TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/30 L515 2207652-2

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Veröffentlicht am 30.10.2018
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Entscheidungsdatum

30.10.2018

Norm

BFA-VG §22 Abs1
BFA-VG §22a Abs2
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76
FPG §77
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L515 2207652-2/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Zusammenhang mit der Beschwerde des XXXX , am XXXX geboren, Staatsbürger der Islamischen Republik Pakistan, vertreten durch Dr. Wilfried WEH Rechtsanwalt GmbH, gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2018, Zl. XXXX , sowie gegen die andauernde Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen

wird gem. § 22a Abs. 2 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF iVm 22 Abs. 1 VwGVG BGBl I 33/2013 idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die bP stellte in der Vergangenheit einen unbegründeten und im Anschluss einen unzulässigen Antrag auf internationalen Schutz. Beide wurden rechtskräftig ab- bzw. zurückgewiesen und kam die bP in beiden Fällen ihrer Verpflichtung, das Bundesgebiet zu verlassen, nicht nach und hielt sich seit 14.11.2012 rechtswidrig im Bundesgebiet auf.

I.2 Nach der erstmaligen Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz konnte die bP ihren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht mehr legalisieren.

I.3. Nach der Stellung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz, welcher schließlich auch rechtskräftig zurückgewiesen wurde, konnte sie lediglich vorübergehenden Abschiebeschutz, aber kein weiteres Aufenthaltsrecht erlangen.

I.4. Nachdem auch der zweite Antrag auf internationalen Schutz rechtskräftig zurückgewiesen wurde, stellte die bP einen Antrag auf die Erteilung eines Aufenthaltsrechts aus Gründen des Art. 8 EMRK, welcher ebenfalls nicht zu einer neuerlichen Legalisierung ihres Aufenthaltes führte (vgl. § 58 Abs. 13 AsylG). Dieser Antrag wurde gem. § 58 Abs. 10 AsylG zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und dieser die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde mit ho. Erkenntnis vom 24.10.2018 behoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die bB zurückverwiesen. Eine neuerliche Entscheidung darüber liegt der Aktenlage folgend nicht vor.

I.5. Eine eingebrachte Schubhaftbeschwerde gem. § 22a BFA-VG wurde mit ho. mündlich verkündeten Erkenntnis vom 19.10.2018 abgewiesen.

I.6. Am 24.10.2018 brachte die bP eine weitere Schubhaftbeschwerde gem. § 22a BFA-VG ein.

Nach dem Einlangen der Beschwerde wurde für den 20.10.2018 eine Beschwerdeverhandlung anberaumt. Diese wurde, nachdem die bP am 27.10.2018 abgeschoben wurde, wieder abberaumt.

Die rechtfreundliche Vertretung der bP beantragte, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dieser Antrag wurde im Wesentlichen mit Argumenten, welche sich auf private und familiär Umstände bzw. dem bisherigen Lebensweg der bP in Österreich in Bezug auf die bP und die nach Ansicht des Rechtsfreundes nicht bestehende Fluchtgefahr begründet.

Die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erfolgte unverzüglich nach dem Eintreffen des entsprechenden Antrages in der ho. Gerichtsabteilung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Feststellungen ergeben sich zum einen aus dem beschriebenen Verfahrenshergang.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der außer Zweifel stehenden und von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG ist im gegenständlichen Fall, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Soweit in die Argumentation der bP Elemente des bisherigen Lebensweges, insbesondere (politische) Überlegungen über den Umgang mit (ehemaligen [vgl. § 14 Abs. 2 lit f BAG]) Lehrlingen, welche während eines Asylverfahrens eine Lehre in einem Mangelberuf begannen und deren Antrag auf internationalen Schutz rechtskräftig ab- bzw. zurückgewiesen wurde, einfließen, ist festzuhalten, dass hierauf nur so weit in rechtlicher Hinsicht eingegangen wird, als sie im gegenständlichen Verfahren relevant sind. Jedenfalls unbeachtlich sind im gegenständlichen Prüfungsverfahren politische Überlegungen und hat sich das Gericht an der geltenden Rechtslage zu orientieren (vgl. Art. 18 Abs. 1 B-VG).

