TE Vwgh Erkenntnis 2019/4/25 Ra 2018/11/0141

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Veröffentlicht am 25.04.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
60/01 Arbeitsvertragsrecht

Norm

AVRAG 1993 §7d Abs1
AVRAG 1993 §7i Abs4
AVRAG 1993 §7i Abs4 Z1
B-VG Art133 Abs4
VStG §16 Abs2
VStG §19
VStG §19 Abs2
VStG §44a Z1
VwGG §34 Abs1

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2018/11/0142 E 25.04.2019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des D G in V (Spanien), vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 16. April 2018, Zl. VGW-041/075/12128/2017, betreffend Übertretungen des AVRAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien),

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruches über die Strafe und die Verfahrenskosten (Spruchpunkt I.) dahin abgeändert, dass für jede der acht Übertretungen des § 7d Abs. 1 AVRAG die Geldstrafe EUR 2.000,--, die Ersatzfreiheitsstrafe 33 Stunden und der Kostenbeitrag zum Strafverfahren (§ 64 Abs. 2 VStG) EUR 200,-- beträgt.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 18. Juli 2017 wurde der Revisionswerber als nach außen zur Vertretung befugter der E. Sociedad Limitada (mit Sitz in Spanien) der Übertretung des § 7d Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) schuldig erkannt, es am 28. Mai 2015 hinsichtlich der zur Dienstleistung (Zimmerservicetätigkeiten in einem gewerblichen Beherbergungsbetrieb in Wien) nach Österreich entsendeten acht namentlich bezeichneten Arbeitnehmerinnen (mit spanischer bzw. rumänischer Staatsangehörigkeit) unterlassen zu haben, "jene Unterlagen, die zur Überprüfung des den Arbeitnehmern nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten".

Gemäß § 7i Abs. 4 Z 1 iVm § 7d Abs. 1 AVRAG wurden über den Revisionswerber 8 Geldstrafen zu je EUR 4.000,-- und 8 Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 1 Woche und 3 Tagen verhängt. Gemäß § 64 VStG wurde dem Revisionswerber weiters ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von EUR 3.200,-- (10 % der Geldstrafen) auferlegt.

2 Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis insofern Folge gegeben (Spruchpunkt I.), als die Geldstrafen auf jeweils EUR 3.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafen "jeweils auf eine Woche" herabgesetzt wurden (der Kostenbeitrag wurde entsprechend angepasst).

Die Spruchpunkte II. - IV. betreffen den entfallenden Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren, die Haftung der E. Sociedad Limitada gemäß § 9 Abs. 7 VStG und den Ausspruch gemäß § 25a VwGG, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

3 In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht nach durchgeführter Verhandlung zusammengefasst fest, es sei unstrittig, dass am Arbeitsort der genannten Arbeitnehmerinnen in Wien nur Lohnunterlagen in spanischer Sprache vorhanden gewesen seien. Hingegen seien "überhaupt keine Unterlagen, aus denen sich das gebührende Entgelt der entsandten Arbeitnehmer ergeben würde, auf Deutsch bereitgehalten" worden. Es seien also am Arbeitsort "keine einzige Lohnunterlage", sohin kein Arbeitsvertrag oder Dienstzettel, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung, in deutscher Sprache bereitgehalten worden, sodass eine deutsche Übersetzung der Unterlagen erst habe besorgt werden müssen.

4 Ausgehend von der Übertretung des § 7d Abs. 1 AVRAG in acht Fällen legte das Verwaltungsgericht der Strafbemessung den dritten Strafsatz des § 7i Abs. 4 leg. cit. (Strafrahmen von EUR 2.000,-- bis 20.000,--) zugrunde. Durch die Übertretungen sei das gesetzliche Interesse, eine Kontrolle hinsichtlich Lohn- und Sozialdumping vor Ort rasch durchführen zu können und damit den Arbeitnehmerschutz zu wahren, verhindert worden, sodass von einem nicht geringen Unrechtsgehalt der Taten auszugehen sei. Gegenständlich hätten sich auch aus dem Vorbringen des Revisionswerbers keine Anhaltspunkte ergeben, dass die Bereithaltung der Lohnunterlagen in deutscher Sprache nicht zumutbar gewesen sei, sodass von grob fahrlässigem Verhalten auszugehen sei.

5 Mildernd sei die Unbescholtenheit des Revisionswerbers zu werten, die verhängte Strafe liege im unteren Bereich des Strafrahmens. Trotz Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Revisionswerbers könne aber mit der Mindeststrafe nicht das Auslangen gefunden werden, weil überhaupt keine Lohnunterlagen in deutscher Sprache bereitgehalten worden seien und daher eine Überprüfung zum Kontrollzeitpunkt vereitelt worden sei.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die belangte Behörde verzichtete auf eine Revisionsbeantwortung.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001, und 18.2.2015, Ra 2015/08/0008).

