach das Bundesfinanzgericht aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

11 Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens hielt das Bundesfinanzgericht zusammengefasst fest, dass für die Monate Mai und Juni 2008 die selbstberechneten Vorgänge zwar erst nach der Suspendierung des Notars (19. Juni 2008), nämlich am 16. Juli und am 14. August 2008 angezeigt worden seien, jedoch seien die Selbstberechnungen ("interner Vorgang") sowie die Selbstberechnungserklärungen noch vor der Suspendierung erfolgt. Der Revisionswerber habe zwar in seiner Eigenschaft als Notariatssubstitut die Anmeldungen vorgenommen, jedoch für Erwerbsvorgänge, für die die Selbstberechnungserklärungen bereits erfolgt gewesen seien. Daher seien die Selbstberechnungen, die der Revisionswerber im Zeitraum der Funktion als unselbstständiger Substitut oder der Notar selbst bis zu seiner Suspendierung durchgeführt habe, auf dem Übermittlungskonto des Notars und nicht auf dem Übermittlungskonto des Revisionswerbers zu erfassen gewesen.

12 Die Rechtsvorgänge seien elektronisch erfasst gewesen (unabhängig davon, dass sie noch nicht übermittelt gewesen seien) und gegenüber dem jeweiligen Grundbuchs- oder Firmenbuchgericht sei erklärt worden, die Selbstberechnung vorgenommen zu haben. Da das Übermittlungskonto des Notars noch aufrecht, wenn auch gesperrt, gewesen sei, sei es für das Bundesfinanzgericht unverständlich, dass zur Lösung des Anmeldeproblems der aufwendige Weg der Datenübertragung gewählt worden sei, anstatt das gesperrte Konto für die Anmeldung kurzfristig zu öffnen, zumal der Vorgang im Hinblick auf die Zahlungen auch saldounwirksam gewesen wäre. 13 Daher seien - wie in Spruchpunkt 1 festgestellt - die Selbstberechnungsabgaben für Mai 2008 und Juni 2008 in der vom Revisionswerber bezifferten Höhe von 161.091,76 EUR und 229.231,23 EUR, welche das Bundesfinanzgericht nicht in Zweifel ziehe, zu Unrecht auf dem Übermittlungskonto des Revisionswerbers verbucht worden, weil diese richtigerweise auf dem Übermittlungskonto des Notars zu erfassen gewesen wären. 14 Zum Spruchpunkt 2 hielt das Bundesfinanzgericht zusammengefasst fest, der Überweisungsbeleg vom 16. Juli 2008 mit einem Betrag von 174.591,76 EUR weise als Zahlungsgrund "Gesellschafts- und Grunderwerbsteuer, gerichtl.

Eintragungsgebühren 5/2008" sowie die Steuernummer des Übermittlungskontos des Notars Dr. H auf. Als Auftraggeber sei Dr. H ausgewiesen, obwohl dieser zu diesem Zeitpunkt bereits suspendiert gewesen sei. Die Zahlung habe daher vom Revisionswerber veranlasst worden sein müssen. Die Verbuchung sei am 21. Juli 2008 am Übermittlungskonto des Notars Dr. H erfolgt. 15 Mit Eingabe vom 18. August 2008 habe der Revisionswerber ersucht, den Betrag von 174.591,76 EUR vom Übermittlungskonto des Notars auf sein Übermittlungskonto "umzubuchen". Diesem Ersuchen sei das Finanzamt am 19. August 2008 nachgekommen und habe den genannten Betrag am Übermittlungskonto des Revisionswerbers verbucht.

16 Der weitere Überweisungsbeleg vom 18. August 2008 mit einem Betrag von 274.231,23 EUR (lt. Spruch 274.232,23 EUR) weise als Zahlungsgrund "Gesellschafts- und Grunderwerbsteuer, gerichtliche Eintragungsgebühren 6/2008" sowie die Steuernummer des Übermittlungskontos des Revisionswerbers auf. Als Auftraggeber sei der Revisionswerber ausgewiesen. Die Verbuchung am Konto des Revisionswerbers sei am 19. August 2008 erfolgt.

17 Beide Überweisungen seien vom Anderkonto Dris. H erfolgt. 18 Der Rechtsvertreter habe als Bevollmächtigter der Klienten die Selbstberechnungsabgabe im Name der Klienten entrichtet und damit einen Tilgungstatbestand im Sinn des § 211 BAO erfüllt. Da sich die Buchung der Selbstberechnungsabgaben für die Monate Mai und Juni 2008 auf dem Übermittlungskonto des Revisionswerbers größtenteils als nicht rechtens erweise und die Selbstberechnungsabgaben auf dem Übermittlungskonto des Notars zu erfassen gewesen wären, würde nach Korrektur der Verbuchungen auf dem Übermittlungskonto des Revisionswerbers ein entsprechendes Guthaben entstehen. Zu Recht habe er in seiner Eingabe vom 12. Jänner 2015 auch die Klärung der Rechtmäßigkeit der Verbuchung dieser Zahlung beantragt. Die Zahlungen hätten Schuldigkeiten der Klienten Dris. H betroffen. Daher seien auch die am Übermittlungskonto des Revisionswerbers entstandenen Guthaben in Höhe von 161.091,76 EUR und 229.231,23 EUR zur Tilgung der entsprechenden Selbstberechnungsabgaben für Mai und Juni 2008 umzubuchen oder zu überrechnen gewesen.

