TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/2 L503 2004821-1

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Veröffentlicht am 02.05.2019
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Entscheidungsdatum

02.05.2019

Norm

ASVG §410
ASVG §42
ASVG §44
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L503 2004821-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Gerhard Bernstorf, Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 18.07.2012, GZ.:

XXXX , zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 18.7.2012 sprach die Salzburger Gebietskrankenkasse (im Folgenden kurz "SGKK") aus, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: "BF") als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs 1 ASVG - da in seinem Betrieb im Zuge einer Sozialversicherungsprüfung Melde- und Beitragsdifferenzen festgestellt worden seien - verpflichtet sei, die von der SGKK mit Beitragsabrechnung vom 8.3.2012 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von € 4.109,16 sowie Verzugszinsen in Höhe von € 910,60, sohin einen Gesamtbetrag von €

5.019,74, an die SGKK zu entrichten.

Die Verpflichtung werde unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 30, 33, 34, 35 Abs 1, 44 Abs 1, 45, 49 Abs. 1 und 2, 54, 58 Abs 1 und 2, 59 Abs 1 ASVG und § 6 BMSVG ausgesprochen und nehme Bezug auf die Beitragsabrechnung vom 8.3.2012, welche einen integrierten Bestandteil dieses Bescheides darstellen würde.

Begründend wurde zum Sachverhalt im Wesentlichen ausgeführt, im Zuge einer abgeschlossenen GPLA im Zeitraum 1.1.2008 bis 31.12.2010 seien im Betrieb des BF Melde- und Beitragsdifferenzen das Beschäftigungsverhältnis näher genannter (insgesamt 14) Dienstnehmer festgestellt worden.

Trotz mehrmaliger Aufforderung seitens des GPLA-Prüfers seien diesem während der Prüfung die Stundenaufzeichnungen der Mitarbeiter nur teilweise vorgelegt worden; die Aufzeichnungen, welche zur Verfügung gestellt worden seien, hätten zum Teil schwere Mängel aufgewiesen; so hätten z.B. die Jahresangaben sowie die Namen der einzelnen Dienstnehmer gefehlt.

Nachverrechnet seien nunmehr die in der Lohnverrechnung des BF nicht berücksichtigten Überstunden der Mitarbeiter worden. Für die Zeiträume, für die trotz wiederholter Anforderungen die Stundenaufzeichnungen nicht vorgelegt worden seien, sei sodann eine Schätzung durchgeführt worden. Diese Schätzung beruhe auf den Daten der Statistik Austria, nach deren Erhebungen Dienstnehmer im Schnitt zwei Überstunden pro Woche leisten würden. Dabei seien bereits alle für den BF sprechenden Umstände berücksichtigt worden; die verhängte Zuschätzung stelle die Untergrenze der erforderlichen Nachforderung dar.

Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die SGKK aus, die Feststellungen würden auf den Ergebnissen des durchgeführten Ermittlungsverfahrens im Rahmen der GPLA, den Aufzeichnungen des GPLA-Prüfers sowie den vorgelegten Zeitaufzeichnungen, Lohnkonten, Saldenlisten und Jahresabschlüssen beruhen. Da die Stundenaufzeichnungen nur teilweise vorgelegt worden seien bzw. die tatsächlich vorgelegten fehlerbehaftet seien, sei die Befugnis zur Schätzung jedenfalls gegeben.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung stellte die SGKK sodann die allgemeinen Rechtsgrundlagen dar und führte in weiterer Folge konkret zur Schätzung aus, die nicht berücksichtigten Überstunden der Mitarbeiter seien im Sinne von § 42 Abs 3 ASVG nachverrechnet worden. Sodann stellte die SGKK die zur Schätzungsbefugnis ergangene Rechtsprechung des VwGH dar. Eine Berechtigung zur Schätzung gemäß § 42 Abs 3 ASVG sei gegenständlich zweifelsfrei gegeben, da die SGKK mangels Aufzeichnungen nicht genau bestimmen könne, wie viele Überstunden von den Mitarbeitern tatsächlich geleistet wurden. Im Übrigen sei auch § 184 BAO sinngemäß anzuwenden; nach dieser Bestimmung beruhe die Befugnis zur Schätzung allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen; formelle Mängel von Büchern oder Aufzeichnungen würden dann zu einer Schätzung berechtigen, wenn sie derart schwerwiegend sind, dass das Ergebnis der Bücher bzw. Aufzeichnungen nicht mehr glaubwürdig erscheint. Dies sei gegenständlich der Fall, da der Großteil der Stundenaufzeichnungen nicht vorgelegt worden sei bzw. jener Teil, der vorgelegt worden sei, dermaßen fehlerbehaftet sei, dass nicht einmal das betreffende Jahr bzw. die Namen der Mitarbeiter angeführt worden seien. Anlass für eine Schätzung könne jede Verletzung einer Mitwirkungspflicht sein. Eine gewisse Fehlertoleranz im Hinblick auf das Ergebnis sei jeder Schätzung immanent. Entscheidend sei, ob durch die nachgewiesenen Unzulänglichkeiten - wie hier konkret die nicht vorgelegten Unterlagen in Zusammenhang mit den Stundenaufzeichnungen - das Vertrauen in die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen soweit erschüttert werde, dass generell die ausgewiesenen Betriebsergebnisse nicht mehr glaubwürdig erscheinen.

