TE Vfgh Beschluss 2008/12/1 U507/08 ua

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Veröffentlicht am 01.12.2008
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art144a
VfGG §33
VfGG §82 Abs1
VfGG §88a
ZPO §73 Abs2
ZPO §148 Abs2

Leitsatz

Abweisung von Wiedereinsetzungsanträgen; Zurückweisung derBeschwerden gegen eine Entscheidung des Asylgerichtshofes alsverspätet

Spruch

1. Die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden abgewiesen.

2. Die Beschwerden werden als verspätet zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Mit Beschluss vom 3. November 2008 wurde den Antragstellern

die Verfahrenshilfe im Umfang der Eingabegebühren antragsgemäß bewilligt. Weiters wurden die Antragsteller mit einem Schreiben vom 10. November 2008 darüber informiert, dass dieser Verfahrenshilfeantrag die Beschwerdefrist von sechs Wochen nicht unterbricht.

Mit dem am 21. November 2008 zur Post gegebenen Schriftsatz begehren die Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde und erheben unter einem Beschwerde gegen die im Instanzenzug ergangene Entscheidung des Asylgerichtshofes.

Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrages führten sie im Wesentlichen aus, dass sie als rechtlich unvertretene Personen erst nach Erhalt sowohl der Verfahrenshilfestattgabe im beantragten Umfang, der Höhe der Eingabegebühren, sowie des Schriftstückes des Verfassungsgerichtshofes vom 10. November 2008, in welchem sie darauf hingewiesen wurden, dass ihr Verfahrenshilfeantrag im Umfang der Eingabegebühr die Beschwerdefrist nicht unterbricht, am 11. November 2008 anwaltliche Beratung in Anspruch genommen hätten. Erst im Zuge dieser Beratung habe sie der nun bevollmächtigte Rechtsanwalt über die tatsächliche Rechtslage aufgeklärt, jedoch sei zu diesem Zeitpunkt die Beschwerdefrist schon abgelaufen gewesen. Auch seien die Antragsteller von der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes, dass ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Gebühren die Beschwerdefrist nicht unterbreche, überrascht, da ihrer Ansicht nach diese sehr wohl unterbrochen worden sei. Die Antragsteller bringen deshalb vor, dass sie einem der Wiedereinsetzung zugänglichen Rechtsirrtum unterlegen wären und beantragten die Wiedereinsetzung, unter einem brachten sie eine Beschwerde nach Art144 B-VG (wohl: Art144a B-VG) ein.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen

die Versäumung der Beschwerdefrist ist zulässig, aber nicht begründet:

1. Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144a B-VG wegen Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VfGG die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 VfGG die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden.

a) Nach §146 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s. etwa VfSlg. 9817/1981, 14.639/1996, 15.913/2000 und 16.325/2001 mwN).

Aus §39 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG ergibt sich, dass das Verschulden des Bevollmächtigten eines Beschwerdeführers einem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten ist.

b) Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung muss gemäß §148 Abs2 ZPO innerhalb von vierzehn Tagen gestellt werden. Diese Frist beginnt mit dem Tage, an welchem das Hindernis, welches die Versäumung verursachte, weggefallen ist; sie kann nicht verlängert werden. Zugleich mit dem Antrag ist dem §149 Abs1 ZPO zufolge auch die versäumte Prozesshandlung nachzuholen.

2. Das ins Treffen geführte Hindernis für die rechtzeitige Einbringung der Beschwerde fiel am 11. November 2008 weg. Mit dem am 21. November 2008 zur Post gegebenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde daher diese Frist gewahrt.

3. Jedoch kann von einem minderen Grad des Versehens des Bevollmächtigten der Antragsteller im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden:

Das Erkenntnis des Asylgerichtshofes im Verfahren der Antragsteller erging am 22. September 2008 und wurde den Antragstellern am 2. Oktober 2008 zugestellt. Somit lief die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß §§88a iVm 82 Abs1 VfGG entgegen der Ansicht der Antragsteller bis 13. November 2008. Aus diesem Grund wäre selbst bei erster Beratung durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt der Antragsteller am 11. November 2008 noch bis 13. November 2008 die Beschwerdeführung möglich gewesen und hätte die Postaufgabe einer allfälligen Beschwerde am 13. November 2008 die sechswöchige Frist sehr wohl noch gewahrt.

Entgegen den Ausführungen im Antrag auf Wiedereinsetzung war ein allfälliges Versehen der Beschwerdeführer (noch) keine Ursache für die Versäumung der Beschwerdefrist, was dem Vertreter der Beschwerdeführer erkennbar war. Dieses Versehen wiederum kann aber nicht als bloß geringfügiger Fehler gewertet werden, der gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen passieren kann.

4. Damit lagen aber die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vor, weshalb der darauf gerichtete Antrag abzuweisen war.

III. Die Beschwerde wurde erst nach Ablauf der sechswöchigen Frist (§82 Abs1 VfGG) eingebracht und ist somit als verspätet zurückzuweisen.

IV. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz und §19 Abs3 Z2 litb VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

V. Bei diesem Verfahrensergebnis konnte eine Entscheidung über

den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entfallen.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Fristen,Beschwerdefrist, VfGH / Anwaltszwang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:U507.2008

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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