19 Tatsache sei, dass der Revisionswerber die Selbstbemessungsabgaben auf seinem Übermittlungskonto gemeldet und für die in diesem Zusammenhang mit dieser Meldung erfolgten Überweisungen zur Entrichtung dieser Abgaben eine Verrechnungsweisung gemäß § 214 Abs. 4 BAO erteilt habe. Die vom Revisionswerber getroffene Willensentscheidung, die Selbstberechnungsabgaben zu melden und zu entrichten, könne, insbesondere was die Tilgen der Selbstberechnungsabgaben und die Verrechnungsweisung betreffe, nicht mehr rückgängig gemacht werden. Die Selbstberechnungsabgaben würden daher als von dem jeweiligen Abgabepflichtigen entrichtet gelten.

20 Daher sei die Verrechnung der gemeldeten Selbstberechnungsabgaben mit den diesbezüglich erfolgten Zahlungen gesetzeskonform erfolgt. Wenn auch strittig sein könne, auf welchem Selbstberechnungskonto die Abgabenschuldigkeiten zu erfassen gewesen wären, könne die erfolgte Tilgung nicht rückwirkend beseitigt werden. Deshalb würden die aufgrund der Anmeldungen erfolgten Zahlungen in Höhe von 161.091,76 EUR und 229.231,23 EUR das Schicksal der entsprechenden Lastschriften teilen.

21 Die dagegen erhobene ordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens und einer vom Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel mit Schriftsatz vom 26. Juni 2018 eingereichten Revisionsbeantwortung dem Verwaltungsgerichtshof vor. 22 Der Revisionswerber erachtet sich im Recht auf Feststellung verletzt, dass die Überweisungen vom 16. Juli 2008 und vom 18. August 2008 nicht rechtswidrig erfolgt (gemeint: verbucht) worden sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

23 § 211 Abs. 1 BAO in der im Revisionsfall noch maßgeblichen Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 151/1980 lautet auszugsweise:

"§ 211. (1) Abgaben gelten in nachstehend angeführten Fällen als entrichtet:

.....

d) bei Überweisung auf das Postscheckkonto oder ein sonstiges

Konto der empfangsberechtigten Kasse am Tag der Gutschrift;

.....

g) bei Umbuchung oder Überrechnung von Guthaben (§ 215) eines Abgabepflichtigen auf Abgabenschuldigkeiten desselben Abgabepflichtigen am Tag der Entstehung der Guthaben, auf Abgabenschuldigkeiten eines anderen Abgabepflichtigen am Tag der nachweislichen Antragstellung, frühestens jedoch am Tag der Entstehung der Guthaben;

....."

24 § 213 BAO trifft nähere Anordnungen über die Gebarung (Verbuchung von Lastschriften, Zahlungen und sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlass entstandenen Gutschriften). 25 § 214 BAO enthält Vorschriften über die Verrechnung von Zahlungen und sonstigen Gutschriften.

26 § 215 BAO lautet auszugsweise:

"§ 215. (1) Ein sich aus der Gebarung (§ 213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

(2) Das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde des Bundes verbleibende Guthaben ist zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

(3) Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ....

(4) Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen."

27 § 216 BAO lautet:

"§ 216. Mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) ist über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig."

28 Durch den Spruchpunkt 1 des angefochtenen Erkenntnisses wurde der Revisionswerber in dem in Ausführung des Revisionspunktes geltend gemachten Recht nicht verletzt, weshalb die Revision insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen ist. 29 Die Begründung des Bundesfinanzgerichtes stützt sich darauf, dass die Buchungen der Anmeldungen der Selbstberechnungen vom 16. Juli und vom 14. August 2008 zu Unrecht erfolgt seien, weil die vorgenommenen Selbstberechnungen durch den Notar Dr. H selbst oder den Revisionswerber als Notarsubstitut (unselbstständiger Substitut) im Namen des Notars erfolgt und lediglich später, als der Revisionswerber bereits Notariatssubstitut (selbstständiger Substitut) gewesen sei, angemeldet worden seien.

30 Aus dem Umstand, dass diese Buchungen rechtswidrig seien, sieht das Bundesfinanzgericht auch die Buchungen aufgrund einer Überweisung des Revisionswerbers oder einer Umbuchung vom Konto des Notars auf das Konto des Revisionswerbers als zu Unrecht erfolgt. Mit näher angeführten Beträgen hätten die Abgabepflichten, deren Vertreter ursprünglich der Notar, später der Revisionswerber als Notariatssubstitut gewesen sei, ihre Abgabenschuldigkeiten entrichten wollen, weshalb das Finanzamt mit dem "Wegbuchen" der Zahllasten vom Übermittlungskonto des Revisionswerbers (aufgrund der Feststellung des Bundesfinanzgerichts, dass deren Buchung zu Unrecht erfolgt sei) verpflichtet sei, das durch diese Wegbuchung auf dem Übermittlungskonto des Revisionswerbers entstehende Guthaben der Klienten zur Tilgung der durch die Buchung entstandenen Forderungen umzubuchen.