2. Mit Schreiben vom 9.8.2012 erhob der BF durch seinen steuerlichen Vertreter fristgerecht Einspruch (nunmehr: Beschwerde) gegen den Bescheid der SGKK vom 18.7.2012.

Eingangs betonte der BF darin, dass die Gründe für den Einspruch die mangelhafte Abwicklung der Beitragsprüfung betreffend die Jahre 2008 bis 2010 sowie die Nichtberücksichtigung der vom BF beigebrachten Unterlagen seien. Konkret habe die Prüfung am 26.1.2012 begonnen und sei vom Prüfer betreffend die Vorlage von Stundenaufzeichnungen der Dienstnehmer lediglich eine Frist bis zum 6.2.2012 gesetzt worden. Auf den Einwand, dass derzeit Hochsaison sei und der BF kaum Zeit für Verwaltungsarbeiten habe, sei seitens des Prüfers nicht eingegangen worden. Am 6.2.2012 vormittags habe der BF dem Prüfer angekündigt, dass die Unterlagen vorgelegt werden würden, was diesen jedoch nicht mehr interessiert habe, da dies zu spät sei. Es habe dann keine Abschlussbesprechung stattgefunden. Damit habe sich der Prüfer als Prüforgan disqualifiziert und behalte sich der steuerliche Vertreter des BF vor, ihn bei einer zukünftigen Prüfung als Prüfer abzulehnen. Der steuerliche Vertreter habe bereits die Erfahrung gemacht, dass es dem Prüfer einzig und allein um ein Prüfungsmehrerfordernis gegangen sei.

Was die von der SGKK durchgeführte Schätzung anbelangt, so wies der BF darauf hin, dass die angenommene Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht nachvollziehbar sei, da er trotz widriger Umstände innerhalb von sechs Werktagen die restlichen Unterlagen "bereit hatte". Vorgelegt wurden diesbezüglich im Wesentlichen einheitlich ausgefüllte Stundenlisten der Dienstnehmer.

Abschließend wurde die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheids beantragt.

3. Am 19.9.2012 legte die SGKK den Akt der damals zuständigen Landeshauptfrau von Salzburg vor und gab in diesem Zusammenhang eine Stellungnahme zum Einspruch (nunmehr: Beschwerde) der BF ab.

In ihrer Stellungnahme ging die SGKK auf die im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Stundenaufzeichnungen der BF ein. Diese "Stundenaufzeichnungen" würden nach Ansicht der SGKK nicht den real gearbeiteten Arbeitsstunden entsprechen. Konkret seien der SGKK die persönlichen Stundenaufzeichnungen einer Dienstnehmerin des BF, Frau H. S., aus deren Kalender übermittelt worden. Diese Aufzeichnungen seien ausgewertet worden und würden sich daraus nunmehr durchschnittliche Überstunden im Ausmaß von rund 7 Stunden pro Woche für diese Dienstnehmerin ergeben. Seitens der SGKK werde davon ausgegangen, dass die Kollegen von Frau H. S. im Durchschnitt die gleiche Anzahl von Überstunden geleistet hätten. Somit sei der BF mit der Zuschätzung der SGKK im Zuge der GPLA in Höhe von zwei Wochenstunden ohnehin günstiger gestellt.

