TE Vwgh Beschluss 2019/5/27 Ra 2018/14/0195

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Veröffentlicht am 27.05.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache der X Y, vertreten durch Dr. Erich Holzinger, Rechtsanwalt in 8940 Liezen, Rathausplatz 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. September 2018, I403 2204994-1/3E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine algerische Staatsangehörige, stellte am 29. Jänner 2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte sie vor, sie sei vor ihrem gewalttätigen Bruder, welcher sie misshandelt habe und sie zwangsverheiraten habe wollen, geflüchtet.

2 Mit Bescheid vom 6. August 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Revisionswerberin zur Gänze ab, erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Algerien zulässig sei, sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Rückreise bestehe und erkannte einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung ab.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG hätte - insbesondere im Hinblick auf die Vorlage von Länderinformationen betreffend geschlechtsspezifische Verfolgung in Algerien - eine mündliche Verhandlung durchführen müssen, und zwar auch deshalb, weil das BVwG seiner Ermittlungspflicht hinsichtlich der Situation von alleinstehenden Frauen in Algerien nur unzureichend nachgekommen sei.

8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, sowie aus der ständigen Rechtsprechung zuletzt etwa VwGH 4.3.2019, Ra 2018/14/0289, mwN).

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach festgehalten, dass ein Revisionswerber, der - wie im vorliegenden Fall - ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, konkret anzuführen hat, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. wiederum VwGH 4.3.2019, Ra 2018/14/0289, mwN). 10 Insoweit in der Zulassungsbegründung der Revision unter Wiedergabe von Rechtsprechungszitaten lediglich allgemein ein Abweichen von der Verhandlungspflicht behauptet wird, wird damit nicht dargelegt, inwiefern die Voraussetzungen für das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung nicht vorgelegen wären. Auch kann der Einschätzung des BVwG, wonach mit einem in der Beschwerde vorgebrachten Länderbericht über geschlechtsspezifische Verfolgung in Algerien aus dem Jahr 2010 die auf dem aktuelleren Länderinformationsblatt beruhenden Feststellungen zu diesem Thema im Bescheid des BFA nicht substantiiert bestritten wurden, nicht entgegengetreten werden.

11 Dieselben Feststellungen finden sich auch im angefochtenen Erkenntnis. Somit geht auch das Revisionsvorbringen, das BVwG habe sich nicht ausreichend mit der Situation alleinstehender Frauen in Zusammenhang mit dem Thema der häuslichen Gewalt auseinandergesetzt, ins Leere.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 27. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018140195.L00

Im RIS seit

23.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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