31 Eine Rechtswidrigkeit der Buchung der Überweisung vom 20. August 2008 wäre etwa dann gegeben, wenn beim Auftrag an die Bank zur Überweisung des Geldbetrages nicht dieses Abgabenkonto, sondern ein anderes angeführt gewesen wäre, wenn sohin entweder gar keine Überweisung oder eine Überweisung auf ein anderes Abgabenkonto erfolgt wäre. Solches hat das Bundesfinanzgericht aber nicht festgestellt. Dass die Überweisung, wie das Bundesfinanzgericht unter anderem erwähnt, von einem Anderkonto des Notars erfolgt sei und ob der diese Überweisung Veranlassende zivilrechtlich dazu befugt gewesen sei, diese Überweisung (diesen Auftrag an die Bank) zu tätigen, ist für die Antwort auf die Frage unerheblich, ob die (rechtmäßig oder rechtswidrig, aber tatsächlich) erfolgte Überweisung zu Unrecht oder zu Recht am betreffenden Abgabenkonto verbucht ist.

32 Die Umbuchung (§ 215 BAO) eines Betrages vom Übermittlungskonto des Notars auf das Übermittlungskonto des Revisionswerbers wäre dann zu Unrecht erfolgt, wenn das Übermittlungskonto des Notars im Zeitpunkt der Umbuchung gar kein Guthaben aufgewiesen hätte, wenn - im Falle der amtswegigen Umbuchung - die Einschränkung der Aussetzung der Einhebung der zu tilgenden Abgabenschuldigkeiten vorgelegen wäre oder wenn - im Falle des § 215 Abs. 4 BAO ein Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten nicht vorgelegen wäre. Solches hat das Bundesfinanzgericht indes nicht festgestellt.

33 Gerade das vom Bundesfinanzgericht gesehene Erfordernis einer Umbuchung (§ 215 BAO) von Guthaben, welches nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes den einzelnen Abgabenschuldnern zur Tilgung derer Gesellschaftsteuer oder Grunderwerbsteuer zu Gute zu kommen habe, erfordert jedoch ein Guthaben auf dem Konto, welchem gerade durch die mit Spruchpunkt 2 des angefochtenen Erkenntnis festgestellte Rechtswidrigkeit der seinerzeit im August 2008 erfolgten Buchung der Überweisung oder der Umbuchung auf dieses Konto die Grundlage entzogen wäre.

34 Die vom Bundesfinanzgericht aufgeworfene Frage, was mit einem Guthaben weiter zu erfolgen haben wird, welches sich aufgrund der dem Spruchpunkt 1 des angefochtenen Erkenntnisses entsprechenden Korrektur der Buchungen der Selbstberechnungsabgaben auf dem Übermittlungskonto des Revisionswerbers allenfalls ergibt, ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens und des vorliegenden Abrechnungsbescheides und ist von der Frage zu trennen, ob die Verbuchung der Überweisung und der Umbuchung vom 20. August 2008 zu Unrecht erfolgt ist oder nicht.

35 Dazu ist Folgendes zu bemerken: Die Wirkung einer Zahlung oder Umbuchung (§ 211 BAO) als Entrichtung (Tilgung) der Abgabenschuldigkeiten der einzelnen Abgabenschuldner kann auch Gegenstand eines Abrechnungsbescheides sein ("...ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist"). Sie ist jedoch von der Richtigkeit der Gebarung (§ 213 BAO) solcher Zahlungen und der zutreffenden Behandlung von Verrechnungsweisungen (§ 214 BAO) sowie der Richtigkeit der Gebarung von Umbuchungen auf Abgabenkonten zu unterscheiden.

36 Um die Tilgung von Abgabenschuldigkeiten in der Gebarung rechtskonform zu erfassen, müssen die zu tilgenden Abgabenschuldigkeiten entweder auf dem Konto selbst, auf welchem eine Zahlung verbucht wird, oder auf einem anderen Konto verbucht sein, wohin ein Guthaben zur Tilgung dieser Abgabenschuldigkeiten umbuchbar wäre.

37 Ein Umbuchen eines auf dem Übermittlungskonto des Revisionswerbers aufscheinenden Guthabens zur Tilgung von Abgabenschuldigkeiten der einzelnen Gesellschaftsteuer- oder Grunderwerbsteuerschuldner, deren Tilgung der Revisionswerber als Vertreter der einzelnen Abgabenschuldner nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes beabsichtigt hätte, erfordert somit, dass die Abgabenschuldigkeiten auf einem Konto zutreffend verbucht sind, wohin das Guthaben umzubuchen wäre. Die Frage eines solchen Umbuchens könnte Gegenstand eines eigenen Abrechnungsbescheides sein.

38 Das angefochtene Erkenntnis war deshalb in seinem Spruchpunkt 2 gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

39 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.

Wien, am 29. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018160018.J00

Im RIS seit

12.11.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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