Im Übrigen wurde auf die Ausführungen im bekämpften Bescheid verwiesen und wurde abschließend der Antrag gestellt, der Einspruch (nunmehr: Beschwerde) möge abgewiesen und der Bescheid der SGKK vollinhaltlich bestätigt werden.

4. Mit Schreiben der Landeshauptfrau von Salzburg vom 21.9.2012 wurde dem BF der Vorlagebericht der SGKK zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eingeräumt, dazu schriftlich Stellung zu nehmen.

5. Mit Stellungnahme vom 10.10.2012 führte der steuerliche Vertreter des BF ausschließlich wörtlich wie folgt aus:

"Zum Vorlagebericht der SGKK ist zu sagen, dass dieser nicht den ganzen Sachverhalt zur Dienstnehmerin H. S. wiedergibt. Die Dienstnehmerin hat der SGKK sehr wohl mitgeteilt, dass die geleisteten Überstunden durch Zeitausgleich am Ende der Saison ausgeglichen wurden - es wurde die Dienstnehmerin bei vollen Bezügen 14 Tage nach Ende der Saison länger angemeldet, ohne dass in dieser Zeit eine Arbeit geleistet wurde. Somit wurden die Sozialversicherungsbeiträge für die Mehrleistungen abgeführt und wurden im Rahmen der Prüfung somit nochmals verrechnet."

6. Am 17.3.2014 wurde der Akt dem nunmehr zuständigen BVwG vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Im Rahmen einer GPLA (Prüfzeitraum: 1.1.2008 bis 31.12.2010) den Betrieb des BF betreffend (einem Hotel- bzw. Pensionsbetrieb mit 14 Dienstnehmern) wurden keine bzw. nur unzureichende Stundenaufzeichnungen der Mitarbeiter vorgelegt, weshalb mit Beitragsabrechnung vom 8.3.2012 eine Überstundenleistung der Dienstnehmer im Ausmaß von zwei Wochenstunden geschätzt wurde. Diese Schätzung fand auch Niederschlag im nunmehr bekämpften Bescheid der SGKK vom 18.7.2012.

1.2. In seiner Beschwerde wandte der BF durch seinen steuerlichen Vertreter ein, der Prüfer habe ihm zu wenig Zeit zur Beischaffung der Stundenaufzeichnungen eingeräumt und legte ein Konvolut von im Wesentlichen einheitlich ausgefüllten "Stundenaufzeichnungen" die Dienstnehmer betreffend vor.

1.3. In weiterer Folge wurden diese nachträglich vorgelegten "Stundenaufzeichnungen" durch die SGKK - noch vor Vorlage des Akts an die Landeshauptfrau von Salzburg - gesichtet und wurden von der SGKK sodann von (zumindest) einer Dienstnehmerin (Frau H. S.) deren persönliche Stundenaufzeichnungen (in einem Kalender) beigeschafft, welche von der SGKK mit den vom BF vorgelegten "Stundenaufzeichnungen" verglichen wurden.

Diese persönlichen Aufzeichnungen von H. S. hatten beinahe keinerlei Gemeinsamkeiten mit den vom BF bzw. seinem steuerlichen Vertreter vorgelegten "Stundenaufzeichnungen", bei denen die Ist- und Sollstunden von H. S. in jedem Monat auf die Stunde genau ausgeglichen waren, sodass Frau H. S. den "Stundenaufzeichnungen" des BF zufolge keinerlei Überstunden geleistet hätte. Vielmehr ergab sich laut Berechnungen der SGKK aus den persönlichen Aufzeichnungen von Frau H. S. entgegen den "Stundenaufzeichnungen" des BF Frau H. S. betreffend ein durchschnittliches Überstundenausmaß von 7,33 Stunden pro Woche.

In ihrem Vorlagebericht wies die SGKK auf die Auswertung der persönlichen Aufzeichnungen von Frau H. S. und die sich daraus ergebenden rund 7 Überstunden pro Woche hin und merkte an, dass die gesamten vom BF vorgelegten "Stundenaufzeichnungen" somit nicht den real geleisteten Arbeitsstunden entsprechen würden. Dem BF wurde dazu von der Landeshauptfrau von Salzburg Parteiengehör gewährt.

