TE Vwgh Beschluss 2019/5/29 Ra 2018/06/0179

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Veröffentlicht am 29.05.2019
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §10 Abs1
AVG §10 Abs2
AVG §13 Abs3
AVG §37
AVG §63 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §7

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision der R. M Gesellschaft mbH in G, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 29. Mai 2018, LVwG 50.37-2734/2017-5, betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag; oberste Verwaltungsbehörde: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde M. vom 4. Februar 2014 wurde der R.M. Gesellschaft mbH gemäß § 41 Abs. 6 (gemeint wohl: § 41 Abs. 4) Steiermärkisches Baugesetz (Stmk BauG) idgF aufgetragen, die nicht bewilligte und damit vorschriftswidrige Nutzung der mit Bescheid der Stadtgemeinde M. vom 10. Jänner 2013 der R.M. Gesellschaft mbH mit dem Verwendungszweck "Auslieferungslager" baurechtlich genehmigten Räumlichkeit mit der Firmenaufschrift "H", als "Handelsbetrieb" per sofort aufzulassen.

5 Auf Ersuchen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde M. wurde von der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht ein Vollstreckungsverfahren eingeleitet. In der Folge wurden von dieser mehrere Bescheide erlassen, mit welchen jeweils Zwangsstrafen über die Revisionswerberin verhängt wurden, weil der Verpflichtung aus dem Bescheid vom 4. Februar 2014 nicht entsprochen worden sei.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 8. September 2017 erhobene Beschwerde der Revisionswerberin, mit welchem über sie eine Zwangsstrafe in der Höhe von EUR 726,00 verhängt, für die Erbringung "der Leistung" eine neue Frist bis 20. Oktober 2017 gesetzt sowie eine weitere Zwangsstrafe angedroht worden waren, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht (LVwG) im Wesentlichen aus, die Beschwerdeausführungen richteten sich gegen den rechtskräftigen Titelbescheid, der im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nicht mehr bekämpft werden könne. Auch eine zur Unzulässigkeit der Vollstreckung führende Änderung des Sachverhaltes nach Erlassung des Titelbescheides sei von der Revisionswerberin nicht geltend gemacht worden, weshalb die Verhängung der angedrohten Zwangsstrafe zu Recht erfolgt sei. 8 Die Revisionswerberin führt in ihrer Begründung für die Zulässigkeit der vorliegenden Revision aus, das LVwG dürfe naturgemäß nicht die Beschwerde einer Person aktenwidrig einer anderen Person zurechnen und die Erledigung dieser Beschwerde "an diese andere Person erlassen". Hätte das LVwG nicht aktenwidrig angenommen, die Revisionswerberin wäre Beschwerdeführerin vor dem LVwG gewesen, hätte es seine Erledigung der Beschwerde nicht "an die Revisionswerberin erlassen", sondern an den Beschwerdeführer

R.M.

9 Nach der hg. Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht dann, wenn nicht eindeutig klar ist, wem ein Rechtsmittel zuzurechnen ist, verpflichtet, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wer Rechtsmittelwerber ist. Hat das Verwaltungsgericht jedoch keine diesbezüglichen Zweifel, hat es weder weitere Ermittlungen iSd § 37 AVG noch ein Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs. 3 AVG durchzuführen (vgl. VwGH 31.5.2017, Ra 2017/22/0057, mwN). 10 Das LVwG ging bei der von "R.M., pA R.M. Gesellschaft mbH" erhobenen Beschwerde offensichtlich von einer Beschwerde des gemäß § 18 GmbHG zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung einer GmbH befugten Geschäftsführers für die R.M. Gesellschaft mbH aus (vgl. etwa VwGH 24.9.2009, 2009/16/0061) und hatte demnach keinen Zweifel, dass die Beschwerde der nunmehrigen Revisionswerberin und nicht der natürlichen Person R.M. zuzurechnen ist.

11 Damit wurde der hg. Rechtsprechung Rechnung getragen, wonach Rechtsmitteln im Zweifel eine Deutung zu geben ist, die dem darin zum Ausdruck kommenden Rechtsschutzbedürfnis soweit wie möglich entgegen kommt, weil eine Parteistellung der natürlichen Person R.M. in einem gegen die R.M. Gesellschaft mbH geführten Vollstreckungsverfahren nicht in Betracht kommt (vgl. VwGH 16.12.1993, 93/11/0153).

12 Dafür, dass - wie die Revision vermeint - mit Bescheid vom 8. September 2017 über die natürliche Person R.M. (und nicht über die R.M. Gesellschaft mbH) eine Zwangsstrafe verhängt worden wäre, gibt es keine Anhaltspunkte:

13 So führt besagter Bescheid unter "Ggst.:" die "R.M. Gesellschaft mbH" an und enthält nur in der Zustellverfügung die Angabe "1. Herrn Geschäftsführer R.M., pA R.M. Gesellschaft mbH". Soweit im "Spruch I" des Bescheides die Personalpronomen "Sie" und "Ihnen" verwendet werden, beziehen sich diese auf die im Betreff genannte Revisionswerberin. Das LVwG ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 8. September 2017 an die Revisionswerberin adressiert war.

14 Vor diesem Hintergrund vermochte die Revision nicht darzulegen, dass das LVwG berechtigte Zweifel hätte haben müssen, wem die Beschwerde zuzurechnen gewesen ist.

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. Mai 2019

Schlagworte

Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Rechtsmittel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018060179.L00

Im RIS seit

22.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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