Weiters wird festgehalten, dass es sich bei der Schubhaft und der Abschiebung um zwei verschiedene Maßnahmen handelt, deren Rechtmäßigkeit getrennt zu prüfen sind. Gegenständliche Prüfung bezieht sich ausschließlich den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Zusammenhang mit der Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2018, Zl. XXXX und gegen die andauernde Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung. Ein Sachverhalt, welcher sich nach der Beendigung der Schubhaft -welche mit dem Beginn der Abschiebung der bP, also mit der Abholung aus den Hafträumlichkeiten, in denen die Schubhaft vollzogen wurde, endete- bezieht, ist vom gegenständlichen Prüfungsrahmen nicht mitumfasst.

Gem. § 22a Abs. 2 BFA-VG sind im gegenständlichen Fall die für Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG mit der dort genannten Maßgabe anzuwenden, woraus sich ergibt, dass im gegenständlichen Fall § 22 Abs. 1 BFA-VG, welche wie folgt lautet zur Anwendung kommt:

"Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre."

Im Rahmen der Beantwortung der Frage der Erforderlichkeit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung kommt es auf die Erfolgsaussichten der Beschwerde dem Grunde nach nicht an (VwGH 11.4.2011, AW 2011/17/0005)

Von zwingenden öffentlichen Interessen kann nur gesprochen werden, wenn die konkrete Interessenslage öffentliche Rücksichten berührt, die einen umgehenden Vollzug der angefochtenen Rechtsakte gebieten. Der Umstand, dass öffentliche Interessen am Vollzug einer behördlichen Maßnahme bestehen, berechtigt nicht schon ohne Weiteres zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen zwingend gebieten. Hiezu bedarf es noch des Hinzutretens weiterer Umstände, um die öffentlichen Interessen als "zwingend" im Sinne der genannten Gesetzesstelle ansehen zu können (vgl. VwGH 10.8.2018, Ra 2018/03/66, VwGH 19.2.2014, AW 2013/10/0063, VwGH 9.10.2013, AW 2013/10/0036, und VwGH 3.6.2011, AW 2011/10/0016).

Im Rahmen der oa. Ausführungen ist losgelöst von der Frage der Erfolgsaussichten der Beschwerde festzuhalten, dass zwingende öffentliche Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Zusammenhang mit dem Wesen des Rechtsinstituts der Schubhaft gem. § 76 ff FPG iVm der Beschwerdemöglichkeit des § 22a BFA-VG regelmäßig der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen, weil in diesem Fällen in der Vergangenheit regelmäßig mit Freiwilligkeit der bP im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nicht das Auslangen gefunden werden konnte und die Beschwerde gem. § 22a BFA-VG ua. der Klärung der Frage dient, ob Fluchtgefahr vorliegt. Diese Frage würde jedoch -bei tatsächlichem Vorliegen von Fluchtgefahr- unbeantwortet bleiben, wenn der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt würde, wodurch der Sicherungszweck vor der Beantwortung der Frage der Rechtsmäßigkeit der Schubhaft schon vereitelt wäre. Gegenteiliges könnte nur bei Vorliegen eines besonders exzeptionellen Sachverhalts, welcher hier -beschränkt auf den gegenständlichen Prüfungsrahmen- eindeutig nicht vorliegt.

Im Rahmen der Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergibt sich im gegenständlichen Fall aus der Frist des § 22a Abs. 2 BFA-VG, dass der bP durch die Anhaltung kein unverhältnismäßiger Nachteil erwächst. Die dort genannte Wochenfrist wird dem festgenommenen auch aus verfassungsrechtlicher Sicht zugemutet (vgl. Art. 6 Abs. 1 BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit) und kann nicht als unverhältnismäßig bezeichnet werden.

Aufgrund der oa. Erwägungen ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung iSd § 22a Abs. 2 BFA-VG iVm § 22 Abs. 1 VwGVG iSe Aufhebung der Schubhaft vor der Prüfung deren Rechtsmäßigkeit im gegenständlichen Fall nicht vorliegen bzw. vorlagen.

Übersetzungen der relevanten Teile des gegenständlichen Erkenntnisses konnten aufgrund der bP vorgetragenen Sprachkenntnisse unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus dem Umstand, dass sich mit 1.1.2014 die Behördenzuständigkeiten, sowie die asyl- und fremdenrechtliche Diktion änderte und das ho. Gericht seine Arbeit aufnahm, kann im gegenständlichen Fall noch kein unter Art. 133 Abs. 4 B-VG zu subsumierender Sachverhalt abgeleitet werden, weil sich im materiellen Kernbereich der hier anzuwendenden Bestimmungen keine substantielle Änderung ergab.

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, Erfolgsaussichten,
Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,
unverhältnismäßiger Nachteil, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L515.2207652.2.01

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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