1.4. In seiner diesbezüglichen Stellungnahme vom 10.10.2012 trat der BF den von der SGKK ausgewerteten persönlichen Aufzeichnungen von Frau H. S. und den daraus abgeleiteten rund 7 Überstunden pro Woche in keiner Weise entgegen, sondern wandte lediglich ein, dass "die geleisteten Überstunden durch Zeitausgleich am Ende der Saison ausgeglichen wurden - es wurde die Dienstnehmerin bei vollen Bezügen 14 Tage nach Ende der Saison länger angemeldet, ohne dass in dieser Zeit eine Arbeit geleistet wurde."

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der SGKK, ergänzt durch die Gewährung von Parteiengehör durch die Landeshauptfrau von Salzburg.

2.2. Die getroffenen Feststellungen gehen daraus unmittelbar und unbestritten hervor:

Dass seinerzeit im Rahmen der GPLA vom BF keinerlei bzw. nur völlig unzureichende Stundenaufzeichnungen seine Mitarbeiter betreffend vorgelegt wurden - mit der Konsequenz einer Schätzung der Überstunden -, folgt aus dem Prüfbericht; insoweit der BF bemängelt, es sei ihm seinerzeit vom Prüfer nicht ausreichend Zeit gewährt worden, die Unterlagen beizuschaffen bzw. habe der Prüfer zum Fristende die Unterlagen dann auch nicht mehr entgegen genommen, so sei diesbezüglich auf die Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung verwiesen.

Die Feststellungen zum Inhalt der Beschwerde des BF beruhen auf eben dieser. Dass die im Rahmen der Beschwerde nachträglich vorgelegten "Stundenaufzeichnungen" durch die SGKK gesichtet und sodann von (zumindest) einer Dienstnehmerin (Frau H. S.) deren persönliche Stundenaufzeichnungen (in einem Kalender) beigeschafft wurden, welche von der SGKK mit den vom BF vorgelegten "Stundenaufzeichnungen" verglichen wurden, folgt aus dem Akteninhalt und dem Vorlagebericht der SGKK. Dass die vom BF vorgelegten "Stundenaufzeichnungen" und die persönlichen Aufzeichnungen von Frau H. S. erheblich divergieren, folgt unmittelbar aus einem Vergleich dieser im Akt befindlichen Dokumente, wobei die festgehaltenen Dienstzeiten (und auch Einsatztage) zumeist unterschiedlich sind; den "Stundenaufzeichnungen" des BF zufolge hätte Frau H. S. beinahe ausnahmslos 8 Stunden pro Tag gearbeitet und etwa keinerlei Überstunden geleistet, während hingegen aus ihren persönlichen Aufzeichnungen unregelmäßige Dienstzeiten mit zahlreichen Überstunden hervorgehen.

Die Feststellungen zu den Einwänden des BF in seiner Stellungnahme - nämlich, dass er lediglich auf einen Ausgleich der "Überstunden" durch Zeitausgleich verwies - beruhen auf eben dieser Stellungnahme.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das BVwG durch Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

2. Rechtsgrundlagen im ASVG in der hier anzuwendenden Fassung:

§ 44. (1) Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) ist für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. [...]

§ 42 [...] (3) Reichen die zur Verfügung stehenden Unterlagen für die Beurteilung der für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände nicht aus, so ist der Versicherungsträger berechtigt, diese Umstände aufgrund anderer Ermittlungen oder unter Heranziehung von Daten anderer Versicherungsverhältnisse bei demselben Dienstgeber sowie von Daten gleichartiger oder ähnlicher Betriebe festzustellen.

[...]

3. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Gegenstand dieses Verfahrens ist ausschließlich die Frage, ob die SGKK zu Recht mangels Vorliegen geeigneter Unterlagen die im Betrieb des BF geleisteten Überstunden im Sinne von § 42 Abs 3 ASVG geschätzt hat.

Diese Frage ist zu bejahen: So ist zwar zutreffend, dass der BF - wenn auch nachträglich im Rahmen seiner Beschwerde - durch seinen steuerlichen Vertreter "Stundenaufzeichnungen" in Vorlage gebracht hatte. Aus diesen - im Wesentlichen einheitlich ausgefüllten - "Stundenaufzeichnungen" gehen vielfach einheitliche Dienstzeiten der Dienstnehmer (insbesondere regelmäßig 4 oder 8 Stunden pro Tag) hervor, wobei sich die "Ist-Stunden" und die "Soll-Stunden" zumeist exakt ausgleichen.