10 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst hinsichtlich des Schuldspruches des angefochtenen Erkenntnisses vor, das Verwaltungsgericht habe die Rechtsprechung zur erforderlichen Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z 1 VStG (Hinweis u. a. auf VwGH 13.9.2016, Ra 2016/03/0048) nicht beachtet bzw. es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob konkret in Fällen der Übertretung des § 7d Abs. 1 iVm § 7i Abs. 4 Z 1 AVRAG eine ausreichende Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z 1 VStG (bzw. eine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung) vorliege, wenn pauschal das Nichtbereithalten von Lohnunterlagen, ohne diese im Einzelnen anzuführen, angelastet werde. Solange die fehlenden Unterlagen im Spruch nicht konkretisiert würden, fehle Klarheit darüber, wofür die Strafe verhängt werde.

11 Insoweit wird allerdings eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt:

12 Das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, BGBl. Nr. 459/1993 in der zum gegenständlichen Tatzeitpunkt noch maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 94/2014 (AVRAG) lautete auszugsweise:

"§ 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. ...

...

Strafbestimmungen

§ 7i. ...

(4) Wer als

1. Arbeitgeber/in im Sinne ... entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält, oder

...

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen."

13 Eine Übertretung des § 7d Abs. 1 AVRAG liegt auch dann vor, wenn die in dieser Bestimmung genannten Unterlagen nicht in deutscher, sondern einer anderen Sprache bereitgehalten werden (VwGH 11.4.2018, Ra 2017/11/0219).

14 Zur erforderlichen Tatumschreibung wurde im Beschluss VwGH 13.12.2018, Ra 2017/11/0301, wie folgt ausgeführt:

"Ausgehend von der Zielrichtung des Konkretisierungsgebots des § 44a Z 1 VStG (nach ständiger Judikatur hat die Tatumschreibung so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist; vgl. nur etwa VwGH 1.10.2018, Ra 2017/03/0086, mwN) sind die an die Tatumschreibung zu stellenden Erfordernisse nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall unterschiedlich zu beurteilen (vgl. nur etwa VwGH 16.6.2014, 2012/11/0159, mwN). Eine derartige - notwendigerweise einzelfallbezogene - Beurteilung ist im Regelfall (wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde) nicht revisibel (vgl. nur etwa VwGH 23.9.2014, Ro 2014/01/0033, 28.4.2016, Ro 2015/07/0041, 20.9.2017, Ra 2017/11/0024)."

15 Diesem (gleichfalls zu § 7d Abs. 1 AVRAG ergangenen) Beschluss, Ra 2017/11/0301, lag im Unterschied zum vorliegenden Fall zugrunde, dass der Arbeitgeber einerseits in die deutsche Sprache übersetzte Dienstverträge bereitgehalten (und insoweit seiner gesetzlichen Verpflichtung entsprochen) hatte und andererseits im Kontrollzeitpunkt zum Bereithalten von Lohnzahlungsbelegen noch gar nicht verpflichtet war. Vor diesem Hintergrund hielt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, die noch fehlenden "Lohnunterlagen" iSd § 7d Abs. 1 AVRAG hätten im Spruch des Straferkenntnisses präzisiert werden müssen, weil der Verpflichtete sonst im Unklaren über den eigentlichen Tatvorwurf bliebe, für vertretbar.

16 Im vorliegenden Revisionsfall fehlten nach den Feststellungen allerdings sämtliche der in § 7d Abs. 1 AVRAG genannten Lohnunterlagen in deutscher Sprache. Angesichts dieses Umstandes erweist sich die dem angefochtenen Erkenntnis (implizit) zugrunde liegende Auffassung, eine Präzisierung (Aufzählung) der Lohnunterlagen sei aus Rechtsschutzüberlegungen (vgl. etwa das zitierte Erkenntnis Ra 2016/03/0048, Rn 14) weder zum Schutz vor Doppelbestrafung noch zur ausreichenden Verteidigung des Revisionswerbers erforderlich, als vertretbar und im Rahmen der zitierten hg. Rechtsprechung gelegen.

17 Die Revision war daher, soweit sie sich gegen den Schuldspruch des angefochtenen Erkenntnisses richtet, zurückzuweisen.

18 Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

19 Gegen den Strafausspruch macht die Revision ein Abweichen

von der hg. Judikatur (Hinweis auf VwGH 6.9.2016, Ra 2016/09/0056) geltend, weil die jeweils verhängte Ersatzfreiheitsstrafe im Vergleich zur jeweiligen Geldstrafe unverhältnismäßig hoch bemessen worden sei.

