TE Vwgh Erkenntnis 1999/1/27 98/16/0369

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Veröffentlicht am 27.01.1999
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/06 Verkehrsteuern;
32/08 Sonstiges Steuerrecht;

Norm

EndbesteuerungsG 1993 §1 Abs1 Z2;
ErbStG §15 Abs1 Z17 idF 1994/680;
EStG 1988 §97 Abs2 idF 1993/012;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. Peter Rustler, Rechtsanwalt in Wien XV, Mariahilferstraße 196, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 13. Jänner 1997, Zl GA 9-343/95, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 13. August 1993 verstorbene Johann O. hatte in einem am 10. Juni 1992 abgefaßten Testament seine Tochter Helga P. zur Alleinerbin eingesetzt. Im Punkt 7. des Testaments "vermachte" er seine "Wertpapiere" bei der C-Bank zu gleichen Teilen seiner Ehefrau Maria O., seinem Enkel Ch.H (dem Beschwerdeführer) sowie der Erbin.

In einer Schenkung auf den Todesfall vom 5. Juni 1992 hatte der Erblasser Helga P. mehrere Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile geschenkt. In Punkt 6. dieser Urkunde ist wörtlich ausgeführt:

"Der Geschenknehmerin ist bekannt, daß hinsichtlich der Liegenschaft Einlagezahl 890 Grundbuch 19166 Traismauer, Wienerstraße 44 ein Hypothekarkredit zugunsten der Raiffeisenbank Wien registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung aushaftet. Sollte zur Abdeckung dieses Kredites eine Veräußerung dieser Liegenschaft unbedingt erforderlich sein, so verpflichtet sich die Geschenknehmerin schon heute, dieser Veräußerung zuzustimmen. Die Geschenknehmerin verpflichtet sich, folgende Lasten zu übernehmen, wobei sie den Schuldenstand zum Todestag abzudecken hat, ihr aber auch alle allenfalls vorhandenen Darlehenssicherheiten zugute kommen:

a) alle auf den geschenkten Objekten sichergestellten Hypothekardarlehen,

b) die auf den Objekten topographische Nummern 20 (zwanzig), 23 (dreiundzwanzig) und 26 (sechsundzwanzig) der Liegenschaft Einlagezahl 1758 Grundbuch 01514 Währing, Weitlofgasse 12 sichergestellten Hypothekardarlehen,

c) die ob der Liegenschaft Einlagezahl 1040 Grundbuch 01510 Pötzleinsdorf, Blaselgasse 6 sichergestellten Hypothekardarlehen,

d) das für die Errichtung des Aufzuges im Hause 1180 Wien, Weitlofgasse 12 aufgenommene Darlehen und

e) die Abdeckung eines Negativstandes auf dem Mietenverrechnungskonto Nummer 41-21281/00 bei der Creditanstalt-Bankverein."

Im eidesstättigen Vermögensbekenntnis war unter den Aktiven eine größere Anzahl von Guthabensständen bei diversen Banken angeführt. Unter der Bezeichnung "Depot Nr. 1941-77895/84" der C-Bank war ein Aktivum in Höhe von S 2,298.302,49 ausgewiesen.

In einer zwischen der Erbin, den Pflichtteilsberechtigten und den Legataren am 2. Februar 1994 abgeschlossenen "Pflichtteilsvereinbarung" ist ausgeführt, das Legat für den Beschwerdeführer sei entsprechend Punkt 7 des Testamentes zu erfüllen.

Gegen den an den Beschwerdeführer in der Folge ergangenen Erbschaftssteuerbescheid vom 20. Oktober 1994 wurde Berufung erhoben und darin geltend gemacht, daß die vom Beschwerdeführer geerbten Wertpapiere erbschaftssteuerfrei seien.

In der die Berufung abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde insbesondere darauf verwiesen, daß Aktien, Partizipationsscheine und Genußscheine nicht steuerfrei seien.