Die SGKK stellte nach Vorlage dieser "Stundenaufzeichnungen" durch den BF Ermittlungen an und schaffte konkret die von der Dienstnehmerin H. S. - in einem Kalender geführten - persönlichen Stundenaufzeichnungen bei. Aus einem Vergleich dieser Unteralgen folgt, dass die vom BF vorgelegten "Stundenaufzeichnungen" und die persönlichen Aufzeichnungen von Frau H. S. erheblich divergieren, wobei die festgehaltenen Dienstzeiten (und auch Einsatztage) zumeist unterschiedlich sind; den "Stundenaufzeichnungen" des BF zufolge hätte Frau H. S. beinahe ausnahmslos 8 Stunden pro Tag gearbeitet und etwa keinerlei Überstunden geleistet, während hingegen aus ihren persönlichen Aufzeichnungen unregelmäßige Dienstzeiten mit zahlreichen Überstunden hervorgehen; den von der SGKK angestellten Berechnungen zufolge ergeben sich aus den Aufzeichnungen von Frau H. S. durchschnittlich 7,33 Überstunden pro Woche.

Entscheidungswesentlich ist nun zum einen, dass der BF in seiner Stellungnahme vom 10.10.2012 den persönlichen Aufzeichnungen von Frau H. S. in keiner Weise entgegengetreten ist, sondern vielmehr darauf hinwies, dass die geleisteten "Überstunden" durch Zeitausgleich ausgeglichen worden seien (siehe zu diesem Argument weiter unten). Damit räumt er aber selbst ein, dass - wovon bereits die SGKK ausgegangen ist - die von ihm vorgelegten "Stundenaufzeichnungen" (jedenfalls die Dienstnehmerin H. S. betreffend) keinerlei Bezug zur Realität aufweisen, sodass diesen keinerlei Beweiswert zukommt. Zutreffend ist aber auch der von der SGKK gezogene Schluss, dass vor diesem Hintergrund zudem den "Stundenaufzeichnungen" des BF betreffend die übrigen Dienstnehmer - die zumeist die gleiche "Form" aufweisen wie jene betreffend Frau H. S. - kein Beweiswert zukommt, zumal der Schluss naheliegt, dass diese ebenso wenig mit der Realität übereinstimmen.

Somit kann an dieser Stelle als Ergebnis festgehalten werden, dass keine ausreichenden Unterlagen vorliegen, sodass eine Schätzung im Sinne von § 42 Abs 3 ASVG - für sämtliche Dienstnehmer - dem Grunde nach zulässig war.

Zum anderen verbleibt noch das Argument des BF in seiner Stellungnahme, bei Frau H. seien "die geleisteten Überstunden durch Zeitausgleich am Ende der Saison ausgeglichen worden - es wurde die Dienstnehmerin bei vollen Bezügen 14 Tage nach Ende der Saison länger angemeldet, ohne dass in dieser Zeit eine Arbeit geleistet wurde." In Anbetracht der vorliegenden - sehr detaillierten - persönlichen Aufzeichnungen von Frau H. S. und der diesbezüglich beim Hauptverband gespeicherten Anmeldedaten ist dazu Folgendes auszuführen:

