TE Lvwg Erkenntnis 2019/6/5 VGW-031/023/7437/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.06.2019
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Entscheidungsdatum

05.06.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §71
VStG §24
VStG §49 Abs1
ZustG §17 Abs1
ZustG §17 Abs2
ZustG §17 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fischer über die Beschwerde der Frau A. B., Wien, C.-gasse, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat D., vom 04.09.2018, Zahl …, mit welchem der Einspruch vom 31.08.2018 gegen die Strafverfügung gemäß § 49 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zurückgewiesen wurde,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Strafverfügung der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat D., vom 4. Juli 2018, wurde über die nunmehrige Beschwerdeführerin zur Zahl … wegen des Verstoßes gegen § 19 Abs. 7 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 dieses Gesetzes in Anwendung des § 99 Abs. 3 lit. a leg.cit. eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 140,-- verhängt. Die Behörde sah es als erwiesen an, dass die Beschwerdeführerin am 5. Mai 2018 um 14.21 Uhr in Wien, C.-gasse, als wartepflichtige Lenkerin des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen W-1 durch Einbiegen den Vorrang eines von rechts kommenden Fahrzeuges nicht beachtet hat, wodurch dessen Lenker zu einem unvermittelten Abbremsen seines Fahrzeuges genötigt wurde.

In dem dagegen am 31. August 2018 bei der belangten Behörde eingebrachten Einspruch führte die Rechtsmittelwerberin zusammengefasst sinngemäß aus, sie habe aus krankheitsbedingten Gründen, welche sie zum sofortigen Aufsuchen einer Toilette genötigt hätten, das ihr vorgehaltene Vergehen nicht bemerkt. Sie ersuchte weiters, ihr die Strafe zu erlassen, weil sie niemanden behindern habe wollen.

Diese so angefochtene Strafverfügung wurde laut Zustellnachweis RSb nach einem erfolglosen Zustellversuch an der Meldeanschrift der Beschwerdeführerin am 14. August 2018 nach Einlegung einer Verständigung in deren Hausbrieffach seit dem 16. August 2018 beim Postamt … zur Abholung bereitgehalten. Das Schreiben wurde durch die Einschreiterin am 18. August 2018 behoben.

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat D., vom 4. September 2018, wurde dieser Einspruch zur Zahl … als verspätet zurückgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, die zweiwöchige Frist zur Einbringung eines Einspruches habe am 16. August 2018 zu laufen begonnen und habe am 30. August 2018 geendet. Der gegenständliche Einspruch sei jedoch erst am 31. August 2018 bei der Behörde eingebracht worden.

In der gegen diesen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Beschwerde legte die Einschreiterin zusammengefasst sinngemäß dar, sie sei zwischen 11. und 16. Juli 2018 sowie zwischen 7. und 16. August 2018 und von 21. bis 25. September 2018 im Krankenhaus in stationärer Behandlung gewesen. Sie sei nach diesen Spitalsaufenthalten zwar nach Hause entlassen worden, habe aber wegen Fiebers und starker Schmerzen mit Ausnahme von Aufenthalten in der Notambulanz kaum das Haus verlassen oder wichtige Wege erledigen können. Aus diesem Grunde sei es zur Verzögerung der Einbringung des Einspruches gekommen.

Diese Beschwerde wurde durch die Landespolizeidirektion Wien samt dem Bezug habenden Verfahrensakt dem Verwaltungsgericht Wien am 29. Mai 2019 einlangend zur Entscheidung vorgelegt.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde trotz ausdrücklichem Hinweis auf das Erfordernis der Beantragung einer mündlichen Verhandlung in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides durch die Beschwerdeführerin nicht beantragt. Die Landespolizeidirektion Wien verzichtete mit Vorlageschriftsatz vom 9. Mai 2019 ausdrücklich auf die Durchführung sowie Teilnahme an einer allfälligen mündlichen Verhandlung. Da sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt weiters vollumfänglich der Aktenlage entnehmen lässt, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen und die Entscheidung ohne Durchführung einer solchen Verhandlung ergehen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Gemäß § 17 Abs. 1 des Zustellgesetzes ist das Dokument, wenn dieses an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

Gemäß § 17 Abs. 2 des Zustellgesetzes ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Die Beschwerdeführerin brachte in ihrem Rechtsmittel zusammengefasst sinngemäß vor, sie sei zwischen Juli und September 2018 mehrmals in stationärer Behandlung gewesen und habe zwischenzeitig das Haus aus gesundheitlichen Gründen mit Ausnahme von Besuchen der Ambulanzen kaum verlassen können, weswegen es zur verspäteten Einbringung des Rechtsmittels gekommen sei.

Im gegebenen Zusammenhang sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass etwa mit dem Vorbringen, durch Krücken tageweise am Verlassen der Wohnung gehindert gewesen zu sein, nicht dargelegt wird, dass der Empfänger an der Wahrnehmung des Zustellvorganges gehindert gewesen ist und daher auch vom Vorliegen eines der Ortsabwesenheit im Sinne des § 17 Abs. 3 des Zustellgesetzes gleichkommenden Zustandes nicht gesprochen werden kann. Es ist nämlich zwischen der Ortsabwesenheit einerseits und einem Hindernis, trotz Ortsanwesenheit die Sendung zu beheben, andererseits, zu unterscheiden. Im letzten Fall beginnt der Lauf der an die Zustellung der Sendung geknüpften Frist mit dem Beginn der Abholfrist der hinterlegten Sendung. § 17 Abs. 3 des Zustellgesetzes sieht eine Ausnahme von der grundsätzlichen Wirksamkeit einer Hinterlegung nur für den Fall der Ortsabwesenheit des Empfängers vor. Wenn die Beschwerdeführerin somit etwa vorbringt, dass sie an der Abholung der hinterlegten Sendung aus Krankheitsgründen gehindert war, so könnte dieser Umstand allenfalls einen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 71 AVG begründen (vgl. VwGH, 20. April 1998, 98/17/00090).