Im daraufhin eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde vorgebracht, das Wertpapierdepot Nr 1941-77895/84, auf dem sich Aktien, Partizipationsscheine und Genußscheine befänden, falle nicht unter das Legat, sondern stehe als "Verpfändungsdarlehenssicherheit" der Erbin zu.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung teilweise Folge gegeben. Die belangte Behörde führte darin aus, es könne keine Rede davon sein, daß die verpfändeten Depots vom Vermächtnis des Beschwerdeführers ausgenommen sein sollten. Nach den Feststellungen der Behörde seien von den Wertpapieren des Depots Nr 1941-77895/84 Forderungswertpapiere im Betrag von S 651.086,49 "endbesteuert". Vom Restbetrag von S 1,647.216,-- entfielen S 549.072,-- auf den Beschwerdeführer. Von diesem Betrag wurde - zuzüglich des Wertes eines nicht in Streit stehenden Gegenstandes einer Schenkung auf den Todesfall - die Erbschaftssteuer von der belangten Behörde (neu) bemessen.

In der gegen diesen Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Nach dem Inhalt der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt, daß Forderungswertpapiere im Wert von S 549.072,-- besteuert worden sind.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 15 Abs 1 Z 17 ErbStG in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1994, BGBl Nr 680 (zur Anwendung vgl Art VIII Z 2 des letztgenannten Gesetzes) bleiben steuerfrei Erwerbe von Todes wegen von Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gemäß § 97 Abs 1 erster Satz sowie § 97 Abs 2 erster bis dritter Satz EStG 1988 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl Nr 12/1993, unterliegen.

Da der Verwaltungsgerichtshof Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 15 Abs 1 Z 17 ErbStG 1955 hegte, beantragte er mit Beschluß vom 28. Mai 1998, Zl A 72/98, die Aufhebung dieser Bestimmung als verfassungswidrig. Zur Vermeidung weitwendiger Wiederholungen wird auf diesen Beschluß verwiesen.

Mit Erkenntnis vom 12. Oktober 1998, G 113/98-6, gab der Verfassungsgerichtshof diesem Antrag keine Folge, wobei er unter anderem ausdrücklich aussprach, daß § 15 Abs 1 Z 17 ErbStG dem (im Verfassungsrang stehenden) § 1 Abs 1 Z 2 Endbesteuerungsgesetz entspricht, soweit dieser Erbschafts- und Schenkungssteuer betrifft.

Im Beschwerdefall ist vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließlich der Umfang des todeswegigen Erwerbs des Beschwerdeführers strittig. Nach dem in den Akten erliegenden Beschluß des Verlassenschaftsgerichtes vom 15. April 1994, Zl 12 A 229/93g, wurde das erblasserische Testament vom 10. Juni 1992 als erfüllt erkannt. Bereits im Pflichtteilsübereinkommen vom 2. Februar 1994 wurde vereinbart, daß das Legat des Beschwerdeführers nach Punkt 7 des Testamentes zu erfüllen ist. Nach dieser Verfügung sollte der Beschwerdeführer einen Anteil an den bei der C. Bank deponierten Wertpapieren erhalten.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde vom Beschwerdeführer ausdrücklich vorgebracht, das in Rede stehende Wertpapierdepot Nr 1941-77895/84 sei nicht Gegenstand des Legates gewesen, sondern sei - im Sinne der Verfügung in dem vor Abfassung des Testamentes abgeschlossenen Schenkungsvertrag auf den Todesfall - als "Verpfändungsdarlehenssicherheit" Helga P. zugestanden. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde aber nicht ausreichend auseinandergesetzt. Daß im Testament kein Hinweis auf eine Ausnahme der verpfändeten Depots enthalten war, ließ für sich allein einen Schluß darauf nicht zu, daß die verpfändeten Wertpapiere (auch) Gegenstand des Vermächtnisses waren. Vielmehr hätte die belangte Behörde in Entsprechung der ihr obliegenden Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhaltes erheben müssen, ob die in Streit stehenden Forderungswertpapiere tatsächlich verpfändet und demzufolge Gegenstand der Schenkung auf den Todesfall gegenüber Helga P. und nicht der im Punkt 7 des Testamentes ausgesetzten Vermächtnisse gewesen sind. Damit hat die belangte Behörde aber Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ersatz der Kosten des Verfahrens im Sinne der §§ 47 ff VwGG waren im beantragten Ausmaß zuzusprechen.

Wien, am 27. Jänner 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998160369.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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