20 Insoweit ist die Revision, wie nachstehender Auszug aus dem Erkenntnis Ra 2016/09/0056 zeigt, zulässig und begründet:

"Nach dem - vom Verwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen anzuwendenden - § 16 Abs. 2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

§ 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG sieht weder eine Freiheitsstrafe vor, noch ist für die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von § 16 Abs. 2 VStG Abweichendes vorgesehen.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht durch die Bestätigung des verwaltungsbehördlichen Straferkenntnisses - ausgehend von einem Strafrahmen von EUR 2.000 bis EUR 20.000 - eine Geldstrafe von EUR 2.000 verhängt. Die Ersatzfreiheitsstrafe hingegen wurde bei einer Höchststrafe von 14 Tagen mit 168 Stunden und somit im Umfang von sieben Tagen ausgemessen. Diese Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe mit der Hälfte der möglichen Höchststrafe steht in einem auffallenden Missverhältnis zur Höhe der Geldstrafe, die mit der Mindeststrafe (zehn Prozent der Höchststrafe) festgesetzt wurde. Eine Begründung für die Ausmessung der Ersatzfreiheitsstrafe in dieser Höhe ist dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. die Erkenntnisse vom 25. Jänner 2013, 2010/09/0238, vom 22. März 2012, 2009/09/0214, u.v.a.m.) ist jedenfalls dann, wenn zwischen der Höhe der verhängten Geldstrafe und der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe ein erheblicher, nach dem Verhältnis zur Höchststrafe zu bemessender Unterschied besteht, dafür eine Begründung erforderlich. Da eine solche im angefochtenen Erkenntnis nicht erfolgt, stellt sich dieses in seinem Strafausspruch als rechtswidrig dar."

21 Im vorliegenden Revisionsfall ist das Verwaltungsgericht vom dritten Strafrahmen (EUR 2.000,-- bis 20.000,--) des § 7i Abs. 4 AVRAG ausgegangen und hat für die acht Übertretungen jeweils eine Geldstrafe von EUR 3.000,-- (15 % der zulässigen Höchststrafe) als tatangemessen erachtet.

22 Demgegenüber erreichen die vom Verwaltungsgericht verhängten Ersatzfreiheitsstrafen im Ausmaß von jeweils 1 Woche pro Übertretung 50 % des Strafrahmens des § 16 Abs. 2 erster Satz VStG (eine spezifische Regelung der Ersatzfreiheitsstrafe findet sich im AVRAG nicht). Das angefochtene Erkenntnis enthält keine Begründung für diese Diskrepanz, die sich jedenfalls alleine mit § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG (demnach bleiben die Einkommens- und Vermögensverhältnisse bzw. Sorgepflichten bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe unberücksichtigt) nicht rechtfertigen lässt. Die gegenständlich festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen (im Ausmaß von insgesamt 8 Wochen) erweisen sich daher als überhöht und bedürfen jedenfalls einer Neubemessung.

23 Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Dies trifft im vorliegenden Fall zu.

24 In den Revisionsgründen wird neben der Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe auch die Bemessung der Geldstrafe gerügt, weil diese nicht (ausdrücklich) auf die Einkommens- und Vermögenssituation des Revisionswerbers (monatliches Nettoeinkommen EUR 2.000,-- sowie Schulden, denen allerdings eine Eigentumswohnung gegenüber steht), auf die gegebene Sorgepflicht und auf das in der (Beschwerde-)Verhandlung abgelegte Geständnis Bedacht nehme.

25 Dazu ist anzumerken, dass dem angefochtenen Erkenntnis nach seiner Begründung die (in der Beschwerdeverhandlung bekannt gegebenen) persönlichen Verhältnisse des Revisionswerbers sehr wohl zugrunde gelegt (wenngleich nicht ausdrücklich festgestellt) wurden und dass der Milderungsgrund des reumütigen Geständnisses gegenständlich angesichts der Außerstreitstellung von Tatsachen erst in der Beschwerdeverhandlung nicht in Betracht kommt (vgl. etwa VwGH 16.10.2002, 2000/03/0346, sowie etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage, E. 323 und E 331 zu § 19 VStG referierte Judikatur). 26 Im Rahmen des Unrechtsgehaltes ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Revisionswerber durch sein Verhalten zwar die Kontrollmaßnahmen zugunsten des Arbeitnehmerschutzes erschwert, aber (angesichts der Bereithaltung der Unterlagen zumindest in spanischer Sprache) nicht verunmöglicht hat. Dies ändert zwar nichts an der Verwirklichung des Tatbildes (vgl. nochmals VwGH Ra 2017/11/0219), verringert aber den Unrechtsgehalt.

27 Überdies ist mildernd neben der bereits erwähnten Unbescholtenheit die lange Verfahrensdauer (Tatzeitpunkt 28. Mai 2015) zu berücksichtigen, sodass unter Beachtung aller maßgebenden Aspekte fallbezogen Geldstrafen im gesetzlichen Mindestausmaß (das sind 10 % der Höchststrafe) tat- und schuldangemessen sind. Anhaltspunkte für die Anwendbarkeit des § 20 VStG ("beträchtliches" Überwiegen von Milderungsgründen) wurden nicht konkret dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich.

28 Proportional zu den verhängten Geldstrafen sind auch die nunmehr vom Verwaltungsgerichtshof festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen mit rund 10 % der gemäß § 16 Abs. 2 VStG zweiwöchigen Höchststrafe bemessen.

29 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 25. April 2019

Schlagworte

Geldstrafe und Arreststrafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018110141.L00

Im RIS seit

19.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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