Frau H. S. wurde vom BF zum einen für die Zeit vom 22.6.2009 bis einschließlich 21.3.2010 zur Sozialversicherung gemeldet, wurde danach abgemeldet und war sodann wieder vom 10.5.2010 bis einschließlich 31.10.2010 gemeldet. Zwischen Ende der Wintersaison 2009/2010 und Anfang der Sommersaison 2010 von Zeitausgleich zu sprechen, ist somit bereits denkunmöglich, war Frau H. S. vom BF doch abgemeldet worden. Im Gegenteil ergibt sich aus den persönlichen Aufzeichnungen von Frau H. S. sogar, dass sie am 22.3.2010 noch von 10:30 Uhr bis 15:30 Uhr und am 23.3.2010 von 08:00 bis 14:30 gearbeitet hatte, obwohl sie vom BF bereits mit 22.3.2010 abgemeldet worden war. Sodann wurde Frau H. S. vom BF zum Beginn der Sommersaison 2010 per 10.5.2010 zur Sozialversicherung gemeldet, obwohl sie ihren persönlichen Aufzeichnungen zufolge bereits am 7.5.2010 wieder für den BF zu arbeiten begonnen hatte (7.5.2010 von 11:00 bis 15:00 Uhr und 9.5.2010 von 10:30 bis 20:00 Uhr). Am Ende der Sommersaison 2010 war H. S. bis einschließlich 31.10.2010 zur Sozialversicherung gemeldet. Aus ihren Aufzeichnungen ergibt sich, dass sie bis zu jenem 31.10.2010 tatsächlich auch für den BF gearbeitet hatte (z. B. am 31.10.2010 von 11:00 bis 21:00 Uhr). Von einer - laut Stellungnahme des BF - Anmeldung, "ohne dass in dieser Zeit eine Arbeit geleistet wurde", kann hier somit keine Rede sein.

Das Argument des Zeitausgleichs käme somit überhaupt nur zwischen der Sommersaison 2009 und der Wintersaison 2009/2010 in Betracht, da Frau H. S. hier durchlaufend gemeldet war. So hat Frau H. S. zwar tatsächlich in ihrem Kalender im Zeitraum vom 22.10.2009 bis einschließlich 20.11.2009 und vom 30.11.2009 bis einschließlich 6.12.2009 "Frei" eingetragen. Allerdings ist dazu anzumerken, dass Frau H. S. (bei durchlaufender Beschäftigung von Juni 2009 bis März 2010) einen entsprechenden Urlaubsanspruch hatte und dass keine Hinweise auf eine anderweitige Konsumation des Urlaubsanspruchs bestehen (im Hinblick auf die zweite Beschäftigung von Frau H. S. von Mai 2010 bis Oktober 2010 hatte sie etwa konkret ihren "Urlaub" vom 3.8.2010 bis zum 12.8.2010 eingetragen). Selbst wenn man aber einen Urlaubsanspruch von Frau H. S. gänzlich außer Betracht lassen würde, so ergäbe sich aus den persönlichen Aufzeichnungen von Frau H. S. immer noch ein durchschnittlicher Wert von rund zwei Überstunden pro Woche, der somit jenem von der SGKK geschätzten Ausmaß entsprechen würde.

Zusammengefasst ist somit festzuhalten, dass seitens des BF unzweifelhaft keine tauglichen Unterlagen vorgelegt wurden, sodass eine Schätzung der Überstunden sämtlicher Dienstnehmer des BF im Sinne von § 42 Abs 3 ASVG zulässig war. Auch die konkrete Schätzung im Ausmaß von zwei Überstunden pro Woche erscheint für einen Hotel- bzw. Pensionsbetrieb - insbesondere auch in Anbetracht der exemplarischen Auswertung der persönlichen Aufzeichnungen einer Dienstnehmerin - als durchaus angemessen bzw. im unteren Bereich angesiedelt.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass auf die - in der Beschwerde aufgeworfene - Frage, inwiefern die Vorgangsweise des seinerzeitigen Prüfers, allfällige Stundenaufzeichnungen aufgrund verspäteter Vorlage nicht mehr entgegen zu nehmen, zulässig war, hier nicht weiter eingegangen werden muss: Die SGKK hatte nämlich die nachträglich vorgelegten "Stundenaufzeichnungen" bewertet und - wie dargestellt - im Hinblick auf (zumindest eine) Dienstnehmerin auch ausgewertet und sich diesbezüglich im Vorlagebericht geäußert, wobei dem BF von der Landeshauptfrau von Salzburg dazu das Recht zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt wurde; die Schätzung hat sich, insbesondere auch vor dem Hintergrund dieser nachträglich vorgelegten "Stundenaufzeichnungen", als klar zulässig herausgestellt.

Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gem. Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Schätzung besteht mit § 42 Abs 3 ASVG eine klare gesetzliche Regelung, zu der es eine einheitliche Rechtsprechung des VwGH gibt. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.

Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten ist. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage fest.

Schlagworte

Beitragsnachverrechnung, Nachweismangel, Schätzverfahren,
Überstundenabrechnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L503.2004821.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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