Somit ist festzuhalten, dass der durch § 49 Abs. 1 VStG normierte Fristenlauf im Falle einer ordnungsgemäßen Zustellung nur dann nicht ausgelöst wird, wenn sich nach erfolgter Hinterlegung herausstellt, dass der Empfänger ortsabwesend war. Ein Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, welche hier jedoch nicht verfahrensgegenständlich ist, läge allenfalls dann vor, wenn zumindest ein der Ortsabwesenheit gleichkommender Zustand, welcher die Wahrnehmung des Zustellvorganges durch den Empfänger ausschließt, vorlag. Zur Annahme eines der Ortsabwesenheit gleichkommenden Zustandes sprach der Gerichtshof aus, dass ein solcher etwa im Falle der gänzlichen Dispositionsunfähigkeit des Empfängers, also bei Vorliegen eines Zustandes, in welchem dieser auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht in der Lage ist, ein Rechtsmittel zu erheben, vorliegt. Dass der Empfänger auf Grund seines geistigen und körperlichen Zustandes nicht in der Lage war, innerhalb der zweiwöchigen Berufungsfrist das Rechtsmittel einzubringen, hat dieser mit Hilfe einer ärztlichen Bescheinigung darzutun (vgl. VwGH, 5. März 1998, Zl. 97/18/0557,0558).

Dass die Beschwerdeführerin ortsabwesend war, ist jedoch weder deren eigenem Vorbingen zu entnehmen, noch ergeben sich diesbezüglich aus dem Verfahrensakt irgendwelche Anhaltspunkte. Vielmehr legte die Einschreiterin in ihrem Rechtsmittel selbst dar, sie sei am 16. August 2018 aus der stationären Pflege entlassen worden und habe sich erst wieder am 21. September 2018 in Spitalspflege begeben, wobei sie sich zwischenzeitig krankheitsbedingt in ihrer Wohnung aufgehalten habe. Somit steht jedoch fest, dass die Einschreiterin am Tag der erfolgten Hinterlegung vom Zustellvorgang hätte Kenntnis nehmen können und wurde daher der Fristenlauf an diesem Tage ausgelöst. Dass die Einschreiterin am ersten Tag der Hinterlegung an die Abgabestelle zurückgekehrt ist, schadet schon im Lichte der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur rechtzeitigen Kenntnisnahme von Zustellvorgängen durch die Partei nicht (vgl. dazu etwa sehr aktuell VwGH, 22. Dezember 2016, Zl. Ra 2016/16/0094, wonach sogar die Rückkehr an die Abgabestelle vier Tage nach erfolgter Hinterlegung keine Hemmung des Fristenlaufes mit sich bringt).

Aber auch das Vorliegen eines der Ortsabwesenheit gleichkommenden Zustandes, welcher die Wahrnehmung des Zustellvorganges durch die Empfängerin ausschließt, kann gegenständlich wohl nicht angenommen werden. Die Einschreiterin bescheinigte zwar ihre Anstaltsaufenthalte, allerdings steht auch fest, dass sie offenbar trotz ihrer gesundheitlichen Probleme etwa in der Lage war, die gegenständliche Strafverfügung am 18. Juli 2018, sohin zwei Tage nach ihrer Heimkehr, persönlich beim Postamt zu beheben. Wenn die Einschreiterin weiters sinngemäß darlegt, es sei ihr auf Grund ihres Gesundheitszustandes nicht möglich gewesen, ihre Wohnung zu verlassen und das Rechtsmittel einzubringen oder gar ein solches zu verfassen, ist dem entgegen zu halten, dass sie sich hierfür auch einer dritten Person hätte bedienen können und sie das Rechtsmittel auf anderem Wege, etwa durch elektronische Übermittlung – wie dies ohnehin, wenn auch verspätet, erfolgte - bei der Behörde direkt einbringen hätte können. Es kann daher von einem der Ortsabwesenheit im Sinne des § 17 Abs. 3 des Zustellgesetzes gleichzuhaltenden Zustand bei vorliegendem Sachverhalt keinesfalls ausgegangen werden.

Aufgrund des aktenkundigen Zustellvorganges ist somit erwiesen, dass die angefochtene Strafverfügung am 16. August 2018 ordnungsgemäß zugestellt und der vorliegende Einspruch erst nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist, welche mit Ablauf des 30. August 2018 endete, eingebracht wurde. Der am 31. August 2018 mittels E-Mail bei der Behörde eingebrachte Einspruch erscheint daher als verspätet und erfolgte die Zurückweisung dieses Rechtsmittels durch die belangte Behörde damit als zu Recht.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einspruch; Rechtsmittelfrist; Fristenlauf; Zustellung; Hinterlegung; Ortsabwesenheit; Ortsanwesenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.031.023.7437.2019

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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